Spiegelsymmetrisches Klavierspiel

Als Kind war ich verblüfft, dass ich mit der linken Hand ohne Übung spiegelverkehrt schreiben kann.
Ich habe gerade das erste Mal symmetrisch Üben ausprobiert, finde es interessant und kann mir sehr gut vorstellen, dass die Hände so voneinander lernen können.
Wenn man über PC spielt könnte man sich mit MIDIOX eine halb gespiegelte Tastatur basteln und unisono auch mit Hören und musikalischem Ausdruck spielen.
 
Chick Corea ist ein absoluter Meister seines Fachs, einer DER Pianisten und überhaupt Jazzmusiker.

Dessenungeachtet war ich mal auf einem Workshop mit ihm - da hat er im Prinzip lediglich allen vorspielenden Pianisten gesagt, wie toll sie doch sind. Zwecklosester Workshop ever.
 
Habe hier etwas „Uraltes“ über Spiegelsymmetrie (2009) gefunden von jemandem, dessen fachliche Expertise hier im Forum wohl von kaum jemandem angezweifelt wird:
hallo,
ganz so schlimm wirds nicht sein: Revolutionsetüde l.H. zum Beispiel:
links: c-g-c-d-es-d-c-g
Inv.: e-a-e-d-cis-d-e-a
usw.

aber das Hören? wie Klavigen schreibt, ändert sich bei intervallidentischer Spiegelung das Tongeschlecht und natürlich die Richtung der Klangbewegung (und damit auch die Klanggestaltung: hier a la Rev.Etüde wird es in der Spiegelung unmusikalisch klingen, die crescendo-diminuendo Gestaltung von Chopin stur zu übernehmen) -- evtl. ist das eine rein mechanische Übung, die manches spezielle bessere Können von einer Hand auf die andere über das Bewegungsgefühl übertragen soll (unter Ausschaltung von zu viel musikalischem Denken, also nicht vom rein motorischen "ablenkend")

interessant ist das sicher sehr oft (ein paar Läufe habe ich so geübt; im Prinzip läuft die 16tel Passage in der suggestion diabolique so ähnlich), aber sicher auch oft sinnlos: z.B. wenn die l.H. Begleitungen a la Fantasie-Impromptu noch nicht kann (cis-gis-cis-e-cis-gis), wird die r.H. (abwärts beginnend) es-as-es-c-es-as nicht notwendig schon können oder gar besser können --- bei widerborstigen Läufen/Passagen aber kann das helfen.

((eine bekannte Idee, Fingersätze zu finden, ist rückwärts übrigens spielen))

Gruß, Rolf
 
War er denn Klavierpädagoge oder nur Musikant?

Mit dem etwas unangenehm gewordenen Ausdruck "Musikant" werden heutzutage wohl eher herumziehende Straßenkünstler beehrt. Herr Corea gehörte zu dieser Berufsgruppe bestimmt nicht dazu!


PS

Übrigens wurde Hypo Dorisch wegen seiner absoluten Symetrie im Mittelalter als wichtiger Modus betrachtet.

A-B-C-D-E-F-G.
- 2-1-2 | 2-1-2

B=H
 
Übrigens wurde Hypo Dorisch wegen seiner absoluten Symetrie im Mittelalter als wichtiger Modus betrachtet.
Gibt es zu der These auch eine (historische) Quelle? So ganz erschließt sich mir das nicht, denn ein Modus wird neben der Finalis maßgeblich durch die Repercussa bestimmt - und diese liegt im hypodorischen Modus eine Terz über der Finalis. Dadurch wirkt eine hypodorische Melodie alles andere als symmetrisch, zudem der Ambitus oberhalb der Finalis mindestens einen Ton mehr umfasst als derjenige unterhalb der Finalis.

Wenn das Hypodorische außerdem ein besonders wichtiger Modus gewesen wäre, dann müsste der 2. Ton beispielsweise im Graduale Romanum besonders häufig vorkommen. Ich habe nicht nachgezählt, aber es scheint eher nicht der Fall zu sein.

In der mehrstimmigen Musik der Renaissance spielt das dann eh keine Rolle mehr, denn da kommt das Hypodorische nur in Kombination mit dem Dorischen vor.

***

Aber nun noch mal zum Sinn und Unsinn des spiegelsymmetrischen Übens: Es hat natürlich aus rein musikalischer Sicht wenig Sinn. Aber es kann manchmal ein Augenöffner sein. Wenn sich z.B. eine Passage in der linken Hand "blöd" anfühlt oder nicht richtig rund läuft, dann kann man probieren, ob sich die Passage in der rechten Hand spiegelsymmetrisch gespielt besser anfühlt.

Falls ja, kann man auf diese Weise beide Hände zusammen spielen. Es klingt nicht doll, aber man wird sofort fühlen, wo die Bewegung der linken Hand evt. ungünstig ist. Wiederholt man das ein paar Mal, lernt die linke Hand die günstigere Bewegungschoreographie von der Rechten.

Falls nicht, kann man sich diese Übevariante getrost sparen. Von einem KKL (in diesem Fall der rechten Hand) kann man nichts Sinnvolles lernen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Gibt es zu der These auch eine (historische) Quelle?

Vor längerer Zeit kopierte ich mir aus einem Bericht heraus folgende Zeilen:




Later, in the middle ages, Dorian mode was designated "mode no.1", not for its aural qualities, but for its mathematical symmetry.
Take any note, and calculate perfect 5ths above and below it, until you have a 7-note scale. This gives you Dorian mode:

Going upward:
A x 3/2 = E; E x 3/2 = B; B x 3/2 = F#
Going downward:
A x 2/3 = D; D x 2/3 = G; G x 2/3 = C.

Putting them all in the same octave, keeping the starting note at the centre, so that no note is more than a 4th away, you have (bottom to top) E-F#-G-A-B-C-D:


E<-----------A (.............>E)
(D<.............) A----------->D
E---------------->B
G<----------------D

(B<..........) F#<----------B
(C<..........) G----------->C
E F# G A B C D
Steps: 2 1 2 2 1 2


(You sometimes need to invert a 5th to a 4th in the other direction to remain in the same octave.)

Now imagine you have no note letters to start with - they haven't been invented yet - so you give letter names to your "perfect" scale starting on the bottom note:


A-B-C-D-E-F-G.

2 1 2 2 1 2


Bingo - that's where we get our note names from. They weren't given to Aeolian mode, but to "hypodorian", which is dorian starting a 4th below its tonal centre. And the reason it starts a 4th below is the "holy" symmetry of the diagram, the elegant simplicity of the derivation.

The above is a simple observation. I'm certainly not proselytizing for the "harmony of the spheres" or any such mystical claptrap.

Other sophisticated cultures (China, India) no doubt had similar ancient mystical justifications for their music theory/philosophy. Music seemed to be magical, so religion was invoked to explain it.
In the west too, religion was once the same thing as science (practised by the same people anyway).
However, in the West, a particular kind of "objective" science gained dominance, and split from religion, at least in our understanding of the natural world.

This affected music at least as far as the establishment of Equal Temperament, where each semitone relates to the next by the 12th root of 2. As well as the philosophical/scientific basis of this concept, they needed the technology to implement it accurately, which didn't arrive till around the time of Bach and the industrial revolution.
IOW, ET's time had to come, not only theoretically/philosophically (the possibilities of other temperaments having been exhausted or outgrown), but scientifically and technologically.

Beyond there, of course, science has little to contribute to music theory (as distinct from the science of acoustics).
The harmonic series is relevant, but has an intriguingly off-kilter relationship to music as it is in practice.
Music theory cannot be scientific to any great extent, because musicians simply don't care about what they can't hear. And what they do hear depends more on cultural inheritance than on natural laws (there are natural laws, but only at music's absolute foundation).
So music theory (paradoxically perhaps) deals only with practicalities, with actual sounds used and enjoyed, and seeks simply to formalise them, to name and categorize them, not to explain them in an objective scientific way.
 
Now imagine you have no note letters to start with - they haven't been invented yet - so you give letter names to your "perfect" scale starting on the bottom note:


A-B-C-D-E-F-G.
2 1 2 2 1 2


Bingo - that's where we get our note names from.
Das halte ich für eine recht steile These. Notennamen hatten schon die Griechen, und diese wurden spätestens im frühen 6. Jahrhundert von Boethius ins Lateinische übertragen. Das A entsprach dabei einfach dem tiefsten Ton des Monochords.
 
Auf die Art und Weise lernt die schwächere Hand von der stärkeren Hand.
In der Tat kann die eine Hand ein guter Lehrer für die andere sein.
Ich finde spiegelbildliches Training sehr sinnvoll bei choreographischen Übungen.
Als Beispiel sei die Kreisung genannt.
Übt man sie in beiden Händen spiegelbildlich aus, verstärkt sich das Gefühl für die Bewegung und kann damit leichter automatisiert werden.
Man begreift die Übung körperlich.
Ich nutze das oft in meinem Unterricht.
Allerdings bin auch ich nie auf der Suche nach spiegelsymmetrischen Stücken, weil ich darin keinen Sinn sehe.
 
... ist daher dieser Wunsch nach Symmetrie sinnbefreit. Klavierspielen sollte audiomotorisch vor sich gehen, d.h. das Ohr / die Klangvorstellung das Steuer in der Hand haben. Und da existiert keine Symmetrie.
Vollkommen d'accord - das hat so was von den Umkehrungen/Spiegelungen Stockhausens Zwölftonkram. Die sind für mich auch sinnbefreit. Das Zeug ging mir noch nie ins Ohr.
 

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