Ich vermute, Du hast bei den Vorlagen von Schuman und Chopin die Harmonien der li. Hand analysiert, sie in die Noten reingeschrieben und etwas vermeintlich jazz-kompatibler gemacht (eine maj7 hier und eine moll7 dort ergänzt, die Dominanten sind bei Chopin und Schumann ja schon relativ nahe an dem was in den gängigen Jazz-Balladen so vorkommt). Deine Impro besteht dann im wesentlichen aus akkordeigenen Tönen plus Pentatoniken bzw. Bluesskalen.TJ
Da liegst du richtig. Ich habe die Stücke fürs Grundverständnis zwar recht ausführlich analysiert, aber nur "das Nötigste" für mein Spiel verwendet. Ich finde es eher interessant mir andere Rhythmen und Phrasen auszudenken, als in der Harmonielehre zu versinken. Also das was der ungeübte Hörer auch hört ;)
Das ist schon mal nicht schlecht, und wie du es umsetzt (inklusive Basis-Groove, der über weite Strecken ansatzweise stabil durchläuft) kann sich das durchaus hören lassen. Gerade die Schumann- und die Chopinnummer könnte man sich gut in einem gepflegten Café oder Restaurant mit angedeutet hippem Bildungsbürgerlichem Publikum vorstellen. Wobei der "Schumann Swing" kein Swing ist sondern ein etwas hackeliger Soft-Funk, der sich nicht zwischen 3/4- und 4/4-Takt entscheiden kann, das gleiche gilt für den Impro-Teil des Chopin-Nocturne. Du hast doch vor Augen, dass die Vorlagen im 3/4-Takt sind, du dann aber in 4/4 improvisierst?
Der "Schumann Swing" ist völlig ungeübt und spontan aufgenommen, das hört man auch. Ich wusste danach auch nicht wirklich was es ist, fands aber ganz nett. Mal sehen ob ich da noch was "ernsthaftes" draus mache.
Mal ganz dumm gefragt: Stört das in einem anderen Rhythmus zu improvisieren? Ich vollziehe ja schon beabsichtigt einen Tempo/Rhythmus-Wechsel, auch beim Stride dann später.
"Autumn Leaves": Das Rubato-Intro hat was. Schön lyrisch! Von Dir? Oder aus einer gekauften ausnotierten Version? In der linken Hand spielst Du gebrochene Akkord-Figuren, wie Sie in der romantischen KLavierliteratur häufig vorkommen, nach dem Schema Grundton-Quinte-Grundton-Terz-Quinte-etc. Das passt in Rubato-Intros zu Balladen eigentlich meistens gar nicht so schlecht, aber Vorsicht: In Autumn Leaves steht in moll und im Jazz sehen II-V-Kadenzen in Moll so aus: II 7b5 / V 7(plus alterierte Zusatztöne). In II 7b5 kommt eine reine Quinte nicht vor, in V7 ist die Quinte häufig alteriert, deshalb klingt es falsch, wenn die reine Quinte im Bass vorkommt (zum ersten mal bei 0:15, dann bei 0:33). Im Impro-Teil stimmts dann etwas besser. ABER: Das Stück ist in der Song-Form AABA komponiert! Du spielst AAAAAAAAAAAAA.... Wo ist der B-Teil? Vergessen? Oder künstlerische Freiheit?
Ich höre mir viel von anderen Künstlern an und lasse mich entsprechend beeinflussen. Ausnotiert ist nichts, aber speziell Autumn Leaves ist stark von Eugen Ciceros Version inspiriert.
Ich habe das Stück damals aus dem Kopf geübt und aufgenommen und den B-Teil schlicht nicht parat - neulich wiederentdeckt und er wird noch eingebaut ;)
Zu der Keith Jarrett Nummer kann ich nichts sagen, die kenne ich nicht.
Dann würde mich gerade deshalb deine Meinung interessieren. Mal ohne tiefergehende Analyse, einfach nur: Wie hört sich das für dich so an? Ich habe viel rumgebastelt an dem Stück und in der Form jetzt macht es vor allem Spaß zum spielen, kann aber nicht so einschätzen wie das rüber kommt. Vielleicht doch besser eine langsame Nummer draus machen wie im Intro? Oder fehlt schlicht der Pepp im Mittelteil? Ich hab eben wenig Erfahrung damit wie man Stücke "spannungsmäßig" aufbaut.
Insgesamt klingt es in meinen Ohren nach dem, was Du vermutlich auch ist, nämlich nach einem bis vor kurzem rein klassisch ausgebildeten Amateurpianisten zwischen 13 und 17 Jahren, der sich autodiaktisch das Prinzip "improvisieren nach Akkord-Symbolen" beigebracht hat. Letzeres kommt aus dem Jazz, genau so wie Blues-Skalen, was aber nicht bedeuten muss, dass Du den Einstieg ins Jazz-Piano vollzogen hast.
Wenn das Dein Einstieg in den Jazz ist, dann gut so, es ist ein Anfang! Du traust ich was, Du hast spieltechnisch und was Harmonielehre angeht gewisse Vorkenntnisse. Deine jazzunkundigen Freunde, Verwandte und Klassenkameraden kannst Du damit bestimmt ganz gut beeindrucken. Du musst aber wissen, dass Du von allem, was Jazz beinhaltet und wie es gespielt wird, allenfalls die winzige Spitze des gigantischen Eisberges berührst. Stichworte: Phrasierung, Akzentuierung, Synkopierung etc., woraus dann der jazztypische Swing entsteht. Nein, man entscheidet sich nicht zu swingen, man hat auch nicht das "Feeling" dafür, sondern man muss es schlichtweg lernen! Und von alledem taucht in Deinem Spiel fast nichts auf...
Da liegst du sehr richtig. Ich hatte bis vor einigen Jahren klassischen Klavierunterricht und zuletzt beim "Blick über den Tellerrand" wieder großen Spaß am Klavierspielen gefunden. Was ich da so spiele bezeichnen nicht-Jazzer oft als Jazz und Jazzer als Pop. Mir ist es ehrlich gesagt nicht so wichtig was es am Ende ist, ich denke ganz klassisches Jazzklavier ist ohne nichts für mich.
Ob dann klassisch, poppig, Fusion, ... am Ende ist mir ein schöner Klang wichtig (deshalb werde ich mit Mozart und Bach weiter machen) und das es groovt (und da ist noch Luft nach oben, wie du richtig anmerkst). Ich hoffe ich habe nochmal Zeit für ausführlichen Unterricht in dem Bereich...
Ansonsten würde ich sehr gerne mit anderen Musik machen. Solange ich etwas Freiraum für Experimente habe, bin ich da für jede Richtung offen. Das Problem: Ich habe keine Band-Erfahrung. Muss ja nicht gleich eine Jazz-Big-Band sein...hast du eine Idee wo ich da anknüpfen könnte?