Braucht das evangelische Gesangbuch ein update?

Früher bekam man ein hübsches, ledergebundenes Gesangbuch mit Goldschnitt ;-) zur Konfirmation und brachte es üblicherweise in den GD mit, lebenslang. Ein von der Gemeinde zur Verfügung gestelltes Exemplar griff man sich nur, wenn man sein eigenes vergessen hatte.

Wenn heutzutage so viele gemeindeeigene EGs benutzt werden, wie ich Dich verstanden habe, liegt es vielleicht daran, dass die Betroffenen sich kein neues zugelegt haben, nachdem das alte obsolet geworden war?
Das eine schließt das andere nicht aus. Fand die Konfirmation vor dem Erscheinen des EG statt (gilt also schon für Gemeindemitglieder, die das Rentenalter noch lange nicht erreicht haben), hätte man sich das neue Gesangbuch entweder auf eigene Kosten besorgen müssen oder man nimmt sich eines vor der Einnahme des Platzes auf der Kirchenbank aus dem Kasten im Vorraum. Die dritte Möglichkeit wird vermutlich am seltensten gewählt: Das alte Gesangbuch mitbringen, mit der an der Tafel gesteckten Nummer nichts anfangen können und jedesmal selber suchen müssen. In diesem Falle hätte man zwei Alternativen, entweder im Inhaltsverzeichnis nachschauen und frühestens ab der zweiten Strophe mitsingen oder auf eigene Faust losblättern und das Lied finden, nachdem die Gemeinde fünf Minuten zuvor die letzte Strophe gesungen hat. Das bringt Leben in die Bude und das Rascheln der Blätter ist lauter als der Gesang der Gemeinde. Voraussetzung dafür ist, dass möglichst viele Kirchenbesucher auf diese bescheuerte Idee kommen. Beschäftigungstherapie für Mistchris..., äääh, Mitchristen, wenn man so will.
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LG von Rheinkultur
 
Wie sagte damals der Volksmund bei Erscheinen des neuen EG?

Wenn eine fünfköpfige Familie in den Sonntagsgottedienst geht, braucht sie einen Bollerwagen... :-D
Und wenn die Großeltern, Schwiegeroma und Schwiegeropa auch noch mitkommen, kommt man mit dem Großlaster auf den Kirchenparkplatz und fährt mit dem Gabelstapler zur Kirchenbank... .
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Mein ehemaliger Musiklehrer am Gymnasium, mit dem ich bis heute noch gelegentlich Kontakt habe, beklagte sich seinerzeit über einen spürbar größer gewordenen Verschleiß an Kleidungsstücken. Er spielt seit Jahrzehnten regelmäßig Orgelvertretungen in den evangelischen Kirchengemeinden seiner Heimat und ruiniert sich eine Jacken- und/oder Manteltasche nach der anderen durch die Mitnahme des eigenen Gesangbuchs.

LG von Rheinkultur
 
Er spielt seit Jahrzehnten regelmäßig Orgelvertretungen in den evangelischen Kirchengemeinden seiner Heimat und ruiniert sich eine Jacken- und/oder Manteltasche nach der anderen durch die Mitnahme des eigenen Gesangbuchs.

Anständigen Rucksack anschaffen, Problem erledigt.
Meinem Gymnasiallehrer konnte ich in seiner Argumentation auch nicht wirklich folgen, als er von dem sperrigen Gesangbuch berichtete. Evangelische Kirchenmusiker legen auf den Vortrag angemessener Literatur zum Ein- und Auszug oftmals noch mehr Wert als die katholischen Kollegen - vielfach wird das Orgelnachspiel sitzend bis zum Ende angehört und sogar bei den Abkündigungen der Werktitel genannt. Also nimmt man genügend Notenmaterial mit, für das man ohnehin eine strapazierfähige Tasche braucht. Platz für das Gesangbuch dürfte dann wohl vorhanden sein. Letzteres haben die hauptamtlichen Kollegen meist sowieso griffbereit am Spieltisch oder im Notenfach liegen - das nehme ich niemals von zu Hause mit, verzichte aber auch auf die Bände mit den ausgeschriebenen Choralvorspielen. Warum mein Lehrer unbedingt sein eigenes Gesangbuch dabeihaben muss, weiß ich nicht. Vielleicht trägt er sich Angaben zur Registrierung oder Akkordsymbole oder vermerkt, wann er welches Lied im Gottesdienst gespielt hat - keine Ahnung. Er hat auch sonst eine Affinität dazu, akribisch immer alles zu erfassen und jedes Detail genau festzuhalten. Eigentlich hätte er besser in ein musikwissenschaftliches Institut als in den Schuldienst gepasst - da sind einfach zu wenige, die für Musik Interesse und Aufgeschlossenheit mitbringen. Man konnte bei ihm unwahrscheinlich viel lernen - wenn man für das Fach etwas übrig hatte.

LG von Rheinkultur
 
Warum mein Lehrer unbedingt sein eigenes Gesangbuch dabeihaben muss, weiß ich nicht. Vielleicht trägt er sich Angaben zur Registrierung oder Akkordsymbole

So habe ich es auch gehandhabt. Mein eigenes Gesangbuch (EKG) war meine organistische Lebensversicherung. Wenn mir das je abhanden gekommen wäre... nicht auszudenken. :angst:

Vor wenigen Wochen besuchte mich eine Nachbarin als Vertreterin des hiesigen Kirchenvorstands, um eine Spende für die Renovierung der Gemeindekirche einzuwerben; gleichzeitig wollte sie mich einmal mehr bewegen, wohlwollend über eine gelegentliche Organistenvertretung nachzudenken. Sie wollte mir sogar einen Schlüssel besorgen, damit ich üben kann. Ich gebe zu, gerade letztere Option war schon fast eine echte Versuchung...

Nach dem, was Du über das EG im Gegensatz zum EKG schreibst, bin ich im Nachhinein wirklich froh, bei meiner Ablehnung geblieben zu sein.
 
Zurück zur Engangsfrage:
Die Ausgabe des Ev. Gesangsbuches, welches ich zur Konfirmation 1985 hatte, reicht völlig aus.
Ich habe nie verstanden, wieso man ein kirchliches Gesangsbuch erneuern muß.
Die besten Texte kommen eh von Paul Gerhardt.
Und gibt es etwas eindringlicheres als die Melodien aus dem 16. und 17. Jahrhundert?
 
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Die Ausgabe des Ev. Gesangsbuches, welches ich zur Konfirmation 1985 hatte, reicht völlig aus.
Ich habe nie verstanden, wieso man ein kirchliches Gesangsbuch erneuern muß.
Die besten Texte kommen eh von Paul Gerhardt.
Und gibt es etwas eindringlicheres als die Melodien aus dem 16. und 17. Jahrhundert?


Ich finde die Lieder von Paul Gerhardt ebenfalls toll (nicht wenige Texte finden sich auch im katholischen Gotteslob, ebenso Melodien von Georg Philipp Telemann und Heinrich Schütz), aber auch die waren ja mal „neu“ – was spricht also gegen eine behutsame Ergänzung des Gesangbuches mit neueren Liedern? Vielleicht ist da ja ein „neuer“ Gerhardt dabei...
 
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Die Ausgabe des Ev. Gesangsbuches, welches ich zur Konfirmation 1985 hatte, reicht völlig aus.
Ich habe nie verstanden, wieso man ein kirchliches Gesangsbuch erneuern muß.
Die besten Texte kommen eh von Paul Gerhardt.
Und gibt es etwas eindringlicheres als die Melodien aus dem 16. und 17. Jahrhundert?
Wieso überhaupt ne deutsche Bibelübersetzung und dann auch noch der blöde Buchdruck, die lateinischen bunten Handschriften waren doch so schön ;)

Ich glaube diese Spießigkeit findet man wirklich nur in Deutschland...
 

Ich denke es geht mehr um den (ich weiß nicht, wie ich es nennen soll) Schwerpunktwechsel in der Mitte.
 
EG 659
Ins Wasser fällt ein Stein

Text: Manfred Siebald 1973 nach dem englischen „Pass it on“
Melodie: Kurt Kaiser 1969

Das Lied gibt's seit nunmehr 44 Jahren und ihr kriegt die punktiere Viertel immer noch nicht hin !?

Ja, die Gemeinde, insbesondere die ältere Generation, bekommt das immer noch nicht hin. Achtelebene funktioniert nur eingeschränkt. Solche Stellen (z.B. Viertel auf Off-Beat) gelten auch im Chor als 'Problemstellen', also bedürfen besonderer Beachtung beim Einstudieren. Da muss man als Chorleiter erst einmal drauf kommen. :-)

Aber wer erlbt hat, dass jemand sechs Wochen brauchte, um bei der Bundeswehr im Gleichschritt zu marschieren, hat fürs Leben gelernt: Selbst einfache Rhythmen können zu schwer sein.

Oder mal im Chor zum festen Beat reihum klatschen. Das haben auch Leute mehrfach nicht gekonnt! Man sieht, wie der Puls ankommt, kann sich rechtzeitig vorbereiten und zum richtigen Zeitpunkt klatschen. Kann man. Muss man aber nicht.

Grüße
Häretiker
 
Ich bin absolut kein Kirchgänger und vor langer Zeit ausgetreten (katholisch) habe aber sehr liebe Freunde (eine evangelische Pastorenfamilie, beide Pastoren) die mich ab und zu ermutigen mal wieder eine Messe zu besuchen.
Bei der Erweiterung des evangelischen Gesangsbuches bemerkte ich positv, dass die Akkordchanges stimmig sind und auch hat sich die metrische Darstellung um Welten verbessert.
Was mich aber immer wieder in Erstauen versetzt - wie singe ich ein mir unbekanntes Lied wenn der Text der sechsten Strophe wo ganz anders steht als die Melodie? Das Buch ist doch sicherlich auch für Erstlinge gedacht oder spekuliert das Buch darauf dass sowieso jeder die Melodie auswendig drauf hat? Ich bin jedenfalls schwindlig geworden vom laufend hin und her gucken.
 
Ok, ich gebe zu, ich bin extrem spießig und hänge am Althergebrachten (was bei mir aber trotzdem das Rollenbild der Frau ausschließt)! :-D
Ich habe mir von meinem Opa die Deutsche Schrift beibringen lassen, daß ich alte Briefe und Postkarten lesen kann. Außerdem finde ich sie viel schöner als die Lateinische Schrift.
Ich kann auch Frakturschrift lesen.
Und ich finde eben die alten Kirchenlieder (auch wenn sie mal neu waren) viel kunstvoller und eindringlicher in Text und Melodie wie die heutigen.
Ich benutze übrigens konsequent - auch im Geschäft - die alte Rechtschreibung (wenn ich nicht ganz selten mal durch das Mischmasch der neuen verwirrt werde).

Tja, mich polt man so schnell nicht um... ;-)
 
Übrigens wird nicht nur das Gesangbuch überarbeitet, es gibt jetzt auch einen neuen Studiengang „Bachelor Kirchenmusik Popular“, bei dem die Orgel nicht mehr Hauptfach ist, sondern eher Klavier oder Gitarre. Das finde ich dann doch etwas gewöhnungsbedürftig… was meint ihr?

So wird der Studiengang beschrieben: Im Studium (BA) geht es um die künstlerische und musikpädagogische Entwicklung und Qualifizierung der Studierenden für den professionellen Einsatz in den Praxisfeldern kirchlicher Popularmusik: das Leiten von Chören und Bands, das popmusikalische Gestalten von Gottesdiensten, die souveräne Begleitung des Gemeindegesangs, sowie die Konzipierung und Realisierung von musikalischen Projekten und Konzerten.

http://www.ev-pop.de/news/144/2016-10-11/semester-startschuss/
 

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