Fingeraktivierung durch Seitenbewegungen

H

Hanapha

Guest
Hallo,

Unter dem Titel gibt es eine Abhandlung mit Übungsbeispielen von Konrad Meister. Mich würde interessieren ob diese Übungen allgemein bekannt oder auch anerkannt sind. Wie Eure Erfahrungen damit sind und - bezüglich der anwesenden Pädagogen - die Meinung zu diesen Übungen aussieht.

Gruß
Jörg
 
Hi Jörg,

interessantes Thema. Wo gibt es denn diese Abhandlung?

Die seitliche Bewegung der Fingerspitze durch ein Abwinkeln im Fingergrundgelenk ist mM sehr wichtig, da mit dieser Bewegung am Ende der komplexen Bewegungskette von Schulter, Arm, HG zu Finger die horizontale Feinjustierung zum Treffen der Taste durchgeführt wird, besonders bei Skalen/Arpeggien mit unterschiedlichen/unregelmäsigen horizontalen Abständen der zu drückenden Tasten.

Ich habe mir um diese Bewegungen zu trainieren eigene Übungen ausgedacht.

Z.B.

Einen Finger auf einer Taste liegen lassen und mit einem anderen Finger in diatonischer oder chromatischer Folge Nachbartasten weg vom und wieder hin zum Finger in schneller Folge anschlagen.

Mir fällt auch noch ein, dass in den Grundbegriffe der Klaviertechnik von Alfred Cortot ähnliche Übungen angegeben sind (zumindestens aus der Erinnerung, es liegt mir gerade nicht vor).

Gruß
 
Hallo Bachopin,

scheint nicht sehr bekannt zu sein!

Der Beitrag kommt aus einer Zeitschrift Ü&M - Möglicherweise "Üben und Musizieren" - und liegt mir nur als Papercopie vor. Um die Copyrightrechte nicht zu verletzen werde ich versuchen den Kern zusammenzutragen, allerdings nicht mehr heute abend. Ich übe damit jetzt seit einer Woche recht intensiv ca. 30-60Minuten pro Tag.

Konrad Meister, ehem. Prof. in Hanover tätig und leider verstorben warnte ausdrücklich vor Überanstrengungen. Nach dieser Woche merke ich ziemlich extrem die Sehnen/Muskeln an den Fingerwurzelgelenken, oberen Handrücken, bis in den Unterarm ca Ellenbogengelenk. Vielleicht hab´ich es schon etwas übertrieben.

Gruß
Jörg
 
Hi Jörg,

also das würde mich jetzt schon interessieren, da ich ja auch theoretische Erkenntnisse zum Klavierspielen sammle.
Wie sieht denn die Übung genau aus?
Wenn du die in eigenen Worten beschreibst ist das mM sicher keine Copyright-Verletzung.

Und muskuläre Überanstrengung und so find' ich nicht gut. Klavierspielen ist ja eine Kombination aus motorischen und mentalen (Musikalität) Fertigkeiten und hat wenig mit Muskel-Training zu tun. Es müssen beim Klavierspielen die Neuronen und nicht die Muskeln trainiert werden.

Gruß
 
Und muskuläre Überanstrengung und so find' ich nicht gut. Klavierspielen ist ja eine Kombination aus motorischen und mentalen (Musikalität) Fertigkeiten und hat wenig mit Muskel-Training zu tun. Es müssen beim Klavierspielen die Neuronen und nicht die Muskeln trainiert werden.
Überanstrengung ist natürlich nicht zu empfehlen.

aber danach...
Bachopin: ohne trainierte, ausdauernde und darin verläßliche Muskulatur hält niemand das Programm eines Klavierabends durch! Natürlich leistet die Muskulatur anderes als beim Gewichtheben, folglich ist ja auch das Training anders - aber trainiert sein müssen die zum Klavierspielen benötigten Muskeln.
Das geschieht normalerweise durch sehr viel spielen/üben von klein an, und dabei steigern sich die Anforderungen progressiv - bis man vielleicht mal eines Tages mental, intellektuell, emotional, motorisch/technisch und auch physisch etwa dem ersten Klavierkonzert von Tschaikowski gewachsen ist. Neben allen notwendigen geistigen und emotionalen Tugenden braucht man auch - viel Ausdauer und Kraft.
Allerdings bekommt man das nicht in ein paar Wochen oder Monaten vehementen Übens.
 
Hi rolf,

du wirst lachen, genau diese Ergänzung von dir hätte ich auch geschrieben. ;-)

Es kommt darauf an, ob man ein Hobbyspieler ist, der ziemlich sicher kein 2 stündiges ( ;-) ) Klavierkonzert von Liszt spielt, oder eben ein Profi.
Der Profi muss natürlich sehr wohl auch seine (mentale und physische) Ausdauer und auch Muskelkraft beachten/trainieren.

Wenn ich mich richtig erinnere hat man mal bei Horrowitz den Unterschied seiner Hände zu einem "normalen" Menschen untersucht. Besonders auffällig war, dass die Muskulatur, die zum Spreizen der Finger notwendig ist, viel kräftiger war (s. Thema Seitenbewegung) und ganz besonders die vom kleinen Finger.

Also scheint das eine wichtige Sache zu sein.

Gruß
 
Wenn ich mich richtig erinnere hat man mal bei Horrowitz den Unterschied seiner Hände zu einem "normalen" Menschen untersucht. Besonders auffällig war, dass die Muskulatur, die zum Spreizen der Finger notwendig ist, viel kräftiger war (s. Thema Seitenbewegung) und ganz besonders die vom kleinen Finger.
Diese Untersuchung wäre sehr interessant - leider gibt es sie nicht... Es gibt nur die in zwei Biografien erwähnte Bemerkung, dass er einen widerstandsfähigen kleinen Finger hatte. Das ist oft so in diesem Metier: darüber hat schon Neuhaus gewitzelt ("vergessen Sie nicht, dass Sie mit dem kleinen Finger einen menschen erschlagen können")
Nach und nach dehnt sich durch üben die Hand, man kann ohne aktives spreizen Akkorde fassen. Lediglich der Daumen macht Seitwärtsbewegungen: dafür ist er anatomisch auch gebaut ;) Nach und nach stärken sich durch viel Praxis die Daumenmuskulatur, die Stützfähigkeit der Hand (kl. Finger), die Griffweite/Dehnbarkeit erweitert sich.
Was aber in keiner Übung vorgesehen ist, das ist starres Stehenbleiben auf einem Stütz- oder Fesselfinger und dann herumspreizen - die Stützfingerübungen werden nicht ohne Arm gemacht.
 
Hi,

ich halte prinzipiell Stütz- oder Fesselfinger aufgrund der dabei entstehenden isometrischen Anspannung (Verkrampfung) für schlecht.

Also sollte man Spreizübungen immer dynamisch ausführen.

Gruß
 
ich halte prinzipiell Stütz- oder Fesselfinger aufgrund der dabei entstehenden isometrischen Anspannung (Verkrampfung) für schlecht.
na, dann ist aber ne Menge Klaviermusik schlecht: denn viele Klavierstücke funktionieren manuell wie Fessel/Stützfingerübungen ;) z.B. schon die ersten acht Takte vom lansamen Satz der Pathetique r.H.
 
na, dann ist aber ne Menge Klaviermusik schlecht: denn viele Klavierstücke funktionieren manuell wie Fessel/Stützfingerübungen ;) z.B. schon die ersten acht Takte vom lansamen Satz der Pathetique r.H.

Und Anspannung ist nicht gleich Verspannung! Stützfingerübungen sind sehr nützlich meiner Meinung nach. Allerdings müssen sie richtig ausgeführt werden. Vielleicht meinst du, Bachopin, dass die Gefahr von Verkrampfungen dabei etwas größer ist?

Liebe Grüße

chiarina
 
die unten angehängte Stelle (r.H.) sollte man ohne sonderliches Augenmerk auf rechts oder links im Kopf und auch ohne sinnlose Verspannung mit schönem Klang spielen - sie ist weder böse, noch zwingt sie zur Verkrampfung :)
 

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wie versprochen:


Konrad Meister leitet seinen Artikel ein mit Hinweis auf die Probleme bei traditionell bekannten Fingerübungen, als da währen die Gefahr von Motivationsverlust, Verleitung zu mechanischem, unmusikalischem Spiel und dem Provozieren von Verspannungen. Sagt aber auch dass diese möglichen Gefahren nicht zu einer generellen Ablehnung führen sollten und bietet "neuartige" Fingerübungen an.

KM spricht von einer ganzheitlichen Technik als Koordination von Einzelbewegungen, die das Ziel einer pianistischen Ausbildung sein sollten. Er schreibt (Zitat) "Und selbst da, wo im Gesamtablauf keine größeren Koordinationsprobleme auftreten, können mangelnde Schnellkraft und fehlende Ausdauer zu schwerfälligem Spiel und zum Verlust aller feineren Nuancierungsfähigkeiten führen ..". Als Beispiel führt KM an (Zitat) "Wer z.B. nicht gewohnt ist, bei Tonleitern und Arpeggien den Daumen rechtzeitig und weit genug unterzusetzen, provoziert übertriebene Hand- und Armbewegungen und damit eine nicht beabsichtigte, musikalisch möglicherweise störende Unruhe. " Und "Welcher Lehrer kennt nicht die hölzernen Alberti-Bässe, bei denen der 5. Finger in plumper Monotonie seine Akzente setzt - nicht weil er zu kräftig wäre, sonder im Gegenteil: weil er zu unbeweglich ist und Anleihen beim Arm sucht"

Zur Problematik traditioneller Fingerüberungen zitiert KM Cortot: "der individuelle Anschlag eines jeden Fingers ; er soll gleichermaßen zu Unabhängigkeit und Koordinationsfähigkeit geschult werden" und behauptet dies sei nur möglich in dem die Übungen immer eindeutig über dem Schwierigkeitsgrad der aktuellen Literatur angesetzt werden.

Zur Problematik von Stützfingerübungen nach Czernys und Brahms führt KM aus, dass sie dann zu gravierenden Fehlern führen können wenn sie nicht sehr umsichtig und in enger Zusammenarbeit mit einem Lehrer ausgeführt werden, der auf die methodischen Zusammenhänge verweisen kann.
Daraus resultierten nach Meinung KM die "Übungen mit der freien Hand", die aber unkontrolliert zu passivem dem Arm folgenden Bewegungen führen können.

Dann folgt die Vorstellung neuer Übungen durch "Seitliche Fingerbewegungen", die nach seiner Meinung weder auf Stützfinger beruhen und auch im Arm keine Bewegungen zulassen.


(Hier fehlt mir im Augenblick die Möglichkeit zu scannen, daher versuche ich die Übungen zu beschreiben)

Ü1a) c(2) - e(3) - d(2) - e(3) je vier durchläufe, dann auf Basis d,e,f,g,a,h,c und zurück.
Anschliessend statt (2) (3) mit den Fingersätzen (3) (4) und (4) (5)

Ü1b) Die Umkehrung e(3) - c(2) - d(3) - c(2)

Übunge 1a) und 1b) dann natürlich rechts und links (Spiegelbildlich) ausgeführt.


Ü2 g(3) - a,f(5,2) - g(3) - c,e(5,2) fortgeführt rechts und links wie Ü1a).
g(3) - a,f(4,2) - g(3) - h,e(4,2) ebenfalls
g(3) - a,f(5,1) - g(3) - c,C(5,1) ebenfalls

Die Intervalle dürfen je nach Handgröße individuell angepasst werden.

KM begründet dann die Übungen wie folgt:

(Zitat)
"Trainingsintensiv sind seitliche Fingerbewegungen deshalb, weil sie direkt die kurze Handmuskulatur ansprechen, also das Zentrum von Schnelligkeit und Präzision."

"Aktiviert wird aber - ... - nicht nur die horizontale Beweglichkeit jedes einzelnen Fingers, sonder auch seine vertikale: Die kurze Handmuskulatur ist für beide Bewegungsrichtungen zuständig."

"Als nützlicher Nebeneffekt ergibt sich eine deutliche Entlastung und Entspannung des Handgelenk. Im Gegensatz zu der langen Muskulatur, die vom Ellbogengelenk bis zur Fingerspitze verläuft.

"die Friffsicherheit bei schnell wechselnden Handstellungen wird verbessert"

KM warnt aber auch deutlich vor überergeizigem Üben und Überanstrengungen.




Viel Spaß damit erst einmal. Ich jedenfalls habe den Unterschied (Muskelkater zwischen den Fingern) gegenüber z.B. Hanon deutlich gespürt. :mrgreen:

Gruß
Jörg
 
Hi Jörg,

super, das sind genau so Übungen, die ich mir schon selbst überlegt und benutzt habe.

Ich halte viel davon, da eben diese seitliche Bewegungen fast immer auftreten und diese schnell und treffsicher sein sollten.
Und sie reduzieren das motorische Problem auf die kleinste musikalische Form (im Gegensatz zB von Hanon-Übungen, die eine Art von höchst stupider Musik darstellen). Dadurch sind sie effektiver, man kann sich rein auf das motorische Problem konzentrieren und sie können zB nur in einer kurzen Warmmach-Phase benutzt werden (sind also nicht so schädlich auf die Musikalität).

Gruß
 
Hi rolf,

die unten angehängte Stelle (r.H.) sollte man ohne sonderliches Augenmerk auf rechts oder links im Kopf und auch ohne sinnlose Verspannung mit schönem Klang spielen - sie ist weder böse, noch zwingt sie zur Verkrampfung :)

du bist mM irgendwie manchmal kindisch. ;-) (bitte nicht aufregen)

Wenn das Stück nach einem Stützfinger verlangt, weil das so komponiert ist, dann muss man das natürlich auch so spielen.
Aber das bedeutet doch nicht, dass man deswegen, wenn es Alternativen ohne Stützfinger beim Üben eines bestimmten isolierten Bewegungsaspekts (hier seitliche Fingerbewegung) gibt, diesen dann mit Stützfinger übt.

Natürlich, da das in der Literatur vorkommt, muss man auch Stützfinger Figuren üben. Wobei sich ja immer die Frage stellt, ob es nicht viel sinnvoller ist bewegungstechnische Aspekte immer an Hand von Anforderungen aus konkreten Literaturbeispielen zu üben.

Gruß
 

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