Leise spielen mit vollem Klang

Dann hat also Gould eine schlechte Handhaltung?

Gould ist für mich in mehrerer Hinsicht ein Extremling. Sowohl was sein Spiel angeht, und erst recht was seine Körperhaltung incl. Handhaltung, und Sitzposition angeht. Wer mag, kann ihn ja bzgl. Körperhaltung zum Vorbild nehmen. Ich tue es nicht.

Bzgl. Handhaltung ist es doch so: man kann in niemand reinkriechen, um zu erkennen, ob man völlig entspannt oder verkrampft ist. Aber man sieht Indizien. Solche Profis wie Gould spielen selbstverständlich nicht verkrampft, sonst würden sie nicht so toll spielen können, auch wenn sie die Hand gerade halten, wird sie trotzdem entspannt sein. Auch in der Sequenz von Gould sieht man ja, wie er die Hand bewegt und nicht starr hält.
Ich höre nur eben ziemlich oft Musik, die sich verkrampft anhört, und wenn ich mir die Handhaltung ansehe, sieht das dann genauso verkrampft aus. Wenn man den Arm hochnimmt, und die Hand hängt runter, dann ist die Wahrscheinlichkeit schon sehr hoch, dass die Hand nicht verkrampft ist.

Aber ich werde mich hier bzgl. Handhaltung nicht weiter äußern, die Sache sollte wohl ausreichend klar beschrieben sein.

Viel interessanter fände ich Ideen und Tips bzgl. der Königsdisziplin: "staccato+leise+schnell" spielen. Meine alte Klavierlehererin gab mir bzgl. Staccato-Spiel mit auf den Weg, ich soll so spielen, als ob die Tasten eine heiße Herdplatte wären. Ich finde, solche Analogien helfen - vielleicht gibt es noch andere Tips.
 
Gould ist für mich in mehrerer Hinsicht ein Extremling. Sowohl was sein Spiel angeht, und erst recht was seine Körperhaltung incl. Handhaltung, und Sitzposition angeht. Wer mag, kann ihn ja bzgl. Körperhaltung zum Vorbild nehmen. Ich tue es nicht.

Ich bisher auch nicht :)

Aber ich hatte heute einen Aha-Effekt. Ich bewege meine Handgelenke beim Spielen sehr viel (anscheinend eine unbewußte Nachwirkung meines Unterrichts vor 30 Jahren...) - heute hab ich mal versucht, bewußt mit ruhigem Handgelenk zu spielen... es klappt überraschenderweise viel besser...
 
Kann doch nicht halten und muß meinen Senf weiter dazugeben. Zum einen ist es mir bei den Videos von Haydnspaß auch wohltuend aufgefallen, dass das Handgelenk offenkundig sehr entspannt ist und sich viel bewegt. Bei mir sieht es, so meine ich, ziemlich ähnlich aus. Bin auch früher auf starke Handgelenkbewegungen gedrillt worden. Als ich klein war, hatte mir meine Klavierlehrerin oft das Handgelenk gehalten und beim Spiel entsprechend ihren Vorstellungen bewegt.
Das interessante ist, dass ich jetzt auch zumindest beim Orgelspiel anfange, die Hand ruhiger zu halten, weil beim Orgelspiel die Artikulation das entscheidende Gestaltungsmittel ist, und die wird am besten aus den Fingern heraus gemacht. Beim Orgelspiel gibt es normalerweise keine großen Handgelenkbewegungen, wer wie ich vom Klavierspiel kommt, muss sich umgewöhnen.

Ob es allerdings beim Klavierspiel besser ist, das Handgelenk ruhiger zu halten, als die Bewegungen mitzumachen? Ich neige nach wie vor eher zu letzerem.
 
Was schnelles und leises staccato-Spiel angeht:
Ich lerne dann zuerst die Stelle im schnellen Tempo legato zu spielen. Das hat den Sinn, dass man bei sehr schnellem staccato die Hand nicht so hüpfen lassen kann, wie bei entsprechend langsamerem staccato. Stattdessen muss der Anschlag aus den Fingern kommen. Ich glaube bei mir entspricht dann die Bewegung der Hand und des Handgelenks bei schnellem staccato derjenigen des legato.
Meine KL nennt das dann "zupfen" :)

Ist natürlich nur meine persönliche Erfahrung, aber mir hats geholfen.

marcus
 
Ich versuche einen Chopin Walzer zu spielen, was inzwischen gut klappt! Ha! Wer hätte das gedacht noch vor kurzem. Tolle Musik, aber schwer, finde ich.
Dann eine von den leichteren Mozart Sonaten. Und viel Technik, das mache ich aber gerne. Und es ist effektiv. Man muss ja erstmal das Handwerkszeug haben, um gestalten zu können.
Ich hab dieses Jahr Mitte Januar angefangen.

@violapiano: Na, das ist ja allerhand! Du spielst seit Januar und schon solche Stücke. Respekt! Kleines Wunderkind ;-)
 
Was schnelles und leises staccato-Spiel angeht:
Ich lerne dann zuerst die Stelle im schnellen Tempo legato zu spielen. Das hat den Sinn, dass man bei sehr schnellem staccato die Hand nicht so hüpfen lassen kann, wie bei entsprechend langsamerem staccato. Stattdessen muss der Anschlag aus den Fingern kommen. Ich glaube bei mir entspricht dann die Bewegung der Hand und des Handgelenks bei schnellem staccato derjenigen des legato.
Meine KL nennt das dann "zupfen" :)

Ist natürlich nur meine persönliche Erfahrung, aber mir hats geholfen.

marcus

Marcus, ich denke, du bist mit deiner Lehrerin sehr gut beraten!
 
wieder zurück,

hallo, war ein paar Tage offline, aber nun bin ich wieder da.

@sesam:
Wunderkind, nein, ich bin schon groß! :D Ich habe ja musikalische Vorbildung, des merkt man schon. In sofern bin ich ja auch kein totaler Anfänger....
Gut ist auch noch anders, als das was ich mache.;)

@ marcus, haydnspaß:
Zupfen, genau! Das sagt meine KL auch. im schnellen Tempo kommts aus den Fingern. Dann hab ich also auch ne gute KL!:cool:

Und in den nächsten Tagen wird wieder in die Tasten gehauen!:keyboard:

LG
violapiano
 
Hier muss ich noch mal nachhaken, auch wenn der Thread uralt ist. Das mit niedriger Geschwindigkeit beim Anschlag fürs pianissimo Spiel und schnellem Spiel erscheint mir ein Widerspruch in sich.

Wie kann ich eine Passage / Läufe schnell spielen (z. B. 16tel Läufe im Allegro) und trotzdem leise, d. h. mit niedriger Anschlagsgeschwindigkeit?

Bitte um genaue Erklärung!
 
Die schnelle oder langsame Abfolge der Töne ist ist nicht das Entscheidende.
Es kommt darauf an, den einzelnen Ton mit der entsprechenden Hammergeschwindigkeit zu beeinflussen.
 
Schnelle Tonfolge = kurze zeitliche Abstände zwischen den jeweiligen Hammerauslösungen.

Es dürfte jedem nach kurzem Durchdenken einleuchten, dass dies unabhängig davon ist, mit was für einer Geschwindigkeit die Hammerauslösungen erfolgen, sprich, wie laut die ausgelösten Töne sind.

Der Gedanke, wie ihn Liszt & Tücke äußert, dass es da irgendeine Schwierigkeit gäbe, kann nur aufkommen, wenn man den Glaubenssatz hat, dass ein Finger quasi erstmal mit "seiner Aktion fertig sein" müsse, bevor der nächste Finger was tut (dieser Glaubenssatz kann insbesondere dann aufkommen, wenn man im Anfängerunterricht Falsches gelernt hat, z.B., dass man Töne "aus den Fingern" spielen und die Finger wie Hämmerchen benutzen soll, die vor dem Anschlag gehoben werden sollen...). Das ist jedoch nicht so; vielmehr verläuft gewissermaßen durch den Bewegungsapparat eine "Welle".

Zum Leisespielen schneller Tonfolgen muss diese Welle eine sehr kleine Amplitude haben und sich um den Auslösepunkt der Tasten herum bewegen, sprich, weder "mit Druck auf den Tastenboden aufditschen" noch zu weit oben sein (was unzuverlässiges Auslöseverhalten zur Folge hätte). Auch muss man sich von irgendwelchen Legato-Vorstellungen lösen.

LG,
Hasenbein
 
Im übrigen ist es verhältnismäßig einfach, sehr schnell und leise zu spielen. Sehr schnell und laut ist weitaus schwieriger, vor allem, wenn sowas über eine längere Strecke gefordert ist. Chopins op. 10/1 ist im Piano nicht allzu schwierig, im vorgeschriebenen Forte sieht das schon anders aus.
 

@hasenbein
Meine Lehrerin hat früher immer was von “aktiven Fingern“ gesagt... Meinst du das mit der falschen Vorstellung der Finger als Hämmer?
Und meinst du mit dem richtigen Leisespiel, dass sich die Finger zwar schnell auf die Taste zubewegen, aber so wenig Kraft haben, dass sie gerade nur so viel Druck auf die Taste ausüben, um sich so gerade eben bis kurz unter den Auslösepunkt zu bewegen?

Es kann auch sein, dass es bei mir ein Stückweit am Instrument liegt. Habe ein Yamaha C 108, sehr hart und durchdringend im Klang. Komme da maximal bis zum mezzopiano in der mittleren Lage, an pp oder gar ppp ist gar nicht zu denken. Wobei das ja auch immer relativ ist und das Klavier von Haus aus eine erhöhte “Grundlautstärke“ hat.

@mick
Diese Erfahrung kann ich nicht bestätigen, laut und schnell zu spielen fällt mir ziemlich leicht.
 
Mir völlig latte, was irgendein “Experte“ meint.... solange es bei mir funktioniert, lass ich mich da nicht in die Matrix ziehen und mir einen Limiting Belief einpflanzen. War ja auch nicht mein Thema, wie gesagt. Dazu fällt mir das schöne Zitat mit der Hummel ein:

Die Hummel hat 0,7 cm² Flügelfläche und wiegt 1,2 Gramm. Nach den Gesetzen der Aerodynamik ist es unmöglich, bei diesem Verhältnis zu fliegen.
Die Hummel weiß das nicht und fliegt trotzdem.
 
Ach so, und ich vergaß: Was außerdem auch noch entscheidend ist, ist, dass man den Gegendruck der Tasten von unten (eine gedrückte Taste möchte ja in ihre Ausgangsstellung zurückkehren) beim Leisespielen besonders gut spüren und nutzen kann und auch spüren und nutzen SOLLTE/MUSS.

Gerade dieses "Mit-der-Taste-Zusammenarbeiten" fehlt bei vielen unerfahrenen oder falsch ausgebildeten Spielern.
 
Kannst du das genauer erklären, inwiefern man mit dem Gegendruck der Taste arbeiten sollte?
 
Es kann auch sein, dass es bei mir ein Stückweit am Instrument liegt. Habe ein Yamaha C 108, sehr hart und durchdringend im Klang. Komme da maximal bis zum mezzopiano in der mittleren Lage, an pp oder gar ppp ist gar nicht zu denken. Wobei das ja auch immer relativ ist und das Klavier von Haus aus eine erhöhte “Grundlautstärke“ hat.
Verfügt es über einen Moderator?
 
Da bei Klavieren der Moderator ja einfach ein Filztuch ist, das zwischen Hammer und Saiten bei Bedarf gehängt wird (so ist es zumindest beim Klavier,das ich kenne), würde es das relativ leise Spielen behindern. Denn mit zuwenig aufgebrachter Energie, schafft es der Hammer nicht die Saiten in Schwingung zu bringen.

Also wer leise spielen lernen will, muss den Moderator ausmachen.
 
Die Hummel hat 0,7 cm² Flügelfläche und wiegt 1,2 Gramm. Nach den Gesetzen der Aerodynamik ist es unmöglich, bei diesem Verhältnis zu fliegen.
Die Hummel weiß das nicht und fliegt trotzdem.

Kleine Anmerkung:
"... Damit unterscheiden sich die Formen des Strömungsfelds um die Flügel erheblich. Theorien hierzu wurden bereits in den 1930er Jahren entwickelt. Dabei spielten insbesondere Wirbel eine entscheidende Rolle. Der experimentelle Nachweis dazu wurde im Jahr 1996 erbracht, als Charles Ellington von der Universität Cambridge Versuche zum Insektenflug vornahm: Durch den Flügelschlag werden Wirbel erzeugt, die der Hummel den nötigen dynamischen Auftrieb verschaffen.
..."
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Hummel-Paradoxon

Also der Spruch ist seit 20 Jahren definitiv falsch, davor war er auch eher zweifelhaft.

Die Hummel weiß es trotzdem nicht. Ist auch besser so. Wenn alle Leute spontan Herzversagen hätten, die nicht wissen, wie ein Muskel funktioniert ...

Grüße
Häretiker
 
Da bei Klavieren der Moderator ja einfach ein Filztuch ist, das zwischen Hammer und Saiten bei Bedarf gehängt wird (so ist es zumindest beim Klavier,das ich kenne), würde es das relativ leise Spielen behindern. Denn mit zuwenig aufgebrachter Energie, schafft es der Hammer nicht die Saiten in Schwingung zu bringen.
Deshalb verändert man bei solchen Klavieren die Auslösung, damit es mit Filztuch dazwischen noch spielbar ist.
[quoteAlso wer leise spielen lernen will, muss den Moderator ausmachen.[/QUOTE]
Und die Konsequenz daraus: Wenn man es wegnimmt, gibt es kein Pianissimo mehr.
 

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