"Original" Feurich - restauriert vs. "Moderner" Feurich - neu

Tatsächlich ist es aber Tatsache dass sich so gut wie nirgends hier im Forum Aussagen über die China-Instrumente finden, die auf Fakten und Erfahrungen basieren (und letztere wenn dann auf eher schon älteren Sachen), dafür aber fast alles auf Meinungen und Vorurteilen. Natürlich KANN das so sein wie bei dem Dacia Renault Vergleich, aber das ist pure Spekulation. Es kann auch genauso gut ganz anders sein.

Ich frag mich allerdings ob die Produktionskosten in China so viel niedriger sind dass man sogar wenn man noch den Transportaufwand dazurechnet immer noch so viel günstiger liegt als wenn man in Deutschland produzieren würde (qualitativ abgespeckte billig-Klaviere könnte man schließlich auch hierzulande herstellen.. wenn es nur darum ginge bräuchte man kein China).

Die These, qualitativ gleichwertige/hochwertige Instrumente zu bauen, die aufgrund der Produktionskosten billiger sind, finde ich zumindest deutlich plausibler.

Ich kenne zumindest einen Klavierverkäufer von jahrzehntelangem, hervorragenden Renommée, der sich sehr positiv über Feurich äussert (und die auch verkauft natürlich).

Ansonsten hab ich vor ca 10 Jahren wie gesagt das Wendl+Lung 122 Klavier relativ ausführlich ausprobiert und es war wirklich sehr sehr schön. Das ein oder andere Klavier ist mir dann ja in meinem bisherigen Leben doch schon untergekommen, und an dem war wirklich nix auszusetzen, weder klanglich noch mechanisch. Gutes Anschlagsgefühl, satter, brillanter Klang in jeder Hinsicht. Kein Makel zu finden.
 
Ich frag mich allerdings ob die Produktionskosten in China so viel niedriger sind dass man sogar wenn man noch den Transportaufwand dazurechnet immer noch so viel günstiger liegt als wenn man in Deutschland produzieren würde (qualitativ abgespeckte billig-Klaviere könnte man schließlich auch hierzulande herstellen.. wenn es nur darum ginge bräuchte man kein China).
Die Kosten eines Containers von Ningbo nach Rotterdam liegen unter 2.000€. Wenn man sehr locker packt, bekommt man so 20 Flügel in einen Container. Das sind dann 100€ je Flügel. Verabschiede Dich von der Vorstellung, dass Überssee-Transportkosten derzeit irgendeine Rolle spielen.
 
Die aktuellen Feurich Instrumente sind tatsächlich ziemlich gut. Da kann man nicht meckern. Preis-Leistungs-Verhältnis ist super. Ich verkaufe die jetzt seit 13 Jahren (damals noch als Wendl & Lung).

Einen großen Vorsprung haben die deutschen Hersteller halt in der Erfahrung und Tradition. Und so einiges an Entwicklungskosten konnten sich die Chinesen sparen, weil sie das Know How von den deutschen Herstellern bekommen, die dort ihre billigen Zweitmarken produzieren lassen. Und dann natürlich die niedrigen Lohnkosten dort.

Wenn die Chinesen anfangen sollten, auch ein duales Ausbildungssystem zu etablieren, dann dürften deren Klaviere auch qualitativ noch zulegen. Hier ist es doch so, dass ein gelernter Klavierbauer mit Gesellenbrief in der Produktion arbeitet. Wenn morgen sein Kollege in einer anderen Abteilung ausfällt, kann er ihn ohne Anlernzeit ersetzen. Und er merkt, wenn etwas schief läuft und kann es sofort melden. In China geht das nicht und ist auch nicht erwünscht.
 
Wenn die Chinesen anfangen sollten, auch ein duales Ausbildungssystem zu etablieren, dann dürften deren Klaviere auch qualitativ noch zulegen. Hier ist es doch so, dass ein gelernter Klavierbauer mit Gesellenbrief in der Produktion arbeitet. Wenn morgen sein Kollege in einer anderen Abteilung ausfällt, kann er ihn ohne Anlernzeit ersetzen. Und er merkt, wenn etwas schief läuft und kann es sofort melden. In China geht das nicht und ist auch nicht erwünscht.

Hast Du (ernstgemeinte Frage) eine Einschätzung, wo an dieser Stelle der Unterschied zu Japan (Kawai und Yamaha) besteht oder auch den USA (Steinway)? Die schaffen es auch ohne duale Ausbildung - oder? Haben die dann einfach ganz lange Betriebszugehörigkeiten der Mitarbeiter, die die Feinheiten dann über die Jahrzehnte lernen und weitergeben? Oder dauert das in China einfach noch 20 Jahre, weil die später dran sind?
 
Wenn die Chinesen anfangen sollten, auch ein duales Ausbildungssystem zu etablieren, dann dürften deren Klaviere auch qualitativ noch zulegen.

Ob sie dann noch die Preise halten können?
Was ein Klavier so teuer macht, sind die vielen Arbeitsstunden gut ausgebildeter Handwerker. Wenn ein altes Klavier einen neuwertigen Zustand haben soll, kommt man um die auch nicht herum.
 
Hast Du (ernstgemeinte Frage) eine Einschätzung, wo an dieser Stelle der Unterschied zu Japan (Kawai und Yamaha) besteht oder auch den USA (Steinway)? Die schaffen es auch ohne duale Ausbildung - oder?

Ich vermute, die haben ein firmeneigenes Ausbildungssystem. Weiß ich aber nicht. Vielleicht herrscht dort auch eine andere Fehlerkultur. Mir erzählte mal jemand mit Chinaerfahrungen in der Branche, dass in China nicht erwünscht sei, dass ein Wanderarbeiter zu viel weiß. Er könnte sein Wissen ja der Konkurrenz andienen.

Und ein (nicht fiktives) Beispiel für Fehler durch Nichtwissen oder Nichtmelden: ein Arbeiter garniert die Tasten zu eng. Der nächste Arbeiter soll ausbleien. Macht der auch stumpf. Mit dem Ergebnis, dass fast kein Platz mehr für das ganze Blei ist....
 
Die Kosten eines Containers von Ningbo nach Rotterdam liegen unter 2.000€. Wenn man sehr locker packt, bekommt man so 20 Flügel in einen Container. Das sind dann 100€ je Flügel. Verabschiede Dich von der Vorstellung, dass Überssee-Transportkosten derzeit irgendeine Rolle spielen.

Das ist dann aber ein nicht klimatisierter Container, der sich je nach Position auf dem Schiff auch ganz erheblich aufheizen kann. Ob das jemand das den Flügeln antun will?

Aber dass die Transportkosten für Flügel keine große Rolle spielen, damit hast Du sicherlich Recht.
 
Ich vermute, die haben ein firmeneigenes Ausbildungssystem. Weiß ich aber nicht.

Ich hoffe @Wiedereinaussteiger meldet sich noch zu diesem Punkt, denn der weiß das. Ich kann nur aus der Erinnerung aus der New York Times (?) referieren, dass die Leute dort einfach angelernt werden und dann eine bestimmte Funktion im Produktionsprozess erfüllen. Wie dem auch sei, Hamburger Instrumente genießen unter Pianisten durchweg höheres Ansehen, auch wenn man das bei Steinway in NY nicht gerne hört (jedenfalls nicht die Geschäftsführerin des Hauptgeschäfts an der 6th Av.).
 
Ja richtig, ein firmen-eigenes Ausbildungssystem.

Ich kenne es von Steinway in New York, aus mehreren Büchern.

Es gibt in den USA keine gewerbliche "Lehrzeit" - wie bei uns und in Österreich die 3.5-jährige Lehrzeit. Es gibt mehrere Accounts, Bücher und Zeitschriftenbeiträge, in denen beschrieben ist, wie Steinway in New York City an seine Arbeiter kommt. Normalerweise werden sie auf eine bestimmte Position nach Eignung ausgesucht, ca. 3-6 Monate, bevor jemand geplant altershalber ausscheidet, und in dieser Zeit beim Vorgänger oder in dessen Gruppe angelernt. Teils sind es die Kinder von Werksangehörigen, die auch ein gewisses "Prä" genießen, weil man annimmt, dass sie schon von zuhause den "spirit" fürs Klavierbauen einatmeten. Teils werkeln daher Mitarbeiter am 1 Steinway Place in Ditmars, Queens in der dritten Generation.

Problematische Zeiten hat es bei Steinway immer dann gegeben, wenn größere Bewegungen im Arbeitsmarkt waren, oder kritische Zeiten, in denen die Firma sparen musste und oder ihre Leute kurz hielt, kurz halten musste. Dann geht Erfahrungswissen und Knowhow verloren, denn selbst wenn die Prozesse nunmehr angeblich alle dokumentiert seien, wie es der Leiter der Möbelvorfertigung mal benannte, so ist doch ein Teil der Tätigkeiten so derart hoch speziell, dass nur ein einziger Mitarbeiter oder zweie das exakte Wissen haben, plus ggfs. die intellektuelle Kapazität, um die Arbeit korrekt zu tun.

Klassisches Beispiel: der Zusammenbau von Resonanzboden und Möbel... Die dort erforderlichen Überlegungen betreffs späterer korrekter Saitenhöhen beim Bestimmen der Steghöhen, und das vorige Einleimen des Resonanzbodens auf die vorgefräste Innenkontur sind derart komplex, dass selbst Ingenieure nicht sofort exakt wissen, was da wie wann genau zu machen ist.

Es gibt daher auch interne Wechsel, dass man bestimmten Mitarbeitern anbietet, höherwertige, dann auch besser bezahlte Tätigkeiten einzunehmen, wie es z.B. der in der Endfertigung zur Präparation der D-Konzertflügel tätige Mitarbeiter beschrieb, der zuvor jahrelang kleinere Flügel "machte" und nun stolz sagen kann, "I do the D".

Selbst Andrew Horbachevsky, Boss der Möbel-Vorfertigung, der Ingenieur ist, hat zu Teilen großen Respekt vor der intimen Kenntnis der Arbeitsprozesse. Und immer auch ist es noch so, dass die Klavierbauer wie vor 140 Jahren noch teils eigene Werkzeuge und Verbesserungen haben, die quasi "ihr persönliches Eigentum" sind, die nicht dokumentiert sind... und auch ihre Werkzeugboxen an Nachfolger, die sie für kompetent halten, weitergeben. (Flog ein Mitarbeiter vor 100 Jahren raus, dann nahm er seine Werkbank mit raus - die er zuvor selber reingetragen hatte, oder einem Vorgänger bezahlt hatte.)

Also insgesamt sind es in den USA komplett andere Arbeitszusammenhänge, als man es hierzulande so kennt. Die früher gängigen Stück-Akkorde allerdings sind bei Steinway schon seit ca. 15 Jahren gegen feste Monatslöhnung ersetzt - was nicht heißt, dass man es lau angehen lassen könne, es existieren schon durchaus Erwartungen, wieviel Stückausbringung einer so machen sollte, damit er im Plan liegt, denn mit der Arbeitskraft wird bei Steinway genauso geplant, wie ich das aus deutschen Maschinenbaubetrieben kenne.

Vor einigen jahren allerdings wurde - bislang in Büchern noch nicht detailliert beschrieben - einiges von den Hamburger Produktionsprozessen auch in New York implementiert, zusammen mit einigem Führungspersonal, und auch der Möglichkeit, nun in den USA auch die Flügel wahlweise mit Polyester auszurüsten. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass diese - die Wertschätzung der New Yorker Flügel gehoben habenden - Maßnahmen eine komplette Änderung der Ausbildungen der US-Flügelbauer beinhalteten, die einer 3.5-jährigen Lehre hierzulande entsprächen. Weiterhin werden die Arbeiter dort angelernt.

Interessant - nebenbei - fand ich in einem Buch die Beschreibung des Fertigungstechnik-Speziallisten Andrew Horbachevsky, dass die Fertigung von Steinway - auch für ihn überraschend - "Anti-Manufacturing" sei - so vieles sei anders, laufe anders, habe andere Werte- und Qualitätsvorstellungen als in den gängigen Industrien der USA. (Er kommt aus der Automobilzulieferei.) Er begründete das nicht näher, das war eine sehr persönliche Wertung, und ich las es so, dass er heilfroh sei, mit den überaus komplexen Zusammenhängen bei Steinway dann doch zurechtgekommen zu sein....

Ich kann das aber gut nachvollziehen. Ich bin auch Ingenieur, Maschinenbauer und Spezialist der Fertigungstechnik, habe als Produktionsleiter in einem Gleitlagerwerk über 300 Leute gehabt, und was dort die Schleuderguss-Leute, was die Feinbohrer veranstalten, oder gar die Galvaniseure...., das habe ich auch immer mit hohem Respekt betrachtet.

Das Galvanisieren von Gleitlagern mit dem Abscheiden "ternärer Schichten", also drei verschiedene Stoffe im richtigen Mix und in der richtigen Dicke... auf die Stahträgerschicht und die Bronze-Basis..., das ist mir bis heute ein Buch mit sieben Siegeln. Ich hatte da einen alten Fahrensmann von Rollei, der konnte komplett alleine wirtschaften, ich habe ihm niemals reingeredet, ihm nur gesagt, wenn etwas extrem eng war in den Zeitabläufen... Man muss einfach wissen, wo man seine Leute besser in Ruhe lässt..., und ich denke mir, dass das in der Fertigung von Klavieren und Flügeln teils ähnlich ist...

Sachen des Respektes. Respekt vor der "craftmanship". Wie es die neckischen Schilder im Heckfenster britischer Oldtimer ansagen: "All parts falling off of this car are of the finest british craftmanship!"

Der normale Krams mit Fräsen, Drehen, Bohren, Bleche schneiden, Werkzeugbau, Messerei, hatte mich nicht so sehr beeindruckt, das kannte ich alles, aber diese Fertigungsschritte - in einem ähnlich "fertigungstiefen" Prozess wie im Flügelbau - über 95% der Wertschöpfung in der eigenen Hütte.. - ganz wenig Zukauf nur - das ist etwas, das der Gleitlagerbau und der Flügelbau gemeinsam haben.

Sandy Horbachevskys Job (oder den von Michael Mohr, Leiter der Musikinstrumentenfertigung = ab Einbau Reso-Boden) möchte ich dennoch nicht geschenkt. ;-)
 
Oh manno jetzt käme ich nochmal gaaaanz mächtig ins Grübeln :denken: Nachdem die Würfel gefallen sind, habe ich einen Feurich "Youngtimer" angeboten bekommen, wo ich quasi nicht ablehnen kann/könnte/sollte/dürfte... :konfus:
... aber muß
 
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Es wird dir niemand die Entscheidung abnehmen können. Zugunsten des Feurich spricht, dass er deutlich jünger und aus besten Langlauer Zeiten ist. "Sowas Gutes wird es nicht wieder geben", sagte ein Klavierbauer nach dem Untergang der Firma mal wehmütig zu mir. Ein bisserl viel Emphase vielleicht, aber auch nicht grundlegend falsch.
 

Du kennst den Satz mit den Äpfeln und Birnen?
Wie meinen? Ich kann einen neuen Feurichflügel kaufen für 11500 SFr, wenn ein (prof.) Transport dann ca 1000 SFr kostet, dann fällt das nicht ins Gewicht?

Gerade eine (einzelne) Endauslieferung fällt da schon gut ins Gewicht, egal ob in CH oder D und gerade bei Flügel um ca. 10000-15000 EUR.
 
Äpfel: Transport einer Ladung von Flügeln im Container
Birnen: Transport eines einzelnen Flügels inkl. Treppensteigen o.ä. (noch dazu in der Schweiz)
 

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