Vielleicht sollte ich noch stärker nachfragen, wie etwas geübt wird. Ich bilde mir ein, das schon zu tun, aber vielleicht sollte ich noch nachdrücklicher herausstellen, wie essentiell das "wie" ist.
Liebe Blüte,
gesetzt den Fall, du hast in der Stunde zusammen mit dem Schüler eine klangliche Verbesserung erzielt. Dann sollte diese Verbesserung als Impuls dienen, mit dem der Schüler während seiner Übezeit arbeiten und auf der er aufbauen kann.
Wenn das in der nächsten Stunde nicht hörbar ist, muss man aus meiner Sicht den Schüler nicht nur fragen, sondern ihn tatsächlich "vor Ort" üben lassen, so dass du einen direkten Einblick in seine Übestrategien und seine Kunstfertigkeit darin bekommst. So oft ist es ein ganz kleines Schräubchen, an dem man drehen muss, sei es, dass der Schüler Schritte überspringt, die momentan noch für ihn wichtig sind, sei es, dass seine Wahrnehmung in einigen Punkten nicht ausreicht u.v.a.m.. Du lernst den Schüler dadurch auch besser kennen in seiner Arbeitsweise und kannst direkt an wunden Punkten oder ungünstigen Angewohnheiten ansetzen.
Dazu passt ein anderer für mich wichtiger Punkt:
hier mal eine Replik aus Sicht eines Betroffenen.
Ja, bitte! Verstehen und Umsetzen sind zwei Paar Schuhe. Wenn es nicht sofort gelingt, kann es durchaus an mangelnder Motorik liegen. Dann sollte man dem Schüler Tipps mitgeben und ihm bis zur nächsten Stunde Zeit lassen, das zu üben. Mich frustriert es, wenn meine KL sofort ein für sie hörbares Ergebnis erwartet, während ich ihre Vorstellung zwar durchaus verstanden habe, aber es nicht wie gewünscht hinbekomme.
Lieber dilettant,
du scheinst tatsächlich betroffen zu sein!
Ich verstehe deine Frustration sehr gut und meine, dass das nicht sein muss. Für mich ist im Unterricht nicht entscheidend und in der Regel auch gar nicht möglich, dass das gesamte Ergebnis besser klingt nach der gemeinsamen Arbeit, sondern eher einzelne Aspekte.
Rückblickend kritisiere ich an meiner Studienzeit, dass viel zuviel auf einmal beachtet werden sollte. Hier noch ein crescendo, da die klangliche Balance, dort bitte eine Zäsur, alles gleich im Tempo und bitte schön entspannt.
Was tut man da als Schüler? Man verkrampft erst recht, versucht, alles, was der Lehrer sagt, umzusetzen, hört dabei sich selbst nicht mehr richtig zu und achtet nicht mehr auf seinen Körper.
Gerhard Mantel hat aus meiner Sicht sehr recht mit dem "Prinzip der rotierenden Aufmerksamkeit": seine Aufmerksamkeit wie einen Scheinwerfer immer nur auf einen musikalischen, klanglichen, technischen Aspekt richten. Dann bleibt noch Raum für Hören und Fühlen.
Das bedeutet, dass es ausreichen muss, wenn im Unterricht der wesentliche Punkt verstanden und umgesetzt wurde. Das wiederum ist aber unerlässlich, denn nur der bessere Klang zeigt den Weg in die richtige Richtung und zeigt, ob ein Problem gelöst wurde.
Das bedeutet aber nicht, dass auch die gesamte Stelle o.ä. sofort besser klingen muss, denn dafür braucht der Schüler dann Zeit, das sehe ich wie du.
Für den Schüler von Blüte (Nocturne) könnte das bedeuten, dass er sich nicht zuviel vornehmen darf, sondern sich Zeit lässt, gerade diesen komplexen Satz schrittweise aufzubauen. Und lernt, durch kluge Übestrategien (Reduktion, Tempoänderung ....) wirklich IMMER klanglich sehr differenziert und klar zu spielen!
Ich hoffe, es nervt nicht, dass ich noch mal auf diese allgemeinen Dinge zu sprechen kam. Jetzt wird's (allmählich) konkreter.
Schüler hat das Stück geübt, spielt es recht ordentlich, hat sich Gedanken darüber gemacht, ist musikalisch. Aber die Melodie kommt nicht raus. Ich merke, dass er innerlich sie hört und verfolgt, leider ist sie aber p und die Mittelstimme f...
Das heißt, es liegt kein Problem in der Klangvorstellung, sondern ein technisches Problem vor.
Auch da habe ich bei vielen auch sehr fortgeschrittenen Schülern festgestellt, dass manche Basics einfach nicht da sind und man als Lehrer ein paar Stunden oder mehr in diese Grundlagen investieren muss.
Das aus meiner Sicht größte technische Problem ist dabei ein ungenügendes Wissen und Können darüber, wie man den Arm beim Klavierspielen einsetzt. Und ein sehr flexibler Arm ist nun mal auch bei diesem Nocturne für die Klangbalance entscheidend.
Manchmal ist so ein Nocturne eben zu schwer, wenn man solche Basics noch nicht beherrscht (s.
@rolf) und da muss man dann anders ansetzen, wenn die Transparenz partout nicht klappen will.
Hurra, jetzt wird's endlich total konkret!
Tipps:
1. rolf hat mal das schöne Zitat von Margulis gebracht: suche im forte das piano, suche im piano das forte.
Das macht sehr deutlich, wie sehr man in unterschiedlichen Lautstärken auch denken muss. Viele Schüler lassen sich durch ein geschriebenes piano, pp oder forte zu sehr einengen und werden eindimensional.
2. Blind üben: die Wahrnehmung schulen für "wie klingt es, wie fühlt es sich an".
3. beim Nocturne viel stimmenweise üben: Bässe und Melodie, dann links komplett mit Melodie, alles ohne Melodie etc. In Bezug auf Punkt 1 grob vereinfacht Bässe etwa piano/mp, Melodie forte, innenliegende Stimmen links/rechts ppp
4. rechte Hand lässt bei Melodietönen die entsprechenden Akkorde weg. Das funktioniert auch, wenn alles gespielt wird und nicht nur rechts.
5. Dazu Übungen erfinden mit Melodie und Akkordrepetitionen in einer Hand.
Entscheidend dabei ist, nach dem forte-Anschlag der Melodie mit dem Arm (Armbewegung aus Rücken/Schulter nach vorn)
Hand und Arm sofort wieder leicht zu machen!
Dein Schüler macht technisch ja irgend etwas falsch und es fragt sich, was. Eine Möglichkeit wäre, dass er Hand und Arm zu schwer lässt, weil er ja oben laut spielen möchte und dann dummerweise die vielen Begleittöne zu laut spielt. Dann hat der arme einzelne Melodieton oben keine Chance mehr.
In dem Fall könnte helfen, sich z.B. aus Takt 49 eine Übung zu machen, also den Melodieton forte anzuschlagen mit einem deutlichen Armschwung nach vorne. Dann warten und Hand und Arm so leicht wie möglich machen, erst dann ganz leise ppp-Akkordrepetitionen dazu spielen. Das bei vielen anderen Stellen ebenso machen. Später weniger warten bzw. gleichzeitig spielen.
In dem Fall wäre also die mangelnde blitzschnelle Entspannung und Flexibilität das Problem und müsste geübt werden.
6. Sehr wichtig ist auch die Hand-/Armstellung! Ich gehe da deutlich weiter als
@Stephan, der vielleicht aber dasselbe meint. Manche Schüler haben bei vollgriffigen Sätzen eine Tendenz, Hand und Arm in Richtung Daumen auszurichten. Das ist hier und auch anderswo aber fatal und sorgt dafür, dass die Hand Richtung Daumen eben zu schwer und zu laut wird.
Wichtig ist es hingegen, den 5. Finger als Melodiegeber mit dem Arm zu unterstützen! Dann blitzschnell leicht machen und den Arm ein bisschen in Richtung Akkorde bewegen, den nächsten Melodieton wieder mit dem Arm vorbereiten. Der Arm gibt also Impulse nach vorn (Melodie), pendelt flexibel und frei schwingend hin und her, um den unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden (Melodie, schnelle, sehr leise Akkordrepetitionen) und vibriert noch wegen der Repetitionen sacht und anstrengungslos.
7. Bei den Repetitionen könnte ein weiteres technisches Problem vorliegen: vielleicht wird der Schüler starr und dann kann man nicht mehr leise spielen.
Auch zu diesem möglichen technischen Problem kann man eigene Übungen erfinden. Wichtig ist, dass bei Repetitionen der Arm immer in einer Art Wellenbewegung ist, die man im Endtempo kaum sieht.
8. Sehr wichtig bei jeder Art von verschiedenen Lautstärken in einer Hand ist die Empfindung für den Auftrieb und Tiefgang der Taste! Wenn wir verschiedene Lautstärken in einer Hand spielen, spielen wir immer auf verschiedenen Tastenniveaus. Den Weg der Taste von oben bis unten sollte man auskosten und ausnutzen.
Vergleichbar sind Beispiele oder Metaphern wie "Standbein-Spielbein" (du hattest ja auch schon das Skifahren erwähnt), oder eine Waage/Wippe mit verschiedenen Gewichten, Vergleiche mit einer dicken Matratze, in die man unterschiedlich einsinkt, ich hatte auch schon mal "Schlauchboot-U-boot".
Auch hier könnte eine mangelnde Wahrnehmung beim Schüler vorliegen. Feuchtwanger-Übungen können helfen.
Leider wieder ein langer Beitrag, aber solche Dinge sind oft sehr komplex.
Liebe Grüße
chiarina