Wie schnell ist denn richtig.?
Ich bin zur Zeit bei 150 da klappen alle Teile flüssig.
Ist das zu schnell oder sollte es noch schneller werden ?
Bin echt ratlos.
Lieber Robinson,
du scheinst dir ja wegen des Tempos unsicher zu sein. Woher nimmst du diese Unsicherheit? Gefällt es dir so, wie du es spielst?
Ein großes Problem aus meiner Sicht besteht darin, dass du scheinbar in Sechzehntel-Pulsschlägen denkst, hörst und spielst. Ich nehme mal an, dass die 150 auf Sechzehntel bezogen sind, oder?
Was steht aber im Notentext, der Quelle, anhand derer wir Entscheidungen wie Tempo etc. treffen?
Wir haben einen 3/8-Takt, die Pulsschläge sind also Achtel, keinesfalls Sechzehntel. Dann steht "Poco moto" drüber, "etwas bewegt". Es soll also nicht statisch klingen, sondern einen Fluss haben. Das hat auch seinen Sinn, denn die Angebetete wird sicher einen dynamischen Liebhaber gegenüber einem vor Ehrfurcht erstarrten bevorzugen.
Jetzt könntest du denken, "hm, ist doch egal, ob in Achteln oder Sechzehnteln gedacht, Hauptsache, das Tempo stimmt!" Der Unterschied ist der Fluss und die unterschiedlichen Schwerpunkte eines Taktes bei unterschiedlichen Pulsschlägen. Wenn du in Sechzehnteln denkst, wird vermutlich jeder Ton für sich betont klingen und du hast 6 Schwerpunkte pro Takt.
Denkst du in Achteln, hast du nur noch drei und es wird fließender klingen, selbst wenn das Tempo gleich bleibt. Hinzukommt noch, dass bei einem 3/8-Takt die "1", also das erste Achtel, betonter ist als die restlichen zwei Achtel. Deswegen ist es günstig, hier sogar in ganzen Takten zu denken. Es klingt nicht mehr gestochert, sondern fließend.
Nun finde ich es gut, dass du ein Tempo wählst, in dem du alles gut spielen kannst. Ich hoffe allerdings, dass du nicht dauernd mit Metronom spielst. :) Nur fließt es nicht und ich nehme an, dass dich das stört.
Ich möchte dich um Folgendes bitten: stell dich hin, die Beine hüftbreit auseinander und singe oder sprich (sprechen recht völlig) die ersten paar Takte, später auch die Phrasenanfänge der anderen Teile. Dazu dirigierst du ganze Takte. Das könnte folgendermaßen aussehen:
a) du versiehst die Sechzehntel mit Sprache, z.B.: "Ach wie schön bist du, so wunderschön,...so wunderschön,...so wunderschön......" (mir fällt gerade nichts Besseres ein, weitere Vorschläge sind erwünscht
).
b) mit den Armen dirigierst du dann auf jeder "1" jeden Taktes, also ganze Takte, d.h. auf folgenden Worten (rot gekennzeichnet): "Ach, wie
schön bist du, so wunder
schön,...so wunder
schön, ....so wunder
schön......".
Welches Tempo ist nun für dich das "richtige" und sinnvollste? Du musst ja zwischen den Dirigierschlägen auch im Fluss sein. Was ist für dich natürlich? Probiere verschiedenes aus!
Du wirst wahrscheinlich feststellen, dass das nun erzielte Tempo deutlich schneller ist als das Tempo, was du gerade spielst. Und da kommst du in die Bredouille, denn du kannst es ja nicht so schnell spielen.
Dann mach das mit dem Dirigieren noch einmal, reduziere aber das Tempo deutlich, so dass du ungefähr da bist, wo du sonst immer spielst. Du wirst hoffentlich trotzdem eine Veränderung feststellen, obwohl das Tempo sich nicht oder kaum geändert hat. Es klingt fließender, weil du nicht mehr Ton für Ton, sondern in ganzen Takten denkst.
Dann verbessert sich vielleicht auch deine Technik und du bist in der Lage, schneller zu spielen. Ein "Ton für Ton" geht häufig einher mit unrunden Bewegungen, die bremsen und einengen. Wenn du versuchst, fließende Armbewegungen zu machen (Armführung) und leicht zu spielen, wenn du versuchst, den Auftrieb der Taste zu nutzen (die Taste kommt dir entgegen und geht von allein hoch), wenn du dich also nicht anstrengst, sondern Leichtigkeit und Fluss dein Spiel bestimmen, müsste es auch mit einem schnelleren Tempo klappen. :)
Liebe Grüße
chiarina