Generalbass: verminderter Akkord oder ja?

F

Flint

Dabei seit
9. März 2024
Beiträge
56
Reaktionen
26
Liebe Profis, hier habe ich einen Generalbass:

Jesu meines Lebens.jpg

m.E. muss der Akkord auf der zweiten Halben in Takt 3 (also der Septakkord) ein e enthalten und kein eb, wie laut Vorzeichnung vorgesehen. Ist das richtig und kann man das Auflösungszeichen hier getrost weglassen?

Edit:
Ich stütze mich mal auf diese "Belegstelle" aus der Sonata facile von Wolfgang, 2. Satz - g-moll Stelle:

facile.jpg
mit eb wird die Dominante doch eher von oben angesteuert.
 
Zuletzt bearbeitet:
bezieht sich die 7 nicht auf das kleine B?
Schon, aber nach strenger Auslegung müsste unter der 7 noch ein Kreuz (bzw. Auflösungszeichen - das wird oft synonym verwendet) stehen, denn es gehört zweifellos ein E und kein Es in diesen Akkord.

Allerdings wurden Choräle in Molltonarten früher oft noch mit dorischer Vorzeichnung notiert, da erübrigt sich der Hinweis auf die erhöhte Terz. Aus Bequemlichkeit wird oft auch bei Moll-Vorzeichnung darauf verzichtet. Übrigens auch auf andere Ziffern bzw. Vorzeichen, wenn aus dem Zusammenhang ohnehin klar ist, welcher Akkord gemeint ist. Die geläufigen Akkordprogressionen kannte eh jeder, und notiert werden musste nur das, was davon abweicht oder mehrdeutig ist.

Vollständige, lehrbuchmäßige Bezifferungen findet man deshalb nur genau da: in Lehrbüchern.
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine 7 als Generalbassbezifferung bedeutet: "Fasse diesen Basston als Grundton eines Septakkordes auf". Da als Töne dieses Septakkordes wiederum nur leitereigene Töne verwendet werden, sofern nicht extra noch Versetzungszeichen in der Bezifferung sind, muss hier also der Akkord aus den Tönen C# Eb G Bb bestehen. (C# und Eb bilden eine verminderte Terz.)
Es kann aber sehr gut sein, dass der Bezifferer sich nur vertan hat und einen A7-Akkord mit Terz im Bass haben will - dann muss aber als Bezifferung da hin 6/5 (übereinander) sowie darunter noch ein Auflösungszeichen (das bezieht sich dann auf die Terz vom Basston aus, so dass aus dem Eb ein E wird).
 
Es ist weder Es noch hat sich der Bezifferer vertan. Gemeint ist hier ohne jeden Zweifel der verminderte Septakkord Cis-E-G-B. Das ist auch die gängigste Bezifferung für diesen Akkord, selbst in „modernen“ Kontexten, in denen die Vorzeichnung tatsächlich echtes Moll und nicht „dorisches Moll“ meint. Die Komponisten beachteten durchaus Konventionen, um nicht missverstanden zu werden. Selten aber Lehrbücher, die lange nach ihrem Ableben verfasst wurden. ;-)
 
Mal angenommen, es wäre an der gleichen Stelle (also mit einem darauffolgenden D-Dur in Grundstellung) ein E im Bass und eine 7 beziffert - wäre es dann E-G-B-D, oder müsste der Spieler auch dann den typischen Kontext Doppeldominante-Dominante erkennen und somit E-G-B-Cis spielen?
 
Mal angenommen, es wäre an der gleichen Stelle (also mit einem darauffolgenden D-Dur in Grundstellung) ein E im Bass und eine 7 beziffert - wäre es dann E-G-B-D, oder müsste der Spieler auch dann den typischen Kontext Doppeldominante-Dominante erkennen und somit E-G-B-Cis spielen?
Die Frage stellt sich nicht, denn E-G-B-Cis wird nicht mit einer 7 beziffert, sondern mit einer 5(-)/6+.
Diese Akkordverbindungen wirst du aber nie im Generalbass finden, weil sie in der Fortschreitung immer Quintparallelen verursachen.
 
Hä? Wo soll denn ein verminderter Septakkord, der gar keine Quinte enthält, eine Quintparallele verursachen?
 
Dazu gibt es den schönen Merkspruch:

Rein, vermindert: ungehindert!
Vermindert, rein: das lass sein!

Die verminderte Quinte E-B führt in dieser Konstellation in die reine Quinte D-A, wenn man die Regel beachtet, dass Dissonanzen schrittweise aufgelöst werden müssen.
 
Vermindert, vermindert: voll behindert!
Rein, rein: Raus, raus!
 

Diese hübsche Weisheit (ich höre noch die Stimmer meiner Musiklehrerin in der Oberstufe, die diesen Merkspruch ständig rezitierte) scheint dem Autor nachfolgender Sätze nicht immer Gesetz gewesen zu sein
Keine Regel ohne Ausnahmen. Selbst "echte" Quinten treten ja mitunter in der Literatur auf, z.B. bei der direkten Auflösung des übermäßigen Quintsextakkordes. (Auch "Mozart-Quinten" genannt, obwohl sie bei Mozart wirklich sehr selten zu finden sind. Im 19. Jahrhundert gibt es sie dann öfter - prominent beispielsweise bei Chopin.)

Und in Außenstimmen kommen sowohl vermindert-rein als auch rein-rein so gut wie gar nicht vor.
 
Das ist das grundsätzliche Problem von Kalenderspruchweisheiten, wahrscheinlich auch von dieser.

Parallelen sind die mehr oder weniger seltene Ausnahme, aber sie kommen immer wieder auch und gerade bei den ganz großen Komponisten vor. Und zwar interessanterweise auch dann, wenn sie ohne großen Aufwand vermeidbar gewesen wären. C. Ph. E. Bach hat ja bei der Herausgabe der Choralsätze seines Vaters an vielen (aber nicht allen) Stellen korrigierend eingegriffen und Parallelen beseitigt (*).
War er deshalb der bessere oder zumindest ordentlichere Komponist? Auch Telemann hat in seinen Choralsätzen eher weniger Parallelen geschrieben als Bach.

*) so dass man davon ausgehen kann, dass sich in den Choralsätzen, die wir nur aus der Sammlung Carl Philipps kennen, und die also aus den verlorenen Kantaten Sebastian Bachs stammen, auch ein gewisser Prozentsatz an Parallelen befand.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier verstehe ich nicht, worauf du hinaus willst. Die Außenstimmen sind in parallelen Terzen geführt, die parallelen Quinten (noch dazu: rein-vermindert!) entstehen zwischen Alt und Bass.
War ein Versehen, ich habe ein falsches Notenbeispiel eingefügt, das habe ich inzwischen gelöscht. ich hatte auch ein Beispiel für Parallelen in Außenstimmen, das ich aber im Moment am Smartphone nicht so schnell bzw.nur sehr mühsam wiederfinde.
 

Zurück
Top Bottom