Also da ich gerade eine ganz schreckliche Haydnsonate zum davonlaufen spiele, habe ich mir recht viele Gedanken zum Thema Läufe gemacht.
1.) Die gesamte Körperhaltung ist unheimlich wichtig. Mir hilft es: Aufrecht und gerade am Klavier sitzen mit einer gesunden Körperspannung. Die Arme locker herabhängen (ich nenne das für mich immer "Armleuchtergefühl") lassen, und aufpassen, dass der Unterarm und das Handgelenk wirklich in jeder Achse (auch in der Rotationsachse des Ellbogengelenkes! Das ist unheimlich wichtig!) locker sind.
2.) Wie soll es denn klingen? Ist dir klar wie "die Laufstelle" rhytmisch, agogisch und dynamisch präzise klingen soll? Falls nicht, versuche dir erstmal das vorzustellen. Teile den Lauf in musikalisch sinnvolle Abschnitte ein. Überleg, auf welche Noten du "hinspielen" würdest, und wo sich der Lauf eher entspannt. Überleg, an welchen Stellen du kurz "absetzen" könntest und würdest, sprich wie die Phrasierung ist. Und überleg dir dementsprechend eine passende Dynamik.
3.) Nun hilft es mir, den Lauf sehr langsam so schön wie möglich zu spielen unter Beachtung aller Punkte die du dir unter 2 überlegt hast. Hierbei das Gefühl haben, dass die Finger "der Pinsel" sind, welcher vom Rest des Armes geführt werden. Probiere ruhig aktiv verschiedene Armbewegungen aus, bis du die gefunden hast, bei welcher der Lauf am unkompliziertesten ist und am schönsten klingt. Auch hier sind die absolute Grundlockerheit der Armgelenke und des Handgelenkes, sowie eine gute Körperspannung und ein aufrechtes Sitzen wichtig.
4.) Ich weiß, hier scheiden sich die Geister, aber mir hilft es ausgesprochen: Spiel den Lauf langsam mit einem möglichst perlenden non-legato und denke hierbei bewusst, dass du die Finger (nur die Finger, der Rest der Hand und des Körpers bleibt in normaler Konfiguration) "weg/hochziehst". Wichtig ist auch hier, dass sich nichts verkrampft oder wehtut.
5.) Nun kann man 3 und 4 in schnellerem Tempo probieren. Wenn sich irgendetwas verkrampft (und das ist nach meiner Erfahrung eines der drei Hauptprobleme bei Läufen), mach es wieder in einem etwas langsameren Tempo, in dem es angenehm wird. Du wirst sehen, dass das angenehme Tempo dann immer schneller wird.
6.) Tipp zu "unregelmäßigen" Fingern: Häufig sind es einige Finger (Ringfinger, Kleiner Finger, Daumen) die, wenn sie auch noch in einer unbequemen Position spielen sollen, Unregelmäßigkeiten generieren (das ist das zweite der Hauptprobleme). Meist denkt man automatisch - ohne genauer hinzuhören-, dass diese Unregelmäßigkeiten dynamischer Natur sind. Aber das stimmt nicht unbedingt! Häufig wird der "unbequme Finger" einfach etwas länger auf der Taste gelassen als die anderen Finger. Hier hilft es, den Finger "bewusst" von der Taste zu nehmen, was sich vor allem beim Daumen (manchmal) ungewohnt anfühlt. Gerade beim Daumen hilft es auch den Ton, wie auch bei anderen Fingern, aus dem "fingernagelseitigen" (keine Ahnung wie man das sonst beschreiben soll
) Gelenk zu spielen, und nicht nur aus dem "Daumengelenk".
7.) Und nun zum letzten der Hauptprobleme: Der Beginn von Läufen. Auch wenn man Läufe sinnvoll geübt hat, fällt es manchmal schwer, gerade wenn sie überraschend oder unbequem beginnen, direkt im Kontext des Stückes die Läufe so gut zu spielen wie man es eigentlich kann. Hier hilft es vor allem nicht in Panik zu verfallen, die Grundlockerheit zu bewahren, und beim Üben der Laufstelle den "Beginn" mitzunehmen. Allgemein empfehle ich NIEMALS Taktweise zu üben, sondern immer in ganzen, musikalisch sinnvollen Abschnitten.
8.) Manchmal ist auch eine generelle "Grundschwächlichkeit" der Fingermuskulatur ein Problem. Dann hilft es den Lauf möglichst laut zu spielen, aber das sollte man wirklich nur homöopathisch betreiben. Die zuvor schon empfohlenen Rhythmisierungen und Betonungen kann ich auch empfehlen, aber sind nach meiner Erfahrung auch eher homöopathisch anzuwenden. Eine weitere gute Übung für Läufe im allgemeinen ist natürlich das Tonleiterspiel. Hierbei kann man auch durchaus kreativ sein: Es ist z.B. hilfreich Tonleitern mit "anderen" Fingersätzen zu spielen, z.B. As-Dur im C-Dur Fingersatz. Außerdem ist das Spiel anderer Skalen auch eine gute Übung. Z.B. irgendwelche Kirchentonarten, so Messiaen-Modi, Blues-Tonleiter, irgendwas anderes, ...
Das sind meine Erfahrungen und sind somit wie immer mit einem "Meine-Meinung-Disclaimer" versehen. Für Anreize und Hinweise bin ich natürlich auch dankbar...
Alles Liebe und viel Erfolg,
Daniel
Anmerkung zu 1) Die Lockerheit in der Rotationsachse des Ellbogengelenks ist wirklich ausgesprochen wichtig. Am besten lockert man sie immer wieder zwischendurch, indem man "lockere Rollbewegungen macht, als ob man gemütlich Oktavtremoli spielt". Irgendwann bleibt es dann dort locker
.
P.S. Das klingt nun vielleicht dumm, aber es hilft: Lächle beim spielen und versetze dich in eine gute Stimmung
.
P.P.S. Und natürlich immer gut zuhören! Das Gehirn bügelt dann mit der Zeit Unregelmäßigkeiten von ganz allein aus, und das Hörtempo steigert sich auch mit der Zeit