Das ist sicher vielen Organisten so oder so ähnlich schon passiert.
Ich denke, wenn professionelle Musiker über das Musizieren unter problematischen Bedingungen Anekdoten verfassen müssten, könnte man mit den gesammelten Werken ganze Regalmeter voll bekommen, bis sich die Bretter biegen.
Deva, wenn ich deine Beiträge lese habe ich manchmal das Gefühl, dass du dir selbst eine mentale Sperre auferlegst. Vorher beim Üben alles kein Problem, aber sobald der GD anfängt hast du was Orgelspielen angeht einfach nur noch "panik" o.ä. Du lässt dich durch die Begleitumstände einfach viel zu sehr irritieren.
Vorher beim Üben alles kein Problem? Das habe ich über weite Strecken des Fadens anders gelesen. Es wird eigentlich viel zu viel problematisiert hinsichtlich des Spielens und der Begleitumstände - aber im Grunde zu wenig realisiert aus lauter Angst vor Fehlern und einem drohenden Misserfolg, deshalb auch das ständige Verschieben eines erstmaligen Spielens vor Publikum.
Hier hat mal jemand empfohlen, man müsse lernen, das Üben zu lieben. Ich würde ergänzen, nicht minder wichtig ist die Akzeptanz des eigenen Tuns auch dann, wenn einem Fehler unterlaufen. Das Lernen durch Misserfolge und Rückschläge gehört unabdingbar zum künstlerischen Fortkommen dazu - und es gibt nicht nur den Überflieger, der alles irgendwie von selber kann, sondern auch den lernfähigen Typus, der seine Mitmenschen verblüfft mit den enormen Fortschritten, die er seit seinem letzten Auftreten gemacht hat. Auch so kann man nämlich Erfolg definieren - und mit Nachdruck empfehlen, baldmöglichst neue Aktivitäten zu realisieren, bei denen man die jüngsten negativen Erfahrungswerte ins Positive verwandelt.
Bevor hier Stimmen laut werden, man hätte als Profi mit langjähriger Berufspraxis ja gut reden: Heute früh um acht Uhr hatte ich einen Schulgottesdienst zu orgeln nach Rücksprache mit einem evangelischen Pfarrer, der auf eine Mitteilung der vorgesehenen Lieder an mich großzügig verzichtet, weil er mir nach vielen gemeinsamen Gottesdiensten eine beispiellose Flexibilität nachsagt. Diesmal ging selbige in nicht unkritische Dimensionen. Gestern erreichte mich ein Anruf aus dem Gemeindebüro mit weiteren Vertretungsanfragen und der lapidaren Mitteilung, der Gottesdienst finde nun nicht in der evangelischen, sondern in der katholischen Nachbarkirche statt. Als ich beizeiten in der Kirche eintraf, regte der Pfarrer an, den Gottesdienst nicht von der Orgelempore aus, sondern in Altarnähe am Klavier musikalisch zu gestalten, zumal die Lieder eher modern-rhythmisch einzuordnen wären. Diese standen ohne Noten auf einem Liedzettel nur mit Text und erwiesen sich als mir zur Hälfte unbekannt. Während hektisches Nachdenken über musikalische Alternativen begann, begab ich mich schnell auf die Empore, wo ich passendes Notenmaterial in irgendeinem Regal fand. Die Kinder stürmten in die Kirche und ich suchte mir schnell während der gesprochenen Gottesdienstteile die richtigen Nummern der Lieder zusammen. Alles klappte perfekt, nichts musste weggelassen werden und die Geistlichkeit beider Konfessionen war hochzufrieden.
Du hast die Gründe selbst genannt, z.B. dass Du müde warst, weil Du vorher Chorprobe hattest. Dass Du unkonzentriert warst, weil Du beim Orgelspiel gedanklich noch beim Chorlied warst. Dass Du vergessen hattest, die Koppeln zu kontrollieren.
Das sind keine Kleinigkeiten, und Du sollst beim nächsten Mal schauen, dass Du Dir ein Vorspiel ohne diese Störfaktoren aussuchst.
Ausgehend von dieser Aufzählung solltest Du die Aktionsfelder erkennen und organisatorisch in den Griff bekommen, auf denen es bei Dir mangels Langzeiterfahrung kritisch wird. Müdigkeit infolge zu vieler weiterer Aktivitäten vor dem Einsatz? Dann Mehrfachbelastungen reduzieren. Probleme, sich am jeweiligen Einsatzort (hier die Orgel) einzurichten? Ausreichend Pufferzeiten schaffen, um in Ruhe Notenmaterial zurechtlegen und einregistrieren zu können - plus Entspannungszeit, um kontrolliert atmen, in Ruhe einen adäquaten Muskeltonus aufbauen und "ins Stück kommen" zu können. Zu viele Einzelschritte zu koordinieren? Dann mit Checklisten und Stichwortzetteln arbeiten und die Punkte in Ruhe erledigen. Zu viele Vorgaben von außen? Grenzen setzen, ausreichend Vorbereitungszeit einfordern und notfalls mal Nein sagen. Was beim hauptamtlichen Kollegen gängige Praxis ist, darf man auf nebenberuflichem Terrain nicht als selbstverständlich voraussetzen - das sollte eigentlich jeder halbwegs einsichtige Mitmensch in einer Kirchengemeinde akzeptieren können. Und jetzt Kopf hoch und bitte zeitnah wieder an die Arbeit mit öffentlichen Aktivitäten gehen - Zigtausende haben solche Aufgaben bereits vor Dir gemeistert und auch nach einem einmaligen Fehlschlag ist in Deinem Falle noch lange nicht endgültig das Gegenteil bewiesen. Es lohnt sich also, am Ball zu bleiben.
LG von Rheinkultur