Möchte gerne über Mendelssohns Op. 35,1 sprechen

Coda

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Schönen Abend! :bye:

Recht wenig findet man hier im Forum zu Mendelssohns Op. 35 6 Präludien und Fugen, welches ich einfach großartig finde. Wenn es Romantik sein soll, spiele und höre ich Mendelssohn generell sehr gerne. Ich mag seine Klaviersätze, sie überfordern mich nicht, bleiben überschaubar und scheinen technisch einigermaßen machbar, mal so im subjektiven Vergleich zu anderen romantischen Komponisten, die mir gefallen; wobei es auch (für mich) sauschwere Sachen von Mendelssohn gibt, wie etwa das bekannte Rondo Capriccioso oder die Variations sérieuses, beide würde ich gerne mal spielen. Allgemein scheint op. 35, diese Huldigung an Bach, nicht wirklich viel gespielt zu werden, wenn ich das richtig sehe. Warum eigentlich?

Mir gehts in diesem Thread vor allem um das erste Präudium + Fuge in e-moll. Das Präludium habe ich unter anderem im Musik-Abi vor 13 Jahren gespielt - angedacht war natürlich auch die Fuge, aber die habe ich mit meiner Sehnenscheidenentzündung links leider nicht anständig bzw. ohne Schmerzen hinbekommen. So verblieb sie als unabgeschlossenes Stück in meinem Repertoire. Ich finde sie einfach großartig und liebe es, wie vorsichtig sie beginnt, zwischenzeitlich rasant an Fahrt aufnimmt und regelrecht explodiert, um dann nach einem wunderschönen Choral nahezu "sakral geläutert" im Thema zu enden.

Vor zwei Wochen habe ich die beiden wunderbaren Stück wieder ausgebuddelt. Sie machen noch immer so viel Spaß, vor allem die Fuge, welche für mich die eigentliche Herausforderung in jeder Hinsicht darstellt. Ich bin nicht versiert im Fugen-Spiel und finde diese Gattung generell wahnsinnig schwer. Von Bach spielte ich nur Inventionen und eine Sinfonia, aber leider haben wir seine großartigen Fugen im Klavierunterricht damals ausgelassen; somit war Op. 35,1 überhaupt die erste Fuge, die ich im Unterricht gespielt habe. Sie ist für mich ein ziemlicher Brocken und markiert wohl gut meine derzeitigen Grenzen im Klavierspiel :007: eigentlich wollte ich vorletzte Woche einen Einstieg in Chopins Etüden versuchen, aber dann dachte ich: bekomm erstmal diese Fuge ordentlich hin. Damit haste genug Arbeit!

Wolters verliert nicht viele Worte über Op. 35,1, drum würde ich mich gerne hier mal über die beiden wunderbaren Stücke austauschen, z.B. anhand folgender Fragen:

- wer hat Op. 35,1 schon gespielt? Wie gefallen euch die beiden Stücke, wie findet ihr die Interpretationen (siehe Videos am Ende des Beitrags)?
- Tempo: ich finde, das Präludium sollte man nicht wie eine Etüde herunterrattern. Da gefällt mir ein etwas gemächlicheres Tempo besser. Auch bei der Fuge zu Beginn lieber etwas weniger Tempo (Perahia, s.u., ist mir da zu eher zu schnell); was meint ihr?
- wie schätzt ihr die Werke vom Schwierigkeitsgrad her ein? Vielleicht im Vergleich zum Rondo Capriccioso, das auch noch auf meiner Liste steht? Habe ich damit eine Grundlage für eine Chopin Etüde?
- technisch-gestalterische Herausforderungen? Das Präludium ist nicht so sehr mein Problem, aber die Fuge mit ihrem durchgehenden accelerando in Kombi mit den teilweise fummligen Griffen finde ich doch schon ganz schön anspruchsvoll.
- wie gehe ich im Präludium und auch in der Fuge mit dem Pedal um? --> Meine liebste Einspielung ist die von Murray Perahia, wenn mir auch die Fuge etwas zu schnell am Anfang ist. Er nutzt hörbar das Pedal, aber alles bleibt trotzdem so schön klar. Das Präludium wird bei mir immer etwas schwammig, ich wechsle, sobald die Melodie dazu kommt, bei jedem Viertel, sofern es passt, aber nicht öfter, das bekomme ich nicht hin.

Murray Perahia mit eher flotter Fuge:


View: https://www.youtube.com/watch?v=T7yTwaragbI


Auch eine interessante, mir aber "zu romantische" Interpretation, Fuge ist mir auch zu langsam am Beginn:


View: https://www.youtube.com/watch?v=i5RwReXly4c


Zum Mitlesen, schöneres Anfangstempo in der Fuge:


View: https://www.youtube.com/watch?v=_CrL1QlygIg


Es grüßt Coda!
 
Danke für den Hinweis. Sehr schön. Kann inhaltlich zu deinen Fragen leider nichts beitragen, aber gut nachvollziehen, dass Dir das gefällt. Habe diverse Chorwerke von Mendelsson gesungen. Da gibt es auch wunderbare Fugen. Am Klavier hatte ich bis jetzt nur ein paar Lieder ohne Wort unter den Fingern. Ist aber schon lange her.

Liebe Grüße
Gernot
 
Danke für die Empfehlung, ich kannte op. 35 bisher nicht. Schön, und auch schön schwierig. Die Leidenschaft, die dich beflügelt, wird dich früher oder später durch das Werk tragen, mach dir da keine Sorgen.
Wenn abgeschlossen, kannst du mit diesem Rüstzeug auf jeden Fall ein Tänzchen mit der einen oder anderen Chopinetüde wagen. Schau doch mal in deren Notentext, meistens fällt schnell ins Auge, welcher technische Aspekt jeweils im Fokus liegt. Ich würde mir ein bestimmtes Ziel setzen, also welchen Aspekt du gerne etüdisieren möchtest, eine entsprechende raussuchen und einfach probieren.
Mir als alte Gewitterhexe gefällt übrigens die zweite Interpretation am besten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Als ich studierte war op. 35,1 Pflichtstück beim Mendelssohn Wettbewerb der deutschen Musikhochschulen.
Mein prägendstes Erlebnis mit diesem edlen Stück war eine Aufführung mit Jorge Bolet.
Es ist ziemlich schwer, deutlich aufwändiger als op.14!
 
Danke für Eure Eindrücke, Erfahrungen und Meinungen! :)
Dass das "edle Stück" (sehr passende Beschreibung, wie ich finde) sogar Pflichtstück bei Wettbewerben ist/war, finde ich echt interessant und wusste ich nicht. Dann ist es ja doch prominenter, als ich dachte. Wechselte das früher auch mal mit anderen Stücken aus Op. 35, oder wars immer die Nr. 1? Die anderen Stücke finde ich auch sehr schön!

Viel vielleicht nicht, aber im Schumannwettbewerb Zwickau (fiel aus dieses Jahr :028:) gehört das zum Teil des Pflichtprogramms der 2. Runde. Immer für mich ein Grund zum hingehen.
Blöde Frage vielleicht, aber: Wieso eigentlich ausgerechnet beim Schumannwettberwerb? :konfus:

Als ich studierte war op. 35,1 Pflichtstück beim Mendelssohn Wettbewerb der deutschen Musikhochschulen.
Mein prägendstes Erlebnis mit diesem edlen Stück war eine Aufführung mit Jorge Bolet.
Es ist ziemlich schwer, deutlich aufwändiger als op.14!
Ich höre mir jetzt gleich mal die Version von Bolet an! Du meinst mit "ziemlich schwer" vor allem die Fuge, oder? Das heißt, du hast Op. 35,1 auch einstudiert? :) Stimmt, op. 14 ist irgendwie insgesamt überschaubarer und vom Notentext her auch nicht so anstrengend. Schwer finde ich es trotzdem, vor allem das alles im hohen Tempo zu spielen (die ersten beiden Seiten mal ausgenommen). Was den Aufwand angeht, gebe ich Dir wohl recht: Op. 35,1 ist echt viel Arbeit!

Während das Präludium echt schon (wieder) gut klappt, komme ich mit der Fuge nicht so gut voran, die vielen weiten Griffe strengen mich technisch noch sehr an in höherem Tempo - also heißt es wohl langsam machen und gründlich dran arbeiten. Ich bin ungeduldig und muss mich am Riemen reißen, nicht immer größere Abschnitte oder gar alles durchzuspielen. Denn "leider" macht es spieltechnisch so viel Spaß! Aber: Es gibt so viele kleine Abschnitte, mit denen man viel Zeit verbringen kann, und das habe ich auch bitter nötig.

Ich habe übrigens das Buch von Alan Rusbridger "Play it again" über Chopins erste Ballade gelesen. Seine Arbeit an dem Stück hat mich inspiriert, mich auch mal wieder an einen Brocken zu wagen, der mir zumindest machbarer als diese Ballade erscheint, lach. So kam ich dann dazu, Mendelssohns Op. 35 zu üben und die Kleinschrittigkeit, mit der er vorgeht, habe ich mir nun zum Vorbild genommen.

Danke für den Tipp @Datenvegetarier Den Etüden-Aspekt schaue ich mir irgendwann mal genauer an. Momentan weiß ich noch nicht so genau, welchen Anforderung ich etüdisieren würde, es gibt bei mir einige "Baustellen". Und es mangelt nach meiner doch sehr langen Klavierpause noch etwas an Beweglichkeit und Flexibilität. Höheres Tempo und dabei locker zu bleiben ist in der Fuge noch schwierig an hakeligeren Stellen. Im Präludium insgesamt weniger, das liegt auch einfach gut in der Hand. Nur auf die Lockerheit muss ich echt achten, das soll ja schön "perlen". Die Chopin Etüden dürfen also definitiv warten, bis ich dieses hier besser drauf habe;-)
Danke für den Hinweis. Sehr schön. Kann inhaltlich zu deinen Fragen leider nichts beitragen, aber gut nachvollziehen, dass Dir das gefällt. Habe diverse Chorwerke von Mendelsson gesungen. Da gibt es auch wunderbare Fugen.
Ohja, die Chorwerke finde ich auch großartig, auch wenn ich bisher nur Zuhörerin war. Bald kommt Mendelssohn bzw. eine Sonate von ihm auch an der Orgel dran, ich bin sooo gespannt, wie er sich auf der Orgel spielt. Was ich bisher angehört habe, gefällt mir auch wahnsinnig gut. Ist einfach ein Komponist, der mir sehr liegt :001:
 
...nein, das habe ich offensichtlich noch nicht ;-)
 
Blöde Frage vielleicht, aber: Wieso eigentlich ausgerechnet beim Schumannwettberwerb?

Es gibt Wettbewerbe wie den Chopin Wettbewerb in Warschau oder die Liszt Wettbewerbe in Utrecht und Parma, da werden tatsächlich nur Werke des Namensgebers gespielt. Andere Wettbewerbe sind zwar nach einem Komponisten benannt haben aber dennoch ein breiteres Repertoire.
 

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