Wie geht Ihr mit UNSPIELBAREN Stellen um

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Bin gerade mal wieder mit einigen Sachen von Beethoven zu Gange, dabei stellt sich immer wieder die Frage, wie geht man mit unspielbaren Stellen um.
Was sind denn neben der besprochenen Stelle aus op. 28 die anderen unspielbaren Stellen aus Beethovens Werken?

Finde diesen Faden hier ausgesprochen interessant und würde mich sehr freuen, wenn das noch weitergeführt würde! Ich gehe in der Regel davon aus, dass die jeweilige Stelle nur für mich unspielbar geblieben ist, weil ich nicht genug geübt habe oder das Stück zu schwer ist (Prokofjew, Toccata oder Chopin, op. 10/4 z.B.).

lg marcus
 
Alles was mit crescendo auf einem klingenden Ton oder Akkord zu tun hat (das Beispiel aus der Liszt Sonate! Dergleichen findet sich auch bei Beethoven),
orchestrale Wirkungen (Staccato und mit den Fingern nicht zu leistendes Legato parallel),
Synkopen, die nicht mehr realisierbar sind (1. Satz 101, Schumann Faschingsschwank)
Hörbarmachen von Pausen, wie am Ende des ersten Satzes von op. 13.

Das sind die Kategorien, die mir spontan einfallen. Jeder Einzelfall erfordert eine angemessene Lösung.
 
Ich bin mal einem Fall begegnet, der nicht unspielbar war, aber mit einem (wie mir damals schien) wirklich extrem großen Übeaufwand verbunden war. Es handelt sich dabei um "Rain Tree Sketch I" von Takemitsu. Vorher hatte ich schon den etwas bekannteren "Rain Tree Sketch II" gespielt. Beide klingen sehr schön und sind wirklich nicht schwer - aber in der Nr. 1 gibt es zwei Zeilen, die in der Schwierigkeit extrem herausfallen. Man spielt sehr schnelle Dezimsprünge gleichzeitig in beiden Händen, freitonal, die sich teilweise arg ins Gehege kommen.

Meine Lösung: Meiner damalingen Ansicht nach ging es hier nicht um die ganz exakt gespielten Töne, sondern um eine Art Klangwust, der tropfendes Wasser o.ä. verklanglichen sollte. Das war auch durch leichte Umschichtung der Töne zu erreichen. Ich war mir absolut sicher, dass das niemand hören würde, der nicht aktuell das Stück selbst spielt und zeitgleich die Noten vor der Nase hat. Und bin mir auch sicher, dass ich es heute selbst garantiert nicht mehr hören würde.

Hier ist die betreffende Stelle inkl. des Arrangements, das ich wohl getroffen habe:
photo_2021-04-08_12-12-08.jpg

Das heißt: Nicht per Definitionem unspielbar, aber Aufwand und Nutzen standen für mich in untragbarem Verhältnis...
 
@Stilblüte wenn ich es richtig sehe, ist deine Verteilung auf die Hände mittels Klammern und "L.H." "R.H." in den Noten schon vorgegeben - ein schönes Beispiel für die Diskrepanz zw. musikal. Leserlichkeit und manueller Ausführung. (in den Preludes von Messiaen finden sich auch vergleichbare Stellen)
 
Hm, jetzt, wo ich es nochmal ansehe, hast du Recht. Was hab ich denn damals gemacht? Ich kann mich nicht mehr genau erinnern. Die Noten, die ich gefunden habe, sind auch nur Kopiert, vielleicht hab ich in mein Original noch etwas anderes reingeschrieben... Jedenfalls war die Stelle blöd :lol:
 
Was sind denn neben der besprochenen Stelle aus op. 28 die anderen unspielbaren Stellen aus Beethovens Werken?
@.marcus. die Stelle aus op.28 ist nicht unspielbar, ja sie ist auch nicht einmal sonderlich schwierig, wie schon erwähnt. Falls dennoch Zweifel bestehen:
unspielbar 6.png
aus dem Pedalbuch von Prof. Betz

ansonsten bei Beethoven:
- die weiterklingenden fp-Akkorde (z.B. am Anfang der Pathetique) sind heikel, auf den meisten Aufnahmen hört man nicht, dass sie stark einsetzen und leise weiterklingen sollen - durch stummes nachfassen (Betz) mit Pedalwechsel und herausfiltern der tiefen Binnenintervalle kann man die notierte Wirkung andeuten.
- op.31 Nr.3 hat im ersten Satz einen fiesen Takt mit zu vielen Tönen... entweder man spielt kein allegro, oder man muss in diesem Takt verlangsamen.
 
Möglicherweise, dass viele studenten und Pianisten den Satz tendentiell zu langsam spielen...?
 
Ich bin mal einem Fall begegnet, der nicht unspielbar war, aber mit einem (wie mir damals schien) wirklich extrem großen Übeaufwand verbunden war. Es handelt sich dabei um "Rain Tree Sketch I" von Takemitsu. Vorher hatte ich schon den etwas bekannteren "Rain Tree Sketch II" gespielt. Beide klingen sehr schön und sind wirklich nicht schwer - aber in der Nr. 1 gibt es zwei Zeilen, die in der Schwierigkeit extrem herausfallen. Man spielt sehr schnelle Dezimsprünge gleichzeitig in beiden Händen, freitonal, die sich teilweise arg ins Gehege kommen.
Oha, also da muss man sich wirklich hinsetzen und das ganze Umschreiben. Es macht sicherlich keinen Sinn, die Aufteilung der Hände so zu lassen, wie sie hier angegeben ist. Ich lerne gerade von Messiaen die Nr. 12 aus den Vingt Regards. Da ist eine spielbare Aufteilung der Hände schon sehr gut im Notentext zu ersehen (manches mache ich dennoch anders).

@rolf: ich habe op. 31/3 nicht gespielt. Du meinst vermutlich T. 53 bzw. in der Reprise dann T. 177?

lg marcus
 

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Yep und das das Schnapppedal zwischen das letzte 16tel und die nächste Zählzeit Ebene verdammt schnell sein muss. Ich spiel's ohne Pedal und mit schnellen Fingerwechseln.
Wie man das idealerweise spielt, hängt auch ein wenig vom Raum ab. Wenn es ein nicht zu kleiner Saal ist (und der auch noch coronabedingt zu 3/4 leer ist), dann geht das sicher gut ohne Pedal. In einem handelsüblichen Wohnzimmer mit 20 Zuhörern wird es aber scheiße klingen...
 
ja, Kinderszenen "Kind im einschlummern"... unspielbare Stelle?
tja, wessen Hand ist in der Lage, das Melodie-h1 im ersten E-Dur Takt hervorzuheben???.......

Welches h meinst Du denn genau? Das erste? Ich stelle mir bei dem Stueck eine Mutter vor, die ein Baby in den Schlaf wiegt. An der Stelle gibt es fuer mich einen Schnitt. zB: die Mutter hoert auf zu schaukeln, weil das Kind scheinbar schon weg ist. Unvollendete Melodien sind charakteristisch fuers Einschlafen, siehe zB auch das Ende des Stuecks.
 
Ich denke, das ist auch nicht schlimm, denn die linke Hand spielt die Melodie und somit ist die rechte im Obertonspektrum eh vorhanden und das Ohr denkt sich die Meldodie. Die Rechte ist nur ein Register an der Stelle.
 
@Tastatula gewiß, aber das ändert nichts daran, dass streng genommen der notierte Griff nicht so realisierbar ist, wie er notiert ist. Das ist deswegen kurios, weil dieses Klavierstück wahrlich nicht zu den "Brechern" der Literatur zählt.
 
Warum ist er nicht realisierbar? Greifen läßt er sich gut.Es ist eine Interpretationsfrage. Für mich ist die Meldie in der linken Hand. Die rechte ist nur die oktavierende und klangverstärkende, so wie Flöten es im Orchester oft zu den Violinen sind. Sie geben die gewisse Farbe, oder ein 2´ an der Orgel.
 
Zwei Töne, die innerhalb eines Akkordes mit einem Finger anschlagen muss, weil die Hände nicht groß genug sind:
Ein Problem, dass ich gelegentlich, aber immer mal wieder habe, z.B. hier:
IMG_6506N.JPG

Es ist aber trotzdem möglich, einen Ton dabei hervorzuheben. Die millimetergenau Positionierung des Daumens ermöglicht es, den einen oder anderen Ton hervorzuheben. In meinem Beispiel ist es eher schwierig, c und des2 genau gleich stark anzuschlagen. Zugegeben, das ist unkonventionell, und vor allem erfordert es eine ungewohnte Präzision. Bei Schumann ist es verhältnismäßig einfach, so vorzugehen.
 

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