Stelle zu schwer - weglegen oder 'vereinfachen'?

B

BWV999

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Hallo zusammen,

ich stehe mittlerweile öfter vor dem Problem, dass ich Stücke angehe, die ich dann auch bewältige - bis auf diese eine verflixte Stelle, die einfach nicht sauber gelingt. Dann lege ich das Stück beseite, um es später wieder anzugehen. Da können auch schon mal Jahre vergehen.

Die 'Problemstelle' zu vereinfachen will mein künstlerisches 'Ethos' irgendwie nicht zulassen. Beispiele an denen ich ständig hängenbleibe: ausufernde Verzierungskombis (Bachs Vorschlag-Triller-Kombis), Chopins ungradzahlige N-tolen, Debussys 3 gegen 2, Mozarts 'Double-Speed' und dergleichen Nettigkeiten.

Falls es jemandem auch so geht - was macht ihr? Für eine Weile weglegen und später wieder daran arbeiten, oder die Stelle kurzerhand (erst mal) vereinfachen?

Ist es sinnvoll, ein Stück „nach unten anzupassen“, oder muss man sich durchbeißen, auch wenns gefühlt 'ewig' dauert?
 
Tempo passe ich immer wieder nach unten an. Könnte aber auch sein, dass ich abwarte, schneller zu werden.
Verzierungen würde ich vereinfachen.
Die Probleme, die Du beschreibst, scheinen ja im rhythmischen Bereich zu sein. Vielleicht findest Du Möglichkeiten das konkret anzugehen?
 
Ich würde es immer wieder bearbeiten, und immer wieder weglegen. An einer Vereinfachung wäre mir nicht gelegen, denn damit kastriert man m.E. dass Werk. Ein wenig mehr innere Gelassenheit, daß es eben ne Saustelle ist, die irgendwann funktionieren wird. Ganz langsam üben, das klappt irgendwann schon.
 
Ich nehme solche Stellen grundsätzlich auseinander, schaue, wo genau die Schwierigkeit liegt und gehe die dann gezielt und langsam an. Achtung: manchmal ist die das eigentliche Problem davor oder danach.
Beim Rhythmus zB 2 auf 3: Trockenübungen = nur Klopfen
Dann sehr vereinfacht üben (bei Polyrhythmik: welche Noten kommen zusammen) , Stelle ganz rausnehmen und getrennt üben, die Note davor und danach dazunehmen um den Übergang einzubeziehen und erst danach wieder (nicht vereinfacht) langsam spielen, Tempo allmählich steigern.
Gerade die Polyrhythmik braucht Zeit und viel Geduld.
 
:005:

Das ist meine eigene Nomenklatur für solche Stellen, die Mozart wohl gern mag (kenn ich z.B. von Bach gar nicht):

rr0ZQHZ.png


Achtel, und dann ein Takt doppelte Geschwindigkeit, dann wieder Achtel...solche Stellen bekomme ich einfach nicht sauber hin.

Und das Tempo dann runterschrauben kann man bei Bach ja machen, bei Mozart sollte Allegro schon halbwegs Allegro sein sonst klingt es nicht nach Mozart..
 
Mein KL sagt immer „bitte noch langsamer! Die Geschwindigkeit kommt von alleine…“
 
Ich nehme solche Stellen grundsätzlich auseinander, schaue, wo genau die Schwierigkeit liegt und gehe die dann gezielt und langsam an. Achtung: manchmal ist die das eigentliche Problem davor oder danach.
Beim Rhythmus zB 2 auf 3: Trockenübungen = nur Klopfen
Dann sehr vereinfacht üben (bei Polyrhythmik: welche Noten kommen zusammen) , Stelle ganz rausnehmen und getrennt üben, die Note davor und danach dazunehmen um den Übergang einzubeziehen und erst danach wieder (nicht vereinfacht) langsam spielen, Tempo allmählich steigern.
Gerade die Polyrhythmik braucht Zeit und viel Geduld.
Generell würde ich ja auch so vorgehen. Aber manchmal hilft das nicht.

z.B.: Bach BWV 906:

2025-02-14 12-57-19.png

Hier sollte man (zumindest nach Empfehlung diverser Ausgaben) 12-mal anschlagen, also 6-mal pro Achtel, wobei da vorher schon 16-Triolen gespielt werden - und der Triller taucht so nur viermal auf - aber ist leider für die Klangwirkung essentiell...ich komme da einfach nicht auf die Geschwindigkeit, obwohl ich jetzt seit knapp 11 Jahren spiele...(und auch mal Gitarre gespielt habe, eigentlich sollte deshalb der Wechsel 2-3-2-3 für Triller bei mir gut laufen...)
 
Mein KL sagt immer „bitte noch langsamer! Die Geschwindigkeit kommt von alleine…“
Ist Quatsch. Da kommt nix "von alleine". Wahrscheinlich weiß er das auch, labert Dich aber mit derartigen Sprüchen voll, weil er hofft, Dich endlich irgendwie dazu zu motivieren, seiner Langsamerspiel- (aka Ohnefehlerspiel-) Anweisung Folge zu leisten.

Bestimmte Sachen kann man sogar gar nicht erst ganz langsam üben und dann allmählich immer schneller, die müssen gleich schnell gespielt werden. Weil nur dann der dafür erforderliche Bewegungsablauf eintritt.
 

Echt jetzt? Ich finde nicht, dass das Quatsch ist. Wenn man etwas langsam wirklich kann, kann man es oft auch schnell. Bzw. andersherum: Wenn man es schnell nicht kann, kann man es oft auch langsam noch nicht.
Natürlich muss trotzdem auch schnell geübt werden. Aber erst dann, wenn man weiß, wie man schnell übt - nämlich nicht so, dass man irgendetwas unsicher dahinschludert und ohne Sinn und Ziel wiederholt (was leider oft der Fall ist). Sondern mit dem Wissen über die richtige Bewegungsführung, Klangvorstellung und ggf. mit gezieltem Pfuschen (durchaus!) um des größeren Ablaufs Willens.

Die Voraussetzung dafür ist, dass man grundsätzlich in der Lage ist, die "schnelle" Stelle technisch zu bewältigen, also z.B. schon Tonleitern in diesem Tempo gespielt hat. Kann man das nicht, müssen diese Grundlagen erst einmal gelegt werden.

Ich persönlich übe tatsächlich gar nicht mehr so oft langsam. Genau genommen denke ich über das Tempo nur sekundär nach. Primär habe ich eine bestimmte Absicht, an die ich das Tempo automatisch anpasse. Zum Beispiel: Durchspielen ohne Rücksicht auf Verluste, auch mit Pfuschen. Oder: So spielen, dass ich nicht unter Stress stehe, alles mitdenken kann und sinnvoll gestalten kann.
 
Ich würde nicht vereinfachen.
Und die berüchtigten Stellen, die man nicht langsam üben kann (weil der Bewegungsablauf dann falsch wäre), übe ich natürlich ebenfalls langsam ... natürlich schaue ich mir dabei vorher genau an, was meine Hand macht, wenn sie es schnell versucht. Wenn ich mir das dann langsam anschaue, sehe ich oft schon, wo es hakt.

Natürlich ist es dann einige Arbeit, den korrigierten Bewegungsablauf in passender Geschwindigkeit abzurufen ... aber ich bin immer wieder erstaunt, wie gut das funktioniert, wenn man auch das "Drumherum" ganz langsam spielt.
Eine problematische Stelle - einen Lauf oder ein Arpeggio - in Schneckentempo und immer vom Kontext isoliert zu üben, macht ganz sicher keinen Sinn. Aber wenn die Achtelrhythmik davor und nach sowie der 16tel-Lauf bei Mozart bei 40BPM klappt, dann klappt sie irgendwann auch bei 60 ... oder bei 80, und eventuell auch in der notierten Zielgeschwindigkeit (ich habe jetzt nicht nachgeschaut, wo die für das Beispiel liegt) und zwar MIT dem 16tel-Lauf dazwischen (der läuft dann anfangs auch in gut kontrollierbaren Schritten).
Geschenkt gibts sowas aber ganz sicher nicht.

Dass es beim Üben mal nicht nach Mozart, Beethoven oder Chopin klingt, damit muss man einfach leben ... man macht das ja gerade, damit das Stück (inkl. der Problemstellen) irgendwann nach Mozart, Beethoven oder Chopin klingt.
 
Gerade bei der Facile hat das bei mir mit anfangs langsam und wird dann… sehr gut geklappt. Dauert halt…
Ich hole das Stück auch sehr oft wieder hervor um die Geläufigkeit zu üben. Ist mein persönlicher Hanon (wenn man das sagen darf)
 
Wenn man etwas langsam wirklich kann, kann man es oft auch schnell. Bzw. andersherum: Wenn man es schnell nicht kann, kann man es oft auch langsam noch nicht.
Das langsam Üben ist schon hilfreich - wenn man es richtig übt. Das heißt, wenn man genau auf den Bewegungsablauf hinübt, den man dann im normalen Tempo braucht.
Wenn man eine schnelle Stelle langsam übt, kann es passieren, dass man sich Bewegungen antrainiert, die dann im Tempo stören. Nur fallen sie einem nicht auf, solange man langsam spielt, denn man hat ja genug Zeit - und schnell will es dann einfach nicht und nicht funktionieren. Ich denke, darauf wollte hasenbein hinaus.
 
Nur fallen sie einem nicht auf, solange man langsam spielt, denn man hat ja genug Zeit - und schnell will es dann einfach nicht und nicht funktionieren.
Deswegen mache ich immer zwischendurch mal "Probeläufe" in schnell, und übe nur Bewegungsabläufe langsam weiter, die auch schnell zu funktionieren scheinen.

@Cheval blanc
Du hast sicherlich Recht damit, dass man nicht alles für bare Münze nehmen sollte, was so in die Noten Eingang gefunden hat.
Ein 6-tolischer Triller mit 2 32teln am Ende (ein kleines "Ritardando"-chen) klingt für mich aber schon nach etwas, was ich bei Bach durchaus erwarten würde. Aber natürlich frage ich mich, ob das die Praxis des Komponisten ist, oder die der verschiedenen Herausgeber.
Ich bin ganz sicher kein Bach-Experte ... aber ich weiß, dass kein heute lebender Mensch Bach je selbst hat spielen hören.
 
Echt jetzt? Ich finde nicht, dass das Quatsch ist. Wenn man etwas langsam wirklich kann, kann man es oft auch schnell. Bzw. andersherum: Wenn man es schnell nicht kann, kann man es oft auch langsam noch nicht.
Natürlich muss trotzdem auch schnell geübt werden. Aber erst dann, wenn man weiß, wie man schnell übt - nämlich nicht so, dass man irgendetwas unsicher dahinschludert und ohne Sinn und Ziel wiederholt (was leider oft der Fall ist). Sondern mit dem Wissen über die richtige Bewegungsführung, Klangvorstellung und ggf. mit gezieltem Pfuschen (durchaus!) um des größeren Ablaufs Willens.

Die Voraussetzung dafür ist, dass man grundsätzlich in der Lage ist, die "schnelle" Stelle technisch zu bewältigen, also z.B. schon Tonleitern in diesem Tempo gespielt hat. Kann man das nicht, müssen diese Grundlagen erst einmal gelegt werden.

Ich persönlich übe tatsächlich gar nicht mehr so oft langsam. Genau genommen denke ich über das Tempo nur sekundär nach. Primär habe ich eine bestimmte Absicht, an die ich das Tempo automatisch anpasse. Zum Beispiel: Durchspielen ohne Rücksicht auf Verluste, auch mit Pfuschen. Oder: So spielen, dass ich nicht unter Stress stehe, alles mitdenken kann und sinnvoll gestalten kann.
Hab ja nicht geschrieben dass das Quatsch ist...ich habe mich in puncto Geschwindkeit auf den Vortrag bezogen.

Ich übe auch regelmäßig langsam. Eigentlich mache ich alles, was ich im Lauf der Jahre hier und anderswo an Tipps und Tricks aufgeschnappt habe. Manche 'Muster' bekomme ich einfach nicht hin. Facile geht nicht, Bach c-moll 847 geht. Tonleiter ok, aber Wechsel 8tel-16tel-und zurück: naja..

Ich glaube langsam, dass sich die persönliche Anatomie nicht überlisten lässt. Meine 2-3 und 1-3 Triller sind z..B. leidlich schnell, aber da hab ich wohl auch meine Endgeschwindigkeit erreicht.
 
Ich würde nicht vereinfachen.
Und die berüchtigten Stellen, die man nicht langsam üben kann (weil der Bewegungsablauf dann falsch wäre), übe ich natürlich ebenfalls langsam ... natürlich schaue ich mir dabei vorher genau an, was meine Hand macht, wenn sie es schnell versucht. Wenn ich mir das dann langsam anschaue, sehe ich oft schon, wo es hakt.

Natürlich ist es dann einige Arbeit, den korrigierten Bewegungsablauf in passender Geschwindigkeit abzurufen ... aber ich bin immer wieder erstaunt, wie gut das funktioniert, wenn man auch das "Drumherum" ganz langsam spielt.
Eine problematische Stelle - einen Lauf oder ein Arpeggio - in Schneckentempo und immer vom Kontext isoliert zu üben, macht ganz sicher keinen Sinn. Aber wenn die Achtelrhythmik davor und nach sowie der 16tel-Lauf bei Mozart bei 40BPM klappt, dann klappt sie irgendwann auch bei 60 ... oder bei 80, und eventuell auch in der notierten Zielgeschwindigkeit (ich habe jetzt nicht nachgeschaut, wo die für das Beispiel liegt) und zwar MIT dem 16tel-Lauf dazwischen (der läuft dann anfangs auch in gut kontrollierbaren Schritten).
Geschenkt gibts sowas aber ganz sicher nicht.

Dass es beim Üben mal nicht nach Mozart, Beethoven oder Chopin klingt, damit muss man einfach leben ... man macht das ja gerade, damit das Stück (inkl. der Problemstellen) irgendwann nach Mozart, Beethoven oder Chopin klingt.

Nochmal zur Geschwindigkeit: Klar, ich übe auch langsam.

Ich meinte, dass es beim Vortrag nicht nach Mozart klingt, wenn das Allegro Andante gespielt wird...und irgendwann muss ja Vortag sein, wo Üben war (um mal ein bekanntes Zitat etwas abzuwandeln...)

Man sollte nicht alles für bare Münze nehmen, was Herausgeber schreiben …

Generell schaue ich auch eher nach dem Ergebnis. Würde z.B. aber auch Schumanns Kinderszenen nie mit Schumanns Metronomangaben spielen, gefällt mir einfach nicht, so schnell.

In diesem Fall stammt die Verzierung ja von Bach, und wenn ich die notorische Tabelle vom Meister zu Rate ziehe, stimmt das wohl mit den Wiederholungen.

Ich finde auch, dass es so wie beschrieben gut und adäquat klingt, obwohl ich beim üben natürlich erst mal einfach ein paar Töne weglasse...
 

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