Ambros_Langleb
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Weder textlich noch musikalisch kann auf eine Passage verzichtet werden, ohne dass die Dramaturgie des Stückes empfindlich leidet.
Textlich gibt es im Tristan schon eine Passage, bei der sich mir diese Frage stellt, nämlich Markes Nänie in 2 / 3. Strukturell ist das eine nachgelieferte Exposition zum besonderen Treueerhältnis König - Lehensmann. Sie reicht dennoch nicht hin, die Kenntnis von Gottfried bzw. der Volksbuchtradition zu ersetzen und ist strukturell auch funktionslos, weil seit dem 1. Aufzug ohnehin klar ist, dass die Kraft der Fides durch die Macht des Eros eben entkräftet ist. Ethisch kommt dazu der - stoffremde - Versuch, das mal. Konzept des »guoten königs« ins romantisch- individuelle zu wenden. Die Kombination aus beiden gerät doch recht lang, und man kann sich durchaus fragen, ob nicht die Übernahme von Gottfrieds Version, Marke zum stummen Zeugen des Verrats werden zu lassen, das größere tragische Potential gehabt hätte. Jedenfalls konterkariert Markes ellenlanger Klagemonolog auch das grundlegende dramatische Konzept, jeden Akt zu einem Katastrophenschluß zu führen, der die Spannung des quälenden Wartens aufhebt (und am Ende zur Erlösung im gemeinsamen Tod führt).