G. Henle-Stufensytem

  • Ersteller des Themas Herr Toteninsel
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Bin kein Freund dieser Einteilungen. In der Regel kennt man doch die Werke, die man gerne spielen möchte. Und da hört man doch schon ob man es schaffen kann. Leider lautet die Antwort in sehr vielen Fällen leider: Nein:cry2:;-). Das Beispiel von Stilblüte mit dem Klavierkonzert von Ravel ist wirklich köstlich:lol:.
 
Bin kein Freund dieser Einteilungen. In der Regel kennt man doch die Werke, die man gerne spielen möchte. Und da hört man doch schon ob man es schaffen kann. Leider lautet die Antwort in sehr vielen Fällen leider: Nein:cry2:;-). Das Beispiel von Stilblüte mit dem Klavierkonzert von Ravel ist wirklich köstlich:lol:.

Als Anfänger ist man über solche Einteilungen schon froh und können immer als grobe Orientierung nützlich sein.
Jeder Anfänger merkt aber schnell, dass eine Henle 2 bei einem Werk, dass einem nicht gut liegt, deutlich schwerer sein kann als eine Henle 3 bei einem Werk, dass einem gut in den Fingern liegt.

Dies zumindest aus eigenen Erfahrungen meiner klaviertechnisch sehr beschränkten Sicht.
 
...... dass eine Henle 2 bei einem Werk, dass einem nicht gut liegt, deutlich schwerer sein kann als eine Henle 3 bei einem Werk, dass einem gut in den Fingern liegt.
....

So ist es, Horowitz hatte so seine Probleme mit Schumanns Kompositionen (hat auch selbst bei einem Interview geäussert). Er spielte z.B. Kreisleriana nie Fehlerfrei und man sah ihn seine Anstrengungen an, obwohl Kreisleriana nicht als besonders schwierig eingestuft ist.
 
Ich finde das Henle-System sehr hilfreich für eine erste Einschätzung. Im Detail kann ich manches aber nicht so wirklich nachvollziehen. z.B. Arabesque 1 hat Stufe 4, Chopin 72/1 Stufe 5, Mozarts d-Moll Fantasie sogar 5/6. Für mich sind die Stücke in etwa gleich schwer. Vielleicht liegts aber auch an den paar Läufen, dass Chopin und Mozart da schwieriger gereiht werden. Wenn man die wirklich gut spielen will, kann das schon passen bei der Einstufung. Andererseits will Debussy halt ganz anders gespielt werden als Schubert 142/2 (Stufe 4-5) oder das/die Nocturne.
 
Wolters schreibt, glaube ich irgendwo in seinem Buch gelesen zu haben, dass er 0.75 Jahre Klavierspielerfahrung mit einem seiner 15 Schwierigkeitsgrade gleichsetzt.

Es ist nicht anzunehmen, dass diese Einschätzung einen linearen Zusammenhang bis zum Grad 15 darstellt.
Künstlerische Entwicklungen verlaufen wohl in den seltensten Fällen linear, sonst wäre es problemlos möglich, eine Karriere überschaubar durchzuorganisieren. Ich würde eher behaupten, um die Überwindung der höchsten künstlerischen Anforderungen muss man am härtesten ringen. Auch wenn man das Pareto-Prinzip nicht eins zu eins auf jede künstlerische Laufbahn übertragen kann, dürften die letzten zwanzig Prozent der technisch-musikalischen Reifung achtzig Prozent der zu investierenden Bemühungen erfordern, während es am Anfang des Einstudierungsvorgangs eher umgekehrt sein sollte.

In Verbindung mit der Frage nach dem für eine Studienzulassung notwendigen Können entscheidet vermutlich der Leistungsstand innerhalb des erwähnten Höchstlevels über die Frage, ob man die nötigen Voraussetzungen für eine professionelle Laufbahn mitbringt - ohne dass bei positiver Antwort die Karriere von selbst in Gang kommt, weil im Beruf ja eine Spezialisierung auf individuellen Schwerpunkten erfolgt. Diese orientiert sich wiederum an Stärken und nicht an Schwächen, weshalb beispielsweise eine pädagogische Laufbahn scheitert, wenn die Entscheidung dafür vorrangig auf der Annahme basiert, dazu müsse man auf dem Instrument nicht so viel können.

Den Aussagewert solcher Stufensysteme kann man in Verbindung mit meinen Ausführungen als allenfalls bedingt praxistauglich ansehen. Im Zweifelsfall überzeugt eine souverän gelöste moderat schwere Aufgabe mehr als ein defizitär bearbeitetes Projekt mit absoluten Höchstschwierigkeiten. Angesichts der Konkurrenzsituation und der ungewissen beruflichen Zukunft wäre allerdings eine Aufnahmeprüfung an einer Musikhochschule zu Anfängerbedingungen für niemanden hilfreich.

Selbst wenn man Aufnahmeprüfungsstücke auf der Henle-Skala mit mindestens 7 und Examensstücke mit mindestens 8 einstufen könnte, sagt das noch nicht allzu viel über den zu erwartenden Prüfungsverlauf respektive Erfolg aus.

LG von Rheinkultur
 
Ich kann jetzt nicht alle namentlich nennen, danke aber schon mal für die Diskussion bis hierhin und freue mich auf mehr.

Ich glaube auch, dass die Henle Einteilungen im Anfänger bis mittleren Bereich hilfreich sein können. Ein fortgeschrittener Spieler braucht ja nur einen Blick auf die Noten zu werfen und kann das Stück einschätzen. (Wobei einem schon de gesunde Menschenverstand sagt, dass meine Hände für 32-stel im Presto zu lahm sind.)

@Nachtmusikern: Die Entscheidung müsste in 3,5 Jahren fallen, aber ja.
 
Die Frage ist immer, was genau man da als schwierig einstuft, schwierig für wen und für welches Ergebnis. Schwierig, es flüssig durchspielen zu können? Dann wäre die Sonata Facile vielleicht bei 4. Schwierig, perfekt zu klingen? Dann eher bei 6.
Man kann den Spieß auch umdrehen: Vermeintlich schwierige Stücke werden für Pianisten, die eine solide Technik haben, zum Kinderspiel, weil sie sich "von selbst" erledigen, während die technisch "leichten" viel mehr Klangarbeit erfordern, um nicht als langweilig aufzufallen (da kompensiert keine Show mangelndes Verständnis). Beispiel - Tschaikowsky oder Chopin Konzerte klingen immer einigermaßen gut, wenn man sie durchspielen kann, ein Konzert von Bach oder Mozart aber lange nicht.
Natürlich sind solche Einstufungen nur für Anfänger und Amateure wichtig. Ein Profi kann ja (fast) alles spielen und braucht so etwas nicht. ;-)

Eine Möglichkeit wäre, sich an standardisierten Lehrplänen zu orientieren (ABRSM Piano Grades bspw.), denen man als Amateur dann aber auch folgen müßte, um solche Einstufungen sinnvoll nutzen zu können.

Ansonsten sind die Schwierigkeiten je nach Fortschritt sehr unterschiedlich und müssen alle Berücksichtigung finden. Für den absoluten Anfänger ist zum Beispiel wichtig, wie schwierig eigentlich die Noten zu entziffern sind ("dechiffrieren"). Für den fortgeschrittenen Anfänger, der Noten schon flüssig lesen kann, gibt es diverse technische Schwierigkeiten zu bewältigen, egal wie gut er schon die musikalische Gestaltung drauf hat, läuft ein Stück technisch nicht, kann er es vergessen. Hat jemand die Technik bewältigt, steht die musikalische Gestaltung im Vordergrund: Da ist dann eben die Frage, ob sich jemand mit einem Chopin zu einem Wettbewerb anmeldet oder mit einem Bach.

Man braucht also wohl mindestens mehrere verschiedene Stufeneinteilungen, welche auf die jeweiligen Schwierigkeiten abgestimmt sind. Ein Anfänger braucht ein anderes System als ein Fortgeschrittener. Hier kann es dann durchaus zu scheinbar gegensätzlichen Einstufungen kommen, die sich bei näherer Betrachtung nicht widersprechen.
 
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@FünfTon Sehr hilfreiche Anmerkungen. Ein Profi braucht solche Stufen natürlich nicht. (Stelle mir gerade Sokolov vor, wie er Stücke nach Henle-Graden auswählt ;) )
 
Hierzu sei noch aus der Anmerkung von Prof. Koenen zitiert:

[...] Jedwede Bewertung von Kunst und Musik bleibt selbst bei Vorgabe größter Objektivität immer subjektiv. Bei aller Sorgfalt, um die ich mich bemüht habe, bin ich mir im tiefsten Inneren durchaus der Anfechtbarkeit des Ergebnisses meiner Arbeit im Klaren, so dass ich für Anregungen jederzeit dankbar bin. [...]
 
Zuletzt bearbeitet:

@Nachtmusikerin : dann muss das ein Missverständnis sein: Schüler
Was meinst du denn zu den 3,5 Jahren ;)
 
@Herr Toteninsel: Also, wenn Du Schüler bist und mit einem Klavierstudium liebäugelst, dann wäre der beste Weg nicht, sich an den Henle-Stufen zu orientieren, sondern sich einen KL zu suchen, der schon Schüler an eine MuHo gebracht hat. Das wird nicht immer möglich sein, aber wenn, dann wäre das mein Ansatz.
 
Es hängt ja hoffentlich dein Lebensglück nicht davon ab, ob du irgendwo die Aufnahmeprüfung schaffst oder nicht.
Denn ich halte es schon für reichlich optimistisch, das in Betracht zu ziehen.
Du bist ja zumindest schon 17 oder 18 (hast einen Führerschein) spielst aber Stücke auf dem Niveau von Jugend Musiziert Altersstufe 2. Im Grunde genommen muss man sich mit den Landespreisträgern der höchsten Altersstufe messen, denn die machen hinterher mit dir die Aufnahmeprüfung und sind deine Konkurrenz.
Da fehlen halt wichtige produktive Jahre.
An den Hochschulen gibt es auch Altersgrenzen. Und wenn du mit 22 dort aufkreuzt, musst du schon besonders hervorstechen, um gegen 18-Jährige zu bestehen, die die Waldsteinsonate spielen.
Klingt hart, gell?
Es geht auch darum, wie schnell deine Auffassungsgabe ist. Kein Prof will sich mit jemandem herumquälen, dem man alles dreimal zeigen muss. Nimm am besten gleich Unterricht bei einem richtig guten Lehrer, der kann das besser einschätzen als wir, da er dich sieht und hört.
LG,
NaMu
 
Vollkommen richtig. Ich arbeite auch gerade an der Lehrersache. Wollte nur schonmal ne erste Einschätzung ob es mit viel Übung überhaupt schafbar ist.
 
Vollkommen richtig. Ich arbeite auch gerade an der Lehrersache. Wollte nur schonmal ne erste Einschätzung ob es mit viel Übung überhaupt schafbar ist.

Das kann überhaupt niemand valide einschätzen. Niemand kennt Dich und Deine noch nicht gefundene professionelle Unterstützung. ;-) Meine persönliche Erfahrung ist, dass man alles schafft, was man wirklich will (= "Himmel und Hölle" dafür in Bewegung setzt), falls es nicht entscheidenden Naturgesetzen widerspricht.

Wenn Du wissen willst, ob es mit hoher Wahrscheinlichkeit machbar ist - ist es nicht. Es ist sogar unwahrscheinlich. Allein schon, weil Du des Lebens Unwägbarkeiten ausklammerst (Du brauchst Dir ja nur im Sportunterricht oder beim nächsten Blitzeis die Hand zu brechen oder irgendwas in der Art, und schon schrumpfen die 3,5 Jahre zusammen).

Mich persönlich spornt allerdings nichts so sehr an, wie wenn mir jemand sagt: "Das schaffst Du nicht."
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Ich bin charakterlich leider außerstande, nicht den Beweis des Gegenteils zu erbringen.
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@Barratt Ich möchte hier auch niemanden dazu bewegen mir einen Freifahrtsschein zu spineten Träumen zu geben, sondern nur eine Einschätzung des überhaupt Möglichen (ohne gebrochene Hände). Hätte ich nur ein Jahr würde ich selber sagen: Nicht machbar. Bei 3,5 bin ich mir nicht sicher.
 
Vollkommen richtig. Ich arbeite auch gerade an der Lehrersache. Wollte nur schonmal ne erste Einschätzung ob es mit viel Übung überhaupt schafbar ist.
Auf Musiklehrer hin ist die Sache - bei angemessenem Fleiß- übrigens durchaus schaffbar! Mir ist durch Foren z.B. bekannt, dass jemand mit 2 Jahren Querflötenkenntnissen (angegeben als Hauptinstrument) und den obligatorischen Klavierkenntnissen als Nebenleistung (da war wohl nicht mehr als für elise, aber mit einem effektvollen, perfekt geübten Bach z.B, kann man durchkommen) auf Lehramt Gymnasium für Musik sich beworben hat und genommen worden ist. (Gehördiktat und co. muss man natürlich auch lernen - die kann man aber das halbe Jahr davor immer noch sich aneignen) Nur klar ist bei so einem Fall, mit improvisierter Klavierbegleitung im Standardunterricht auf höherem Niveau ist nicht, und Querflöte ist ja wohl untauglich als Begleitinstrument, da wäre die Geige viel besser - wie die Dorfschullehrer von dazumal gleichzeitig Stimme erhoben und kräftig mit der Geige den Singsang ihrer Schützlinge unterstützen konnten.
 

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