Tochter übt, hat aber keine Freude

N

Nives

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19. Nov. 2017
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Hallo zusammen

Dies ist mein erstes poste hier und ich bin auch keine Klavierlehrerin, sondern eine Mutter die etwas verwirrt ist und die Meinung von Profis braucht.
Meine Tochter (im Oktober 8 geworden), spielt seit Schuleintritt (August 2016) Klavier, auf eigenen Wunsch. Anfangs dauerte die Lektion 30min, doch nach einem Semster bat mich die Klavierlehrerin sie 40min unterrichten zu können, da sie die nötige Konzentration dafür problemlos aufbrächte.
Seit Beginn des Unterrichts übt meine Tochter täglich unaufgefordert: anfangs etwa 30min inzwischen so 40-50 min. Sie geht immer vorbereitet in die Stunde und hat oft auch schon mehr und weiter gemacht als eigentlich Aufgabe war. Ich finde, sie hat in diesem einen Jahr enorm Fortschritte gemacht (gerade ist sie mit der C-Dur Sonatine von Clementi fertig geworden). Die Lehrerin ist super zufrieden mit ihr.
Trotzdem scheint meine Tochter keine Freude an der Musik zu haben. Kann sie ein Stück, wird es abgehakt und wieder vergessen. Auch das Üben scheint bei ihr wie Zähneputzen zu sein; man macht es einfach! Dabei finde ich, dass sie sich schon ganz clavere Übestrategien angeeignet hat. Sie möchte, dass ich beim Üben neben ihr sitze, und wenn ihr etwas gelingt, dann lobe ich und bin ehrlich erfreut, denn mir gefällt die Musik. Sie aber zuckt nur mit den Schultern.

Ich frag sie immer mal wieder, ob sie den gern spielt, und sie meint ja und verehrt auch ihre Lehrerin, aber eigentlich sei ihr das ganze egal!!! Abmelden will sie sich nicht, denn es würde sie stressen und ärgern, wenn andere Klassenkameraden in ein paar Jahren dann mehr können als sie, weil diese dran geblieben sind...

Meine Tochter macht auch noch Ballett, ist allerdings von Hause aus eher unflexibel und etwas hölzern, weil zu schnell in die Höhe geschossen. Meine russische Schwägerin hat ihr dann mal erzählt, wie viel die Ballerinas in Russland als Kinder üben müssen, um dann vielleicht irgendwann mal im Tutu über die Bühne schweben zu können. Und da hat meine Tochter realisiert, dass es mit zwei mal Ballett die Woche nicht weit her ist.

Sie hat zweimal die Woche Bildschirmzeit und da sucht sie auf youtube Stücke von berühmten Pianisten, aber sie hat halt auch schon die kleinen Asiaten gesehen (Yuja Wang als Kind, die auch die Clementi Sonatine spielt) und irgendwie scheint ihr das alles die Freude geraubt zu haben.
Was soll ich machen? Kennt ihr solche Schüler, kommt die Freude an der Musik doch noch? Ist so ein Einbruch nach einem Jahr normal? Wie könnte ich sie auflockern?
 
Hallo Bassplayer, wie soll das dann in der Realität stattfinden? Die Tochter übt, die Mutter nickt es ab und lobt für Dinge, die eher Nebensache sind? Soll die Mutter dieses Verhalten dann bei den beiden Geschwistern ebenso "anpassen" oder soll das nur für die ehrgeizige Tochter gelten? Wie soll die Tochter dass denn sinnvoll verbuchen?
In der Regel lobt man für besondere Leistungen, alltägliches wird abnenickt oder wohlwollend zur Kenntnis genommen. So läuft das doch das ganze Leben lang. Extra Zeit wird verbracht, wenn ein Problem besteht oder wenn man sich für etwas besonders interessiert.
Hier sehe ich die Chance für Nives.
Liebe Nives, ich habe selber auch drei Söhne, die beiden jüngeren spielen Klavier .. auch eher nicht soooo ganz freiwillig wie ich es mir wünschen würde. Sie üben, haken gelerntes ab und fangen mit dem nächsten Stück an.
Spaß kommt erst auf, wenn wir zusammen am Klavier sitzen und uns ganz gezielt damit beschäftigen, wenn ich zu Experimenten anrege oder wenn (wie gestern passiert) unser Familiengeschenk (Stage-Piano) bespielt wird und sich unser musikalisch total unbelekter Papa dazu setzt und die zwei Söhne ihm die Tonleitern erklären.
Habt einfach zusammen Spaß mit dem Instrument, schnappt Euch noch jemanden dazu und macht ne Tastenparty.
Das was du mich fragst, kann ich mit dem zitierten Text meines post nicht in Verbindung bringen.
 
Ist evtl. auch eine Art deiner Tochter Freude am Spielen zu bringen:

Ich habe heute mit meiner Tochter 3-händig gespielt. Hat besser geklappt als gedacht. Und sie wollte kaum noch aufhören damit - musste das Nikolauslied ständig hoch und runter klimpern....:puh::musik:
@jauchzerle Das sehe ich als ein Beispiel, wo man Zuwendung geben kann, in dem man die Freude am Klavierspiel aktiv mit der Tochter teilt, ohne dass es hier notwendig ist, Leistungen zu bewerten oder zu loben. Aber wie von anderen bereits richtig gedeutet, bezog sich mein Gedanke auf die gesamte Beziehung zur Tochter in allen sich ergebenden Situationen, nicht nur beim Klavierspiel.
 
@Bassplayer , das habe ich schon verstanden ;-) Mein Einwand bezog sich auch erst mal auf die gesamte Beziehung. Wie will man Leistung plötzlich glaubhaft ignorieren, indem man nebensächliches lobt und in den Mittelpunkt stellt?
Die Tochter ist ehrgeizig, das ist an sich doch kein Nachteil. Sie ist ein Kind und definiert sich über Anerkennung durch gute Leistung. Damit ist sie auch nicht alleine. Andere definieren sich über den Kuschelfaktor, die nächsten wollen die Schönste sein. Bei Jungs ist es die Schnodderschnauze oder Fußball. Wieder andere bauen wie besessen Lego. Ich halte dieses Verhalten wirklich ein Stück weit für normal. Sie wird lernen sich selber einzuordnen. Mit 8 Jahren ist man als Mädchen in der Vorpubertät. Das leichte, kindliche verschwindet. Leistung wird aber weiterhin wichtig sein. Sie will eben die beste sein und hadert.
Ich halte es für wichtig, dass sie die Leichtigkeit nicht verliert. Und hier kann Nives ansetzen. Solange die Tochter weiter lernen will, wäre es doch ein Schmarrn, sie abzulenken. Aber man kann Spaß in die Angelegenheit bringen.
 
@Bassplayer , das habe ich schon verstanden ;-) Mein Einwand bezog sich auch erst mal auf die gesamte Beziehung. Wie will man Leistung plötzlich glaubhaft ignorieren, indem man nebensächliches lobt und in den Mittelpunkt stellt?
Die Tochter ist ehrgeizig, das ist an sich doch kein Nachteil. Sie ist ein Kind und definiert sich über Anerkennung durch gute Leistung. Damit ist sie auch nicht alleine. Andere definieren sich über den Kuschelfaktor, die nächsten wollen die Schönste sein. Bei Jungs ist es die Schnodderschnauze oder Fußball. Wieder andere bauen wie besessen Lego. Ich halte dieses Verhalten wirklich ein Stück weit für normal. Sie wird lernen sich selber einzuordnen. Mit 8 Jahren ist man als Mädchen in der Vorpubertät. Das leichte, kindliche verschwindet. Leistung wird aber weiterhin wichtig sein. Sie will eben die beste sein und hadert.
Ich halte es für wichtig, dass sie die Leichtigkeit nicht verliert. Und hier kann Nives ansetzen. Solange die Tochter weiter lernen will, wäre es doch ein Schmarrn, sie abzulenken. Aber man kann Spaß in die Angelegenheit bringen.
Ich sprach nicht davon, nebensächliches zu loben, im Gegenteil darum passt wieder deine Frage nicht zu dem was ich geschrieben habe, weil ich das gar nicht fordere, was du in Frage stellst. und wenn die Tochter nur auf Leistung achtet, kann die Leichtigkeit schnell verloren gehen. Dass das Verhalten sich im normalen Bereich bewegt, dem stimme ich zu.
 
Gegensteuern?
Natürlich könnte ein Psychologe/Erzieher hier am ehesten was zu sagen, aber spontan fällt mir ein:
Wie wäre es, Lob und Bewunderung für Leistungen nicht einzustampfen, aber doch etwas zu dämpfen und der Tochter im Gegenzug Aufmerksamkeit und Zuwendung verstärkt in Situationen und Bereichen zukommen zu lassen, die mit Leistung nichts zu tun haben, damit sie deutlich spürt, dass sie auch außerhalb von besonderen Leistungen wahrgenommen und geliebt wird.
LG
BP
Lass und den Nebenkriegsschauplatz einfach wieder einstellen, wo wir doch beide vom Gleichen schreiben. :-)
 
Hochinteressanter Thread!!

Werde wahrscheinlich später noch mehr schreiben; fürs erste von mir eine Vermutung:

Das Mädchen steht einfach nicht auf die MUSIK, die sie aufkriegt! Gerne hören tut sie Anderes!

Normalerweise führt das bei den Kindern und Jugendlichen zu einer Wurschtigkeit in bezug auf das Üben; hier aber kommt hinzu, dass das Kind eigenartig wettbewerbsorientiert und geltungsbedürftig ist (na, raus mit der Sprache: Was seid Ihr Eltern von Beruf? Ich wette, irgendwas Karriereorientiertes mit hoher Arbeitsbelastung...) sowie die Mutter dauernd beim Üben dabeisitzt - dadurch verlegt das Mädchen sich auf den Aspekt, der für sie dann noch reizvoll ist, nämlich der technische "Beherrschungs"-Aspekt und der Vergleich mit anderen. Aufhören wäre für sie gleichbedeutend mit "Niederlage", also macht sie es nicht.

Hier wäre von allen Beteiligten erforderlich, dass umgeschwenkt wird von "Stücke hinkriegen" auf "Musik wahrnehmen, fühlen, gestalten und sich selber über Musik ausdrücken". Selber Begleitungen ausdenken, komponieren, improvisieren, und schauen, welche Stücke sie tatsächlich emotional ansprechen.

Ob das mit der gegenwärtigen KL geht, ist allerdings die Frage... die scheint ja einfach ein Standardprogramm durchzuziehen...

Die Sonatine spielt sie ja sicherlich nicht wirklich gut, sondern irgendwie fehlerfrei runter - so wie man es halt von diesen unendlich langweiligen Schülervorspielen an Musikschulen kennt...

Und das Youtube-Schauen macht sie sicherlich auch mit Blick auf die technischen Fertigkeiten, nicht weil sie sich von den China-Hochleistungs-Spielereien emotional berührt fühlt.

LG,
Hasenbein
 
Hier wäre von allen Beteiligten erforderlich, dass umgeschwenkt wird von "Stücke hinkriegen" auf "Musik wahrnehmen, fühlen, gestalten und sich selber über Musik ausdrücken". Selber Begleitungen ausdenken, komponieren, improvisieren, und schauen, welche Stücke sie tatsächlich emotional ansprechen.

Du willst jetzt doch nicht ernsthaft .... Musik vermitteln im Unterricht? :-)

Grüäße
Häretiker
 
Falls Klavierspielen für die Tochter tatsächlich nur Mittel zum Zweck sein sollte, dann ist zumindest fraglich, wie effektiv es sein wird, ihr andere Gründe für das Klavierspielen vermitteln zu wollen. (Kommt wohl darauf an, wie ausgeprägt diese Denkmuster bei der Tochter schon verankert sind.)

Wenn sie, wie Nives sagt, sehr intelligent ist, dann könnte es durchaus auch passieren, dass sie als Folge einfach nur so tut, als ob. Denn das wäre ein sehr einfacher Weg, weiterhin an die gewünschte Anerkennung zu kommen.

Auch könnte man sich fragen, ob sie nicht nur deswegen die Klavierlehrerin behalten möchte, weil sie bei dieser Klavierlehrerin die beste Schülerin ist (und dementsprechend unter allen Schülern der Klavierlehrerin die höchste Anerkennung genießt).

Ich möchte dies alles der Tochter keinesfalls unterstellen, aber man sollte diese Möglichkeiten im Hinterkopf behalten.
 

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