Das
Notieren von Übezeiten hat positive wie negative Aspekte. Ich praktiziere es für mich selbst, und setze es auch gerne im Unterricht ein (solange es keine "kontraproduktive" Eigendynamik entwickelt):
- Wie oft stoße ich (bei mir ebenso wie bei meinen Schülern) auf eine Diskrepanz von Selbstwahrnehmung und objektiven Parametern: "Ich habe stundenlang am Klavier gesessen." (Leider war es nur eine kurze halbe Stunde.) Aber auch: "Wie schnell heute wieder die Zeit vergangen ist."
- Gelegentlich sticht auch ein Mißverhältnis von Zeitaufwand und pianistischem Ergebnis ins Auge. Da heißt es dann, den Unterricht, die Arbeitsstrategien oder die Repertoireauswahl überdenken.
Das Notieren der Übezeiten kann also eine Hilfe sein, sich des Arbeitsprozesses noch bewußter zu werden.
In diesem Sinne versuche ich auch meine Schüler dazu anzuhalten, eine Übestatistik zu führen - als Möglichkeit der Selbstkontrolle. Natürlich werfe ich regelmäßig einen Blick auf die Statistik, meist nur mit einem aufmunternden Kommentar, die Statistik weiterzuführen. Für mich als Lehrer ist die Statistik von Interesse, wenn der Zeitaufwand über eine längere Strecke nachläßt oder trotz regelmäßigen Übens die Fortschritte ausbleiben. Dann heißt es nach den Ursachen forschen.
Wenn das Führen einer solchen Statistik trotz aller guten Argumente Stress verursacht, dann sollte man natürlich die Finger davon lassen. Aber das kommt eher selten vor - meist nur bei Kindern und Erwachsenen mit
übertriebenem Ehrgeiz und Pflichtbewußtsein.
Notizen im Unterricht: Bei meinen "Kleinen" notiere ich sehr viel und detailliert (nicht zuletzt in der Hoffnung, daß auch die Eltern dann wissen, worum es geht, und mir unter der Woche tatkräftig zur Seite stehen).
Bei den Älteren und Erwachsenen appelliere ich lieber an die Eigeninitiative und -verantwortung. Die Zeit, die ich mit Notieren verbringe, geht als Unterrichtszeit effektiv verloren ... Ich empfehle vielmehr, sich nach dem Unterricht ins Café oder die Kneipe nebenan zu setzen und sich zu notieren, was wesentlich war. Zu Hause spätestens hat man die Hälfte nämlich wieder vergessen. (Nein, ich bin nicht am Umsatz von Café und Kneipe beteiligt!)
Das
Notieren der Daten, wann man mit einem Stück begonnen und wann man es beendet hat:
Von vielen Geschehnissen in meinem Leben weiß ich keine Jahreszahlen, aber ich weiß, welche Musik ich zu jener Zeit unter den Fingern hatte. Die Noten dienen mir also regelrecht als verschlüsseltes Tagebuch. Im Unterricht ist es ganz hilfreich zu sehen, wie lange man schon an einem Stück arbeitet und ob es Zeit wird, für eine Weile loszulassen (egal, wie der Zustand ist).