Betitelte und unbetitelte Klavierwerke bei Ravel

Ambros_Langleb

Ambros_Langleb

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19. Okt. 2009
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Ich höre gerade bei einer späten Mittagspause BR Klassik, und die Moderatorin hat ihren Hörern soeben eine Frage aufgetischt, nämlich: Zwischen Ravels Jeux d'eau und seinen Mirroirs stehe die Sonate in fis-moll. Jene Stücke deuteten in ihren Titeln an, was der Hörer hören könne, die Sonate nicht, und dennoch müsse man auch hier an die musikalische Wiedergabe bestimmter Situationen oder Vorgänge denken. Welche es denn seien? Ich habe die Sonate brav zu Ende gehört, aber dann -- hat die Dame sich philosophisch ausgeschwiegen.

Nun, in welchem Sinne "steht" die Sonate zwischen den beiden anderen Stücken. In einem temporalen? Oder in einem thematischen bzw. programmatischen? Ich wäre für Euere Expertise bzw. Meinung dankbar. Ich will natürlich angesichts der qualitativen Antiklimax, die das Team von BR Klassik in den letzten Jahren charakterisiert, auch nicht ausschließen, dass ich da reines Moderator:innen-Trallala gehört habe. Interessant finde ich die Frage nach dem Nebeneinander betitelter und unbetitelter Klavierwerke trotzdem. Ist das nur ein Nebeneinander von (formaler) "Tradition" und "Moderne" oder steckt mehr dahinter?
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin nun nicht gerade für mein musikhistorisches Wissen bekannt, kann aber mal einen Deutungsversuch starten:

Ravel wird dem Impressionismus zugeordnet (ich meine mich zu erinnern, dass ihm das gar nicht gefallen hat). Man könnte aber auch Neoklassizismus sagen, zumindest zu manchen seiner Werke. Die Klangsprache ist sehr fortschrittlich, es gibt erweiterte Harmonien und Klänge, besondere pianistische Effekte, manchmal wird es fast atonal. Gleichzeitig nutzt er aber auch strenge ältere Formen, z.B. das Menuett oder auch die Sonatenform (übrigens nicht nur in der Sonatine, sondern z.B. auch im ersten Satz der Miroirs...). Ich vermute, dass er einfach verschiedene Gattungen gerne bedient hat und sowohl programmatische Stücke als auch alte Formen versucht hat. Der Tombeau de Couperin ist eine Klavier-Suite, die Sonatine eine kurze (nicht leichte) Sonate, die Miroirs und der Gaspard ist programmatisch, die Walzer sind - nunja, Walzer.

Was die Dame bei BR-Klassik damit nun andeuten wollte, weiß ich auch nicht. Vermutlich weiß sie es selbst nicht und wollte halt irgendetwas mehr oder weniger Inspirierendes sagen.
 
Ravel wird dem Impressionismus zugeordnet (ich meine mich zu erinnern, dass ihm das gar nicht gefallen hat).
So ist es!

Ravel hat, und das darf er! Musik mit außermusikalischen Assoziationshilfen geschrieben und absolute Musik!
Gaspard ist eher Programmmusik (im Scarbo in einer freien Sonatenform) und die Sonatine ist eine neoklassizistische Studie.
Beide sind genial komponiert! No problem for nobody.
 

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