Fragen zur Orgel in der Kölner Philharmonie

Hallo Kristian,

da habe ich eine schöne gefunden, aber der Preis... Eine Orgel ist derzeit nicht drin. Aber sich schlau zu machen kann ja nie schaden.

Bevor mir jetzt anlässlich meiner Überlegungen in Sachen Orgel wieder (wie anlässlich des Kaufs meines zweiten Flügels) Protzerei vorgeworfen wird weise ich darauf hin: Ich bin nicht Krösus und (wie ich schon irgendwo geschrieben habe) ich selber habe finanziell nichts dazu beigetragen dass ich mir den Wiener kaufen konnte (man könnte in Erwägung ziehen, dass jemand erbt).

Aber mit der Orgel bleibe ich trotzdem am Ball (äääähm, an den Pfeifen).

Liebe Grüße
Marlene
 
Orgelspielen ist viel einfacher als Klavier. Die Orgelliteratur ist bei weitem nicht so virtuos. Man kommt mit 4 Stunden üben ganz gut klar. Da lacht einen jeder Klavierstudent aus. Weniger unangenehme Sprünge und einfach weniger Töne. Kaum ein Orgelstück ist so schwer, dass man es auswendig lernen müsste.

Hallo Leute,

ich gebe Axel in dieser Frage uneingeschränkt Recht, aber ich glaube, dass man wirklich unterscheiden muss, auf welchem Entwicklungsstand sich der Musiker befindet. Zu Beginn der Ausbildung stehen Organisten und Pianisten vor Aufgaben wie Noten lesen und Koordination. Ich denke, dass in diesem Stadium Klavier einfacher ist, weil es halt eben weniger zu koordinieren gibt. =) Wenn man dann nach einiger Zeit ungefähr auf dem Stand der dreistimmigen Inventionen von Bach angekommen ist bzw. entsprechenden Stücke auf der Orgel übt, ist dieser Unterschied schon geringer. Wer nun schon so gut spielt, dass er innerhalb eines Monats ein Werk aus dem Wohltemperierten Klavier gut spielen kann (oder Fantasie und Fuge c-Moll BWV 537 auf der Orgel), der ist fürderhin nicht mehr mit den oben genannten Grundsatzproblemen beschäftigt. Wer zwei Monate Auto fährt, muss sich ja beim Anfahren auch nicht mehr darauf konzentrieren, dass der rechte Fuß hoch und der linke runter geht. ;-)

Wenn ein Pianist dieses Stadium erreicht hat, wird er nun Werke wie Beethovens op. 111, eine Chopin-Etüde oder das Tschaikowsky-Konzert spielen. Und dann läuft das Üben ungefähr so ab: In einer ersten, relativ kurzen Zeit ist man damit beschäftigt, den Text zu lernen, eventuelle Koordinationsprbleme zu beseitigen usw. Danach kommt aber das eigentliche Üben, das daraus besteht, die Stücke wirklich auf ein konzertreifes Niveau zu bringen, sodass 16tel-Noten an schwiergen Stellen gestochen scharf klingen und nicht wie genuschelt, der Anschlag feiner und differenzierter klingt und man mehrere Klangebenen und -farben gleichzeitig zu produzieren vermag. Und nach langer Übezeit hört man sich dann Aufnahmen von Swjatoslaw Richter an und stellt fest, dass man nicht annähernd dieses Niveau erreicht hat.

Ich glaube, Axel meinte mit seiner Aussage, dass vier Studen reichen, vor allem diese zweite Phase. Allerdings sollte man auch eine an der Berufspraxis orientierte Sichtweise anstreben. Organisten sind i.d.R. Kirchenmusiker, müssen also neben dem Literaturspiel improvisieren können, Ensembles leiten usw.

Man könnte übrigens auch fragen, ob Geige oder Bratsche einfacher ist. Seien wir doch mal ehrlich, auch wenn es Komponisten wie Antonín Dvořák gab . . . Stücke auf einem Niveau des D-Dur-Konzertes von Brahms oder Beethovens oder die Literatur Paganinis gibt es in einem solchen Umfang für Violine nicht.

Also was das reine Literaturspiel betrifft: Ich glaube, dass Orgel viel einfacher ist, lasse mich aber gerne eines besseren belehren. Musik wird aber nicht dadurch gut oder schlecht, dass sie schwierig zu spielen ist.
 
Die Kultivierung von differenziertem und schattiertem Spiel ist auch auf der Orgel möglich und nötig! Leider hört man meist, auch von studierten A-Kirchenmusikern, "genuscheltes" Spiel in Kombination mit plumpem Staccato. Wie schon erwähnt ist Kirchenmusik ein weites Feld. Von daher ist es ja verzeihlich wenn nicht jeder Organist zu einem "Swjatoslaw Richter" der Orgel wird, aber dieses nicht tot zu kriegende Gerücht, Orgel sei einfach, oder gar viel einfacher als Klavier, hat schon so manch dröges Orgelkonzert in die Welt gesetzt. Ein Bärendienst für die Wahrnehmung dieses Instruments.
Dass sich das Notenbild bei Liszt, Mendelssohn, Saint-Seans etc. erheblich lichtet, wenn sie für die Orgel geschrieben haben, hat wahrscheinlich wenig damit zu tun, dass es sich auf einer Orgel grundsätzlich leichter spielt. Das Gegenteil müsste dann der Fall sein. Wer an die Grenzen des technisch spielbaren möchte, kann sich z.B. mit Middelschulte oder Dupré austoben. Oder sich an den zahlreichen aberwitzigen Transkriptionen die es für Orgel gibt versuchen. Von Bernhard Haas gibt es z.B eine der Liszt h-moll Sonate und "Le sacre du printemps". Wenn sich prozentual so viel studierte Organisten auf diesem Niveau befinden wie prozentual studierte Pianisten große Werke der Klavierliteratur spielen, kann man über einen Vergleich nachdenken.
 

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