Beethoven 32 Variationen c-Moll

ohne Streichelblabla kann man in der zur Verfügung stehenden Zeit mehr machen.
Genau das meinte ich! Und ich finde keineswegs, dass der Schüler in irgend einer Weise eingeknickt war - im Gegenteil ich konnte erkennen, dass er begann sich wirkliche Gedanken zur Musik zu machen. Wäre irgendwas falsch gelaufen (Unfreundlichkeit, unnütze Kritik, übermäßiges Aburteilung seiner Interpretation etc., lächerlich machen vor den anderen) hätte er danach zu 100% schlechter gespielt, wie jeder andere auch, aber das war nicht der Fall. Frau Pires war in enger und freundlicher Kommunikation mit ihm. Dass wir dabei Zeugen wurden bei solch einer Intimität könnte man vielleicht als Verfehlung betrachten sonst aber nichts.

LG
Michael
 
Bitte seid nicht böse, wenn ich mich auch noch hier einklinke. Aber ich finde, dass sie sogar total nett ist zu dem Schüler. Sie lächelt wenigstens noch und das meine ich völlig ernst!

Wenn ihr mal auf einem Meisterkurs von Leon Fleisher wart - der hat immer nur den Kopf geschüttelt, so wie meine letzte Lehrerin es bei mir auch haufenweise gemacht hat. :p Natochenny, Gelber etc. etc. sind noch ganz anders.... .

Ein Meisterkurs ist immer schwierig für alle Beteiligten, denn dort möchte der Student gern etwas lernen, was ihn weiterbringt. Die Lehrenden sind aber oft so gut, dass sie genau den Schwachpunkt des Studenten erkennen und an ihm arbeiten wollen. Das ist schwer für den Studenten, denn der will eigentlich nur ein paar Tipps zum Stück haben.

Wenn man an einem Meisterkurs teilnimmt, sollte man als Student/Schüler immer mit allem Möglichen rechnen und vor allem damit, dass man erst mal mächtig verwirrt wird. Man kennt den Lehrer nicht, nicht seine Art zu kommunizieren und umgekehrt. Das ist nicht einfach, für beide Seiten nicht. Deshalb ist es wichtig, den Meisterkurs bzw. den dortigen Lehrer vor allem als Impulsgeber zu sehen, in welche Richtung man schauen sollte.

In diesem Fall hat sie mit den Unterbrechungen und den Fragen den Schüler aufgeschreckt. Und das ist gut so m.E., denn er hatte es sich in seiner Interpretation schon richtig gemütlich gemacht. Also hat sie nicht, wie es viele Lehrer machen, alles haarklein vorgekaut, sondern versucht, ihn aus der Reserve zu locken: "Wie siehst du das?", "Wie soll es klingen?", Warum soll es so klingen?"........ . Sie will ihn zum Nachdenken über seine eigene Interpretation bringen, sie will seine Persönlichkeit öffnen und fordern und ihm einen Anteil näher bringen, den er von sich noch gar nicht kennt.

"Bravo!", kann ich da nur sagen.

Ich würde meine Schüler natürlich nicht so unterrichten. Aber die wollen ja auch nicht Pianisten werden!

Liebe Grüße und Gratulation an dich, lieber pianovirus, für deine Einspielung!!!

chiarina
 
Der Schüler ist ganz offensichtlich schon nach ihren ersten Kommentaren verunsichert (nicht der beste Zustand, um gut zu spielen und aufnahmebereit zu sein), und wird dann weiter mehrfach von ihr unterbrochen (nicht nur beim Spielen, sondern auch wenn er redet), und das immer in einem komischen arroganten Tonfall. Sie gibt sich nicht mal die Mühe, ernsthaft herauszufinden was er sich gedacht hat, sondern drängt ihm von der ersten Sekunde ihre eigene Sichtweise auf.



Wenn man einen Schüler inspirieren möchte (und das gilt nicht nur für Musik), ist es sicher besser, das in einem respektvollen und ermutigenden Rahmen zu tun. Das ist dann nicht falsch verstandenes, sondern richtig verstandenes Einfühlungsvermögen.

http://www.youtube.com/watch?v=XCXnxZxneXo#t=1m52s (Kovacevich)
http://www.youtube.com/watch?v=kl1OWwn5Gq8#t=3m38s (Quasthoff)
http://www.youtube.com/watch?v=iawFhdqJTPM (Schiff)
"You spoilt the surprise" -- kann man auch nett sagen, wie man hier hören kann...
http://www.youtube.com/watch?v=AqyHLwZIWJM (Hough)
Alles nur tralala und fun? Oder vielleicht einfach eine gute Arbeitsatmosphäre, die einen Studenten vielleicht dauerhaft - über die Dauer der Stunde hinaus - inspiriert statt demoralisiert?

Ich habe schon bei einigen Masterclasses zugehört und habe noch nie etwas in der Art von Pires gesehen (wenn auch einige ähnliche Geschichten gehört).

Danke, Pianovirus, das kann ich so 100%ig unterschreiben. Man braucht es nur mal mit den von dir verlinkten Beispielen zu vergleichen.

Grüße von
Fips
 
off-topic zum Pires-Video

Ich verstehe die Aufregung über Frau Pires nicht.
erstens spielt sie turmhoch besser als der Schüler!
zweitens versteht sie turmhoch mehr von den Variationen als der Schüler!
Beides kann man in diesem Video hören.
Der Schüler geht nicht dorthin, um seine Ansichten und Spielweise bestätigt und abgestempelt zu bekommen, sondern der geht dahin, um was zu lernen und um sich in der Folge zu verbessern. Infolgedessen kann in der knappen Zeit, die ihm mit seinen Variationen da zur Verfügung steht, nicht langatmig über seine eben noch lange nicht genügenden Vorstellungen diskutiert werden. Er hat vorher Zeit gehabt, seine Vorstellungen zu entwickeln - dort stehen die auf dem Prüfstein. Und Frau Pires weist sofort und ohne zu zögern auf die relevanten Mängel hin (meine einzige Kritik: sie hätte ihm zeigen können, wie man technisch in Var.1 ein sanfteres und leiseres staccato/leggierro hinkriegt - allerdings kann ich auch verstehen, dass für solche Basisübungen die Zeit zu schade ist; dafür demonstriert sie ihm ja, wie sich die Musik dort bewegt) - davon hat er mehr, als von unaufrichtigen Streicheleinheiten.
Nochmals: der ging dorthin, um was zu lernen - nicht gelobt und bestätigt zu werden (denn hätte es dazu Anlaß gegeben, wäre er nicht unterbrochen worden)

Chiarina hat das ebenfalls sehr schön und treffend zusammengefasst.
 
In diesem Fall hat sie mit den Unterbrechungen und den Fragen den Schüler aufgeschreckt. Und das ist gut so m.E., denn er hatte es sich in seiner Interpretation schon richtig gemütlich gemacht. Also hat sie nicht, wie es viele Lehrer machen, alles haarklein vorgekaut, sondern versucht, ihn aus der Reserve zu locken: "Wie siehst du das?", "Wie soll es klingen?", Warum soll es so klingen?"........ . Sie will ihn zum Nachdenken über seine eigene Interpretation bringen, sie will seine Persönlichkeit öffnen und fordern und ihm einen Anteil näher bringen, den er von sich noch gar nicht kennt.

Ok, jetzt verstehe ich vielleicht ein bisschen, was Du/Ihr meint....Mir ist da beim Stichwort "Persönlichkeit öffnen" eine wunderbare Szene aus Club der toten Dichter eingefallen....
http://www.youtube.com/watch?v=QbzLUQKTDQE

Aber: diese Szene zeigt doch auch und gerade, dass man jemandes Persönlichkeit öffnen und fordern, ihn/sie aus der Reserve locken kann, und in ihm gleichzeitig ein Gefühl des Vertrauens hervorrufen. Letzterer Aspekt fehlt mir in dem Pires-Video. Aber ich glaube, wir sind uns nicht mal in dieser Beobachtung einig, dass es da einen Unterschied in der Atmosphäre gibt (wir stellen hier ja nur Mutmaßungen an, wie sich der Schüler dabei fühlt)...erinnert mich ein bisschen an unsere Diskussionen über den Umgang im Forum, wo es ja auch ganz unterschiedliche Wahrnehmnungen ein und derselben Situation gab (das ist jetzt ganz ohne Wertung gemeint).

Ich bleibe auch dabei: Die anderen von mir verlinkten Beispiele (Kovacevich, Schiff, Quasthoff, Hough - außer Fips hat wohl keiner Zeit/Lust, reinzugucken) sind doch auch keine Schwafelrunden, sondern es wird ernsthaft gearbeitet, aber in einer ermutigenden Arbeitsatmosphäre. Jetzt kann man sagen, weil die Schüler besser sind (das sieht mir bei Schiff und Quasthoff-Videos aber nicht so aus) - grundsätzlich glaube ich, dass das (neben vielem anderen, zuallererst dem Können des Schülers) auch eine Frage des Charakters (und vielleicht auch der Tageslaune..sind ja auch nur Menschen ;) ) des Lehrers und natürlich der "Chemie" zwischen Schüler und Lehrer ist.

Zitat von .marcus.:
Vielleicht nochmal mit etwas mehr gutem Willen schauen? :P

Ok, ich werd´s versuchen! (aber nicht mehr heute abend :P )

Liebe Grüße,
pianovirus
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ok, jetzt verstehe ich vielleicht ein bisschen, was Du/Ihr meint....Mir ist da beim Stichwort "Persönlichkeit öffnen" eine wunderbare Szene aus Club der toten Dichter eingefallen....
http://www.youtube.com/watch?v=QbzLUQKTDQE

Aber: diese Szene zeigt doch auch und gerade, dass man jemandes Persönlichkeit öffnen und fordern, ihn/sie aus der Reserve locken kann, und in ihm gleichzeitig ein Gefühl des Vertrauens hervorrufen. Letzterer Aspekt fehlt mir in dem Pires-Video. Aber ich glaube, wir sind uns nicht mal in dieser Beobachtung einig, dass es da einen Unterschied in der Atmosphäre gibt (wir stellen hier ja nur Mutmaßungen an, wie sich der Schüler dabei fühlt)...erinnert mich ein bisschen an unsere Diskussionen über den Umgang im Forum, wo es ja auch ganz unterschiedliche Wahrnehmnungen ein und derselben Situation gab (das ist jetzt ganz ohne Wertung gemeint).

Ich bleibe auch dabei: Die anderen von mir verlinkten Beispiele (Kovacevich, Schiff, Quasthoff, Hough - außer Fips hat wohl keiner Zeit/Lust, reinzugucken) sind doch auch keine Schwafelrunden, sondern es wird ernsthaft gearbeitet, aber in einer ermutigenden Arbeitsatmosphäre. Jetzt kann man sagen, weil die Schüler besser sind (das sieht mir bei Schiff und Quasthoff-Videos aber nicht so aus) - grundsätzlich glaube ich, dass das (neben vielem anderen, zuallererst dem Können des Schülers) auch eine Frage des Charakters (und vielleicht auch der Tageslaune..sind ja auch nur Menschen ) des Lehrers und natürlich der "Chemie" zwischen Schüler und Lehrer ist.


Lieber pianovirus,

dein Beispiel aus dem "Club der toten Dichter" trifft es genau!

Ich glaube auch, wir sollten unterscheiden zwischen unserer individuellen Bewertung, wie sich der Schüler im Video gefühlt haben könnte und der Realität. Wir können nicht wissen, wie er sich wirklich gefühlt hat, aber wir identifizieren uns vielleicht mit ihm. Wir denken, 'wenn ich an seiner Stelle wäre' würde ich mich so und so fühlen und dabei kommen dann je nach Erfahrung und eigener Persönlichkeit unterschiedliche Standpunkte heraus, die jeder für sich gültig sind.

Für dich wie für Fips ist die Atmosphäre dort nicht schön und respektvoll - ihr würdet euch an Stelle des Schülers vermutlich nicht wohl fühlen. Da erwiesenermaßen man in einer von Vertrauen getragenen Atmosphäre besser und effektiver lernt, empfindet ihr die Art von Pires als kontraproduktiv, wenn ich euch richtig verstanden habe.

Ich selbst bin auch der Meinung, dass eine von Angst getragene Atmosphäre schlecht ist und Lernprozesse verhindert. Angst ist aber etwas anderes als Verunsicherung oder Verwirrung. Außerdem handelt es sich hier um eine Meisterklasse für Pianisten.

Ich habe hier schon mal eine Erfahrung meinerseits gepostet, will sie aber in diesem Zusammenhang wiederholen:

das erste halbe Jahr bei meiner letzten Professorin war für mich wirklich die Hölle. Ich hatte bereits mein pädagogisches Diplom als Klavierlehrerin und bereitete mich auf die Reifeprüfung vor. Dann kam ich zu dieser neuen Lehrerin. Sie hat weitestgehend das ganze erste halbe Jahr mit freundlichstem Lächeln immer nur den Kopf geschüttelt und gesagt "Hör's an!"

Dadurch hat sie mir das wertvollste Geschenk gegeben, was ein Lehrer seinem Schüler geben kann: selbst herausfinden, was man will; die Verantwortung für das eigene Spiel übernehmen; nicht andere zu imitieren und ständig das zu tun, was ein anderer, ein Lehrer sagt und vor allem sich selbst zuzuhören lernen. Die Gefahr beim Unterrichten besteht nämlich immer, dass man den Schüler bevormundet und ihm etwas beibringt, was er eigentlich selbst schon hätte leisten können. Es ist mit das Schwierigste, beim Lehren zu erkennen, wo der Schüler Hilfe braucht und was er aus eigener Kraft schaffen kann.

Meine Lehrerin hatte also das Vertrauen in mich, dass ich das schon schaffen könnte. Ich habe zwar nichts davon gemerkt - ich fühlte mich wie ein Anfänger, der gerade Hänschen klein spielt - aber gerade das zwang mich zu mir selbst.

Als Lehrer muss man also Entscheidungen treffen, was jetzt gerade wichtig und richtig ist für den Schüler. Da das eben so schwierig ist, passieren dort eine Menge Fehler, auch bei mir.

Insofern kann man letztlich nicht beurteilen ( und wir schon gar nicht, denn wir kennen den Schüler nicht), ob die Art des Unterrichtens von Quasthoff etc. ( habe mir jetzt alle links angeschaut :p) für den Schüler besser ist. Die haben alle intensiv und in höchster Qualität am Stück gearbeitet und da gab es ganz klar das Gefälle Lehrer-Schüler. Pires ging es offensichtlich um etwas anderes, um einen Persönlichkeitsanteil des Schülers und seiner Art, mit dem Stück und seiner Verantwortung als Interpret umzugehen. Sie hat den Schwerpunkt anders gelegt. Ob diese Entscheidung für den Schüler gut ist oder nicht, können wir nicht beurteilen. Für dich oder Fips wäre das offensichtlich nichts. Ich finde es sehr interessant, weil es den Schüler zum Nachdenken bewegt, was in diesem Fall auch dringend notwendig ist. Es ist für einen Lehrer viel schwerer, so zu unterrichten, denn man stellt da seinen Wissensvorsprung nicht zur Schau.

Ich habe mal einem Unterricht eines bekannten Berliner Professors ( Musikhochschule) zugehört vor drei Jahren, als er eine 17jährige, sehr schüchterne Koreanerin mit dem cis-moll Prelude von Rachmaninoff unterrichtete. Das war ein Unterricht, bei dem ich mich wirklich geärgert habe! Der war zwar sehr freundlich, aber letztendlich hatte jeder, einschließlich den Anwesenden, der Schülerin und mir selbst den Eindruck, Klavierspielen sei etwas schrecklich kompliziertes, kaum zu lernen .... . Und dann hörte ich ihn hinterher zu jemandem sagen, er selber könne auch überhaupt nicht Klavierspielen! :confused:

Das kann ja wohl nicht der Sinn der Sache sein. Er hatte ein unglaubliches Wissen um Bewegungsmöglichkeiten verbunden mit Klang - nur leider hat er erst an den Bewegungen gearbeitet, bei denen dann der Klang herauskam. Umgekehrt hätte mir besser gefallen - an der Klangvorstellung arbeiten, um dann diese mit Hilfe verbesserter Bewegungen umzusetzen. So war das alles eine sehr theoretische Veranstaltung und von Natürlichkeit, Atem und Fluss war nichts mehr zu spüren. Da hat mit die Schülerin, die ja sowieso schon so schüchtern war und noch nicht an einer MHS studierte, sehr leid getan. Aber freundlich war der.... .

Lange Rede, kurzer Sinn :p - das Verhältnis Lehrer-Schüler kann sehr vielschichtig sein. Auf einem Meisterkurs ist dieses sicher anders als bei einem langjährigen Studium bei demselben Lehrer. Was für den einen gut ist, ist für den anderen noch lange nicht gut. Und: es ist alles nicht so einfach! :p

Liebe Grüße

chiarina
 
grundsätzlich glaube ich, dass das (neben vielem anderen, zuallererst dem Können des Schülers) auch eine Frage des Charakters (und vielleicht auch der Tageslaune..sind ja auch nur Menschen ;) ) des Lehrers und natürlich der "Chemie" zwischen Schüler und Lehrer ist.

...glaubst Du tatsächlich, dass Interessenten an Meisterkursen/Masterclasses vorab über Charaktere und Chemie recherchieren, und ihre Teilnahme davon abhängig machen???... ... ...

- also ich melde mich bei X an, der guckt so lieb und verteilt immer Bonbons
- hast du schon die neueste chemische Analyse von X?
- nein
- oh, das solltest du aber, nicht dass du demotiviert wirst
- ja ok, da muss ich mich drum kümmern, auch sollte man mal ein Update vom Charakterbild von X publik machen

:D:D:D
 
...glaubst Du tatsächlich, dass Interessenten an Meisterkursen/Masterclasses vorab über Charaktere und Chemie recherchieren, und ihre Teilnahme davon abhängig machen???... ... ...

Rolf, Du regst Dich doch sonst immer so auf, wenn Dir jemand etwas unterstellt, was Du nicht gesagt hast. Darf ich von diesem Recht jetzt auch mal Gebrauch machen? Wo bitte soll ich das gesagt haben?

P.S. chiarina, danke für Deinen großartigen Beitrag! Ich wollte etwas ausführlicher antworten, sobald ich Zeit habe...
 
unten der zitierte Absatz, unterstrichen, enthält die "Anregungen":
Ich bleibe auch dabei: Die anderen von mir verlinkten Beispiele (Kovacevich, Schiff, Quasthoff, Hough - außer Fips hat wohl keiner Zeit/Lust, reinzugucken) sind doch auch keine Schwafelrunden, sondern es wird ernsthaft gearbeitet, aber in einer ermutigenden Arbeitsatmosphäre. Jetzt kann man sagen, weil die Schüler besser sind (das sieht mir bei Schiff und Quasthoff-Videos aber nicht so aus) - grundsätzlich glaube ich, dass das (neben vielem anderen, zuallererst dem Können des Schülers) auch eine Frage des Charakters (und vielleicht auch der Tageslaune..sind ja auch nur Menschen ;) ) des Lehrers und natürlich der "Chemie" zwischen Schüler und Lehrer ist.
und was ich gemacht habe, das war nicht anderes, als etwas überdeutlich darauf hinzuweisen, dass "Chemie" etc. bei Meisterkursen eher hintan stehen - jedenfalls dort, wo es sich um externe Veranstaltungen von wenigen Tagen und nicht um ein langjähriges Lehrer-Schüler Verhältnis handelt. ...und weil immer noch Karneval, Fasching, Fasnet ist, hab ich das mit etwas humorigen Worten formuliert ;)
nebenbei: woraus schließt Du, dass kaum jemand Zeit/Lust hat, in Deine Beispiele hereinzuschauen?
 
Hallo rolf,

unten der zitierte Absatz, unterstrichen, enthält die "Anregungen":

Zitat von pianovirus:
grundsätzlich glaube ich, dass das (neben vielem anderen, zuallererst dem Können des Schülers) auch eine Frage des Charakters (und vielleicht auch der Tageslaune..sind ja auch nur Menschen ) des Lehrers und natürlich der "Chemie" zwischen Schüler und Lehrer ist.

Mit "das" (unterstrichen) meinte ich nicht die Wahl eines bestimmten Meisterkurses seitens der Teilnehmer, sondern vielmehr die Art und Weise wie solch ein Meisterkurs vom Lehrer gestaltet wird (das ist ja gerade unser Thema!).

Zitat von rolf:
und was ich gemacht habe, das war nicht anderes, als etwas überdeutlich darauf hinzuweisen, dass "Chemie" etc. bei Meisterkursen eher hintan stehen - jedenfalls dort, wo es sich um externe Veranstaltungen von wenigen Tagen und nicht um ein langjähriges Lehrer-Schüler Verhältnis handelt. ...und weil immer noch Karneval, Fasching, Fasnet ist, hab ich das mit etwas humorigen Worten formuliert ;)

Ok! Narri narro :)

Sicher, die "Chemie" zwischen Lehrer und Schüler und die Arbeitsatmosphäre entscheiden nicht allein über das, was ein Schüler aus einem Kurs mitnimmt, aber man kann trotzdem einen Schüler mehr oder weniger nachhaltig inspirieren. Du hast mir schon mehrfach unterstellt, dass ich damit "lieb Gucken", "Bonbons verteilen" und das Vermeiden deutlicher Kritik meine. Ich habe das mehrfach verneint (u.a. mit Verweis auf eine Passage zu Beginn des Schiff-Videos) und tue es jetzt nochmal, in der Hoffnung, dass es nun angekommen ist. Mein Standpunkt war, dass deutliche Kritik, effiziente Nutzung einer begrenzten Unterrichtszeit und eine von Ermutigung statt Verunsicherung erfüllte Arbeitsatmosphäre sich nicht gegenseitig ausschließen (siehe aber (*) unten).

Zitat von rolf:
nebenbei: woraus schließt Du, dass kaum jemand Zeit/Lust hat, in Deine Beispiele hereinzuschauen?

Daraus, dass niemand (außer Fips und nun chiarina in ihrem letzten Beitrag) auf meine die Video-Links begleitenden Argumente eingegangen ist (nämlich dass es sich dort auch nicht um Schwafelrunden handelt, in denen nur Zeit vergeudet wird)

(*)
Ich glaube, wir haben jetzt alle ausführlich genug unsere verschiedenen Wahrnehmungen der Situation diskutiert -- von chiarina oben schön zusammengefasst.

Ein neuer Aspekt in der Diskussion ist aber chiarinas Aussage, dass Pires wohl den Studenten geradezu bewusst aus der Reserve lockt, aus einer eingefahrenen, ans Nichtssagende grenzenden Spielweise reißt, indem sie ihm etwas auf den Pelz rückt, ihn verunsichert. Ich hatte daran zuerst nicht gedacht (auf der ersten Seite dieser Diskussion ging es noch um die Frage, ob ihre vermeintliche Ungeduld berechtigt oder nicht berechtigt sei) und finde das einen sehr interessanten Gedanken (mit dem kleinen Schnipsel aus dem Club der Toten Dichter wollte ich allerdings zeigen, dass dieses aus der Reserve-Locken auch auf andere (ermutigendere) Art erfolgen könnte).

Viele Grüße,
pianovirus
 
Ein neuer Aspekt in der Diskussion ist aber chiarinas Aussage, dass Pires wohl den Studenten geradezu bewusst aus der Reserve lockt, aus einer eingefahrenen, ans Nichtssagende grenzenden Spielweise reißt, indem sie ihm etwas auf den Pelz rückt, ihn verunsichert. Ich hatte daran zuerst nicht gedacht (auf der ersten Seite dieser Diskussion ging es noch um die Frage, ob ihre vermeintliche Ungeduld berechtigt oder nicht berechtigt sei) und finde das einen sehr interessanten Gedanken
...hat einige, teils sehr grimmige "Buhuhu-Beiträge" gedauert, bis das bemerkt wurde ;) und so steht zu hoffen, dass hoffentlich nicht nur Dir Frau Pires jetzt nicht mehr als arrogant etc. erscheint - - vielleicht schließt sich daran ja auch noch die Erkenntnis an, dass bei kurzzeitigen (paar Tage) Unterrichtsveranstaltungen Chemie etc. in den Hintergrund treten

und die Schlußfolgerung, man würde etwas nicht lesen, weil man es nicht kommentiert... Narri, Narro und Helau :D:D
 

Ein neuer Aspekt in der Diskussion ist aber chiarinas Aussage, dass Pires wohl den Studenten geradezu bewusst aus der Reserve lockt, aus einer eingefahrenen, ans Nichtssagende grenzenden Spielweise reißt, indem sie ihm etwas auf den Pelz rückt, ihn verunsichert. Ich hatte daran zuerst nicht gedacht (auf der ersten Seite dieser Diskussion ging es noch um die Frage, ob ihre vermeintliche Ungeduld berechtigt oder nicht berechtigt sei) und finde das einen sehr interessanten Gedanken (mit dem kleinen Schnipsel aus dem Club der Toten Dichter wollte ich allerdings zeigen, dass dieses aus der Reserve-Locken auch auf andere (ermutigendere) Art erfolgen könnte).


Lieber pianovirus,

natürlich könnte das auch auf andere Art erfolgen. Allerdings ist hier im Video noch viel mehr gefordert vom Schüler als im Film. Klavierspielen betrifft so tiefgreifend alle Aspekte und Facetten der Persönlichkeit - egal ob Anfänger oder Profi.

Anhand dieses kleinen Videoausschnittes kann ich natürlich nicht beurteilen, wie der Student dort Klavier spielt und wie er ist - ich kann nur einen Eindruck schildern, der auch falsch sein kann:

auf dem Video wirkt er sehr brav. Sehr bemüht, all das umzusetzen, was ihm gesagt wird, ein Schüler eben. Doch der Schüler soll ja ein Pianist werden mit klarer musikalischer Aussage, mit fesselndem Spiel, das natürlich auch dramatische, energische, witzige, spannende Aspekte haben muss, an dem es ihm ( vielleicht/ im Moment noch) fehlt. Er soll sich zu einem musikalischen Charakter, einer Persönlichkeit entwickeln, die etwas zu sagen hat. Etwas Interessantes, dass im günstigsten Fall auch andere Menschen fesselt. Vom Schüler zum Interpreten sozusagen :p .

Das ist manchmal sehr schwierig, aus Schülern herauszulocken. Vielleicht wollte Frau Pires ihn aus dieser Rolle des Schülers, der immer brav tut, was man ihm sagt, schmeißen. Ihn in die Rolle zu drängen, in die er wohl einmal hinein will. Vielleicht wollte sie ihn zum Leben erwecken :p ! Und da braucht man nicht nur einen Anstoß - ohne meine völlige damalige Verzweiflung ( s.o.) hätte ich mich nie bis zum Äußersten dahintergeklemmt, zu verstehen, was meine Lehrerin meinte.

Musik sollte lebendig gespielt werden, mit wachem Geist, mit Herz und Seele. Sie sollte von jemandem gespielt werden, der sich Gedanken gemacht hat, was alles in der Musik steckt. Wenn der Schüler verstanden hat, was sie ihm sagen wollte, hat er weitaus mehr gelernt als nur die c-moll-Variationen.

Liebe Grüße

chiarina
 
Zitat von pianovirus:
Ein neuer Aspekt in der Diskussion ist aber chiarinas Aussage, dass Pires wohl den Studenten geradezu bewusst aus der Reserve lockt, aus einer eingefahrenen, ans Nichtssagende grenzenden Spielweise reißt, indem sie ihm etwas auf den Pelz rückt, ihn verunsichert.
...hat einige, teils sehr grimmige "Buhuhu-Beiträge" gedauert, bis das bemerkt wurde ;)

So ein Schnell-Merker wie der schlaue Rolf kann ein einfaches pianovirus gar nicht sein (und so humorig natürlich auch nicht).

Allerdings drehten sich Deine Beiträge doch bisher nicht um wohlkalkuliertes Aus-der-Reserve-Locken, Verunsichern, als pädagogisches Mittel (von chiarina ins Spiel gebracht), sondern eher darum, dass Pires Verhalten als berechtigter Ausdruck Ihrer strapazierten Geduld angesichts der Unfähigkeit eines Schülers zu sehen ist (s.u.).

Zitat von rolf:
bei hartnäckiger Beratungsresitenz mag nicht jeder geduldig bleiben --- audiatur et altera pars: was den Kursgebern gelegentlich zugemutet wird, strapaziert die Geduld ungemein... da muss auch seitens des Kursteilnehmers was kommen, was Respekt, Ermutigung etc. rechtfertigt.
 
Allerdings drehten sich Deine Beiträge doch bisher nicht um wohlkalkuliertes Aus-der-Reserve-Locken, Verunsichern, als pädagogisches Mittel (von chiarina ins Spiel gebracht), sondern eher darum, dass Pires Verhalten als berechtigter Ausdruck Ihrer strapazierten Geduld angesichts der Unfähigkeit eines Schülers zu sehen ist (s.u.).
na, lieber Nicht-ganz-so-schnell-Merker, bist Du wirklich so ganz sicher? guckma:
Der Schüler geht nicht dorthin, um seine Ansichten und Spielweise bestätigt und abgestempelt zu bekommen, sondern der geht dahin, um was zu lernen und um sich in der Folge zu verbessern. Infolgedessen kann in der knappen Zeit, die ihm mit seinen Variationen da zur Verfügung steht, nicht langatmig über seine eben noch lange nicht genügenden Vorstellungen diskutiert werden. Er hat vorher Zeit gehabt, seine Vorstellungen zu entwickeln - dort stehen die auf dem Prüfstein. Und Frau Pires weist sofort und ohne zu zögern auf die relevanten Mängel hin (meine einzige Kritik: sie hätte ihm zeigen können, wie man technisch in Var.1 ein sanfteres und leiseres staccato/leggierro hinkriegt - allerdings kann ich auch verstehen, dass für solche Basisübungen die Zeit zu schade ist; dafür demonstriert sie ihm ja, wie sich die Musik dort bewegt) - davon hat er mehr, als von unaufrichtigen Streicheleinheiten.Nochmals: der ging dorthin, um was zu lernen - nicht gelobt und bestätigt zu werden (denn hätte es dazu Anlaß gegeben, wäre er nicht unterbrochen worden)
...was Du bzgl. der strapazierten Geduld zitierst, war in anderem (allgemeinerem) Kontext
 
Er soll sich zu einem musikalischen Charakter, einer Persönlichkeit entwickeln, die etwas zu sagen hat. Etwas Interessantes, dass im günstigsten Fall auch andere Menschen fesselt. Vom Schüler zum Interpreten sozusagen :p .

Zimerman sagt dazu: Vom Pianisten zum Musiker :p

Zitat von chiarina:
Das ist manchmal sehr schwierig, aus Schülern herauszulocken. Vielleicht wollte Frau Pires ihn aus dieser Rolle des Schülers, der immer brav tut, was man ihm sagt, schmeißen.

Dafür drängt sie ihm dann aber doch viel zu sehr von Ihrer Meinung auf, oder? Zuerst fragt sie, warum er staccato spielt. Auf seine Antwort, "weil es im Buch steht" (die natürlich nahelegt, dass er nicht so viel drüber nachgedacht hat) sagt sie, dass sie das staccato nicht überzeugt, und demonstriert ihm (1:30) ein portato. Vorher hat sie das staccato noch als heiter-unbeschwert parodiert.

Statt ihm dieses portato aufzuzwängen hätte sie ihn doch besser dazu bringen können, sich wirklich eigene Gedanken zu diesem bizarren Kadenzgerippe zu machen (so wie der Lehrer in Club der toten Dichter den Schüler dazu bringt, sich wirklich eigene Gedanken zu einem Bild zu machen). Falls der Schüler dann auch Ihre Ansicht "this is fear" teilt, stellt sich immer noch die Frage, wie er das rüberbringt. Sie legt durch ihre portato-Demonstration nahe, dass ein staccato in dieser Stelle grundsätzlich keinen Sinn macht -- man schaue sich aber z.B. mal Glenn Gould an: http://www.youtube.com/watch?v=yR5AVUiNI-0

Statt einer simplen Unterscheidung "staccato = heiter-unbeschwert" <-> "portato = this is fear", wäre die Diskussion, diese Zustände mittels ein und derselben Artikulationsweise auszudrücken, in eine Richtung gegangen, die den Schüler eher dazu bringt, seine eigene Meinung zu formen, statt einfach ihre Artikulation nachzuahmen....

Oder?

Musik sollte lebendig gespielt werden, mit wachem Geist, mit Herz und Seele.

Dem kann ich mit Herz und Seele nur zustimmen!!

Sie sollte von jemandem gespielt werden, der sich Gedanken gemacht hat, was alles in der Musik steckt. Wenn der Schüler verstanden hat, was sie ihm sagen wollte, hat er weitaus mehr gelernt als nur die c-moll-Variationen.

Ja, aber wie ich oben geschrieben habe: ich habe den Eindruck, in dieser Atmosphäre hat sie hat den Schüler hier hauptsächlich dazu gebracht, ihr portato nachzumachen....
 
Ja, aber wie ich oben geschrieben habe: ich habe den Eindruck, in dieser Atmosphäre hat sie hat den Schüler hier hauptsächlich dazu gebracht, ihr portato nachzumachen....
und selbst wenn das das einzige ist, was er da mitzunehmen in der Lage ist (was wir nicht wissen!!): macht er es so, dann hat er klanglich viel gewonnen!

in Var. 1 steht leggierremente - da steht nicht staccatissimo und da sind auch weder Punkte noch Striche über den Noten

und wenn man hinhört: das mit den Tonhöhen sinnvoll mitgehende sanfte stacc/legg/nonleg von Frau Pires klingt turmhoch besser, auch vermag sie die harmonische Spannung der Akkordprogression deutlich zu machen - das zeigt sie und davon profitieren Zuhörer wie Schüler.

Ich würde übrigens besser nicht von nachmachen reden - wenn etwas nicht gut ist, dann sollte man das halt ändern: und sowas ist, wenn´s einer gezeigt kriegt, kein nachmachen.
 
Es ist für einen Lehrer viel schwerer, so zu unterrichten, denn man stellt da seinen Wissensvorsprung nicht zur Schau.

Das, was mich an der Szene stört, ist ja gerade, dass Frau Pires so triumphierend ihren Wissensvorsprung demonstriert (mit Betonung auf "triumphierend"!). Nun kann man einwenden, dass dieser Wissensvorsprung evident ist und es selbstverständlich keinen Grund gibt, warum Frau Pires ihn nicht demonstrieren sollte. Das stimmt. Aber mir stößt nicht der Wissensvorsprung an sich auf, sondern die Art und Weise, wie Frau Pires ihn gegenüber dem Schüler ausdrückt. Sie tut gerade so, als wäre alles, was der Schüler sich bis jetzt zu dem Werk gedacht hat, lächerlich angesichts ihres weit entwickelten Verständnisses von Musik. Deshalb läss sie ihn auch gar nicht erst zu Wort kommen.

Ich muss allerdings zugeben, dass es im weiteren Verlauf des Videos besser wird und es später durchaus anregende Kommunikation zwischen den beiden gibt. Für mich kommt halt der erste Teil des Videos sehr steil rüber. Da ist auch eine gewisse Distanziertheit in ihrer Art, die auf mich abweisend wirkt. Mir ist da das unausgesprochene Moment von Wohlwollen auf der menschlichen Ebene zu wenig vorhanden, von dem die sachliche Kritik erst getragen wird und durch das sie anregend wirken kann.

Lange Rede, kurzer Sinn :p - das Verhältnis Lehrer-Schüler kann sehr vielschichtig sein. Auf einem Meisterkurs ist dieses sicher anders als bei einem langjährigen Studium bei demselben Lehrer. Was für den einen gut ist, ist für den anderen noch lange nicht gut. Und: es ist alles nicht so einfach!

Damit drückst du es perfekt aus. Ich will nicht sagen, dass Frau Pires Vorgehensweise für alle Schüler schlecht ist. Manche brauchen es vielleicht, aufgerüttelt zu werden, um sich auf die Socken zu machen. Vielleicht gehört dieser Schüler auch dazu. Aber bei manchen Menschen wäre so etwas geradezu kontraproduktiv, weil sie dadurch gerade nicht weiter nach vorne gehen, sondern sich vielmehr zurückziehen. Und wie du treffend erkannt hast, Chiarina, gehöre ich eher zu letzteren.

Ich finde es deshalb auch nicht richtig zu sagen, die Chemie zwischen Lehrer und Schüler spiele keine Rolle. Natürlich ist ein jahrelanges Lehrer-Schüler-Verhältnis etwas anderes als die Moment-Beziehung, die in der kurzen Zeit eines solchen Meisterkurses zwischen Meister und Schüler aufgebaut wird. Aber es muss auch in einem Meisterkurs eine Beziehung aufgebaut werden und deshalb sollte der Lehrer sich darüber klar sein, welchen Persönlichkeitstyp er vor sich hat und wie er mit dieser Person am besten umgeht. Vielleicht hat Frau Pires das tatsächlich gemacht und ihr Vorgehen ist genau das richtige für diesen Schüler. Das kann ich letztlich nicht beurteilen. Aber generell zu sagen, dass dieses Vorgehen immer und auf jeden Fall richtig ist, stimmt halt auch nicht.

Grüße von
Fips
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
und selbst wenn das das einzige ist, was er da mitzunehmen in der Lage ist (was wir nicht wissen!!): macht er es so, dann hat er klanglich viel gewonnen!

in Var. 1 steht leggierremente - da steht nicht staccatissimo und da sind auch weder Punkte noch Striche über den Noten

und wenn man hinhört: das mit den Tonhöhen sinnvoll mitgehende sanfte stacc/legg/nonleg von Frau Pires klingt turmhoch besser, auch vermag sie die harmonische Spannung der Akkordprogression deutlich zu machen - das zeigt sie und davon profitieren Zuhörer wie Schüler.

Ich würde übrigens besser nicht von nachmachen reden - wenn etwas nicht gut ist, dann sollte man das halt ändern: und sowas ist, wenn´s einer gezeigt kriegt, kein nachmachen.

Ich hatte mich oben auf das Ende des Themas bezogen. Pires legt nahe, dass ein staccato grundsätzlich nicht gut ist, denn sie parodiert es als heiter-unbeschwert und spielt dann das Ende portato..."this is fear". Was beim Schüler ankommt, ist dann eher nicht, dass sein staccato nicht gut war, sondern dass staccato grundsätzlich an dieser Stelle nicht passend ist -- falsche Schlussfolgerung, finde ich!
 
Zimerman sagt dazu: Vom Pianisten zum Musiker

Oh ja, das ist natürlich noch viel besser formuliert. :p Ist ja auch Zimmerman...!


Dafür drängt sie ihm dann aber doch viel zu sehr von Ihrer Meinung auf, oder? Zuerst fragt sie, warum er staccato spielt. Auf seine Antwort, "weil es im Buch steht" (die natürlich nahelegt, dass er nicht so viel drüber nachgedacht hat) sagt sie, dass sie das staccato nicht überzeugt, und demonstriert ihm (1:30) ein portato. Vorher hat sie das staccato noch als heiter-unbeschwert parodiert.

Statt ihm dieses portato aufzuzwängen hätte sie ihn doch besser dazu bringen können, sich wirklich eigene Gedanken zu diesem bizarren Kadenzgerippe zu machen (so wie der Lehrer in Club der toten Dichter den Schüler dazu bringt, sich wirklich eigene Gedanken zu einem Bild zu machen). Falls der Schüler dann auch Ihre Ansicht "this is fear" teilt, stellt sich immer noch die Frage, wie er das rüberbringt. Sie legt durch ihre portato-Demonstration nahe, dass ein staccato in dieser Stelle grundsätzlich keinen Sinn macht -- man schaue sich aber z.B. mal Glenn Gould an: http://www.youtube.com/watch?v=yR5AVUiNI-0

Statt einer simplen Unterscheidung "staccato = heiter-unbeschwert" <-> "portato = this is fear", wäre die Diskussion, diese Zustände mittels ein und derselben Artikulationsweise auszudrücken, in eine Richtung gegangen, die den Schüler eher dazu bringt, seine eigene Meinung zu formen, statt einfach ihre Artikulation nachzuahmen....

Oder?

Ja, das hätte sie. Aber es ging ihr dann wohl auch um das konkrete Stück. Ehrlich gesagt, reagiert man als Lehrer, wobei ich beim besten Willen nicht für Pires sprechen kann, das wäre ja noch schöner, oft auch intuitiv. Sie nimmt also verschiedene Aspekte wahr und greift die auf, die ihr am wichtigsten erscheinen. Denn sie hat nicht allzuviel Zeit. Offensichtlich waren dies die Art und Weise seines Klavierspiels, der wenig vorhandene persönliche Ausdruck z.B., und sein Umgang mit der Musik. Das wollte sie durch Fragen etc., aber auch durch konkrete Arbeit am Stück verbessern, damit er ihre Arbeitsweise kennenlernt und selbst davon lernen kann.

Vielleicht hat sie dieses Beispiel gewählt, weil der Unterschied gerade bei dieser Stelle zwischen ihrer Vorstellung und seinem Spiel so plastisch und deutlich hörbar war und man das auch recht gut umsetzen kann - keine Ahnung. Aber ich fand gerade diese Stelle einfach toll, weil hier demonstriert wird, wie unterschiedlich man so etwas vermeintlich Einfaches wie ein staccato spielen kann ( ich sehe ihr Spiel an dieser Stelle nicht als portato, sondern als staccato ganz anderer Klangqualität, natürlich länger). Anhand dieses Beispiels hat sie ihre Vorstellung von dem Stück präsentiert, was auf jeden Fall auch zu ihren Aufgaben gehört ( die anderen, Schiff etc. haben das ja auch gemacht) und ihm gezeigt, wie verändert eine Stelle klingen kann, wenn man sich über die musikalische Aussage Gedanken macht.

Natürlich hätte sie auch wie du beschreibst die Stelle unterrichten können - das hat sie dann in der 1. Variation getan.


Ja, aber wie ich oben geschrieben habe: ich habe den Eindruck, in dieser Atmosphäre hat sie hat den Schüler hier hauptsächlich dazu gebracht, ihr portato nachzumachen....

Ja, das kann sein. Aber man muss ja dem Schüler auch mal Konkretes an die Hand geben und es ist möglich, dass sie, weil er das nicht richtig verstanden hat, dann umgeschwenkt ist und ihm dann so viele Fragen gestellt hat.

Aber ich habe keine Ahnung, ich weiß auch nicht, ob das nun gut oder schlecht für den Schüler war. Ich weiß nur, dass ich grundsätzlich es sehr konstruktiv finde, den Schüler ernsthaft zum Nachdenken zu bewegen und ihn aus seiner passiven in eine aktivere Haltung zu bringen.

Das, was mich an der Szene stört, ist ja gerade, dass Frau Pires so triumphierend ihren Wissensvorsprung demonstriert (mit Betonung auf "triumphierend"!). Nun kann man einwenden, dass dieser Wissensvorsprung evident ist und es selbstverständlich keinen Grund gibt, warum Frau Pires ihn nicht demonstrieren sollte. Das stimmt. Aber mir stößt nicht der Wissensvorsprung an sich auf, sondern die Art und Weise, wie Frau Pires ihn gegenüber dem Schüler ausdrückt. Sie tut gerade so, als wäre alles, was der Schüler sich bis jetzt zu dem Werk gedacht hat, lächerlich angesichts ihres weit entwickelten Verständnisses von Musik. Deshalb läss sie ihn auch gar nicht erst zu Wort kommen.
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Aber bei manchen Menschen wäre so etwas geradezu kontraproduktiv, weil sie dadurch gerade nicht weiter nach vorne gehen, sondern sich vielmehr zurückziehen. Und wie du treffend erkannt hast, Chiarina, gehöre ich eher zu letzteren.

Ich finde es deshalb auch nicht richtig zu sagen, die Chemie zwischen Lehrer und Schüler spiele keine Rolle. Natürlich ist ein jahrelanges Lehrer-Schüler-Verhältnis etwas anderes als die Moment-Beziehung, die in der kurzen Zeit eines solchen Meisterkurses zwischen Meister und Schüler aufgebaut wird. Aber es muss auch in einem Meisterkurs eine Beziehung aufgebaut werden und deshalb sollte der Lehrer sich darüber klar sein, welchen Persönlichkeitstyp er vor sich hat und wie er mit dieser Person am besten umgeht. Vielleicht hat Frau Pires das tatsächlich gemacht und ihr Vorgehen ist genau das richtige für diesen Schüler. Das kann ich letztlich nicht beurteilen. Aber generell zu sagen, dass dieses Vorgehen immer und auf jeden Fall richtig ist, stimmt halt auch nicht.

Grüße von
Fips

Lieber Fips,

das würde ich auch nicht sagen. Das stimmt aber auch bei jedem nicht. Die Art meiner Lehrerin zum Beispiel war nicht für jeden etwas und einige sind dann gewechselt.

Ich will dir und pianovirus auch auf keinen Fall eure Wahrnehmung absprechen. Ich möchte aber auch zeigen, wie auch klaviermacher und rolf, dass es eben nicht jeder so sieht wie ihr. Mag sein, dass ich schon etwas abgehärteter bin durch Erfahrung :p, aber ich wäre sehr dankbar für so einen Unterricht und würde mich nicht abgekanzelt fühlen.

Es ist einfach eine ungeheure Chance, von so jemand unterrichtet zu werden, da wäre mir ihre Art völlig egal, solange sie nicht zu mir sagt, ich solle doch lieber bei Aldi an der Kasse tippen gehen o. ä . :p

Ich bin mir ziemlich sicher, dass Pires sich selbst eher als freundlich empfunden hat. Aber es kann eben nicht jeder mit jedem! :p

Liebe Grüße

chiarina
 
Ich finde das als Hauptbeispiel des Meisterkurses nicht allzugut gewählt (vom Filmteam). Wenn man sich im zweiten Video die Interaktion zwischen Pires und den anderen Schülerinnen anschaut - welche umsetzen können, was Pires einbringt, dann ist die Athmosphäre ganz anders.
 

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