Hallo Orgel-Cowboys,
puh, als ich gerade nachgeschaut habe, war ich ziemlich überrascht, wie viele Leute sich dazu äußern. Also von meiner Seite aus schon mal ein herzliches Dank, dass sich so viele Menschen meiner Problematik annehmen. =)
@agraffentoni: Ja, da steht ein Klavier. Ich habe darauf schon mehrmals gespielt als die Orgel gewartet wurde. Im Prinzip haben nicht mehr Leute als sonst mitgesungen. Die Pfarrerin hört man immer sehr deutlich. Und ja, ich spiele dort regelmäßig. Manchmal spiele ich halt eben auch in einer der sechs anderen Kirchen, dort ist dann alles anders. Dort habe ich das Gefühl, wirklich zu begleiten, also auf die Tempovorstellungen der Gemeinde eingehen zu können und durch Absetzen das Atmen zu steuern, Bei Dank- und Freudenfesten durch Hinzunahme einer Mixtur im letzten Verse noch mal mehr rausholen zu können, usw. Diese Art von Gegenseitigkeit fehlt mir in der Stammkirche.
@Rebecca: Das Ding mit dem selber mitsingen ist ehrlich gesagt nicht so mein Fall. In Altenheimen mache ich das manchmal, weil ich dann in kleineneren Räumen noch die anderen Sänger höre. In der Kirche habe ich das schon ausprobiert, aber irgendwie entsteht dann bei mir das Gefühl, dass die Gemeinde noch stärker von mir isoliert ist. Die Theorie mit dem Generationenproblem lässt sich anhand meiner Kriche eher nicht bestätigen, denn von den drei evangelischen Kirchen bei uns ist die, in der ich spiele die mit dem höchsten Altersdurchschnitt in der Gemeinde. Aber dass das Singen generell vernächlässigt wird, das bekomme ich mit, wenn ich mit Schülern spreche.
@exe: Ich habe gerade in den Plan geschaut. Wegen einer komplizierten Sommerferienreglung bin ich jetzt länger in dieser Kirche, in der ich sonst fast jeden Sonntag spiele, nicht dran. Ich kann aber sagen welche Lieder häufig vorkommen: Geh aus mein Herz, Valet will ich dir geben, Lobet den Herren alle die ihn ehren, Nun danket all und bringet Ehr, Nun jachzt dem Herren alle Welt usw. Das Wochenlied ist meistens das durch den liturgischen Kalender vorgegebene. Das mit dem cf im Bass ist eine Sache, die ich wirklich noch nicht ausprobiert habe. Das habe ich bisher nur beim Durchführen in längeren Vorspielen gemacht. Ich werde es mal ausprobieren!
@LMG: Habe ich oft an Ostern usw. gemacht, also erster Vers mit Mixtur und dann leiser. Hat aber nichts geändert.
@fisherman: Singen vor dem Gottesdienst? Das könnte man probieren, muss allerdings hochoffiziell eingeplant und genehmigt werden. Ich werde es bei der nächsten Dienstbesprechung mal vorschlagen.
@sla019: Ich spreche oft mit der Pfarrerin darüber. Auch wenn andere Pfarrer die Gottesdienste leiten, wird das Thema angesprochen. Alle haben mir gesagt, dass das es nicht an meiner Art Orgeln zu spielen liegt. Meine Art ist es ja, einen Kompromiss zwischen den Vorstellungen der Gemeinde und meinen Vorstellungen zu finden.
@Mindenblues: Das Schwellwerk ist relativ leise. Für Literaturstücke kann ich auf diesem Instrument wikrlich gute klanglich differenzierte Soloregistrierungen machen. In anderen Kirchen probiere ich immer aus, wie die Gemeinde auf verhälnismäßig leise Soloregistrierungen reagiert, mache sind verunsichert, andere nehmen das gerne an. Wie gesagt: In der evangelischen und katholischen Geminde unseres Ortes bin ich der einzige (!), der obligat begleitet. Nur in dieser einen speziellen Kirche kann ich nicht abschätzen, ob es positiv oder negativ wirkt. Stell dir vor, du hast Kopfschmerzen, nimmst ein Medikament und es passiert gar nichts, es gibt weder Wirkung noch Nebenwirkung. So ist es bei mir, wenn ich die Registrieurng ändere. Die Geschichte mit dem stärkerem Bass werde ich allerdings mal testen. Das kenne ich vom Chorbegleiten, dass die sicherer sind, wenn die Bässe besser durchkommen.
Jetzt nochmal mein Senf zum Thema katholische und evangelische Kirchenmusik: Haben die sich nicht irgendwie gegenseitig beeinflusst? Alle großartigen Kirchenmusiker evangelisch? Max Reger? Hallo? Wenn ich die historischen Hintergründe richtig verstanden habe, kommt der Choral von der evangelischen Seite. Und das was heute als typisch katholisch angesehen wird, also eine blumige, emotionale Harmonisierung usw. war auch in evangelischen Kirchen üblich. Die evangelisch-lutherische Liturgie hierzulande war ja im 19. Jahrhundert im Stile von Bortnjanski, also viel "katholischer" als das was heute als katholisch angesehen wird. Es war ja so, dass es nach dem ersten Weltkrieg eine Gegenbewegung zur Musik des 19. Jahrhunderts gab, der wir Organisten extrem schrille Mixturen und Aliquoten zu "verdanken" haben. Die evangelische Kirche hat sich halt eben von dieser Bewegung stärker einnehmen lassen als die katholische Seite. Daher kommt es ja auch, dass das obligate Spiel in evangelischen Kirchen verbreiter ist, weil es aus neoklassizistischer Sicht näher am barocken Spaltklang ist.
@Lisztomanie: Viel Erfolg, Junge!