Troubadix
Dorfpolizist
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Die Weihnachtszeit hat begonnen und was könnte da passender sein, als im Liszt-Jahr den Liebsten Heiligabend ein Stück dieses Ausnahmekomponisten vorzuspielen. Zum Glück hat Liszt uns für solche Anlässe auch den passenden Zyklus hinterlassen, den „Weihnachtsbaum“.
Liszt schrieb diese Suite für seine Enkelin Daniela von Bülow, der der Zyklus auch gewidmet ist. Den Großteil der kompositorischen Arbeit leistete er zwischen 1874 und 1876, revidierte sie aber in den folgenden Jahren noch einige Male. Zum ersten Mal erwähnte er den Zyklus 1874 in einem Brief an Carolyne Sayn-Wittgenstein, veröffentlicht wurden sie 1882 von Adolph Fürstner. Zum ersten Mal gespielt wurden sie Weihnachten ein Jahr vor der Veröffentlichung, am 24. Dezamber 1881, an Cosimas Geburtstag in Danielas Hotelzimmer.
Der Zyklus lässt sich in drei Abschnitte zu jeweils vier Stücken unterteilen. Der erste Abschnitt umfasst choralartige Bearbeitungen von Traditionellen Weihnachtsliedern. Sie tragen die Anmerkung „piano ossia armonium“ und werden auch als Orgelmusik aufgeführt. Das erste Stück „Psallite – Altes Weihnachtslied“ geht auf ein Chorwerk von Michael Praetorius (1571-1621) zurück. Die marschartige Einleitung und die Coda, die die Stimmung einer Prozession erzeugen, wurden von Liszt hinzugefügt. Das auf einem alten Weihnachtslied basierende „O heilge Nacht“ gibt es auch in einer Fassung für Chor und Orgel. In der heutigen Zeit wurde es durch „Stille Nacht“ abgelöst. Unter das Lied „Die Hirten an der Krippe“ legt Liszt eine geniale, pastorale Begleitung in der linken Hand. Das sehr bekannte Weihnachtslied „Adeste fideles“ wird von Liszt harmonisch dramatisiert und verlängert.
Der zweite Abschnitt stellt Weihnachten aus Kindersicht dar und beginnt mit einem Scherzo. Liszt zieht in diesem Presto den Schwierigkeitsgrad deutlich an, besonders durch tückische Doppelgriffpassagen in hohem Tempo. Beschrieben wird das Anzünden der Kerzen am Weihnachtsbaum. Anstrengend geht es auch mit „Carillon“, dem ersten von zwei Glockenspielstücken weiter. Auch hier müssen Doppelgriffe, teilweise Doppeltriller gemeistert werden. Das harmonisch sehr interessante „Schlummerlied“ besteht aus einer einfachen Melodie mit perlender Begleitung und Kreuzgriffen, bevor es sanft verklingt. Koordination und Differenzierung sind hier nicht gerade einfach. Im Achten Stück wurden zwei französische Volkslieder zu einem weiteren Scherzo vereint.
Die letzten vier Stücke zeigen die Erinnerungen einer reiferen Person und haben kaum etwas mit der Weihnachtszeit zu tun. Der Abschnitt beginnt mit dem Stück „Abendglocken“, in dem Liszt mit hübschen Effekten Glockenklänge und eine besinnliche Stimmung erzeugt. Humphrey Searle sieht in den drei folgenden Stücken einen direkten Zusammenhang zu Liszts Leben. So sieht er in der Leidenschaftlichkeit des Stücks „Ehemals“ die Erinnerung Liszts an das erste Zusammentreffen mit Carolyne Sayn-Wittgenstein. Das elfte Stück trägt den Namen „Ungarisch“ und soll ein Selbstporträt darstellen. Die ungestümen, marschartigen Klänge erinnern an die späten Ungarischen Rhapsodien und lassen auch schon an Bartók denken. Das letzte Stück dagegen trägt den Titel „Polnisch“ und ist eine sehr schöne Mazurka. Dieses Stück ist nach Searle ein Porträt von Carolyne Sayn-Wittgenstein, auch wenn es dafür keine direkten Beweise gibt. Was dagegen sprechen würde ist, dass das Stück „Ungarisch“ eine Widmung an Liszts Freund, den Komponisten Kornél Ábrányi trägt. Ebenso widerspricht der fröhlich extrovertierte Charakter der Mazurka eigentlich allem, was man sonst über den Charakter von Carolyne Sayn-Wittgenstein lesen kann.
Was den Schwierigkeitsgrad anbelangt, so darf man sich nicht täuschen lassen. Liszt nannte die Erstausgabe „12 Clavierstücke (zumeist leichter Spielart)“. Dies ist natürlich sehr dehnbar und mag auf die ersten vier Stücke noch „relativ“ zutreffen, danach sind die Stücke nur noch im Vergleich zu Liszts hoch virtuoser Klavierliteratur als „leicht“ zu bezeichnen. In den Stücken „Scherzoso“, „Carillon“ und den letzten drei Stücken verlangt Liszt einige unangenehme Sachen wie schnelle parallele Oktavläufe, Akkord-Tremoli, Doppeltriller und andere schwierige Doppelgriffpassagen. Die korrekte Differenzierung im „Schlummerlied“ macht ebenfalls Mühe. Sollte man also irgendwo lesen, es handle sich um 12 einfache Stücke, ist dies mit Vorsicht zu genießen. Zwar handelt es sich um eine Kinder-Suite für seine Enkelin, man muss aber bedenken, dass Daniela zur Entstehungszeit 14-16 Jahre alt war, bereits viele Jahre Klavierunterricht genossen hatte und als außerordentlich begabt Pianistin galt. Dennoch lohnt es sich, als ambitionierter Hobby-Pianist einen Blick auch in die höheren Nummern der Sammlung zu werfen zumal sie einen guten Einstieg in fortgeschrittenere lisztsche Techniken bieten. Worin sie wirklich leicht sind, ist ihre Zugänglichkeit, da sie alle trotz so mancher harmonischer Kühnheit leicht ins Ohr gehen und einfach schön anzuhören sind. Liszt hat auch eine Bearbeitung der Suite für vier Hände erstellt.
1. Psallite – Altes Weihnachtslied
2. O heilge Nacht!
3. Die Hirten an der Krippe
4. Adeste fideles
5. Scherzoso
6. Carillon
7. Schlummerlied
8. Altes provenzalisches Weihnachtslied
9. Abendglocken
10. Ehemals!
11. Ungarisch
12. Polnisch
Ich wünsche euch allen eine schöne Adventszeit!
Viele Grüße!
Sebastian
Liszt schrieb diese Suite für seine Enkelin Daniela von Bülow, der der Zyklus auch gewidmet ist. Den Großteil der kompositorischen Arbeit leistete er zwischen 1874 und 1876, revidierte sie aber in den folgenden Jahren noch einige Male. Zum ersten Mal erwähnte er den Zyklus 1874 in einem Brief an Carolyne Sayn-Wittgenstein, veröffentlicht wurden sie 1882 von Adolph Fürstner. Zum ersten Mal gespielt wurden sie Weihnachten ein Jahr vor der Veröffentlichung, am 24. Dezamber 1881, an Cosimas Geburtstag in Danielas Hotelzimmer.
Der Zyklus lässt sich in drei Abschnitte zu jeweils vier Stücken unterteilen. Der erste Abschnitt umfasst choralartige Bearbeitungen von Traditionellen Weihnachtsliedern. Sie tragen die Anmerkung „piano ossia armonium“ und werden auch als Orgelmusik aufgeführt. Das erste Stück „Psallite – Altes Weihnachtslied“ geht auf ein Chorwerk von Michael Praetorius (1571-1621) zurück. Die marschartige Einleitung und die Coda, die die Stimmung einer Prozession erzeugen, wurden von Liszt hinzugefügt. Das auf einem alten Weihnachtslied basierende „O heilge Nacht“ gibt es auch in einer Fassung für Chor und Orgel. In der heutigen Zeit wurde es durch „Stille Nacht“ abgelöst. Unter das Lied „Die Hirten an der Krippe“ legt Liszt eine geniale, pastorale Begleitung in der linken Hand. Das sehr bekannte Weihnachtslied „Adeste fideles“ wird von Liszt harmonisch dramatisiert und verlängert.
Der zweite Abschnitt stellt Weihnachten aus Kindersicht dar und beginnt mit einem Scherzo. Liszt zieht in diesem Presto den Schwierigkeitsgrad deutlich an, besonders durch tückische Doppelgriffpassagen in hohem Tempo. Beschrieben wird das Anzünden der Kerzen am Weihnachtsbaum. Anstrengend geht es auch mit „Carillon“, dem ersten von zwei Glockenspielstücken weiter. Auch hier müssen Doppelgriffe, teilweise Doppeltriller gemeistert werden. Das harmonisch sehr interessante „Schlummerlied“ besteht aus einer einfachen Melodie mit perlender Begleitung und Kreuzgriffen, bevor es sanft verklingt. Koordination und Differenzierung sind hier nicht gerade einfach. Im Achten Stück wurden zwei französische Volkslieder zu einem weiteren Scherzo vereint.
Die letzten vier Stücke zeigen die Erinnerungen einer reiferen Person und haben kaum etwas mit der Weihnachtszeit zu tun. Der Abschnitt beginnt mit dem Stück „Abendglocken“, in dem Liszt mit hübschen Effekten Glockenklänge und eine besinnliche Stimmung erzeugt. Humphrey Searle sieht in den drei folgenden Stücken einen direkten Zusammenhang zu Liszts Leben. So sieht er in der Leidenschaftlichkeit des Stücks „Ehemals“ die Erinnerung Liszts an das erste Zusammentreffen mit Carolyne Sayn-Wittgenstein. Das elfte Stück trägt den Namen „Ungarisch“ und soll ein Selbstporträt darstellen. Die ungestümen, marschartigen Klänge erinnern an die späten Ungarischen Rhapsodien und lassen auch schon an Bartók denken. Das letzte Stück dagegen trägt den Titel „Polnisch“ und ist eine sehr schöne Mazurka. Dieses Stück ist nach Searle ein Porträt von Carolyne Sayn-Wittgenstein, auch wenn es dafür keine direkten Beweise gibt. Was dagegen sprechen würde ist, dass das Stück „Ungarisch“ eine Widmung an Liszts Freund, den Komponisten Kornél Ábrányi trägt. Ebenso widerspricht der fröhlich extrovertierte Charakter der Mazurka eigentlich allem, was man sonst über den Charakter von Carolyne Sayn-Wittgenstein lesen kann.
Was den Schwierigkeitsgrad anbelangt, so darf man sich nicht täuschen lassen. Liszt nannte die Erstausgabe „12 Clavierstücke (zumeist leichter Spielart)“. Dies ist natürlich sehr dehnbar und mag auf die ersten vier Stücke noch „relativ“ zutreffen, danach sind die Stücke nur noch im Vergleich zu Liszts hoch virtuoser Klavierliteratur als „leicht“ zu bezeichnen. In den Stücken „Scherzoso“, „Carillon“ und den letzten drei Stücken verlangt Liszt einige unangenehme Sachen wie schnelle parallele Oktavläufe, Akkord-Tremoli, Doppeltriller und andere schwierige Doppelgriffpassagen. Die korrekte Differenzierung im „Schlummerlied“ macht ebenfalls Mühe. Sollte man also irgendwo lesen, es handle sich um 12 einfache Stücke, ist dies mit Vorsicht zu genießen. Zwar handelt es sich um eine Kinder-Suite für seine Enkelin, man muss aber bedenken, dass Daniela zur Entstehungszeit 14-16 Jahre alt war, bereits viele Jahre Klavierunterricht genossen hatte und als außerordentlich begabt Pianistin galt. Dennoch lohnt es sich, als ambitionierter Hobby-Pianist einen Blick auch in die höheren Nummern der Sammlung zu werfen zumal sie einen guten Einstieg in fortgeschrittenere lisztsche Techniken bieten. Worin sie wirklich leicht sind, ist ihre Zugänglichkeit, da sie alle trotz so mancher harmonischer Kühnheit leicht ins Ohr gehen und einfach schön anzuhören sind. Liszt hat auch eine Bearbeitung der Suite für vier Hände erstellt.
1. Psallite – Altes Weihnachtslied
2. O heilge Nacht!
3. Die Hirten an der Krippe
4. Adeste fideles
5. Scherzoso
6. Carillon
7. Schlummerlied
8. Altes provenzalisches Weihnachtslied
9. Abendglocken
10. Ehemals!
11. Ungarisch
12. Polnisch
Ich wünsche euch allen eine schöne Adventszeit!
Viele Grüße!
Sebastian