Mensch ihr wisst ja alle soviel über die chinesischen Lernmethoden und den Drill, der dort ausgeübt wird... wart ihr schon alle mal vor Ort und habt Euch die Lernmethoden wirklich angeschaut und versucht zu begreifen?
Ich war auch lange "gegen" diese "Methoden" - ohne sie genau zu kennen! Dann habe ich darüber geforscht und: oh Wunder, dahinter steckt sehr viel mehr als das, was der gemeine Europäer dahinter meint vermuten zu müssen. Leute, ihr habt einfach keine Ahnung. Ein wenig Lektüre und ihr würdet nicht so einen Quatsch über die "bösen" Drill-Methoden schreiben. Rolf hat ganz recht: kein Kind lässt sich gegen seinen Willen sehr lange in irgend eine Richtung zwingen. Was machen denn die anderen Babys aus China, Japan und Korea, die es NICHT schaffen bei Youtube in ihren Windeln eine Mozart-Sonatine zu spielen?!? Bringen die sich jetzt alle um? Nein! Natürlich nicht.
Ich empfehle allen Gegner der asiatischen Drill-Methoden dieses Buch:
Erziehung ist Liebe - von Suzuki
eigentlich auch mal eine Empfehlung hier
für den Shop!!
Es ist eine kurzweilige Lektüre, die die Augen öffnet und das ein oder andere Vorurteil aus dem Weg räumt. Jeder, der dieses Buch NICHT liest, will an seinem Vorurteil festhalten.
zum Komponieren:
Seitdem es dafür Gelder gibt fängt dieser Bereich an zu boomen, nicht immer aus Überzeugung im übrigen, denn die vorherrschende Meinung in unserer Gesellschaft ist, das Kinder das noch nicht können. Eine Kompositionspädagogik ist nach meinem Wissen weder entwickelt noch wird sie an Hochschulen erarbeitet. Erste Bemühungen sind allerdings schon zu bemerken. In diesem Jahr war ich in Osnabrück auf einen Symposium für Kompositionspädagogik mit sehr vielen Vorträgen und: Hörbeispielen! Drei Tage lang wurde über Kinderkomposition und die Vermittlung von Kompositionstechniken gesprochen - und über Kompositionsdidaktik, Kompositionspädagoigik. Leider waren fast alle einhellig der Meinung, dass man die Kinder und Jugendliche an Kompositionstechniken des 20. Jahrhundert heranführen muss (Bildungsauftrag), andere Haltungen dazu gab es nicht auf dem Podium. Auf die Idee, dass die Beatles u.a. doch auch für eine Kompositionstechnik des 20. Jahrhunderts stehen würde, kam niemand, bzw ich erntete böse Blicke bei diesen provokativen Ansichten, die eigentlich eher meiner großen Toleranz und meiner musikalischen Bandbreite entspricht. Mich interessiert eben selbst auch ALLES, wirklich JEDE Musikrichtung! Ich respektiere und achte auch die Leute, die sich mit Zither und Akkordeon auf der Alm zum Musizieren zusammenfinden (und sich dabei vom örtlichen Sender live übertragen lassen). Ich finde es immer spannend, wenn Menschen zusammen tönen, egal welche Musik-Richtung das ist. Irgend etwas finden sie eben in dieser Musik! Untolerant ist es, Sängerinnen wie Ch. Lauterbach aus dem Schweizer Jodelverband auszuschließen, weil sie politische Texte jodelte (ca. 1990).
Ein Mensch, der sich schon vor Jahren mit Kompositionspädagogik im Rahmen des Klavierunterrichts beschäftigt hat und dazu auch Material veröffentlicht hat ist:
Peter Heilbut!
"Komponierbuch für junge Klavierspieler" 1985 - leider nur noch antiquarisch erhältlich. Ein Lichtblick seinerzeit, dass es jemanden gibt, der den Kindern zugesteht, Musik selbst zu erfinden! Es muss ja nicht immer direkt große Kunst sein, oder? Es reicht durchaus, wenn man am eigenen Tun Freude hat. Beglückt man dann noch einige Leute darüber hinaus ist das doch wunderbar!
Heilbut hat auch ein Buch mit Improvisationsvorschlägen herausgegeben. Da meine Ideen für das Improvisieren und Komponieren im Klavierunterricht einfach sehr umfangreich sind habe ich mich damit noch nicht befasst, was ich tun würde, wenn ich in dieser Richtung mal etwas veröffentlichen würde.
Das angesprochene "Problem" des eröffneten Fadens gibt es m.E. nicht. Jeder Mensch gibt zu jedem Zeitpunkt seines Lebens das Beste, was er leisten kann. Man muss die Kinder nicht "erziehen", sie wachsen von alleine. Aber man kann sie dabei begleiten und ihnen helfen einen eingeschlagenen Weg über Hindernisse hinweg weiter zu gehen. Meine begabteste Schülerin (8 Jahre) will jetzt gerade aufhören, weil es ihr keinen Spaß macht... Blockflöte macht ihr gerade mehr Spaß... mal sehen, wie das ausgeht. Soll man jemandem zwingen etwas zu tun, was er nicht will? Allerdings war SIE es, die Klavier lernen wollte! Ihr älterer Bruder kam einfach mal mit und wollte sich das nur anschauen. Im Moment stiehlt er seiner kleinen Schwester die Show, weil er schon Oktaven greifen kann und sich seine Stücke einfach doller anhören. Aber der ältere Bruder ist völlig unbegabt, doch aus irgend einem Grund hängt er sich voll rein und übt wie bescheuert. Inzwischen spielt er ganz leidlich, aber am Ausdruck fehlt es ihm völlig (was bei Rock/Pop nicht so sehr auffällt). Nur das zarte, begabte Mädel, 3 Jahre jünger, ist ein wenig frustriert. Jetzt machen wir gerade viel mit 4 Händen, was erstaunlich gut geht. Nicht immer können Geschwister 4-händig spielen.
Meine allerbegabteste Schüleren aller Zeiten habe ich nach 3 Jahren rausgeschmissen. Sie spielte mit 6 Jahren nach 3 Monaten die Elise, Notenlesen war für sie kein Problem, Oktaven wischte sie geschickt hin mit ihren Mini-Händchen. Alle fanden sie entzückend, waren begeistert. Mit 8 Jahren dann konnte sie richtig Oktaven greifen, jaja und wir spielten dies und das, u.a. Impromtus von Schumann... was irgendwie immer hölzern klang. Alles klang hölzern, seelenlos. Klar, sie übte: NIE. Töne hatten für sie keine Bedeutung. Sie ratze einfach alles vom Blatt. Ich versuchte es auf die kindliche Tour: "Knecht Ruprecht" - da klopft er an die Tür, hier sagen die Kinder ihr Gedicht auf, und dort freuen sie sich über die Geschenke... es blieb hölzern. Sie verstand nicht, was ich meinte. Irgendwie kein Gefühl - obwohl sonst war sie ein ganz normales Mädchen. Irgendwann gestand sie mir, dass sie niemals Musik machen wollte und dass das bestimmt nie in ihrem Leben eine Bedeutung haben würde. Aha. Ihre jüngere Schwester war Notenlegasthenikerin, die habe ich dann 10 Jahre im Unterricht begleitet und sie ist voll in der Musik aufgegangen. Schon in der allerstersten Klavierstunde legte dieser 5-jährige Zwerg mit der Linken einen Groove hin, den ich nie in dieser Art gehört hatte! Mit 15 Jahren gestand sie mir, dass sie nie Klavier spielen wollte sondern immer Bass lernen wollte, nur kann man als 5 Jährige nicht Bass lernen, da hätten die Eltern ihr eben das Klavier aufgeschwatzt. Sie hat dann gespart und sich vom eigenen Geld einen Bass gekauft mit 15! Das war völlig ihre Welt! Nun ja, heute ist sie am Finanzmarkt tätig und rockt mit ihren 3 Kindern in einer Family-Band. Happy End würde ich mal so sagen. Man kann den Eltern keinen Vorwurf machen, sie wollten wirklich ihren Mädels nur einen Weg öffnen. Das ist nie falsch. Aber gehen müssen die Kinder ihn dann schon alleine und die Richtung ist manchmal eine andere, als die Eltern sich das gewünscht oder gedacht haben!
Also die Wichtigkeit und Bedeutung, die Musik für ein Kind hat, ist einfach gegeben oder auch nicht. Manchmal kann man ein wenig den Horizont erweitern, auf jeden Fall. Ich begreife mich als liebevolle Wegbegleitung, die die Lernenden in ihren Wegen wahrnimmt und nicht gegen diverse Entscheidungen arbeitet. Klar kann man auch mal ein wenig fordern, von Pampern (oder Schnullern) halte ich überhaupt nichts. Das will kein Kind wirklich! Aber Fordern um des Forderns willen - das muss nicht sein.
Soviel von mir zu diesem Thema.
Alles Liebe
Viola