arvo pärt etc.

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golo

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5. Aug. 2012
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Es gibt hier ja zahlreiche TEY-Diskussionen,
wobei dort (verständlicher Weise) ein Konsens im Forum herrscht, was musikalische Qualität und Anspruch betrifft.
Mich würde daher interessieren wie es bei anderen Komponisten der modernen Klassik aussieht - Ich werf mal drei Namen in den Raum:
Pärt, Reich und Glass. Ich will sie nicht über einen Kamm scheren, aber sie haben meiner Erfahrung nach gemein, dass sie von gewissen Kreisen eher belächelt,
zumindest aber nicht hoch angesehen werden. Ebenso gibt es aber auch viele Experten, die sie genauso schätzen wie in etwa Feldman. Mich würde interessieren ob es hier eine klare Tendenz gibt.

Gruß, Golo
 
Guten Abend, Golo -

also, was schmeißt Du da für Namen zusammen -
im Falle von Pärt und Reich grenzt das an Majestätsbeleidigung!

Was die beiden letztgenannten von Tiersen/Einaudi/Yiruma unterscheidet,
ist die ausgeprägte Vorliebe für eine "Absicherung durch Konstruktion":
bei Pärt eine bestimmte, obsessiv verfolgte Tonsatzidee (Dreiklangsbrechungen
als Begleitmuster => sein Tintinnabuli-Stil), beim frühen Reich die Idee
von Musik als graduellem Prozeß (Phasenverschiebung), beim späten Reich
die Kanontechniken, weshalb es in beiden Fällen wenig hilfreich ist, ihre Musik
als minimalistisch zu bezeichnen; sie ist vom Material her reduktiv, aber
in ihrer Ausgestaltung komplex und zehrt von der Kenntnis serieller Techniken
(weshalb Morton Feldman gut in diesen Kontext paßt).

Um Mißverständnissen vorzubeugen: Konstruktivität ist nicht zwingend notwendig;
es gibt gute Musik, in der sich die Aufeinanderfolge der musikalischen Ereignisse
reiner "joie de vivre" erfreut. Konstruktivität steht dem ästhetischen Gelingen
aber nicht im Weg. Wer an ihr den Umgang mit dem Material gelernt hat,
vermeidet die Ärgernisse in der T/E/Y-Fraktion: Weitschweifigkeit und Gefälligkeit.

HG, Gomez

.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Guten Abend Gomez

Um ebenfalls Missverständnissen vorzubeugen -
Die Namen sind sicherlich zusammengeschmissen,
fielen aber gefühlsmäßig öfter in einen Topf wenn es um überbewertete moderne Klassik ging.
(Einschätzungen von Leuten die mit moderner Klassik vertraut waren, ich weiß nur leider
nicht die Begründung dieser Meinung)
Daher dachte ich dass dies kein Zufall sei.
Da du es als Majestätsbeleidigung betitelst, ist diese Meinung aber wohl weniger verbreitet als vermutet.
Ich frage auch deshalb weil es mir persönlich zumindest etwas ähnlich geht:
Die Ideen (bzw Konstruktion) hinter Reichs/Pärts Kompositionen leuchten mir schon ein,
aber wenn es um das tatsächliche Hören geht schalte ich bspw bei "Spiegel im Spiegel" irgendwann ab
und nehme es nur noch als angenehme Hintergrundsmusik wahr, während mich bspw. "For Philip Guston" die
ganze Zeit über fordert und stets fokussiert wirkt. Ich frage mich ob ich irgendwas bei Pärt überhöre (da du sagtest, dass es nicht minimalistisch ist
bin ich mir fast sicher was zu überhören)...
ähnlich geht es mir auch bei "Music for 18 musicians", es klingt schön und die Verschiebungen sind interessant,
aber es löst in mir beim Hören auch keine Euphorie aus.
Der Unterschied zu TEY ist mir schon klar, während diese schwer zu ertragen sind, sind Pärt und Reich zumindest angenehm.
Hat es einen Grund, dass du Glass außen vor gelassen hast?

Um Mißverständnissen vorzubeugen: Konstruktivität ist nicht zwingend notwendig;
es gibt gute Musik, in der sich die Aufeinanderfolge der musikalischen Ereignisse
reiner "joie de vivre" erfreut.

Was bedeutet Konstruktivität in dem Zusammenhang?

Gruß,
Golo
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
ja, logisch irgendwo,
also im musikalischen Zusammenhang würde ich es als
"logisch (oder besser sinnvoll) in der Entwicklung/Aufbau" interpretieren, also quasi das was Gomez mit "Absicherung durch Konstruktion" meint?
Aber reicht denn diese Absicherung aus um es qualitativ hochwertig zu machen?
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
hm, was mir aber an konstruktiv nicht ganz klar ist - was wäre denn nicht konstruktiv?
Logischerweise ja das, was die Erwartungen bzw. die Entwicklung ständig brechen würde, aber wäre dies nicht auch wieder eine Konstruktion?
Oder ist damit einfach gemeint, dass es quasi gar keine entwicklung gibt.
Jetzt ist mir allerdings wieder unklar, weshalb Kritik an Pärt und Reich
Majestätsbeleidigung ist, nach deinem Post ließe sich in Gomez Antwort ja keine Begründung dafür finden.
 
also
dass es quasi gar keine entwicklung gibt.
nehme ich an?
Dann verstehe ich auch Gomez post besser und würde dem
Um Mißverständnissen vorzubeugen: Konstruktivität ist nicht zwingend notwendig;
es gibt gute Musik, in der sich die Aufeinanderfolge der musikalischen Ereignisse
reiner "joie de vivre" erfreut.
zustimmen.
und sicher steht die Konstruktivität dem ästhetischen Gelingen nicht im Weg, im Gegenteil... aber was, wenn ich Xenakis' stochastische Konstruktion, bzw. das was er daraus macht als ästhetischer empfinde als eben Pärts, und das ist wirklich rein aus "Hörersicht" gemeint?
Sagt mir, wenn ich was falsch verstanden habe.
 
Lieber Golo,

das verspricht ja ein feines Gespräch zu werden -
erstmal vielen Dank für Deine Anmerkungen und Fragen!

Hat es einen Grund, dass du Glass außen vor gelassen hast?

Ich kann ihn nicht ausstehen und halte ihn für hochgradig überschätzt.
Die Konstruktivität seiner Kollegen Pärt und Reich fehlt ihm völlig.
Er wartet mit lieblos aneinandergereihten, mal mehr mal weniger hektischen
Dudelphrasen auf, endlosen Vier- und Achttakt-Ostinato-Klangbändern
(schlechte Kiffermusik, die man auch bekifft nicht aushalten konnte).
Da ist John Adams noch interessanter.

Der Vergleich mit Feldman ist problematisch (die berühmten Äpfel und Birnen),
obwohl ich Dich zu verstehen glaube. Aber mit "Spiegel im Spiegel" und der
"Music for 18 Musicians" hast Du nicht gerade die besten Werke herangezogen.
Pärts "Tabula rasa" und der "Cantus in memoriam Benjamin Britten",
Reichs Oktett, "Different Trains" und die erste der vier "Tehillim"-Vertonungen
sind gute Beispiele. Sie arbeiten mit ganz anderen Mitteln (das ist das Inkommensurable),
aber ich halte sie für genauso gelungen wie die besten Stücke von Morton Feldman.

Was Du vermutlich meinst oder wie ich Dich zu verstehen glaube: Das Material
bei Pärt und Reich ist schneller abgenutzt - man ist von dieser Art von Musik
schneller gesättigt.

Was bedeutet Konstruktivität in dem Zusammenhang?

Es gibt motivisch-thematisch "arbeitslose" Musik, die sich nicht
um die nachvollziehbare Ableitung ihrer Themen und Motive kümmert,
nicht um Fortspinnungslogik und entwickelnde Variation etc.,
sei es aus einer gewissen Nachlässigkeit heraus wie bei Prokofjew
(dem vor Ideenreichtum oft die Gäule durchgehen), oder aus böser Absicht
wie bei Debussy (der den Zwang zur thematischen Arbeit in der deutsch-österreichischen
Tradition als lästige Pedanterie empfunden hat) oder bei Schönberg, Strawinsky
und vielen anderen - und die dennoch gute Musik ist.

Debussy, der frühe Strawinsky (zum Beispiel im zweiten und dritten
seiner "Drei Stücke für Streichquartett") und der frühe Schönberg (im dritten
der Drei Klavierstücke op.11, im ersten der Sechs kleinen Stücke op.19)
liefern aber den schönen Beleg dafür, daß auch eine bewußt collageartige,
aus kontrastierenden, unter sich möglichst nicht verwandten Mosaikteilen
zusammengesetzte Musik ihrer eigenen Logik folgt, die kontrastierenden Teile
in der Aufeinanderfolge und jeweils separaten Fortspinnung einen
nachvollziehbaren Zusammenhang ergeben.

Erst John Cage (durch Zufallsoperationen) und den Serialisten (durchs
Arbeiten mit Tabellen) ist es gelungen, eine scheinbar völlig zusammenhanglose
Musik zu schreiben; paradoxerweise hört das Ohr aber selbst dort Zusammenhänge
(Ähnlichkeiten, Fortspinnungen), wo sie nicht mehr intendiert sind.

HG, Gomez

.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Moin golo -

hm, was mir aber an konstruktiv nicht ganz klar ist - was wäre denn nicht konstruktiv?
Logischerweise ja das, was die Erwartungen bzw. die Entwicklung ständig brechen würde, aber wäre dies nicht auch wieder eine Konstruktion?

Welche Entwicklung, wessen Erwartung?

Konstruktivität erschließt sich nicht notwendig unmittelbar dem Hören,
und schon gar nicht jedem Hören zu jeder Zeit.

Es gibt in etwa soviele Konstruktionen, wie es gute Musik gibt, also
circa unendlich viele.
Sie im jeweilig konkreten Fall zu entdecken, kann eine sehr sehr spannende
Sache sein - unter Anderm deshalb, weil man zunächst meist überhaupt nicht
weiß, wonach man zu suchen hat.

Konstruktivität speist sich aus unterschiedlichen Quellen - historischer Bedingung
und Bezug, Klang-Erleben, Obsession, Not, Disziplin (um bloß einige wenige zu
nennen) - die wiederum in Mischungen vorliegen können, und deren Beziehungen
und Gewichtungen dechiffriert werden können, sofern man sich dieser Bemühung
unterziehen möchte.

Konstruktivität ist kein ein für alle Mal feststehender Begriff, nichts Starres,
sondern muß immer wieder neu erworben werden: man könnte es also als
ein mögliches Maß für Freiheit ansehen -


gruß

stephan
 
Es gibt motivisch-thematisch "arbeitslose" Musik, die sich nicht
um die nachvollziehbare Ableitung ihrer Themen und Motive kümmert,
nicht um Fortspinnungslogik und entwickelnde Variation etc.,
sei es aus einer gewissen Nachlässigkeit heraus wie bei Prokofjew
(dem vor Ideenreichtum oft die Gäule durchgehen), oder aus böser Absicht
wie bei Debussy (der den Zwang zur thematischen Arbeit in der deutsch-österreichischen
Tradition als lästige Pedanterie empfunden hat) oder bei Schönberg, Strawinsky
und vielen anderen - und die dennoch gute Musik ist.
zu den von dir genannten Motiven gesellen sich noch weitere: ein wirklich guter Goldschmied stellt nicht einzig riesige Colliers, Diademe, Reliquienschreine her, er ist auch in der Lage, einer kleinen Perle die angemessene Fassung zu verpassen - und dann ist diese Perle ebenfalls ein einzigartiges Schmuckstück. Es gibt mehr als genug Polkas, sei es für Klavier, sei es fürs Orchester, und die meisten von ihnen haben gar nicht erst den Anspruch, die Kunst, die Welt oder sonstwas kompliziertes in Klängen denkend zu (v)erklären - dennoch gibt es unter diesen von Johann Strauß jun. die quasi Orchesteretüde unter Donner und Blitz, die von Carlos Kleiber geboten umwerfend perfekt ist. (vebrlüffend, dass diese Polka bei zahlreichen Karajans nicht überzeugt) Keine Formentwicklung, keine thematische Arbeit, kein Tiefsinn - stattdessen heiter-temperemantvolles und ironisches Wohlgefallen.
Es gibt sie, die gleichsam "bedeutungslosen" tiefsinnsfreien Perlen, sei es in Form einer Ges-Dur Etüde von Chopin, eines Steckenpferdritters von Schumann, besagter Johann-Strauß-Polka - sie sind vielleicht Grillen, Launen, Spielerei -- wobei freilich auch zu konstatieren ist, dass perfekt proportionierte überzeugende Grillen, Launen, Spielereien keinen geringeren Kunstanspruch als die herzerschütternde Bekenntnismusik haben. ...leider gibt es nicht sehr viele Perlen solcher Art, aber wenn man eine hört, ist das erfreulich und gelegentlich heiter. Heiteres interesseloses Wohlgefallen, Schönheit ohne Weltschmerzattitüde.
 
Guten Abend und erstmal Danke für die Erläuterungen.

Lieber Golo,
das verspricht ja ein feines Gespräch zu werden -

Hoffen wir es.

erstmal vielen Dank für Deine Anmerkungen und Fragen!



Ich kann ihn nicht ausstehen und halte ihn für hochgradig überschätzt.
Die Konstruktivität seiner Kollegen Pärt und Reich fehlt ihm völlig.
Er wartet mit lieblos aneinandergereihten, mal mehr mal weniger hektischen
Dudelphrasen auf, endlosen Vier- und Achttakt-Ostinato-Klangbändern
(schlechte Kiffermusik, die man auch bekifft nicht aushalten konnte).
Da ist John Adams noch interessanter.

Ich persönlich kann Glass Musik schon ausstehen, aber stimme im Großen und Ganzen überein.

Der Vergleich mit Feldman ist problematisch (die berühmten Äpfel und Birnen),
obwohl ich Dich zu verstehen glaube. Aber mit "Spiegel im Spiegel" und der
"Music for 18 Musicians" hast Du nicht gerade die besten Werke herangezogen.
Pärts "Tabula rasa" und der "Cantus in memoriam Benjamin Britten",
Reichs Oktett, "Different Trains" und die erste der vier "Tehillim"-Vertonungen
sind gute Beispiele. Sie arbeiten mit ganz anderen Mitteln (das ist das Inkommensurable),
aber ich halte sie für genauso gelungen wie die besten Stücke von Morton Feldman.

Was Du vermutlich meinst oder wie ich Dich zu verstehen glaube: Das Material
bei Pärt und Reich ist schneller abgenutzt - man ist von dieser Art von Musik
schneller gesättigt.

Der Vergleich mit Feldman ist sicher nicht optimal, mir fiel kein passenderer ein. Was Pärt betrifft, ich kannte die von dir genannten Stücke bereits, leider sagen sie mir nicht wirklich mehr zu. Ich bin inzwischen der Meinung das das vielleicht was Grundsätzliches ist und weniger auf die einzelnen Kompositionen bezogen - Pärt arbeitet ja sehr viel mit dem reinen Schönklang. Dieser bietet mir aber meist zu wenig Widerstand und Reizpunkte. Verzeiht mir mein Banausentum, aber rein vom Klang ist das für mich oft schon an der Grenze zum Kitsch (wo zieht man da die Grenze)... es gibt für mich in der Musik so viele Wege Schönheit zu erschaffen, nur die Schönheit selbst ist für mich keiner. Zumindest kein
wirklich Erfüllender. Dieses Problem habe ich auch bspw. bei "Tabula rasa", wo noch hinzu kommt, dass sich das Stück arg in die Länge zieht, (scheinbar?) ohne nennenswerte Entwicklung.
Mir geht es nicht darum ihn auf theoretische Weise zu zerreissen, ich versuche nur den praktischen Höreindruck zu schildern.
Bei reich geht das in eine ähnliche Richtung, allerdings muss ich zugeben, die von dir genannten Werke noch nicht gehört zu haben. Werde ich mir dann zu Gemüte führen.

Es gibt motivisch-thematisch "arbeitslose" Musik, die sich nicht
um die nachvollziehbare Ableitung ihrer Themen und Motive kümmert,
nicht um Fortspinnungslogik und entwickelnde Variation etc.,
sei es aus einer gewissen Nachlässigkeit heraus wie bei Prokofjew
(dem vor Ideenreichtum oft die Gäule durchgehen), oder aus böser Absicht
wie bei Debussy (der den Zwang zur thematischen Arbeit in der deutsch-österreichischen
Tradition als lästige Pedanterie empfunden hat) oder bei Schönberg, Strawinsky
und vielen anderen - und die dennoch gute Musik ist.

Debussy, der frühe Strawinsky (zum Beispiel im zweiten und dritten
seiner "Drei Stücke für Streichquartett") und der frühe Schönberg (im dritten
der Drei Klavierstücke op.11, im ersten der Sechs kleinen Stücke op.19)
liefern aber den schönen Beleg dafür, daß auch eine bewußt collageartige,
aus kontrastierenden, unter sich möglichst nicht verwandten Mosaikteilen
zusammengesetzte Musik ihrer eigenen Logik folgt, die kontrastierenden Teile
in der Aufeinanderfolge und jeweils separaten Fortspinnung einen
nachvollziehbaren Zusammenhang ergeben.

Erst John Cage (durch Zufallsoperationen) und den Serialisten (durchs
Arbeiten mit Tabellen) ist es gelungen, eine scheinbar völlig zusammenhanglose
Musik zu schreiben; paradoxerweise hört das Ohr aber selbst dort Zusammenhänge
(Ähnlichkeiten, Fortspinnungen), wo sie nicht mehr intendiert sind.

HG, Gomez

.

Okay, das macht mir den Begriff "Konstruktion" schonmal etwas klarer. Allerdings ist er für mich immer noch recht kryptisch und nicht so leicht greifbar.
Muss auch dazu sagen, dass ich mich mit Musik nur in meiner Freizeit beschäftige und bestenfalls mittelmäßige Theorie-Kenntnisse habe.

gut, bei Debussy würde ich das jetzt so interpretieren, dass seine Musik oft als fließend erscheint. Ein Stück beginnt bei Punkt A und endet bei Punkt B, aber nichts nimmt wirklich Bezug auf das bereits Geschehene und versucht es zu verarbeiten oder wieder aufzunehmen. In etwa so?
Von Schönberg habe ich mir die drei erwähnten Klavierstücke angehört - Ja, in der Tat sticht das dritte heraus und mir wird ungefähr klar was du meinst. Mal der Neugier halber: Wie sähe es denn bspw. bei diesem Concerto for Piano and Strings von Alfred Schnittke aus:
Schnittke - Concerto for Piano and Strings - YouTube
trifft hier nicht das mit dem Collageartigen, Kontrastierenden, scheinbar Unzusammenhängenden auch zu?
Und bedeutet das jetzt eben das es sich um eine Konstruktion handelt oder Gegenteiliges? Mir fehlt da noch die grobe Vorstellung. Ist Konstruktion eine Art Sammelbegriff, oder bezieht es sich konkret auf die Form?
Verzeiht, es ist etwas verwirrend :)

Gruß, Golo
 
Moin golo -



Welche Entwicklung, wessen Erwartung?

Konstruktivität erschließt sich nicht notwendig unmittelbar dem Hören,
und schon gar nicht jedem Hören zu jeder Zeit.

Es gibt in etwa soviele Konstruktionen, wie es gute Musik gibt, also
circa unendlich viele.
Sie im jeweilig konkreten Fall zu entdecken, kann eine sehr sehr spannende
Sache sein - unter Anderm deshalb, weil man zunächst meist überhaupt nicht
weiß, wonach man zu suchen hat.

Konstruktivität speist sich aus unterschiedlichen Quellen - historischer Bedingung
und Bezug, Klang-Erleben, Obsession, Not, Disziplin (um bloß einige wenige zu
nennen) - die wiederum in Mischungen vorliegen können, und deren Beziehungen
und Gewichtungen dechiffriert werden können, sofern man sich dieser Bemühung
unterziehen möchte.

Konstruktivität ist kein ein für alle Mal feststehender Begriff, nichts Starres,
sondern muß immer wieder neu erworben werden: man könnte es also als
ein mögliches Maß für Freiheit ansehen -


gruß

stephan
Hallo stephan,

Ja, ich hatte zunächst eine falsche Vorstellung - was nicht bedeutet dass ich bereits die Richtige gefunden hätte.
Wenn du bspw. von historischen Bedingungen und Bezug sprichst, soll das einfach heißen, dass zu bestimmten Epochen z.B. die und die
Kompositionsformen üblich waren und in etwa auch an die Forderungen des Arbeitgebers angepasst werden mussten usw....
andererseits klingt Obsession eher nach etwas was aus einem selbst heraus kommt.
Aber das klingt für mich noch zu unkonkret um es greifen zu können.

Gruß
 
Hai golo -

Wenn du bspw. von historischen Bedingungen und Bezug sprichst, soll das einfach heißen, dass zu bestimmten Epochen z.B. die und die
Kompositionsformen üblich waren und in etwa auch an die Forderungen des Arbeitgebers angepasst werden mussten usw....

Das kann es natürlich auch heißen - ob es für das Verstehen einer bestimmten
Musik von wesentlicher Bedeutung ist, ist aber abhängig von eben dieser Musik
selbst. Es kann aber auch die Entwicklung des Instrumentalbaus betreffen,
oder das Generationen-Verhältnis (Verhältnis Lehrer/Schüler, generell
musikalisches Umfeld, historisch bedingter Bildungs- und Kenntnisstand).
Auch ist historische Bedingheit selbstverständlich abhängig von der "Größe"
der zu betrachtenden Bögen, also dem Bezugsrahmen: gehts um Sachen,
deren Entwicklung sich in Hunderten oder gar Tausenden von Jahren bemißt,
oder Differenzierungen innerhalb einer "genau" einzugrenzenden Epoche,
oder vielleicht um eine bestimmte Phase eines einzelnen Lebens?


andererseits klingt Obsession eher nach etwas was aus einem selbst heraus kommt.

Sofern man in der Lage ist, es zuzulassen.


Aber das klingt für mich noch zu unkonkret um es greifen zu können.

Und das wird auch so bleiben, solange man sich nicht konkret mit
den Sachen beschäftigt. Es hat nicht allzuviel praktischen Wert,
10 Kochbücher zu lesen, um nen guten Kaiserschmarrn machen
zu können - erst, wenn Du weißt, was den nun ein gutes Ei ist,
welches Mehl Du am besten nimmst, und was ne reife Pflaume
ist, in welchem Rum Du die Rosinen (oder vielleicht Sultaninen?)
tränkst, was fürn Appel Du nimmst, welche Pfanne, welche Butter,
welche Hitze für wie lange, naja usw - erst dann wirds auch konkret.

Und Eins ist doch klar: Je öfter Dus machst, desto sicherer wirst
Du werden.

gruß

stephan
 
Wär das dann sowas wie Sprechen ohne zu Labern?
nö, eher sowas wie die "Schmetterlingsetüde" oder der "Ritter vom Steckenpferd", die ohne sprechen, labern und groß geschriebene Infinitive auskommen (gerade das zeichnet sie ja aus) ;):) -- fatalerweise gelingen aber nicht allen solche Schmetterlingsetüden oder Steckenpferdritter, und deswegen ist es recht sinnvoll und lehrreich, diejenige
Zitat von Gomez:
motivisch-thematisch "arbeitslose" Musik, die sich nicht
um die nachvollziehbare Ableitung ihrer Themen und Motive kümmert,
nicht um Fortspinnungslogik und entwickelnde Variation etc.
anzuschauen und zu überlegen, woran das liegen könnte, dass einigen wenigen so etwas gelingt und vielen nicht (notfalls kann man dann sogar zum verteufelten vergleichen und gegenüberstellen greifen) :)
 

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