Also, ich glaube nun folgendes verstanden zu haben:
Es gibt zwei Gewerkschaften, welche für Berufsmusiker sinnvoll sind. Selbstständige Künstler sind innerhalb von ver.di organisiert, und zwar im Fachbereich "Medien Kunst und Industrie". Lehrende sind in der GEW organisiert. Für Leute welche in beide Bereiche fallen, ist eine Mitgliedschaft in beiden Gewerkschaften wohl in Betracht zu ziehen.
Es gibt drei gute Gründe, einer Gewerkschaft beizutreten:
1.) Die Gewerkschaft stellt eine Rechtsschutzversicherung für arbeitsrechtliche Belange. Situationen, in welchen dies für Musiker interessant sein könnte, gibt es einige. Z.B. wenn ein Veranstalter von einem vertraglich zugesicherten Engagement abspringt.
2.) Die Aufgabe der Gewerkschaft ist es unter anderem, einem innerhalb der Gewerkschaft organisierten Berufsstand gegenüber der Politik Gehör zu verschaffen. Nur wenn ausreichend Angehörige dieses Berufsstandes in einer Gewerkschaft organisiert sind, kann dies auch funktionieren.
3.) Man kann sich ganz unmittelbar selbst innerhalb der Gewerkschaft engagieren, und Aktionen, welche dem eigenen Berufsstand Gehör verschaffen, unter dem Dach der Gewerkschaft gemeinsam organisieren.
Die Aussage
Ihre Verhandlungsmacht beruht allein auf der Kontrolle über das Arbeitsangebot. Der Rest ist Gesülze.
empfinde ich als totalen Quatsch. Eine Gewerkschaft ist in erster Linie eine Organisation von Arbeitnehmern. Organisierte Arbeitnehmer können mithilfe von GEMEINSAMEN Aktionen auch innerhalb der Gesellschaft auf ihren Berufsstand und die Bedeutung ihres Berufsstandes aufmerksam machen. Um die Bedeutung eines Berufsstandes klarzustellen benötigt man keinen Streik, welcher ja nur die Ultima Ratio ist. Demonstrationen, Lobbyarbeit, Argumente, Medienpräsenz eines gesamten Berufsstandes ist ja auch eine Aufgabe der Gewerkschaft und ja nur dann überzeugend möglich, wenn der Berufstand in einer gemeinsamen Organisation organisiert ist.
Wenn allein die Kontrolle über das Arbeitsangebot entscheidend wäre, hätten ja Anti-Atomkraft-Demonstrationen, Fridays-for-Future, Studenten innerhalb der Hochschulpolitik, ... denkbar schlechte Karten. Aber ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man (z.B. innerhalb der Hochschulpolitik) viel mit klugen Argumenten und stetigem, dauerhaften Engagement erreichen kann.
Menschen sind empathische Wesen: Wenn sinnvolle, nachvollziehbare Argumente dauerhaft und freundlich wiederholt werden, kommt der größte narzisstische Entscheidungsträger irgendwann drauf, dass daran eventuell was dran sein könnte. Außerdem wurde in der Demonstrationsforschung (das gibt's tatsächlich) "herausgefunden", dass stetiger andauernder Protest einer großen Gruppe effektiv funktionieren kann.