Bach mit Pedal spielen ?

Gymnopedie

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Zur Zeit spiele ich etwas von Bach. Ich habe ohne Pedal geübt, da Bach ja auch keins hatte. Meine KL sagt, man dürfe es benutzen. Wie macht ihr das ? :015:
 
Ich habe noch nicht viel Bach gespielt. Bei den zweistimmigen Inventionen habe ich das Pedal gar nicht verwendet, soweit ich mich erinnern kann. Bei den dreistimmigen Sinfonien teilweise: C-Dur nur ganz am Schluss, Es-Dur wahrscheinlich in jedem Takt, bei h-moll bis jetzt noch nicht so richtig. Manchmal bei den Arpeggien vor dem Ende. Bin aber noch nicht überzeugt, ob mir das gefällt. Bei d-moll spiele ich entweder ganz ohne Pedal oder es bekommen einzelne Noten einen Pedal-Tupfer. Beide Varianten finde ich gut.
Ich finde ein totales Pedalverbot nicht sinnvoll. Warum soll man an einem modernen Instrument nicht dessen Möglichkeiten zur Klanggestaltung nutzen? Wenn schon Purismus, wogegen ja nichts zu sagen ist, dann gleich auf einem Instrument aus der Zeit oder auf einem Nachbau spielen.
Liebe Grüße
Gernot
 
Der Zwischenstand: Mit dezentem Pedal, aber bei Kerzenschein :cake:
 
Am Klavier habe ich genügend Platz. Das wäre also kein hinreichender Grund.:010:
 
[...]
Ich finde ein totales Pedalverbot nicht sinnvoll. Warum soll man an einem modernen Instrument nicht dessen Möglichkeiten zur Klanggestaltung nutzen? Wenn schon Purismus, wogegen ja nichts zu sagen ist, dann gleich auf einem Instrument aus der Zeit oder auf einem Nachbau spielen.
Liebe Grüße
Gernot

Stimme auf jeden Fall zu. Wie schonmal erwähnt in Threads derselben Thematik:

Dadurch, dass man Pedal weglassen würde bei Bach, Scarlatti und weiteren, auf einem heutigen Klavier / Flügel, wird das Instrument nicht zu einem Cembalo bzw. einem der zur Bach-Zeit vorhandenen Instrumente.

Man beschneidet einerseits die hoch- bzw. sehr weitentwickelten Möglichkeiten, die dem Spieler die heutigen Klaviere / Flügel bereitstellen, - und man schafft es aber trotzdem nicht, den Klang des Cembalos ( allgemein gebraucht hier. Harpsichord, usw. ) zu erreichen.

Man hat also nur einen Kompromiss vorliegen, der nicht sein muss, finde ich. M.E.: Guter Beitrag, @Gernot .

LG, Olli :-)
 


Hast Du das gerade selbst in Arbeit? Steht bei mir nämlich auch am Programm, auf Empfehlung meiner KL :-)

Also, kann sein, dass ich das nicht richtig höre, aber hier höre ich keinen Pedaleinsatz. Dafür aber einen Raum mit Akustik, also mit recht langem Nachhall. Noch stärker hier in einer Aufnahme mit Schiff, der da auch kein Pedal verwendet.

Auch auf einer Aufnahme von Angela Hewitt höre ich kein Pedal.

Ich denke, ich würde bei dem Stück wahtscheinlich nicht mit Pedal arbeiten. Jedenfalls nicht dort, wo Viertel in der einen Hand, Achtelfiguren in der anderen gegenüberstehen. Ausprobieren würde ich Pedal eventuell auf den ersten Viertel in TT 7 und 15. Vielleicht auch in T 2 einen Tupfer auf das as''

Link zu Noten (Anm: in meiner Ausgabe sind die Bögen teilweise anders gesetzt)

Deute ich das Smiley in deinem Post richtig als Daumen nach unten zu dieser Einspielung? Weil Du mehr Pedal verwenden würdest? Wo würdest Du das Pedal denn verwenden?

Liebe Grüße
Gernot
 
Ja, ich bin gerade daran, allerdings nur dieses Menuet. Die Noten, die ich habe, sind fast gleich. Ich bin mir nicht im klaren mit dem Pedal. Ich finde die Aufnahmen ohne, aber mit Raumklang, schön. Den habe ich leider zuhause nicht... Ich werde deine Vorschläge morgen ausprobieren. Ich denke es ist eine Sache der Dosierung.
Auf jeden Fall darf man den alten Bach nicht zuballern mit Pedal.:-)
 

Bach ganz ohne Pedal mit den relativ obertonarmen dickeren Saiten des modernen Flügels oder Klaviers ist dem silbernen Klang des Clavichords so fern, wie nur möglich.
Pedaleffekte wie etwa Klangflächen à la Chopin, Liszt, ... hatte Bach ganz sicher nicht beabsichtigt, als er seine Claviermusik schrieb.
Legatos, die nur mit Pedal möglich sind waren von Bach sicher nicht beabsichtigt.
Für Anfänger ist es als Hörschulung daher dringendst geboten pedalfrei zu spielen.
Später sind klug eingesetztes Halbpedal oder kurze Pedaltupfer für einen obertonreicheren Klang notwendig. Ich weiß nicht mehr wer das war, der vom 'unausgesetzten unhörbaren Peda'l bei Bach gesprochen hat, aber das trifft schon ziemlich gut den Endzweck.
 
Ich spiele meinen Bach jetzt erst mal ohne Pedal.:-)
 
Das stets bemühte Argument, dass es zu Bachs Zeit kein Pedal gab, überzeugt mich aus oben genannten Gründen auch nicht. Vielmehr finde ich einleuchtend, dass Pedaleinsatz den Genuss kontrapunktischer Musik nicht unbedingt befördert. Das gilt dann nicht nur für Bach, sondern auch für die Fugen von z.B. Hindemith und Schostakowitsch und anderen.
Spielt man hingegen Stücke, die eine Melodie mit Begleitung haben, z.B. Air aus der 3. Orchestersuite (okay, kein Klavierstück :001:), dann kann man durchaus Pedal einsetzen. Oder so ...
 
Weiß garnicht, ob man da so einen Glaubenskrieg veranstalten sollte - viel zu lästig.

Für manche Stücke Bachs passt ein Pedal und für manche eben nicht. Und die Stücke, wo beides geht, gibt 's dann auch noch.

Entsprechend nutze ich das Pedal.

Und schon ist das Problem vom Tisch.

CW
 

So so!
Dann schauen wir uns mal ganz unvoreingenommen das schöne C-Dur Präludium aus dem ersten Band des WtC an.
Viele tun das nicht und spielen wunderschön romantisch nach dem Prinzip Harmoniewechsel ist Pedalwechsel, was selbst bei den Romantikern öfter eher weniger erfreuliche Resultate zeitigt.
Was aber hat der Meister mit ziemlich viel Aufwand geschrieben: die beiden unteren Töne tenuto und die Rechte mindestens sauber ablösen wenn nicht non legato!
 
Was aber hat der Meister mit ziemlich viel Aufwand geschrieben: die beiden unteren Töne tenuto und die Rechte mindestens sauber ablösen wenn nicht non legato!

Das kann man natürlich so sehen. Andererseits schreibt Carl Philipp Emanuel Bach in seinem Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen:

Zitat von Erster Theil; Drittes Hauptstück; §. 18:
Wenn Schleiffungen über gebrochene Harmonien vorkommen, so kan man zugleich mit der gantzen Harmonie liegen bleiben. [...] man erhält hierdurch ausser der besonders guten Würckung eine leichtere und besser zu übersehende Schreib-Art.

Vielleicht hat der Meister also nicht mit ziemlich viel Aufwand die beiden unteren Töne tenuto notiert, sondern unter Vermeidung allzu großen Aufwandes das Tenuto in der Oberstimme weggelassen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dann hätte er wohl eine durchgehende 16tel Linie notiert! Das ist das schreibtechnisch einfachste! Wie übrigens am Anfang der Arpeggien in BWV 903.

So sicher wäre ich da nicht. Weil in der linken Hand jede der beiden Noten nur einmal angeschlagen wird, ist die Klang-Notation dort recht einfach. Die rechte Hand genau zu notieren, ist äußerst aufwendig und führt außerdem zu einem sehr unübersichtlichen Notenbild.

Es kann gut sein, dass Bach in der linken Hand zeigt, wie man das spielen soll und vom Spieler erwartet, dass er das Procedere in der rechten Hand genauso weiterführt. Es kann selbstverständlich auch anders sein - aber ich würde mir nicht anmaßen, die eine oder andere Ausführung von vornherein als falsch zu bezeichnen.

Die Arpeggien in BWV 903 sind doch etwas anders gelagert - dort ist überhaupt nicht präzise festgelegt, in welchem Rhythmus und in welcher Abfolge die Töne gespielt werden sollen - das ist gänzlich dem Interpreten in mehr oder weniger freier Improvisation überlassen - es geht ja auch gar nicht anders, weil die Akkorde unterschiedlich viele Töne enthalten. Im C-Dur-Praeludium ist die Struktur hingegen genau festgelegt - das ist ziemlich weit entfernt von einer freien Fantasie.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dann hätte er wohl eine durchgehende 16tel Linie notiert! Das ist das schreibtechnisch einfachste!
Hätte er das?
Schauen wir uns doch an, was für gelegentlich auffällige Notationen Bach in flächigen Tonbewegungen einsetzt:
erste engl. Suite:
Bach englische Suite 2.pngaha: die Notation Takt 1 und erste Hälfte Takt 2 - durchgehende 16tel Linie - legt hier explizit kein liegen-lassen bzw. überbinden ("Fingerpedal") nahe, weil das davon unterschieden die Notation der zweiten Hälfte Takt 2 und Anfang Takt 3 als Kontrast zur einsetzenden Tonlinie macht.
Noch interessanter allerdings die Notation der Allemande aus dieser Suite:
Bach englische Suite 1.png
dieses schöne Beispiel erklärt Prof. Karl Betz sehr einleuchtend in seinem Exkurs über Bach und Pedal:
Bach Pedal 01.png
Bach Pedal 02.png
Bach Pedal 03.png
Bach Pedal 04.png

damit niemand weinen muss, sondern noch viel mehr nachlesen kann: https://www.karlbetz.de/kapitel3.pdf
es empfiehlt sich, alle Kapitel verständig zu lesen.

(...herrje...beinahe hätte ich Lust, ein Schillerzitat... auf den Betz ist schon oft genug verwiesen worden - genützt hat es wohl nichts, denn sonst gäbe es keinen Faden wie diesen...)
 

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