Den Metzger und seine Produkte braucht man zum Überleben.
Igitt. Nee, echt nicht.
(Sorry, das musste sein. )
Welches Bild wurde gemalt, um niemals betrachtet zu werden, welche Literatur geschrieben, um niemals gelesen zu werden (und welche Musik komponiert, um niemals gehört zu werden)?
Sicher viele. Aber wir kennen sie halt nicht. In Einzelfällen mag das sogar ein echter Verlust sein.
Ich kann mir gut vorstellen, dass manch ein Werk dem Schaffenden zu heilig ist, als dass er es durch die unmaßgebliche Meinung des Publikums entweiht sehen möchte. Die Freiheit des Schaffenden beruht ja gerade darauf, "frei" schaffen zu können, ohne im Erschaffenen AUCH ein Mittel zum Zweck (Lebensunterhalt) sehen zu müssen. Diese Freiheit enthebt den Schaffenden dem Zwang, publizieren zu müssen.
Die Anerkennung durch das Publikum ist für den Schaffenden in der Regel nur ein angenehmer Nebeneffekt. Die existenzielle Abhängigkeit vom Beifall Anderer kann, abhängig von der charakterlichen Grunddisposition des Schaffenden, sogar eine als bedrohlich empfundene Last sein.
Mir ist eine Malerin bekannt, deren komplette Wohnung voll mit großformatigen Ölbildern steht. Sie will sich von keinem trennen. Einige verkauft sie hin und wieder und ist dabei todunglücklich. Die äußerst unkomfortable, aber große und billige Altbauwohnung im x-ten Stock muss ja bezahlt werden. Sie verkauft nur diejenigen, die ihr am wenigsten bedeuten. Da sie handwerklich solide arbeitet und auch inhaltlich was zu bieten hat, hat sie keine Schwierigkeiten mit dem Absatz und erzielt überdies erstaunliche Preise für ihre Werke (mich hat´s umgehauen!) - was sie wiederum in die Lage versetzt,
möglichst WENIGE zu verkaufen (= sich weinend von ihnen zu trennen).
Immerhin ein Beispiel für jemanden, der tatsächlich von seinen Werken "leben muss", diese aber nur höchst widerwillig in die krude Welt hinaus entlässt. Hätte sie Vermögen oder einen Sponsor, sie würde gar nicht verkaufen. Sollte sie wirklich ein Einzelfall sein?
Gilt es wirklich nur, die holde Kunst zu verteidigen?
Glaube ich nicht. Eher um die Verteidigung ihres Wesenskerns. Vermutlich hast Du bewusst diese Begrifflichkeit gewählt ("holde Kunst"), um die Absurdität des Unterfangens anklingen zu lassen. Es fielen ja mitunter noch derbere Bezeichnungen, z. B. "Frau Musica" u. ä. Was diese Epitheta nach meiner Assoziation konnotieren, repräsentiert doch gerade diese (essenziell distanzierte) Konsumentenhaltung, die manchen den Kamm schwellen lässt:
- Das Schwadronieren über etwas, worüber Schwadronieren sich verbietet.
- Das flapsige Bebellen des Erhabenen.
- Der Missbrauch des Erhabenen als Genussmittel oder gar als Mittel zum "Verwöhnen".
(
)
- Und ganz nebenbei auch die Anmaßung, vor dem Hintergrund eingestanden defizitärer Kenntnisse die erhabenste aller Musikgattungen, die Sinfonie, abkanzeln zu dürfen.
Spätestens bei den Einlassungen zu Beethovens Sinfonien gehen doch die Lichter aus.
Bitte um Entschuldigung, wollte nicht nachtreten und den versöhnlichen Grundton stören, der hier endlich Einzug gehalten hat.