Zitat von Stilblüte: Guendola: Sehr interessante Überlegung! Ich bin auch der Überzeugung, dass man ohne Worte Gedanken haben kann, schließlich können höher entwickelte Tiere auch in irgendeiner Form denken.
Mir geht es genauso, im Alltag denke ich sehr viel in Bildern. Wäre ich ein Hund, würde ich mich vielleicht in Gedanken einem Jogger hinterrennen sehen, während ich gelangweilt zu Hause auf dem Teppich läge.
In der Musik gelingt es mir bisweilen bei Passagen oder sogar ganzen Stücken, die Worte auszuklammern und nur zu fühlen (Emotionen aber auch Tastenbilder mir den Fingerkuppen) und zu hören. Bei den Emotionen können durchaus wiederum Bilder auftauchen, wie z.B. irgendein Naturereignis.
Sobald ich allerdings Leuten vorspielen muss, die etwas von Musik verstehen, gelingt mir diese Art zu denken noch nicht. Obwohl das Zittern tatsächlich mit der Anzahl der Vorspiele abgenommen hat, bin ich noch nicht entspannt genug, mein Spiel zu geniesen. Dann kommen wieder solch nützliche Gedanken wie: "Mist, schon wieder zu viel Pedal"; "Wo bin ich eigentlich grad?"; "Jetzt die Pianostelle -hoffentlich kommt der Ton..."
Zusätzlich konzentriere ich mich noch zu sehr auf die Leute um mich herum. Ich denke aber, dass diese Dinge reduziert werden, sobald ich mehr Erfahrung mit Vorspielen gesammelt habe und insgesamt sicherer Klavier spielen kann.
In anderen Lebensbereichen habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Aufregung mit zunehmender Sicherheit und Beherrschung der Materie deutlich sinkt. Wenn ich ganz sicher bin, dass ich etwas kann und auch erlebt habe, dass ich fähig war dieses Können in Streßsituationen abzurufen, dann steigt die Wahrscheinlichkeit des zukünftigen Gelingens deutlich. In manchen Fällen, wie z.B. in der Schule, habe ich mich sogar regelrecht auf die Arbeiten und Prüfungen gefreut, weil ich wusste, ich muss in dieser Stunde nicht gelangweilt rumsitzen, sondern darf selbst aktiv werden und zeigen, was ich kann. (Für Pianoman: Ich rede von positiver Verstärkung und zunehmender Selbstsicherheit, nicht von der Konfrontationstherapie, von der ich bisher nur im Zusammenhang mit psychischen Störungen gehört habe)
Gute Vorbereitung und ein gesundes Selbstvertrauen scheinen also sehr hilfreich zu sein.
Zitat von silversliv3r: Ich glaub, manche Leute, du pianoman wahrscheinlich auch, missinterpretieren den Term Aufregung, denn er ist nicht per se etwas Schlechtes
Ja, Aufregung ist evolutionsbedingt in uns verankert. Als Fluchttier aber auch als Jäger war es sehr hilfreich, eine Möglichkeit zu besitzen für kurze Zeit besonders aufmerksam und schnell zu sein -bei gleichzeitig reduzierter Schmerzempfindlichkeit. Dieser oft als "Adrenalinschub" bezeichnete komplexe Vorgang in unserem Körper, der als erstes vor allem auch unseren Stoffwechsel beschleunigt, war wichtig um kurzzeitige körperliche Höchstleisungen vollbringen zu können (Feinde erspähen, weglaufen...). Bei solch feinmotorischen Angelegenheiten wie dem Klavierspiel bin ich mir nicht so sicher, ob dieser Stoffwechselvorgang wirklich hilfreich ist. Ich denke, es ist eher eine Frage der Einstellung zu einer Sache, ob ich bereit bin, im Vorspiel alles zu geben oder ob ich mein Stück nur gelangweilt 'runterspiele.
Wisssenschaftlich untersucht habe ich übrigens nichts von dem eben Gesagten -es stellt nur meine Erfahrung und subjektive Meinung dar. :D