ruhige Gesang(...) wundervoll schlicht.
Lieber kreisleriana,
vielen Dank für diese schöne Einspielung! Es ist wie immer eine große Freude, dir zuzuhören und du verstehst es, klanglich sehr differenziert zu spielen - die Melodie z.B. klingt wundervoll warm und sehr gesanglich.
Gerade weil ich diese Einspielung auf hohem Niveau schön finde, juckt es mich doch in den Fingern, auch ein paar kritische Worte zu sagen in der Hoffnung, dass sie als Kompliment verstanden werden. Es ist selbstverständlich eine Sache der individuellen Sicht auf das Stück und insofern auch Geschmackssache.
Da du aber schreibst "ruhiger Gesang" und "wundervoll schlicht", könnte es sein, dass wir eine ähnliche Klangvorstellung haben. Mir ist es nämlich nicht schlicht genug. :D Aus meiner Sicht machst du sehr großzügige rubati, manchmal verliere ich fast den Puls der Melodie. Die begleitenden Sechzehntel sind mir persönlich zu unruhig - es passiert oft, dass du die erste Sechzehntel dehnst und die nächsten beschleunigst etc..
Nun kann man den Standpunkt vertreten, dass es ja Liszt ist und das Stück diese rubati verträgt. Ich meine aber, dass das Stück das nicht nötig hat. Muss man nicht vom Original ausgehen, das in einer unsagbaren Ruhe und Schlichtheit die Melodie leuchten lässt? Ist in der Bearbeitung nicht allein die klangliche Erweiterung ausreichend ( Erweiterung des Klangraums...) und benötigt keine zusätzliche Agogik in dem Maße? Wäre nicht weniger mehr? Und würden nicht dann die Phrasen so klar und zwingend strukturiert sein, dass große Bögen entstehen, während ich im Moment noch das Gefühl habe, dass Details zuviel herausgearbeitet werden zu Lasten dieser Schlichtheit (manchmal können auch technische Dinge dafür verantwortlich sein)? Auch agogische Angaben des Komponisten würden dann besser herauskommen.
Ich hoffe sehr, dass diese Worte eher als ein Anstoß zur Auseinandersetzung aufgefasst werden und natürlich eine persönliche Sicht darstellen.
Liebe Grüße
chiarina