Ansprüche an Klavierlehrer

@Rheinkultur Die Sonderleistungen wurden im Laufe der Zeit so viel, dass ich mit dem KL eine finanzielle Lösung finden musste. Er hat zwar nie ein Entgelt gefordert, aber mir war dabei nicht mehr wohl. Da er bei einer Musikschule angestellt war, konnten wir sein Pauschalhonorar nicht einfach erhöhen - das war von der Musikschule gegeben. Wir haben aber eine für beide Parteien gute Lösung gefunden. Dazu muss auch noch gesagt werden, dass er das in erster Linie alles gerne und freiwillig machte (vor allem das Komponieren war seine Leidenschaft) und nie von unserer Seite gefordert wurde. Die Impulse kamen immer von seiner Seite.
 
Ich bin schon etwas verwundert.

Für Klavierlehrer aus dem Rock-Pop-Jazz-Bereich gehört es nämlich zum ganz normalen Arbeitsalltag, für Schüler Sachen rauszuhören oder zu arrangieren oder zumindest zu recherchieren, ob und wo es vernünftige notierte Versionen von Stücken gibt, die man entweder direkt so spielen oder in modifizierter Form benutzen kann.

...

Ich finde den Wunsch, dass ein bestimmter Song, den die Schülerin gerne mag, im Unterricht durchgenommen wird, keineswegs überzogen. Das hat mit "Sklave" oder "Automat" nichts zu tun. Wie gesagt: Wie Du an die Noten kommst, ob durch Selber-Raushören oder Irgendwie-Besorgen (bzw. Der-Mutter-Sagen-sie-soll-Heft-XY-kaufen-da-ist-das-drin), ist ja Dir überlassen.

Es versteht sich von selbst, dass man natürlich gegenüber Schüler und Eltern kommuniziert, dass es nicht sinnvoll ist, ständig "Wunschstücke" zu spielen, sondern dass es einen didaktischen Plan aufeinander aufbauender, pädagogisch sinnvoller Stücke gibt.

Hallo zusammen,

hier noch eine Antwort aus Sicht eines erwachsenen Anfängerschülers.

Hauptsächlich spielen wir die von meiner Klavierlehrerin vorgeschlagene Stücke, und da vertraue ich auch ganz auf ihr Konzept. (Musikstudentin, Musikschule) Wir verwenden Hefte von Anne Terzibaschitsch und die Russische Klavierschule. Parallel haben wir immer ein von mir gewünschtes Stück, aber da mache ich mir schon selber die Mühe, die Noten davon zu recherchieren und spreche mit ihr ab, ob wir das jetzt mit in den Unterricht nehmen. Wenn Fingersätze fehlen, versuche ich mich selbst daran, schreibe diese auf, und wir gehen die dann zusammen durch und schauen gemeinsam wo man diese verbessern kann usw..

Was das Spielen von weiteren Stücken angeht, oder das Behandeln von gewünschten Musikrichtungen, wie bei mir, zusätzlich zur Klassik, z.B. Blues und Boogie, erwarte ich schon, dass darauf eingegangen wird, habe das aber in der Probestunde auch gleich angesprochen, als ich nach meinen Wünschen und Vorstellungen gefragt wurde.

Im Leben würde ich aber nicht erwarten, dass ich mit beliebigen Stücken ankomme, vielleicht noch ständig, und Klavierlehrerin sitzt stundenlang zu Hause und arrangiert für mich. Sicherlich würde ich sie darum bitten, wenn ich anders nicht weiter komme, aber bestimmt nicht erwarten, dass so eine Arbeit durch den Beitrag an die Musikschule abgegolten ist.

Ansonsten ist es ja ein Geben und Nehmen. Meine KL ist sehr engagiert und überzieht regelmäßig die Unterrichtszeit, wenn wir gerade mittendrin sind - ich bin abends der letzte Schüler. Dafür kaufe ich bei Noten auch schonmal ein Exemplar für sie mit, das tut mir als normal arbeitenden nicht weh, und die Freude ist auf beiden Seiten groß.

LG

Christian
 
Guten Abend liebeClavios,

vielen Dank für eure zahlreichen Beiträge! Sie haben mich bestärkt und ich bin irgendwie auch ein Stückchen selbstbewusster diese Woche gewesen :-)

Ich habe die Songs, die gewünscht waren zwar transkribiert, aber der Mutter schon deutlich zu verstehen gegeben, dass es eine Sonderleistung ist und ich dieses Mal nur eine Ausnahme gemacht habe.

Wie hier schon Einige schrieben, letzendlich ist es egal, wie lange man für diese Tätigkeiten benötigt, es passiert in der Freizeit und dies ist in meiner Preiskalkulation nicht inbegriffen.

Vllt haben es hier manche missverstanden, ich schreibe mit fortgeschrittenen SchülerInnen schon auch Songs im Unterricht auf- wenn sie ein Lied schön finden- mache auch Gehörschulung, beziehe Theorie mit ein und gehe grundsätzlich mit dem SchülerIn mit. Mein Unterricht gestaltet sich individuell nach Kenntnissen und Handfertigkeiten der SchülerInnen.
Meine bisherige Erfahrung sagt mir, dass Überforderung der Tod jeglicher Motivation ist. Daher habe ich eine Notenlesehilfe entwickelt, die übringens nicht nur bei Kindern, sondern auch bei erwachsenen SchülerInnen sehr gut ankommt. Das kann ich an jeden KL weiterempfehlen. Gerade Anfänger sind von Noten zu Beginn nahe zu erschlagen.

Das Primavistaspiel übe ich jetzt fleissig, damit ich das zu 100% beherrsche. Bei einfachen und mittelschweren Stücken klappt es auch schon ganz gut. Aber anspruchsvollere Partituren klappen entweder langsamer oder ich fange automatisch an zu improvisieren, was ja auch nicht Sinn und Zweck der Sache ist.

Was habt ihr da für Erfahrungen? Wie habt ihr es geschafft, 32er und 64er Noten so schnell zu lesen, dass ihr die auch in dem Tempo sofort umsetzten könnt? Ich meine jetzt Stücke, deren Melodie ihr nicht kennt.

Ich wünsche noch einen schönen Abend!

LG,

Fortepiano
 
Die beste Motivation für die Schüler sind Stücke, die sie sich selbst aussuchen!!! Wenn ein Lied noch die Fähigkeit eines Schülers übersteigt, ist das beste, ihm andere, auf einander aufbauende Stücke zu geben, die ihm von mal zu mal die Fähigkeit in Aussicht stellen, sein Lieblingslied dann spielen zu können. Ganz neben bei kannst Du Deine Schüler für Theorie begeistern, was sonst ja ehr schwierig ist, in dem Du ihnen wie einfach zum Beispiel das obige Lied gestrickt ist und einer einfachen Kadenz begleitet werden kann. Das fange ich auch schon mit den Kleinsten an, nur dann ohne die ganzen Begrifflichkeit. Sei immer wieder kreativ, was die Unterrichtsgestaltung anbelangt. Du kannst ja auch mit dem Schüler die Melodie raushören und führst ihn damit gleich an Intervalle heran, man kann da mit einem Lied vom hundertsten ins tausendste kommen und einen Unterrichtsplan für das nächste halbe Jahr aufstellen. Ich jedenfalls mache mit meinen Schülern fast alles gemeinsam und sie lernen ne Menge dabei und ich habe kaum Vorbereitungszeit.
Liebe Grüße
Julian alias Be-flügelt
 
Die beste Motivation für die Schüler sind Stücke, die sie sich selbst aussuchen!!! Wenn ein Lied noch die Fähigkeit eines Schülers übersteigt, ist das beste, ihm andere, auf einander aufbauende Stücke zu geben, die ihm von mal zu mal die Fähigkeit in Aussicht stellen, sein Lieblingslied dann spielen zu können. Ganz neben bei kannst Du Deine Schüler für Theorie begeistern, was sonst ja ehr schwierig ist, in dem Du ihnen wie einfach zum Beispiel das obige Lied gestrickt ist und einer einfachen Kadenz begleitet werden kann. Das fange ich auch schon mit den Kleinsten an, nur dann ohne die ganzen Begrifflichkeit. Sei immer wieder kreativ, was die Unterrichtsgestaltung anbelangt. Du kannst ja auch mit dem Schüler die Melodie raushören und führst ihn damit gleich an Intervalle heran, man kann da mit einem Lied vom hundertsten ins tausendste kommen und einen Unterrichtsplan für das nächste halbe Jahr aufstellen. Ich jedenfalls mache mit meinen Schülern fast alles gemeinsam und sie lernen ne Menge dabei und ich habe kaum Vorbereitungszeit.
Liebe Grüße
Julian alias Be-flügelt
Ein Lehrer der von Stücken als Liedern spricht?

Außerdem was sind das denn für Weisheiten, die da einem gestandenen Lehrer gegeben werden sollen?

Ein Lehrer ohne Vorbereitung ist kein Lehrer. Als Schüler würde ich mich bedanken, für die Vorbereitung meiner Stunde Zeit meiner Stunde zur Verfügung stellen zu müssen, die der Schüler zahlt und ein Instrumentlehrer hat keine Theorie in großem Stil zu vermitteln, dazu ist er zu teuer. Namen zu bestimmten musikalischen Erscheinungen wie Intervallen zu nennen und nebenbei als Begriffe zu verfestigen ist keine Theorie!

Und es ist nicht die beste Motivation für Schüler selbst ausgesuchte Stücke ständig zu spielen. Sondern es ist Aufgabe des Lehrers als KL die notwendigen Grundlagen für das Klavierspielen zu vermitteln mit ansprechenden und didaktisch richtig ausgewähltem Material - passend zum
Vermögen des Schülers. Nach einer gewissen Grundlehrzeit kann auch auf Wünsche des Schülers eingegangen werden. Der Hauptwunsch des Schülers ist und bleibt aber, Klavierspielen zu lernen und das nötige Rüstzeug zu erwerb en um später allein seine Wunschstücke sich aussuchen und erarbeiten zu können.

Die Angaben im Post 24 sind genau die, die nicht zu einem Klavierlehrer passen, sondern zu einem Freizeitguru zur Bespaßung von unwilligen Schülern.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
"Ein 'Lied' ist immer ein Musikstück, in dem gesungen wird. Ohne Gesang ist es kein Lied."

Das sollte man in jedem Musikerforum prominent auf die Titelseite schreiben.

CW
 
Ein Lehrer ohne Vorbereitung ist kein Lehrer.
Insider sprechen von "Schwellenpädagogik": Erst wenn die Lehrkraft die Schwelle zum Unterrichtsraum überschritten hat, überlegt sie sich, was man heute im Unterricht so machen könnte. Wer nicht nur ein Standardkonzept routinemäßig abspult, geht individuell auf die Gegenseite ein - und dieser Ansatz funktioniert nicht ohne Vorbereitung, die bei sehr erfahrenen Lehrkräften nur deshalb weniger zeitaufwändig vonstatten geht, weil sie aufgrund ihrer längeren Erfahrung schneller an die entsprechenden Notentexte oder an wichtige Sekundärliteratur herankommt, was das Überlegen und Recherchieren immens beschleunigt. Diese Beschleunigung geht nicht auf Kosten der Sorgfalt - im Gegenteil.

LG von Rheinkultur
 
Reclam Klaviermusikführer zu Mendelssohn-Bartholdy LoW: "Ein Lied ohne Worte ist eine artistische Fiktion"
 
Ein herzliches Hallo an alle :bye:,

ich war schon länger nicht mehr hier und habe in der Zwischenzeit weitere Erfahrungen/ Eindrücke gesammelt. Zunächst: ich habe mittlerweile vier KL und eine Musikwissenschaftlerin kennen gelernt. Zum Hospitieren hatten sie leider keine Lust. Aber die Musikwissenschaftlerin hat sich in meinen Unterricht reingesetzt. Sie war von meinen Materialien begeister und sagte, ich soll auf meine Methode ein Patent anmelden. Desweiteren möchte sie mit mir gemeinsam auf Feiern und Hochzeiten auftreten. Sie will singen und ich soll sie begleiten. Ob ich es mache, weiß ich noch nicht. Aber das hat mein Selbstbewusstsein enorm gestärkt. :-)So dass ich mittlerweile mit der entstandenen Gelassenheit bestimmte Dinge beobachten konnte über die ich hier gerne schreiben würde.

Es geht wieder um das Schüler- Lehrerverhältnis und am liebsten würde ich den Thread so umbenennen. Allerdings beschränken sich meine Beobachtungen ausschließlich auf Erwachsene. Ich habe das Gefühl, dass da einerseites Bewunderung, andererseits aber so etwas wie Missgunst gegenüber KL mitschwingt. Erwachsene SchülerInnen haben es schon schwer, vorwärts zu kommen und sind manchmal auch etwas frustriert, bis wieder ein neues Erfolgserlebnis kommt. In diesen Phasen fühlt sich der Umgang in etwa so an, als ob sie mir mein Können nicht gönnten.
Ich muss dazu sagen, ich bin hochsensitiv und spüre alles Mögliche, auch im zwischenmenschen Bereich. Außerdem machen diese SchülerInnen bestimmte Bemerkungen im schnippischen Ton wie "Ja, Sie wissen, wo die Noten liegen, auch ohne hinzusehen", wenn ich beispielsweise auf falsche Fingersätze oder andere Fehlerchen hinweise. Manche veruchen mich zu verunsichern, indem sie nach Fehlern bei mir suchen. Und genau das habe ich auch bei SchülerInnen gespürt, die unbedingt auf Primavistaspiel meinerseits bestanden.

Kennt ihr das? Ich kann mir das auch schon rein rational erklären, wie sich diese SchülerInnen fühlen. Aber ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.
Ich frage mich, was ich machen kann, um so ein Verhalten nicht zu fördern. Es steht schon irgendwie zwischen mir und dem/r SchülerIn, weil es mir einfach das Gefühl gibt, sie seien mir nicht wohlgesonnen.

Für mögliche Anregungen und Tipps bedanken ich mich schon Mal gant herzlich vorab! :ballon:

LG,

Fortepiano
 

Aber das hat mein Selbstbewusstsein enorm gestärkt. :-)So dass ich mittlerweile mit der entstandenen Gelassenheit bestimmte Dinge beobachten konnte über die ich hier gerne schreiben würde.
Das ist doch schön.
Ich habe das Gefühl, dass da einerseites Bewunderung, andererseits aber so etwas wie Missgunst gegenüber KL mitschwingt.
Bewunderung und Neid liegen halt manchmal nahe beieinander.
Ich muß, wenn ich ehrlich bin, gestehen, auch gelegentlich ein bisschen Neid auf die Leute, die in ihrer Jugend über die nötige Begabung und Förderung und Fleiß verfügten, Musik auf hohem Niveau zu lernen und zu einer gewissen künstlerischen Reife zu bringen. Ich hoffe aber, daß sich dies nicht in Mißgunst äußert.
Ich muss dazu sagen, ich bin hochsensitiv und spüre alles Mögliche, auch im zwischenmenschen Bereich.
Dann pass auf, daß Du nicht mehr spürst, als da ist.
Aber ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.
Ich würde Vorschlagen, mit etwas Gelassenheit.
 
Es geht wieder um das Schüler- Lehrerverhältnis und am liebsten würde ich den Thread so umbenennen. Allerdings beschränken sich meine Beobachtungen ausschließlich auf Erwachsene. Ich habe das Gefühl, dass da einerseites Bewunderung, andererseits aber so etwas wie Missgunst gegenüber KL mitschwingt. Erwachsene SchülerInnen haben es schon schwer, vorwärts zu kommen und sind manchmal auch etwas frustriert, bis wieder ein neues Erfolgserlebnis kommt. In diesen Phasen fühlt sich der Umgang in etwa so an, als ob sie mir mein Können nicht gönnten.
Ich muss dazu sagen, ich bin hochsensitiv und spüre alles Mögliche, auch im zwischenmenschen Bereich. Außerdem machen diese SchülerInnen bestimmte Bemerkungen im schnippischen Ton wie "Ja, Sie wissen, wo die Noten liegen, auch ohne hinzusehen", wenn ich beispielsweise auf falsche Fingersätze oder andere Fehlerchen hinweise. Manche veruchen mich zu verunsichern, indem sie nach Fehlern bei mir suchen. Und genau das habe ich auch bei SchülerInnen gespürt, die unbedingt auf Primavistaspiel meinerseits bestanden.

Kennt ihr das? Ich kann mir das auch schon rein rational erklären, wie sich diese SchülerInnen fühlen. Aber ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.
Ich frage mich, was ich machen kann, um so ein Verhalten nicht zu fördern. Es steht schon irgendwie zwischen mir und dem/r SchülerIn, weil es mir einfach das Gefühl gibt, sie seien mir nicht wohlgesonnen.

Für mögliche Anregungen und Tipps bedanken ich mich schon Mal gant herzlich vorab! :ballon:

LG,

Fortepiano

Insgesamt verwundern mich diese Ausführungen ein wenig. Ich glaube kaum, dass man hier generalisieren kann und alle Erwachsene bzw. KL, die Erwachsene unterrichten, über einen Kamm scheren kann.
Weder bewundere ich meine KL noch empfinde ich Neid. Dass sie deutlich mehr kann als ich, ist nur logisch (sonst könnte ich sie als KL nicht brauchen). Erfolgserlebnisse zu haben ist für alle, die irgendetwas erlernen, bisweilen schwer - für Kinder, Jugendliche wie auch für Erwachsene.

Der Hinweis auf falsche/unglückliche Fingersätze ist notwendig, genauso wie der Hinweis auf Fehler. Damit einher gehen sollte unbedingt der Hinweis, wie der bessere Fingersatz aussieht und warum er besser ist, z.B. auch durch das Ausprobieren bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten! Auch dem Hinweis auf den Fehler folgt die Fehleranalyse: Warum und wie sind die Fehler vermeidbar?

Könnte es sein, dass Du Vorwürfe hörst, wo vielleicht Stoßseufzer sind? ("Ja, sie wissen, wo die Noten liegen." synonym zu: "Ich würde das gerne besser können, aber es gelingt nicht." )
Bei Deinem Beispiel geht es ja vermutlich auch um Griffsicherheit - und die Frage, wie man sie üben könnte.

Für mich ist es auch normal, dass meine KL Fehler beim Primavista-Spiel macht - schließlich probiert sie während einer Unterrichtsstunde verschiedene Dinge für mich aus, und das macht sie innerhalb eines Tages für circa ein Dutzend (wenn nicht noch mehr) Klavierschüler unterschiedlichsten Niveaus.

Könnte die Frage nach der didaktischen Aufbereitung einer Stunde die Lösung sein: "Wie erkläre ich Schüler/in X die Sache am besten und wie bereits ich sie optimal vor bzw. übe dieses Problem optimal mit ihr?"

Ich selbst gehe übrigens im Instrumental-Unterricht so vor, dass ich meine Probleme so präzise wie möglich verbalisiere und ganz klar sage: "Hier habe ich dieses Problem!" Etwas, das Erwachsene vermutlich besser können als (kleine) KInder.

Du könntest einfach auch mal fragen. "Wo konkret liegt das Problem?"

In der Hoffnung, Dir ein bisschen geholfen zu haben
grüßt die Klafina
 
Ich habe das Gefühl, dass da einerseites Bewunderung, andererseits aber so etwas wie Missgunst gegenüber KL mitschwingt. Erwachsene SchülerInnen haben es schon schwer, vorwärts zu kommen und sind manchmal auch etwas frustriert, bis wieder ein neues Erfolgserlebnis kommt.
Platon hat mal gesagt: "Glaubst du, man könne in Bewunderung mit etwas verkehren, ohne es nachzuahmen?"
Bewunderung ist also ein starker Motivator.

Aber auch die Missgunst, die mit Neid einhergeht, kann durchaus positiv gesehen werden, wenn du es schaffst dich von der allgemeinen gesellschaftlichen Ächtung derselben freizusagen.
Denn so wie die Bewunderung zum nachahmen anregt, so fördert Neid den eigenen Ehrgeiz, mit dem Beneideten gleichzuziehen oder sich ihm zumindest zu nähern.

Beides in einem gesunden Maß ist also durchaus in Ordnung!

Was die Frustration angeht:
Generell geht mein KL nach der Spielmethodik vor: vom Einfachen zum Komplexen, vom Leichten zum schwierigen, vom Bekannten zum Unbekannten.

Wenn er merkt, das Frustration droht, dann geht er den umgekehrten weg und und nimmt das Komplexe, Schwierige so weit auseinander, das es für mich verständlich und spielbar wird und sorgt somit zumindest für kleine Erfolgserlebnisse zwischendurch.

Ein Großteil seiner Arbeit mit mir als erwachsenen Schüler besteht einfach auch darin, mich in meinem Ehrgeiz zu zügeln und mich wahrnehmen zu lassen, was ich kann, statt frustriert zu sein über das, was ich nicht kann. Die Betonung liegt dabei auf "mich selber wahrnehmen zu lassen", ein aktives Lob gibt es höchst selten.
 
Danke für eure Antworten!

Mein Post richtet sich zwar an KL, aber warum auch nicht eine Auseinandersetzung mit SchülerInnen führen?

Es geht mir nicht um didaktische Tipps.Eher um das Zwischenmenschliche. Ich formuliere mein Anliegen Mal anders: Was kan ich tun, damit sich meine erwachsenen SchülerInnen mit mir nicht vergleichen?

Es gibt immer jemanden, der klüger, talentierter, schöner, besser ect ist. Wenn jemand einer Sache schon seit der Kindheit intensiv nachgeht, ist es klar, dass er besser sein Werk beherrscht als ein Anfänger. Genau so könnte ich mich mit Profipianisten vergleichen und Frust entwickeln, weil sie einfach den ganzen Tag üben, die Stücke auswendig können, sich weniger verspielen usw.

Was kann ein KL tun, um seinen SchülerInnen diesen Vergleich und dadurch entstehende negative Energien zu vermeiden?

LG,

Fortepiano
 
Wenn die negativen Energien beeinträchtigen, dann ansprechen und thematisieren....allerdings immer die Frage wen stört was? Vielleicht empfindet die Schülerin keine negativen Energien, wenn sie sich vergleicht sondern Ansporn und Freude.......Vergleichen ist eine normal menschliche Reaktion, auch wenn nicht immer nachvollziehbar, dennoch kann daraus große Motivation und Kraft wachsen.
 
Nun dazu eine kleine Einschätzung aus Schülersicht. Am Anfang meines Unterrichtes habe ich sehr oft recht verzweifelt beobachtet, wie gut mein Lehrer und wie schlecht ich bin. Es gab dann regelmäßig Kommentare wie: Wo soll es denn auch so schnell herkommen, du kommst doch gut voran. Ich habe sicher am Anfang auch wesentlich mehr Lob bekommen, dass jenes oder welches schon viel besser geklappt hat. Mein Lehrer spielt mir von Anfang an regelmäßig auch mal was Kleines vor. Das hat den Vorteil, dass a) man sieht, dass auch die wirklich Guten mal Fehler machen b) die Musikalität sich ausbildet c) ein Kommentar alá "das muss ich noch ein bisschen üben" zeigt, dass auch Lehrern es nicht einfach so zufällt.
Fingersätze werden bei mir immer mit "versuch mal lieber das so und so zu spielen" oder "Ich würde das eher so spielen" korrigiert. Ich denke gerade bei erwachsenen Schülern ist es wichtig, dass diese nicht regelmäßig gezeigt bekommen, dass alles was sie machen noch absolut unzulänglich ist, sondern dass sie gezeigt bekommen, was schon gut an ihnen ist. Ab und an muss natürlich auch mal richtig der Kopf gewaschen werden, das ist bei mir wenn ich anfange schlampig beim Üben zu werden. Ich habe eigentlich nur im ersten Monat neidisch auf meinen Lehrer geschaut, danach habe ich mich verstanden, gefördert sowie gefordert und ernst genommen gefühlt.
 
Es gibt immer jemanden, der klüger, talentierter, schöner, besser ect ist. Wenn jemand einer Sache schon seit der Kindheit intensiv nachgeht, ist es klar, dass er besser sein Werk beherrscht als ein Anfänger. Genau so könnte ich mich mit Profipianisten vergleichen und Frust entwickeln, weil sie einfach den ganzen Tag üben, die Stücke auswendig können, sich weniger verspielen usw.

Was kann ein KL tun, um seinen SchülerInnen diesen Vergleich und dadurch entstehende negative Energien zu vermeiden?

Hast Du eigentlich schon einmal versucht, Deinen Klavierschülern diese bzw. ähnliche Gedanken zu vermitteln? Vielleicht gibt es doch welche, die sich das nicht bewusst machen.
 
Mein Post richtet sich zwar an KL, aber warum auch nicht eine Auseinandersetzung mit SchülerInnen führen?

Was schwingt denn da für eine Arroganz mit?

Bringst du diese auch deinen Schülern entgegen?

Schüler sind doch die einzigen, die dir etwas zu diesem Thema sagen können!

Wie wirkst du auf sie?
Wie sehen sie dich?
Was meinen sie mit den von dir angeführten Aussagen?
Steckt dahinter vielleicht mehr Selbstoffenbarung als Beziehungsinformation?
 
Da ich dich und deine Art zu unterrichten nicht kenne, kann ich wenig dazu sagen. Ich möchte dir aber kurz darlegen, welche Aspekte mir als Schülerin im Unterricht ein gutes Gefühl vermitteln und den Neidfaktor gänzlich ausschalten:
Mir hilft die Art meiner Klavierlehrerin, mich dort abzuholen wo ich stehe und dies mit Begeisterung und Freude daran, dass "Ich" (besser) Klavierspielen lernen möchte.
Meine Klavierlehrerin ist mit Freude sehr nahe bei der Musik und motiviert mich mit Sätzen wie: "diese Stelle ist anstrengend für die Finger, weil sie viel Dehnung erfordert, aber ein paar Takte weiter hat der Komponist dafür gesorgt, dass wir uns wieder entspannen können - Danke, lieber Komponist!". Der Umgang mit der Musik ist locker und ungezwungen. Es geht nicht um Leistung sondern um den Spaß am musizieren.
("Wie schön es ist abends nach Hause zu kommen und dann mit selbstgemachter Musik zu entspannen, nicht wahr?")
Mich persönlich entlastet es außerdem sehr, dass sie mir erklärt, wie der Komponist das Stück vermutlich gemeint hat und dass sie mich dahingehend korrigiert, dem Notentext nachzueifern und nicht ihren persönlichen Vorstellungen. Fehler sind erlaubt Sie weiß, wann ich sie bemerke und wann nicht und kommentiert nur dann, wenn ich es nicht tue oder sie bemerkt, dass es an der falschen Technik hapert. Dann zeigt sie mir, wie ich die Stelle lernen kann und dröselt sie mit mir auf.
Sie schreibt mir den Fingersatz nicht einfach drüber, sondern probiert ihn mit mir aus und erklärt mir nebenbei, weshalb ein anderer Fingersatz logisch sinnvoller ist - lässt mir aber auch die Wahl, wenn es keinen großen Unterschied macht und ich lieber "meinen" Fingersatz möchte. Es liegt ein Bleistift am Klavier, den man auch selbst benutzen darf/soll um sich etwas zu notieren, so dass in meinen Noten die Anmerkungen mind. zur Hälfte von mir stammen. Sie fragt nach, wo noch schwierige Stellen für mich sind und probiert sie dann mit mir gemeinsam aus. Sie versucht nachzuvollziehen, wo das Problem für mich liegt und fühlt sich ein. Manchmal ist das Problem ganz einfach zu lösen und dann lachen wir beide.
Sie lobt mich für Fortschritte und dafür, wenn ich den Notentext gut gelernt habe. Dann sagt sie, dass es ihr gefällt und man die Musik richtig genießen kann.

Diese Aspekte geben mir als erwachsene Schülerin das Gefühl, dass ich in meinem Lernprozess aktiv beteiligt bin und meine Klavierlehrerin mit mir auf Augenhöhe ist. Damit wird aus der Sache "Klavier lernen" nichts, was irgendwie mit Leistungsdruck zu tun hat, sondern mit Spaß an der Freude. :-)
 

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