Aber es steht doch Steinway drauf (designed by). Das ist der Grund, warum mir Kunden erzählen, ich solle bitte ihr Steinway stimmen, aber vor Ort stellt sich heraus, dass es ein Essex oder Boston ist. Das gleiche Spiel mit Bechstein und Euterpe, Hoffmann etc.
Diese Instrumente sind total überteuert. Das funktioniert auch nur, weil der Name Steinway im Hintergrund schwebt. Und diese Preise werden auch nur erzielt, weil diese Instrumente ausschließlich bei Steinway Händlern zu bekommen sind. Und nur dort lassen sich solche Preise erzielen, da passt das Umfeld.
Diese Instrumente sind übrigens nicht unbedingt schlecht. Ich habe so einige Essex gestimmt, die waren alle bis auf eines völlig in Ordnung. Die unrühmliche Ausnahme war ein Essex EUP 111 von 2009, produziert von Young Chang. Gruselige Kiste. Boston habe ich lediglich eines in der Kundschaft. Das finde ich auch in Ordnung, aber auch keine Offenbarung.
Grundsätzlich ist der Wertverlust bei neuen Klavieren ziemlich hoch. Man kann davon ausgehen, dass man nach kürzester Zeit nur 40 % des Neupreises bekommt. Bei hochwertigen Instrumenten wohl auch deutlich mehr. Essex und Boston sind aber nicht hochwertig, sondern hochpreisig. Und die hohen Preise können nur im Hochglanzumfeld eines Steinway Händlers erzielt werden, nicht aber von einem privaten Verkäufer. Deswegen ist da der Wiederverkaufswert noch viel schlechter als bei anderen Instrumenten.
Soweit ich weiß, werden Essex aktuell von Pearl River produziert. Und die wissen, was sie tun. Die produzieren über 120.000 Instrumente pro Jahr. Eine schier unglaubliche Zahl. U.a. unter dem Namen Ritmüller. Ich verkaufe Ritmüller Klaviere und muss sagen, dass die deutlich besser sind als ihr Ruf. Essex sind zwar von der Qualität her ein wenig höher anzusiedeln als Ritmüller, aber das rechtfertigt auf keinen Fall den Preisunterschied. Das Essex EUP-116 z.B. liegt bei 8.440.- €, während das Ritmüller 118 bei 4.880.- € liegt.