Besondere Abhandlungen

  • Ersteller des Themas Bernhard Hiller
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Ramses II. "der Große" starb an einem (?) vereiterten Backenzahn.
es müssen wohl derer viele gewesen sein. Außerdem litt er ja unter Arthritis und Spondylitis. Trotzdem genoss er ein recht unterhaltsames Leben mit seinen Frauen.

Aber was mit Herrn Ludwig XIV alles gemacht wurde, das ist wohl kaum zu toppen: Sein Zahnarzt hat ihm erklärt, dass alle seine Zähne entzündet seien und entfernt werden müssten. Im Anschluss an diese nicht gerade schonungsvolle Therapie hatte er noch ein Brenneisen genommen und dem König alle frischen Wunden ausgebrannt, was der König nur aufgrund seiner enormen Robustheit überlebt hatte. Im Oberkiefer hatte er dadurch beide Kieferhöhlen eröffnet, was dem König ab dann eine chronische Sinusitis bescherte, die sich höchst unangenehm präsentierte. Es fing nämlich an zu stinken. Und zwar so stark, dass sich niemand mehr in der Nähe des Königs aufhalten wollte. Der Lu in seiner bescheidenen Art nahm diesen Umstand irrtümlicherweise als Respektsbekenntnis der Untertanen vor dem Herrscher auf. Jaja, die Royals halt.
 
Doch entscheidend wäre - zumindest in meiner ( etwas simpel gestrickten ) Weltanschau, ob solche oder andersartige Einschränkungen ( Asiaten können kein "r" usw. )

Gibt es denn bei den Koreanern überhaupt dasselbe r>l - Artikulationsphänomen wie bei den wie die Chinesen?

Zwei Zitate aus verschiedenen Zusammenhängen zum selben Stichwort.

Was ist eigentlich ein "r"? Der Buchstabe bezeichnet ganz verschiedene Laute (die unterschiedlich gebildet werden uns sich auch unterschiedlich anhören); hier eine unvollständige Liste:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_IPA-Zeichen#R

Ich vereinfache mal ganz fürchterlich und unterscheide mal nur drei R-Laute:
1. Das "normale Zungen-R", wie es in den meisten europäischen Sprachen Standard ist (Italienisch, Russisch, Spanisch), im deutschen Sprachraum in vielen Dialekten, und wie es auch im allgemeinen von Sängern artikuliert wird.
2. Das "englische R", das weder gerollt noch angeschlagen wird
3. Das "Gaumenzäpfchen-R", das im deutschen Sprachraum weit verbreitet ist und auch im Standard-Französischen benutzt wird.

Nun nehmen wir drei ostasiatische Sprachen (die nicht miteinander verwandt sind):

Im Hochchinesischen (Pekinger Dialekt des Mandarin) gibt es ein L und einen R-Laut ähnlich dem "englischen R", wie im Namen der Großstadt Harbin (Haerbin).

Im Koreanischen gibt es ein L und einen R-Laut ähnlich dem "normalen Zungen-R". Die Verteilung dieser Laute unterliegt gewissen Regeln, die auch grammatisch relevant sind: Sŏul 'Hauptstadt' (meist "Seoul" transkribiert) / Sŏul-lo 'in die Hauptstadt' / Sŏur-esŏ 'aus der Hauptstadt'.

Im Japanischen gibt es kein L, aber einen R-Laut ähnlich dem "normalen Zungen-R".
R-haltige japanische Wörter und Namen sind allgemein bekannt (Hiroshima, Sapporo, Karate, Harakiri) - japanische Wörter mit L gibt es nicht; Godzilla heißt auf Japanisch Gojira.

Nun werden für die drei Sprachen drei sehr verschiedene Schriften verwendet.

Die chinesische Schrift kennt nur Zeichen für Wörter und Silben, die im Chinesischen vorkommen. Im Hochchinesischen gibt es z. B. eine Silbe "luo", jedoch keine Silbe "lo" und keine Silbe "ro". Die erste Silbe eines fremdländischer Namens wie "Roma" kann also nur mit einem Zeichen geschrieben werden, das "luo" gesprochen wird.

In der koreanischen Schrift wird für die beiden Laute r und l derselbe Buchstabe verwendet. Das ist weitgehend unproblematisch, da es klare Regeln gibt, in welchen Fällen r, in welchen Fällen l gesprochen wird - außer im Anlaut, da kommt im Koreanischen weder r noch l vor*. Außer in Lehnwörtern. Da nun Lima mit demselben Anfangsbuchstaben geschrieben wird wie Roma, ist für Koreaner mitunter schwer zu entscheiden, ob der Anlaut als R oder L zu sprechen ist.

In der japanischen Schrift ist die Sache einfach; es gibt die Silben ra, re, ri, ro, ru. Die Städte heißen also - japanisch geschrieben - Rima und Roma.





* Das gibt es auch in anderen Sprachen, z. B. im Türkischen. Bei türkischen Wörtern mit anlautendem R kann man darauf wetten, daß es sich um Lehnwörter handelt; Recep oder ramazan stammen z. B. aus dem Arabischen...
 
Hallo und Dank für die sehr interessanten Beiträge, denen zu folgen mir zwar Mühe machte, gleichwohl aber mir einen vermuteten Zusammenhang in Erinnerung rief, der besagte, dass die Prognathie Kaiser Karls des 5. Einfluss auf die Aussprache der damaligen Oberschicht der Granden gehabt habe.
Ja sogar die Entwicklung der spanischen Sprache nachhaltig beeinflusst haben soll.
Als Beispiel wurde schon "Barfelona":-) genannt
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo und Dank für die sehr interessanten Beiträge, denen zu folgen mir zwar Mühe machte, gleichwohl aber mir einen vermuteten Zusammenhang in Erinnerung rief, der besagte, dass die Prognathie Kaiser Karls des 5. Einfluss auf die Aussprache der damaligen Oberschicht der Granden gehabt habe.
Ja sogar die Entwicklung der spanischen Sprache nachhaltig beeinflusst haben soll.
Als Beispiel wurde schon "Barfelona":-) genannt

Falls das ernst gemeint sein sollte, hätte ich zwei Fragen:

1. Wie lautete die Aussprache von "Barcelona" ursprünglich, und welchen Einfluß hätte die Prognathie darauf gehabt?

2. Wenn der Kaiser einen Sprachfehler hatte, warum hätte seine Entourage diesen nachäffen sollen?
 


Dass das "c" in den verschiedenen romanischen Sprachen eine jeweils eigentümliche Wandlung nahm, ist überall zu beobachten, auch ohne deformierte Gesichtsschädel des jeweiligen Despoten. :005:

Vielleicht hatte ja die Verschmelzung des stimmhaften bilabialen Plosivs "b" und dem lat. Halbvokal mit dem annähernden Lautwert "w" zum (positionsabhängigen) bilabialen Reibelaut im Spanischen [ß] etwas mit der Habsburger Heiratspolitik zu tun? :021: (Späßchen)
 
zur Info:
Prognathie bezeichnet einen vorstehenden Kiefer, egal ob OK oder UK. Um besser unterscheiden zu können hat sich im deutschen Sprachgebrauch für einen vorstehenden UK der Begriff Progenie etabliert. Oder man ergänzt den Kiefer, z.B. mandibuläre Prognathie beim vorstehenden UK (Progenie) bzw. maxilläre Prognathie beim vorstehenden OK.

Im UK unterscheidet man noch zwischen echter Progenie und Pseudoprogenie.

Im Hause Habsburg herrschte die echte Progenie. Ein Symptom davon, die aufgeworfene Unterlippe, wurde von der Mutter Kaiser Friedrichs III. (1415 bis 1493) in die kaiserliche Familie gebracht. Von Friedrich III. weiß man zwar, dass er unter Progenie litt, man kann jedoch nicht sicher sagen, ob es eine echte oder eine Pseudoprogenie war. Sehr deutlich zeigte sich die Gesamtausprägung der echten Progenie bei Kaiser Karl V. (1500 bis 1558). Das lange Gesicht, die aufgeworfene Lippe, der offene Mund, der viel zu große UK inkl. der Zahnfehlstellungen im Sinne der Angle-Klasse III und die bekannten Sprachstörungen als Konsequenz der Fehlstellungen.

Der Kaiser muss sehr unter seiner Dysgnathie gelitten haben, sowohl körperlich, als auch psychisch. Bereits sein Großvater Maximilian I., bei dem die Progenie nur als leichte Fehlstellung in Erscheinung trat, wollte sich diesen "Mangel" nicht zugestehen und befahl deshalb seinem Porträtisten Albrecht Dürer, die Progenie zu kaschieren. Photoshop in analoger Form. :-D
 
Im Hause Habsburg herrschte die echte Progenie.

... und weil man die Abstammungen bei Adelsgeschlechtern so gut nachvollziehen kann sowie (extrem unüblich für die früheren Jahrhunderte) über Bildmaterial verfügt, sind die Habsburger sehr interessant für Vererbungsstudien! Nicht nur hinsichtlich der Progenie, übrigens :007:, aber die ist natürlich am augenfälligsten. Schau mal das hier, das könnte Dich fachlich interessieren.

Die Habsburger hatten durch systematisches Inbreeding zwischen der spanischen und der österreichischen Linie einige Defekte angesammelt, aber ausgerechnet die typische Progenie vererbt sich offenbar ganz schlicht autosomal-dominant unabhängig von der Trief-Unterlippe und wäre damit sehr leicht aus dem Genpool zu eliminieren gewesen, indem man jede Anpaarung der Merkmalträger vermieden hätte. Darauf jedoch pfiff das Salische Recht und die Habsburger Heiratspolitik erst recht. Stattdessen wurde der Defekt fleißig auch in andere Adelsgeschlechter gestreut, indem z. B. deformierte Töchter nach Italien per procurationem verheiratet wurden und die armen italienischen Zwangsverheirateten beim ersten Anblick ihrer Gattinnen ins Leid fielen. So bescheuert kann ... naja, egal.

Besonders im 17. Jh. nahm die Linienverschränkung groteske Formen an – und die Nachkommen nahmen ebenso groteske Formen an. :007:

Karl VI (Vater von Maria-Theresia) zeigte die Progenie noch deutlich, und dessen Vater Leopold I ist gemeinsam mit dem debilen und gottlob kinderlosen spanischen "Cousin" El Hechizado Carlos II am heftigsten betroffen.
Leopold I.GIF carlos 2.GIF
Quelle
Man schaue sich Merkmalvererbung und die Durcheinanderkreuzungen in der Hauptlinie an, bis Karl VI, unten rechts:

stammbaum habsb Karl 6.GIF

Die aufsteigende Vaterlinie ist aber nur die sichtbare Spitze des Eisbergs! Man muss sich unbedingt auch die Mütter anschauen, um zu ahnen, was da genetisch abging! Habsburger Gene sind bestimmt die am weitesten verstreuten in der mitteleuropäischen Aristokratie. Das Merkmal Progenie vererbt sich, falls Cruz´ These stimmt, nach den Mendelgesetzen, und daher sind keineswegs alle Nachkommen betroffen.

Durch die Pragmatische Sanktion wechselte die Erbfolge und ging über auf Karl VIs nicht-betroffene Tochter Maria Theresia. Mit ihr verschwand das Gen aus der Hauptlinie (künftig: Habsburg-Lothringen), weil sie kein Träger war. Die Unterlippe hingegen blieb erhalten.
Maria Theresia.GIF

Ihr Sohn und Nachfolger Joseph II litt nicht an dieser Deformation
joseph 2.GIF

Das Outcrossing war allerdings nicht vollständig, weil Josephs Vater, der Lothringer Franz I Stephanfranz i stephan.GIF , über die Mutterlinie (eine Schwester von Leopold I):
eleonore lothringen.GIF
auch Urenkel von Ferdinand III. war (wie auch Maria Theresia selbst), aber nur noch ein markantes Kinn aufwies, nicht die grotesken Fehlbildungen der Hauptlinie. Josephs Bruder und Nachfolger Leopold II heiratete übrigens ... wieder eine "Spanierin", Tochter von Carlos III (nicht zu verwechseln mit dem Pseudo-Carlos III, der im HRR als Karl VI herrschte!), wobei der spanische Habsburger Hauptstamm mit Carlos II erloschen und Carlos III nominell ein Bourbone war (Resultat des Spanischen Erbfolgekriegs).

Alles uninteressant, aber es möge diejenigen nachdenklich machen, die eine Monarchie für eine dufte Option halten.
 
@Barratt jaja, die Österreicher handelten recht oft und auch erfolgreich nach dem Duktus: "Bella gerant alii, tu felix Austria nube!"
 

Kriege haben sie trotzdem reichlich geführt, was ihnen aber nicht so anzusehen war wie das Heiraten der Verwandtschaft.;-)
 

:021: Mit einer über Jahrhunderte immer debiler werdenden Progenitur, und als felix Austria durch das Heiratsverhalten Europa zu erdrücken drohte, gab es Kriege ohne Ende – nur um die Frage "Welcher ingezogene Halb- bis Volldepp setzt sich wo noch eine weitere von x Kronen auf".

Kleines Beispiel, Karl VI, Vater von Maira Theresia:

"von Gottes Gnaden erwählter Römischer Keyser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs, König in Germanien, zu Castilien, Leon, Aragon, Beyder Sicilien, zu Hierusalem, Hngarn, Böheimb, Dalmatien, Croatien, Navarra, Toleto, Valenz, Gallicien, Majoricarum, Sevila, Sardinia, Corduba, Corsica, Murcia, Giennis, Algarbien, Algezirae, Gibraltaris, der Insulen Canariae und Indiarum, der Insulen und Terrae Firmae des Meers Eceani etc.; Erzherzog zu Österreich; Herzog zu Burgund, zu Braband, zu Meyland, zu Steyer, zu Kärnthen, zu Crain, zu Lüzelburg, Würtemberg, zu Ober- und Nieder Schlesien, Athenarum und Neopatriae; Fürst zu Schwaben; Markgraf des Heiligen Römischen Reichs, zu Burgau, zu Mähren, zu Ober- und Nieder Lausitz; gefürsteter Graf zu Habsburg, zu Flandern, zu Tyroll, zu Barchinon, zu Pfierd, zu Kyburg, zu Görtz, Rossilion und Ceritania; Landtgraf in Elsaß; Marggraf zu Oristani und Graf zu Gocceani, und zu Gradiska; Herr auf der Windischen Mark, zu Portenau, Biscajae, Molini, zu Salins, zu Tripoli und zu Macheln" Quelle
 
na ja, es wurde ja nicht nur das Progenie-Gen vererbt. Und man sagt ja auch sprichwörtlich: "Die Deppen sterben nicht aus." ;-)
 
es wurde ja nicht nur das Progenie-Gen vererbt

Im Gegenteil, noch weitere Defekte, Defizite, Krankheiten...! Die entdeckt man aber nur, wenn man mal hinter die Kulissen lugt. Äußerlich für jedermensch sichtbar ist der gurkenförmige Schädel. Möchte gar nicht wissen, wie Carlos II und Leopold I unterhalb der Allonge-Perrücke und der restlichen Verkleidung ausgesehen haben. :007:
 
Die Vorstellung, der (de facto) vernunftbegabte Mensch denke/handle (deshalb realiter) vernünftig, ist unvernünftig. ;-)
 
Nächstes Thema:
Dominus suis in somno dat - der Herr gibt's den Seinen im Schlafe. So lästere ich ja gerne, aber die Wissenschaft kommt dem auf die Schliche.

Unter dem sperrigen Titel "Optogenetic reactivation of memory ensembles in the retrosplenial cortex induces systems consolidation" erschien eben in den Proceedings of the National Academy of Sciences eine Studie zur Konsolidierung von Erlerntem.

Wir haben mehrere Arten von Gedächtnis: ein Gedächtnis für kurz zurückliegende Angelegenheiten, wie z.B. den Klavierstücken, die wir frisch zu lernen angefangen haben. Und ein Langzeitgedächtnis, in dem Wissen jahrelang abgelegt ist, also die Werke, die wir irgendwann mal ordentlich gelernt haben.

Wie gelangt das Wissen in das Langzeitgedächtnis?
Die Autoren verwenden gentechnisch veränderte Mäuse und Aktivierung von bestimmten Nervenzellen des Gehirns mittels Laser um zu zeigen, daß eine spontane Reaktivierung relativ neuer Gedächtnisinhalte (so ungefähr einen Tag alt) zur Dauerspeicherung führt.
Aber nicht immer: im Wachzustand hilft das nichts. Nur wenn die Mäuse schliefen (oder leicht narkotisiert waren), kam es dazu.

Merkt euch also: mal kurz was Neues anschauen, drüber schlafen und schön davon träumen, ist ein guter Weg des Lernens!
 
Meteorologen werden alsbald eine neue Ausrede haben, wenn der Wetterbericht danaben lag: 5G.

Ein Artikel in Nature zeigt auf, daß durch das neue Mobilfunksystem atmosphärische Messungen der Meteorologen gestört werden:
"Global 5G wireless networks threaten weather forecasts" (frei zugänglich).

Die Frequenz von 23.8 Gigahertz wird verwendet, um Wasserdampfmengen in der Atmosphäre zu bestimmen. Knapp darüber liegen 5G-Frequenzen, die eben in den USA versteigert wurden. Und die Amerikaner haben recht lasche Vorschriften, wie stark die Mobilfunkgeräte "rauschen" (d.h. benachbarte Frequenzen stören) dürfen.
In Europa sind diese Vorschriften etwas strenger, aber dank der Westwinde wird auch die europäische Wettervorhersage beeinträchtigt: das heutige Wetter in Nordamerika (das damit schlechter erfaßt werden kann) hat häufig entscheidenden Einfluß auf unser Wetter in 4 Tagen.

Nun wißt ihr, daß es an eurem Smartphone-Gebrauch liegt, wenn der Wetterbreicht mal wieder versagt hat!
;-)
 

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