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Ich muss hier interessehalber noch mal nachfragen: du @Demian weisst, jeweils wann und unter welchen Umständen Chopin etwas komponiert hat und dann entweder mit Opuszahl publizierte oder nicht, ohne Opuszahl publizieren ließ oder nicht, oder ohne Publikationsabsicht verschenkte (Albumblätter etc), oder im Schreibtisch liegen ließ (weil er damit unzufrieden war oder ausnahmsweise mortuis causae nicht mehr zum publizieren kam (Mazurka f-moll)) - und hierbei weißt du besser Bescheid in musikal. Qualitätsfragen als der Urheber selber?Nicht alle zu Lebzeiten nicht veröffentlichten Werke von Chopin sind weniger wertvoll als die veröffentlichten. Der Walzer in e-moll ist doch qualitativ nicht schlechter als die anderen Walzer. Dagegen ist Chopins Bolero opus 19 als veröffentlichte Komposition zurecht fast vergessen.
Nicht zürnen! Ich polemisiere nicht, sondern frage nach - und ich weiß, was für kulturelle Verluste manche testamentarische Nachlassregelung erbrachte: wir werden nie erfahren, wie es mit Tschitschikow (tote Seelen) von Gogol*) weiterging!
Chopin hatte testamentarisch bestimmt, dass alle seine unpublizierten Noten und Skizzen verbrannt werden sollen. Darunter befand sich allerlei, von Jugend- und Studien- und Gelegenheitswerken bis hin zu ausgearbeiteten kleineren (kleinformatigen) Kompositionen, mit denen er unzufrieden war (so weit mein Kenntnisstand) Zu ein paar der von ihm zur Vernichtung bestimmten Stücke gibt es in seinen Briefen Infos, z.B. über das Fantasie-Impromptu, welches er sozusagen peinlich/missraten fand ("zu sehr im Stile der Kontski und anderer Tiere") -- die 2-3 Leutchen, die seinen Nachlass "verwalteten", publizierten aus merkantilen Gründen alles, was sie vorfanden: sie taten das nicht aus Gutherzigkeit und auch nicht als "Pioniere der Chopinforschung". Stattdessen pfiffen diese edlen Freunde auf den letzten Willen ihres Freundes Frederic...
Wir heute kennen nun die meisten (ein paar in Quellen erwähnte Sachen sind verschollen) der Werke, die gegen Chopins Willen posthum veröffentlicht wurden. Und wir kennen den Grund, weshalb Chopin sie eben nicht veröffentlicht hat: für sein Urteil waren sie nicht gut genug.
Ich kann unter den posthumen Sachen nur ein einziges Stück ausmachen, um das es schade wäre, wenn es im Feuer gelandet wäre: die trübsinnige, sehr tristanesk chromatische Mazurka f-moll, seine wohl letzte fertiggestellte Komposition.
Weißt du mehr in dieser Angelegenheit?
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*) wobei sich Gogols radikale Verfahrensweise nicht mit Chopin vergleichen lässt: in Chopins Nachlass befanden sich keine Sonaten, Balladen, Opern, Sinfonien, Oratorien, Instrumentalkonzerte, wohingegen Gogol weit über die Hälfte seines Hauptwerks (der Roman "die Toten Seelen") vernichtet hatte. Kurzum "großes" befand sich ohnehin nicht in Chopins Nachlass
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