Als Musiker einer Gewerkschaft beitreten?

alibiphysiker

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Die aktuelle Situation ist für alle Musiker- und Kulturschaffenden furchtbar. Als ich so darüber nachdachte, bin ich auf diesen Artikel gestoßen:


Und als ich etwas weiterrecherchierte auf diese Seite:


Dabei kam in mir der Gedanke auf, dass es vielleicht ganz sinnvoll sein könnte, einer Gewerkschaft beizutreten.

Hat sich jemand von euch damit schonmal beschäftigt?
 
Ich bin schon viele Jahre als Freiberuflerin Mitglied bei Verdi, die du auch verlinkt hast.
Schon allein die Rechtsberatungen haben sich für mich ausgezahlt. Man bekommt aber auch darüber hinaus echte, tatkräftige Unterstützung. Kann ich nur empfehlen.
 
Lieber alibiphysiker,

du hast vollkommen recht! Ich fürchte, ich bin noch nie überhaupt auf die Idee gekommen, einer Gewerkschaft beizutreten. :018: Dein verlinkter Artikel bringt es m.E. sehr gut auf den Punkt:

"Johann-Peter Taferner ist freischaffender Musiker. Im Normalfall wird er von unterschiedlichen Orchestern engagiert. "Wir verbringen viel Zeit unserer Ausbildung damit - und zwar von Kindesbeinen an-, alleine zu üben", sagt Taferner. Durch Corona ist ihm mindestens die Hälfte seiner Aufträge weggebrochen.

In einer Gewerkschaft ist Taferner nicht. "Ich muss ehrlich sagen, dass ich da noch nicht drüber nachgedacht habe", sagt der Klarinettist. "Man ist es nicht gewöhnt, da auf jemand anderen zu setzen. Tatsächlich ist da immer nur der Gedanke, 'wie kann ich gut überleben?.'" Mit dieser Einzelkämpferhaltung ist Taferner in der Branche der Kreativschaffenden nicht alleine. Viele der Solo-Selbstständigen sind nicht gewerkschaftlich organisiert."


Es ist wirklich furchtbar. Wir Musiker tauschen uns in jeder Beziehung zu wenig aus, sei es fachlich, sei es, um unseren Stand in der Gesellschaft zu stärken. Das fängt schon in der Musikhochschule an - man vernetzt sich zu wenig. Meiner Meinung nach könnte man auch gerade da etwas verändern (es ist ja schon besser geworden).

Die deutsche Orchestervereinigung und die Orchestervorstände haben da einen anderen, deutlich besseren Stand. Das liegt daran, dass die meisten Orchester subventioniert sind und im öffentlichen Dienst feste Stellen haben. Selbstständige Künstler interessieren niemanden. Und deshalb wäre es sehr wünschenswert, wenn es übergeordnete Institutionen gibt, die auch die Interessen der selbständigen Künstler vertreten. Denn gerade die sorgen im Kleinen für eine sehr bunte und vielfältige Kunstszene. Deshalb finden sie ja auch im "normalen Leben" außerhalb von Corona ihren Platz.

Wie diese Interessensvertretung nun aussehen könnte (Streikrecht etc.), weiß ich allerdings nicht. Ich kenne mich da leider zu wenig aus.

Liebe Grüße und danke für den interessanten Faden!

chiarina
 
Möglichkeiten, sich als Fachkräfte berufsständisch zu vernetzen, gibt es längst auch für freiberufliche Musiker: Es gibt sowohl fachgruppenübergreifende Berufsverbände (allen voran der Deutsche Tonkünstlerverband) als auch Verbände für bestimmte musikfachliche Schwerpunkte (Klavierbau, Musikpädagogik...) - und genau die erwähnten Tätigkeitsfelder werden von diesen Verbänden auch abgedeckt. Wenn Tastenspieler Netzwerke bilden, ist berufsständische Interessenvertretung eher möglich, als wenn man mit dem Status eines Einzelkämpfers am Markt operieren will. Damit sind Ziele eher in Reichweite wie die Sicherstellung, dass seriös und professionell arbeitende Klavierpädagogen generell ein bestimmtes Preis-Leistungs-Verhältnis nicht unterschreiten, wenn es um die Vermarktung eigener Dienstleistungen geht.

Gewerkschaften vertreten im Regelfall die Interessen dort organisierter Arbeitnehmer - aber der selbstständig tätige Musikpädagoge und/oder konzertierende Künstler ist nun mal eher der Arbeitgeberseite zuzurechnen, auch dann, wenn er gar keine Angestellten beschäftigt. Nicht wenige Freiberufler strebten ursprünglich (als Student oder Berufsanfänger) die Übernahme in ein festes Anstellungsverhältnis an einer schulischen Einrichtung, an einem Theater oder in einem Berufsorchester an. Gelingt die Übernahme in eine Festanstellung nicht, bleibt im Prinzip nur die Selbstständigkeit. Wird diese unter prekären Bedingungen nur unterdurchschnittlich erfolgreich ausgeübt, handelt es sich streng genommen sogar lediglich um verdeckte Arbeitslosigkeit - nur dann halbwegs zu ertragen, wenn andere einträgliche Quellen zum wirtschaftlichen Auskommen verfügbar sind (etwa ein gut verdienender Ehepartner mit möglichst krisensicherer Festanstellung).

Im Arbeitnehmerverhältnis tätige Ensemblemusiker und Musikschullehrer sind tatsächlich in den meisten Fällen gewerkschaftlich und/oder im Betriebs- oder Personalrat organisiert und können unter bestimmten Voraussetzungen auch Arbeitnehmerrechte wie das Streikrecht wahrnehmen.

LG von Rheinkultur
 
Es ist wirklich furchtbar. Wir Musiker tauschen uns in jeder Beziehung zu wenig aus, sei es fachlich, sei es, um unseren Stand in der Gesellschaft zu stärken. Das fängt schon in der Musikhochschule an - man vernetzt sich zu wenig. Meiner Meinung nach könnte man auch gerade da etwas verändern (es ist ja schon besser geworden).
Nicht wenige sehen in der Tat in den eigenen Fachkollegen übelwollende Konkurrenten, die ihnen Jobs vor der Nase wegschnappen. Bereits an den Hochschulen wird nicht selten polarisiert: die künstlerische Position des eigenen Lehrers ist das allein anzustrebende Non Plus Ultra und in den anderen Klassen eigener und fremder Hochschulen, in denen das gleiche Instrument unterrichtet wird, sitzen nur Vollidioten und Nichtskönner. Eine extreme Position, aber gar nicht mal so selten anzutreffen (ich kenne etliche Hochschulen von innen). Gepaart mit Unsicherheitsempfindungen und Versagensängsten entsteht schnell eine Menge an Misstrauen gegenüber den eigenen Kolleg(inn)en - während man sich im günstigen Falle kollegial miteinander austauschen und sogar voneinander profitieren könnte. Übrigens ist es für das eigene Wohlbefinden gesünder, sich mit befreundeten Musikerkolleg(inn)en über von ihnen erlangte Erfolge zu freuen als missgünstig und neidisch zu sein.

LG von Rheinkultur
 
Gewerkschaften vertreten im Regelfall die Interessen dort organisierter Arbeitnehmer - aber der selbstständig tätige Musikpädagoge und/oder konzertierende Künstler ist nun mal eher der Arbeitgeberseite zuzurechnen, auch dann, wenn er gar keine Angestellten beschäftigt.

Lieber Rheinkultur,

ich muss zugeben, dass mir das noch gar nicht bewusst war. Heißt das, ein Privatmusiklehrer dürfte nicht streiken, wenn er nun bei ver.di wäre?

Ich muss zugeben, dass mich der deutsche Tonkünstlerverband bisher nicht sehr in der Durchsetzung von Interessen seiner Mitglieder überzeugt hat. Immerhin gab es damals eine Revidierung des bis dahin gültigen Unterrichtsvertrags, der gerichtlich erfolgreich angefochten wurde. Aber z.B. gibt es immer noch keine Einigung, was das Kopieren angeht und ich habe bisher auch noch keinen Aufschrei des Verbandes in den Medien bzgl. Corona und den fürchterlichen Folgen für die Mitglieder wahrgenommen. Ist meine Wahrnehmung falsch? Du würdest also keinen Gewerkschaftseintritt o.ä. für sinnvoll halten?

Liebe Grüße

chiarina
 
Heißt das, ein Privatmusiklehrer dürfte nicht streiken, wenn er nun bei ver.di wäre?
Liebe chiarina, welchen Sinn sollte denn so ein Streik haben? Das eigene Unternehmen bestreiken? Anders sieht es aus, wenn er sowohl an einer kommunalen Musikschule als auch privat bei sich zu Hause unterrichtet. In der erstgenannten Funktion könnte er in der Tat an Arbeitskampfmaßnahmen teilnehmen. Diese Konstellation gibt es tatsächlich. Sinngemäß dasselbe gilt für Musiker in einem Berufsorchester oder für Sänger im Anstellungsverhältnis an einem Opernhaus.

Ich muss zugeben, dass mich der deutsche Tonkünstlerverband bisher nicht sehr in der Durchsetzung von Interessen seiner Mitglieder überzeugt hat. Immerhin gab es damals eine Revidierung des bis dahin gültigen Unterrichtsvertrags, der gerichtlich erfolgreich angefochten wurde. Aber z.B. gibt es immer noch keine Einigung, was das Kopieren angeht und ich habe bisher auch noch keinen Aufschrei des Verbandes in den Medien bzgl. Corona und den fürchterlichen Folgen für die Mitglieder wahrgenommen. Ist meine Wahrnehmung falsch?
Nein, falsch ist Deine Wahrnehmung nicht. Allerdings ist ein Berufsverband etwas anderes als eine Gewerkschaft - und die Möglichkeiten, bestimmte (politische) Ziele durchzusetzen, sind naturgemäß begrenzt. Bei den Gewerkschaften kannst Du ja ebenfalls erkennen, dass die ursprünglichen Forderungen weit über den mit der Arbeitgeberseite tatsächlich ausgehandelten Abschlüssen lagen - und einen neuen Job besorgt Dir die Gewerkschaft auch nicht, wenn Dir Dein Arbeitgeber gekündigt hat. Schlimmstenfalls schmeißen die Dich auch noch raus, weil Du die Beiträge nicht mehr zahlen kannst.

Ich bin übrigens selbst zweiter Bezirksvorsitzender im DTKV und übernehme einiges an Öffentlichkeitsarbeit, wozu auch Rückmeldungen an die Politik hinsichtlich der Corona-Krise gehören. Deshalb bin ich über die ganze Virengeschichte auch so angesäuert, weil ich die Problematik auf der Verbandsebene kenne und mir da selber mitunter die Finger wund tippe. Gerade mir genügt es nicht, dauernd nur zu jammern - praxisgerechte Lösungen müssen her, gerade jetzt, wo sich herausstellt, dass bei uns positive Dinge bewirkt werden und eben nicht für die massenhafte Ausbreitung der Viren gesorgt wird. Je mehr Mitglieder solchen Verbänden beitreten, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass die verantwortlichen Personen in Politik, Verwaltung und Gesellschaft endlich unsere Position wahrnehmen und nicht mehr geflissentlich wegschauen und uns ignorieren können.

LG von Rheinkultur
 
Der große Vorteil einer Gewerkschaftsmitgliedschaft liegt in der Beratung im Arbeitsrecht mitsamt "Rechtsschutz-Versicherung" für arbeitsrechtliche Fälle - ein Themenbereich, vor dem sich gängige Rechtsschutzversicherungen gerne drücken.
Ein Arbeitnehmer zahlt gewöhnlich 1% seines Bruttogehalts als Beitrag.
In wie weit Gewerkschaften sich inzwischen Freiberuflern zuwenden, ist mir nicht bekannt. Die Aussage von @Child Of Vision finde ich interessant.
Bedenke darüber hinaus, daß Gewerkschaften auch eigene Machtinterssen haben und verfolgen. Ein Schandfleck ist das von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden gemeinsam ausgeheckte Tarifgleichschaltungsgesetz, das sich gegen durchsetzungsstarke kleine Gewerkschaften richtet, die nach dem Niedergang der zahnlosen Großgewerkschaften seit der Agenda 2010 hervorgingen.
 
In wie weit Gewerkschaften sich inzwischen Freiberuflern zuwenden, ist mir nicht bekannt. Die Aussage von @Child Of Vision finde ich interessant.
Ungewöhnlich ist diese Konstellation trotzdem. Auch ein einzelunternehmerisch tätiger Freiberufler ohne eigene Angestellte ist eher der Arbeitgeberseite zuzurechnen, während Gewerkschaften eher Arbeitnehmerinteressen vertreten. Allerdings verlaufen viele Grenzen eher fließend. Auch ein Arbeitnehmervertreter benötigt Einsichten in unternehmerische Belange, um bei Tarifverhandlungen nicht mit völlig absurden Zahlen zu hantieren. Umgekehrt hat so mancher Vertreter der Arbeitgeberseite mal im Angestelltenverhältnis gearbeitet und weiß, dass Loyalität zum Arbeitgeber Transparenz und Vertrauen voraussetzt und das Gefühl, ausgenutzt und übervorteilt zu werden, einem guten Miteinander der Betriebsparteien abträglich ist. Das verhindert nicht den Ablauf der üblichen Rituale: der Arbeitgeber wünscht möglichst viel Leistung für möglichst wenig Geld, der Arbeitnehmer dagegen möglichst viel Geld für möglichst wenig Leistung - und nachher trifft man sich irgendwo in der Mitte. Streik und Aussperrung sind aber lediglich zwei Druckmittel unter vielen im Arbeitskampf und nur an bestimmten Positionen im Betriebsablauf im Einsichtsbereich der Öffentlichkeit, zu der auch unbeteiligte Personen gehören können. Deshalb ist so eine kleine Gewerkschaft wie die der Lokführer so ungemein erfolgreich, obwohl konkurrierende Gewerkschaften teilweise ein Vielfaches an Mitgliedern haben.

LG von Rheinkultur
 
Ich verstehe nicht warum Freischaffende nicht freiwillig in die Arbeitslosenversicherung einzahlen.
 

Das sin 2,5 % vom Verdienst, das sollte doch drin sein.
 
Ich verstehe nicht warum Freischaffende nicht freiwillig in die Arbeitslosenversicherung einzahlen.
Das geht zum einen nur, wenn man vorher in einem Angestelltenverhältnis war und zum anderen verdienen viele freischaffende Musiker so wenig, dass das zu erwartende Arbeitslosengeld unterhalb der Grundsicherung liegt. Da kann man sich die Beiträge sparen und das Geld besser in eine Hartz-IV-sichere Altersversorgung einzahlen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine Gewerkschaft ist ein Arbeitnehmerkartell. Ihre Verhandlungsmacht beruht allein auf der Kontrolle über das Arbeitsangebot. Der Rest ist Gesülze. Ob die Mitliedschaft sinnvoll ist, muss jeder für sich selbst und seine Situation entscheiden.
 
Also, ich glaube nun folgendes verstanden zu haben:

Es gibt zwei Gewerkschaften, welche für Berufsmusiker sinnvoll sind. Selbstständige Künstler sind innerhalb von ver.di organisiert, und zwar im Fachbereich "Medien Kunst und Industrie". Lehrende sind in der GEW organisiert. Für Leute welche in beide Bereiche fallen, ist eine Mitgliedschaft in beiden Gewerkschaften wohl in Betracht zu ziehen.

Es gibt drei gute Gründe, einer Gewerkschaft beizutreten:

1.) Die Gewerkschaft stellt eine Rechtsschutzversicherung für arbeitsrechtliche Belange. Situationen, in welchen dies für Musiker interessant sein könnte, gibt es einige. Z.B. wenn ein Veranstalter von einem vertraglich zugesicherten Engagement abspringt.

2.) Die Aufgabe der Gewerkschaft ist es unter anderem, einem innerhalb der Gewerkschaft organisierten Berufsstand gegenüber der Politik Gehör zu verschaffen. Nur wenn ausreichend Angehörige dieses Berufsstandes in einer Gewerkschaft organisiert sind, kann dies auch funktionieren.

3.) Man kann sich ganz unmittelbar selbst innerhalb der Gewerkschaft engagieren, und Aktionen, welche dem eigenen Berufsstand Gehör verschaffen, unter dem Dach der Gewerkschaft gemeinsam organisieren.

Die Aussage

Ihre Verhandlungsmacht beruht allein auf der Kontrolle über das Arbeitsangebot. Der Rest ist Gesülze.


empfinde ich als totalen Quatsch. Eine Gewerkschaft ist in erster Linie eine Organisation von Arbeitnehmern. Organisierte Arbeitnehmer können mithilfe von GEMEINSAMEN Aktionen auch innerhalb der Gesellschaft auf ihren Berufsstand und die Bedeutung ihres Berufsstandes aufmerksam machen. Um die Bedeutung eines Berufsstandes klarzustellen benötigt man keinen Streik, welcher ja nur die Ultima Ratio ist. Demonstrationen, Lobbyarbeit, Argumente, Medienpräsenz eines gesamten Berufsstandes ist ja auch eine Aufgabe der Gewerkschaft und ja nur dann überzeugend möglich, wenn der Berufstand in einer gemeinsamen Organisation organisiert ist.

Wenn allein die Kontrolle über das Arbeitsangebot entscheidend wäre, hätten ja Anti-Atomkraft-Demonstrationen, Fridays-for-Future, Studenten innerhalb der Hochschulpolitik, ... denkbar schlechte Karten. Aber ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man (z.B. innerhalb der Hochschulpolitik) viel mit klugen Argumenten und stetigem, dauerhaften Engagement erreichen kann.

Menschen sind empathische Wesen: Wenn sinnvolle, nachvollziehbare Argumente dauerhaft und freundlich wiederholt werden, kommt der größte narzisstische Entscheidungsträger irgendwann drauf, dass daran eventuell was dran sein könnte. Außerdem wurde in der Demonstrationsforschung (das gibt's tatsächlich) "herausgefunden", dass stetiger andauernder Protest einer großen Gruppe effektiv funktionieren kann.

Aus https://www.sueddeutsche.de/politik/fridays-for-future-erfolg-protest-interview-1.4511293 : "

"Bisherige Untersuchungen zum Beispiel der Anti-Atomkraft-Bewegung haben
gezeigt, dass eine große und lang anhaltende Mobilisierung wichtig ist,
die Unterstützung durch politische Eliten und eine Bevölkerungsmehrheit
zugunsten des Anliegens."

Ja... ist etwas schwammig und auch nicht sonderlich überraschend :-D.
 
Zuletzt bearbeitet:
Im Bühnenumfeld sehe ich die Rolle der Gewerkschaften durchaus zwiespältig. Sie vertreten die Rechte ihrer Mitglieder (z.B. Choristen) durchaus effizient, allerdings ohne Rücksicht auf Verluste, die dadurch an anderer Stelle entstehen. Bühnenproben mit Chorbeteiligung sind dadurch deutlich kürzer (und damit teurer) als reine Solistenproben und für jeden Handgriff, der nicht im Tarifvertrag festgeschrieben ist, müssen die Opernhäuser extra bezahlen. Wenn ein Chorist in einer Oper 2 Sätze solistisch singt, wird das extra bezahlt - das führt mitunter dazu, dass er für eine Aufführung mehr Geld bekommt als ein Hauptdarsteller. Das ist nämlich die Kehrseite der Geschichte: je mehr Sondervergütungen die Gewerkschaft für ihre ohnehin gut abgesicherten (weil unbefristet angestellten) Mitglieder durchsetzt, umso prekärer wird die Lage für das jederzeit vor die Tür setzbare Solistenensemble. Dessen Belange sind der Bühnengewerkschaft leider herzlich egal.

Mit einem NV-Solo ist eine gute Agentur überlebenswichtig, die Gewerkschaft aber ziemlich verzichtbar. Ich befürchte, für andere Solo-Selbständige wie Pianisten, Musiklehrer etc. könnte es ähnlich aussehen.
 
Ungewöhnlich ist diese Konstellation trotzdem. Auch ein einzelunternehmerisch tätiger Freiberufler ohne eigene Angestellte ist eher der Arbeitgeberseite zuzurechnen, während Gewerkschaften eher Arbeitnehmerinteressen vertreten. Allerdings verlaufen viele Grenzen eher fließend.
Das Stichwort hier dürfte "Scheinselbständigkeit" lauten - das paßt dann wieder zum gewerkschaftlichen Konzept der Arbeitnehmervertretung.
 
Wenn Handwerker ihre Forderungen durchsetzen wollen dann gibt es einen Streik, das bedeutet nichts anderes ,es muß dem Arbeitgeber weh tun sonst verhandelt er nicht.
Wie will ein einzelner Künstler den streiken, klar er kann nicht auftreten aber dann tritt er sich ja selber in den Allerwertesten.
Der einzige Vorteil ist die Beratung und das ein Anwalt gestellt wird .
 
Wenn Handwerker ihre Forderungen durchsetzen wollen dann gibt es einen Streik, das bedeutet nichts anderes ,es muß dem Arbeitgeber weh tun sonst verhandelt er nicht.
Wie will ein einzelner Künstler den streiken, klar er kann nicht auftreten aber dann tritt er sich ja selber in den Allerwertesten.
Der einzige Vorteil ist die Beratung und das ein Anwalt gestellt wird .

Lieber reymund,

ich habe diesen für mich interessanten link gefunden, der auch dazu Stellung bezieht:

.

Zitat: " Konkret heißt das: Wer mehr als die Hälfte (im Medien- und Kulturbereich ein Drittel) des Einkommens bei einem Auftraggeber verdient, gilt als „arbeitnehmerähnliche Person“. Und für sie gelten eine Menge Sonderrechte: Anspruch auf bezahlten Urlaub, Bildungsurlaub, das Arbeitsgericht als zuständig für Auseinandersetzungen mit dem Auftraggeber. – Und schließlich dürfen die Gewerkschaften für diese Arbeitnehmerähnlichen Tarifverträge abschließen."

Für Künstler, die häufig an der Oper o.ä. beschäftigt sind, dürfte das interessant sein. @mick, du sagst aber eher das Gegenteil. Woran liegt das, denn ich könnte mir schon vorstellen, dass Solisten 30% ihres Einkommens bei einer Oper oder einem Orchester verdienen.

Ich frage mich, ob es so etwas auch in irgendeiner Form für Privatmusiklehrer geben könnte. Wahrscheinlich nicht, aber hier im Forum taucht immer wieder das Problem auf, dass man besonders in schwächeren Regionen preislich so "billig bleiben muss, weil ringsum alle Lehrer so wenig Geld nehmen und man bei einem teureren Beitrag zu wenig Schüler bekommt. Und/Oder es geht um schlechte Konditionen. Wahrscheinlich kann man nur etwas ändern, indem man sich privat zusammentut und gemeinsam höhere Preise nimmt in Verbindung mit hoher Unterrichtsqualität und guter Werbung. Aber es interessiert mich, ob es auch von gewerkschaftlicher Seite Möglichkeiten gäbe.

Liebe Grüße

chiarina
 

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