Sinn und Unsinn von Schwierigkeitsgraden

  • Ersteller des Themas Debösi
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Nach meiner Erfahrung stimmt die Henle-Skala ganz gut. Sie beruht sicher auf der Einstufung durch verschiedene Pianisten und Pädagogen. So wird Chopin Prelude No. 7 mit 3/4, No. 4 mit 4 und No. 2 mit 5 bewertet. Das deckt sich mit meinem Übungszeitbedarf.
 
Da es auch nur eine ungefähre Orientierung ist, sehe ich kein Problem. Entweder man kommt am Ende mit dem Stück klar oder nicht.
Leichter als erwartet sollte kein Problem sein, "schwerer als erwartet" könnte Anlass sein, sich - auch durch hohe Motivation für das Stück und Anstrengung über längere Zeit weiter zu entwickeln.
 
Ernst beiseite. Ich mach doch gern mal "Sightreading/Prima Vista"-Übungen. Die Literatur muss entsprechend leicht sein. Zumindest im "niedrigschwelligen Bereich" halten die Schwierigkeitsgrade, was sie versprechen.

Ja, aber leicht lesbar korreliert nur begrenzt mit leicht zu spielen! Chopin op. 10,1 ist wirklich nicht schwer zu lesen, ...
Manche dreistimmigen Inventionen sind schwer von Blatt zu lesen, aber wenn die Verteilung der Mittelstimme geklärt ist nicht sooooo schwer zu spielen! Dies mit dem vorsichtigen Hinweis, dass die dreistimmigen Inventionen gerne ein bisschen unterschätzt werden!
 
Genau!
Und die von mir aufgeworfene Frage war in wieweit der Vorgang des Lesens, also der erste Schritt zum Erarbeiten dabei eine Rolle spielt. So ist etwa die Romanze aus op. 28 von Schumann nicht besonders schwer, ABER:
Sie ist teilweise auf drei Systemen notiert und steht in Fis-Dur.
Wenn man über Sinn und Unsinn von Schwierigkeitsgraden diskutiert ist es schon interessant, ob da eine gewisse Eingangshemmung vorhanden ist oder eher nicht.
Noch ein Beispiel: Stünde der Minutenwalzer von Chopin in C-Dur statt in Des-Dur, dann wäre er sicher schwerer von den Griffpositionen (beide Hände) und der Treffsicherheit (links) her, aber für viele eventuell leichter zu lesen. Welche Variante ist schwieriger?
 
Und die von mir aufgeworfene Frage war in wieweit der Vorgang des Lesens, also der erste Schritt zum Erarbeiten dabei eine Rolle spielt.

Henle gibt die Kriterien an, nach denen der Verlag die Einstufungen vornimmt. Dieser Punkt ist dabei.

Nach reiflicher Überlegung entschied ich mich für neun Schwierigkeitsgrade, die ich in drei Gruppen unterteilt habe: 1–3 (leicht), 4–6 (mittel), 7–9 (schwer). In die Schwierigkeitsgrad-Bewertung fließen dabei möglichst viele Parameter ein. Ich bewerte nicht allein die Anzahl von schnell oder langsam zu spielenden Noten oder von Akkordfolgen; ganz entschieden wichtig sind darüber hinaus die Komplexität der Faktur eines Stückes, die Kompliziertheit seiner Rhythmik, die Schwierigkeit der Lesbarkeit beim ersten Erfassen des Notentextes und nicht zuletzt, wie leicht oder wie schwer es ist, die musikalische Struktur des Stückes zu erfassen. Als „Stück“ definiere ich dabei die musikalische Einheit etwa einer Sonate oder eines Einzelstücks im Zyklus, weshalb zum Beispiel Bachs „Wohltemperiertes Klavier“ Band 1 insgesamt 48 Schwierigkeitsgrade enthält (jedes Präludium und jede Fuge separat), Schumanns fis-moll-Sonate op. 11 jedoch nur eine einzige Ziffer. Maßstab meiner Bewertung ist die vorspielreife Darbietung eines Stücks.

Jedwede Bewertung von Kunst und Musik bleibt selbst bei Vorgabe größter Objektivität immer subjektiv. Bei aller Sorgfalt, um die ich mich bemüht habe, bin ich mir im tiefsten Inneren durchaus der Anfechtbarkeit des Ergebnisses meiner Arbeit im Klaren, so dass ich für Anregungen jederzeit dankbar bin.

Prof. Rolf Koenen © 2010
 
'In die Schwierigkeitsgrad-Bewertung fließen dabei möglichst viele Parameter ein.' Zitat!

Gerade deshalb glaube ich halt nicht so recht an die Aussagekraft dieser Bewertungen.
Cortot etwa bewertet am Ende seines Buches über Klaviertechnik viele Standardwerke in 6 oder 7 Teil-Kategorien!
Das ist eher aussagekräftig.
Aber gegen diese Pauschalbewertungen bin ich misstrauisch, vor allem, wenn dann noch musikalische Faktoren eine Rolle spielen sollen.
Klassisches Beispiel Chopin op. 9,2 Nocturne Es-Dur:
Notentext lesen und lernen: Mittelstufe!

Die Akkorde der Linken in Balance zur ausgesungenen Rechten dynamisch balancieren, mit Halbpedal usw. den Klang gestalten (Harmonien und Bass zusammenführen ohne die Melodie und ihre Verziehrungen zu verschmieren), die Triller unaufdringlich als Cantables Vibrato zu spielen, den Dominant Klang am Ende in der Kadenz zu gestalten und ...!
Dann ist das Stück schon ziemlich schwer!

Da bevorzuge ich die Aussage (parameterfrei) ' technischer Schwierigkeitsgrad in einer Skala von 1 - 9 etwa bei 5 anzusetzen!
Über alles andere mit dem KL diskutieren!
Dass ich überhaupt, wegen unvermeidlicher Subjektivitäten kein Freund von Schwierigkeitsbewertungen bin habe ich anderenorts schon dargetan!
 
@Alter Tastendrücker

Ja.

Wir haben keinen Dissens
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  • Anna Magdalena definitiv "leicht" und eignet sich zum Üben von Sightreading.

  • Chopin ist "schwerer".

  • Um wie viel "schwerer" er ist, ist viel unsicherer zu klassifizieren als ein wirklich leichtes Stück zum leichten Stück zu deklarieren.

Deshalb, ein letztes Mal: Im Rahmen "Henle 1-3" kann man recht gut einschätzen, was man kauft. Es wird garantiert nichts Unspielbares dabei sein. Oiferschdanne?
 

Ich hab irgendwann bei Henle nach meinem Stück gesucht, festgestellt, dass das 2-3 ist und hab dann nach anderen Stücken in dem Schwierigkeitsgrad gesucht. War eine prima Methode, um spielbar Stücke zu finden, nicht zu leicht, nicht zu schwer. Mittlerweile war ich dann bei 3-4 angelangt. Inzwischen hab ich Stücke angefangen, die ich bei Henle nicht finde und ich vermisse die Einstufung in diese Skala.

Vielleicht ist sie aber auch hinderlich. Ich spiel momentan den Maple Leaf Rag. Hätte ich den bei Henle als Schwierigkeitsgrad 5 entdeckt, hätte ich ihn nicht angefangen. Aber den gibt es da nicht, keine Ahnung, wo der einsortiert wäre. Ich spiel ihn, obwohl das Forum hier meinte, viel zu schwer. Es klappt inzwischen recht passabel.
 

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