300 x durchspielen oder einmal auf den Punkt bringen?

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Der Titel hötte "300 x durchspielen oder einmal auf den Punkt bringen und dann nur noch absichern" lauten sollen, aber das wäre zu lang. Eine Antwort drängt sich zwar auf, aber so einfach ist es in der Praxis häufig nicht...

Die Theorie wäre nun, daß man sich die Noten durchsieht und aufgrund eigener Erfahrung weiß, wie man sie am besten umsetzt - ich meine hier die "technische" Seite, also das, was man körperlich macht, um aus dem Klavier die Musik herauszuholen, die einem vorschwebt.

Die Praxis läuft wohl häufiger so ab, daß man in sein Sortiment von Spiellösungen greift und meistens auf Anhieb das passende "Werkzeug" greift. Aber es gibt eben auch die Stellen, wo man eigentlich alle Werkzeuge durchprobieren müßte aber meistens vorübergehend zufrieden ist, wenn man das erste gefunden hat, das einigermaßen funktioniert - mit dem Hintergedanken, daß man halt noch üben muß. Und bei dieser Lösung bleibt man dann hängen, es sei denn, ein Klavierlehrer greift ein oder man erkennt doch noch selbst, das es anders besser geht. Leider werden gerade im Unterricht viele Stücke frühzeitig als "fertig" beiseite gelegt oder mit der Vorstellung, es könne in einem Jahr besser werden, erstmal in die Reifekammer gebracht, und das vielleicht nur wegen ein oder zwei Stellen, die einem, auf andere Weise gespielt, vielleicht sogar leicht gefallen wären.

Klar, man kann einfach sagen, wer nicht sorgfältig ist, muß leiden, aber für solche Aussagen braucht man kein Internetforum. Was hier genau besprochen werden soll, kann ich aber auch nicht definieren, ich hoffe einfach, daß noch ein paar andere Gedanken zu dem Thema zusammenkommen.
 
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Danke Guendola für dieses sehr gute und wichtige Thema!

Die Vorstellung, daß man allein durch häufiges Wiederholen des immer Gleichen automatisch besser werden würde, ist ziemlich verbreitet. Daß also zum Beispiel die Fehler dadurch weggehen, daß man ein Stück 20 mal wiederholt. Das kann sogar so weit gehen, daß man garnicht damit rechnet, daß man schon beim 1. Spielen alles richtig spielen könnte. Man spielt also von vorneherein in dem Bewußtsein: "ich werde erstmal ganz viele Fehler machen - und wenn ich das dann so und so oft gemacht habe, werden die Fehler von allein weggehen".

Ein fataler Irrtum!

Was tatsächlich passiert ist, daß man sich an die Fehler gewöhnt, sie nicht mehr hört, und die Bewegungsmuster, die mit den Fehlern verbunden sind, werden mehr und mehr automatisiert. Je länger man auf diese Weise "übt", umso schwerer sind die Fehler nachher überhaupt noch wegzukriegen.

Das ist einer der Hauptgründe, warum ich immer und immer wieder darauf hinweise, wie wichtig das langsame Üben ist. Man muß so langsam üben, daß man von Anfang an ohne Fehler (und auch möglichst gleich im richtigen Rhythmus) spielen kann. Jedes Einüben von Fehlern sollte man unbedingt vermeiden.
 
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Das kann sogar so weit gehen, daß man garnicht damit rechnet, daß man schon beim 1. Spielen alles richtig spielen könnte. Man spielt also von vorneherein in dem Bewußtsein: "ich werde erstmal ganz viele Fehler machen - und wenn ich das dann so und so oft gemacht habe, werden die Fehler von allein weggehen".

Ein fataler Irrtum!

Was tatsächlich passiert ist, daß man sich an die Fehler gewöhnt, sie nicht mehr hört, und die Bewegungsmuster, die mit den Fehlern verbunden sind, werden mehr und mehr automatisiert. Je länger man auf diese Weise "übt", umso schwerer sind die Fehler nachher überhaupt noch wegzukriegen.

Das ist einer der Hauptgründe, warum ich immer und immer wieder darauf hinweise, wie wichtig das langsame Üben ist. Man muß so langsam üben, daß man von Anfang an ohne Fehler (und auch möglichst gleich im richtigen Rhythmus) spielen kann. Jedes Einüben von Fehlern sollte man unbedingt vermeiden.

hallo,

das ist absolut richtig!!

der Grad der Langsamkeit ist hier abhängig vom Können, aber das Prinzip ist völlig richtig.

die nötige Anzahl von wiederholten Details (Abschnitten) und Trainingsabschnitten, um das gerade geübte Stück ins gewollte Tempo zu bringen, ist individuell verschieden (und auch abhängig vom schon vorhanden Können).

man könnte es auch so sagen: so lange noch Fehler da sind, nützt wiederholen nichts! :)

Gruß, Rolf
 
man könnte es auch so sagen: so lange noch Fehler da sind, nützt wiederholen nichts! :)

Das freut mich, daß wir uns darüber einig sind.

Und als Folgerung daraus vermute und hoffe ich, daß du auch mit folgendem einverstanden bist: so lange Fehler da sind, ist das Ziel Schnelligkeit überhaupt nicht relevant.

So, jetzt nur noch eine Frage:

wo kommen die Fehler her?
 
Wie setzt man das ins Verhältnis zu den konträren Ansichten nur bis zum Fehler zu spielen oder trotz Fehler immer duchzuspielen?

Handelt es sich da um eine Anweisung von Chang?

Im Prinzip gilt die Regel "trotz Fehler weiterspielen" für die Aufführungssituation. Also erst, wenn man das Stück gut kann und es dann anderen Leuten vorspielt. Hier gibt es also einen großen Unterschied zwischen Üben und Spielen.
 
Handelt es sich da um eine Anweisung von Chang?

Im Prinzip gilt die Regel "trotz Fehler weiterspielen" für die Aufführungssituation. Also erst, wenn man das Stück gut kann und es dann anderen Leuten vorspielt. Hier gibt es also einen großen Unterschied zwischen Üben und Spielen.

Also ob das von Chang ist kann ich nicht sagen. Ich verpasse mir gerade derart viel Input, dass ich kurz vorm Overflow bin. :rolleyes:

Mir erscheint es aber auch logisch, wenn wie bereits gesagt bis zum Fehler gespielt wird und diese/r oder schwierige Passagen, separat geübt werden.
 

Zu schnelles, schlampiges Üben. ;)

Es gibt natürlich viele individuelle Gründe, warum eine Stelle nicht klappt oder Fehler passieren. Übergeordnet betrachtet liegt es immer an mangelnder Kenntnis des Stückes.

Ehrgeizige Schüler, die gerne sofort schnell spielen wollen, haben oft die Angewohnheit zuerst zu spielen und dann zu lesen. D. h. es wird irgendwo hin gelangt, ohne zu wissen was als nächstes wirklich dran kommt. Wenn das der Fall ist, lasse ich den Schüler jede Note vor dem Spielen sagen, von unten nach oben. Also: lesen - sagen - spielen. (in Zeitlupe) Das reduziert die Fehler von Anfang an.

Allerdings finde ich, man sollte den Fehlern nicht zu viel Aufmerksamkeit geben. Fehler passieren - wenn man nicht ständig daneben langt, ist das zumindest in der Anfangs-Phase kein Problem.

Wenn man die Aufmerksamkeit von Anfang an auf das richtige Umsetzen der "Sprache" Musik lenkt, also auf korrekte Betonung, Artikulation, usw. die musikalischen Parameter, dan verschwinden Fehler mit der Zeit fast von selbst.

Der Titel hötte "300 x durchspielen oder einmal auf den Punkt bringen und dann nur noch absichern" lauten sollen
Ich würde sagen:
So zielstrebig wie möglich auf den Punkt bringen und "polieren".

"absichern" hört sich an wie den Status quo erhalten. Das funktioniert meistens nicht. Entweder man verbessert das Stück, man feilt und poliert ständig dran oder es wird halt wieder schlechter.

Die "Reifekammer" sollte im Idealfall erst dann zur Anwendung kommen, wenn man das Stück bereits beherrscht. Was man noch nicht kann, wird sich auch nicht "setzen" schon gar nicht "reifen". Leider dient diese "Reifekammer" oft einem gewissen Selbstbetrug, ich will mich da nicht ausnehmen.
 
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also ich mach es immer so ich spiel es langsam um Sicherheit zu bekommen und dann wird das Tempo auch immer schneller... jedoch achte ich immer darauf das es sauber und richtig gespielt ist...
oft ist es auch so ab einem besimmten Punkt wo ich es verinnerlicht habe aber noch nicht wirklich kann, höre ich auf und etwas später funktioniert es auf einmal perfekt xD bin dann auch immer wieder überrascht^^ ;-)
 
Das freut mich, daß wir uns darüber einig sind.

Und als Folgerung daraus vermute und hoffe ich, daß du auch mit folgendem einverstanden bist: so lange Fehler da sind, ist das Ziel Schnelligkeit überhaupt nicht relevant.

So, jetzt nur noch eine Frage:

wo kommen die Fehler her?

hallo,

ja so lange noch Fehler (und sogar Unsicherheiten, d.h. Griffe suchen und auch Fingersatzunsicherheiten) da sind, bringen Temposteigerungen überhaupt nichts. Zuerst sollte eine verläßliche fehlerfreie Basis erarbeitet werden, hat man sich an diese gewöhnt, kann man allmählich steigern.

wie es um die fehlerfreie Basis bestellt ist (also ob es erst mal ein Abschnitt oder gleich ein ganzens Musikstück ist, auch ob diese ultralangsam wie in Zeitlupe oder schon etwas beweglicher ist) hängt vom schon vorhandenen spielerischen Niveau ab.

wo die Fehler herkommen? vieles rührt wohl von Lesefehlern her, wohl auch von "Übereifer" (schon zu rasch probiert und ähnliches).

übrigens bedeutet die langsame fehlerfreie Basis nicht, dass nun alles kontinuierlich gesteigert werden könnte - vielmehr wird man sicher mit den aufwändigen Stellen mehr zu tun haben. Also was das Ziel Schnelligkeit (das ja nur in schnellen Stücken Sinn macht) betrifft: wer im ersten Stock aufräumen will, muss erst mal die Treppe hochlaufen :)

Gruß, Rolf
 
Ich meine Fehler entstehen, wenn man beim Lernen des Stückes nicht gleichzeitig versucht, es zu verstehen. Wenn man Töne lernt, ohne sie in den Gesamtkontext des Stückes einzubeziehen.

Ich übe auch immer sehr langsam am Anfang, zusammen und getrennt im Wechsel. Und versuche vor allem, meinen Kopf dabei zu haben. Harmonien zu verstehen, dann lassen die sich auch besser merken.
 
Ich meine Fehler entstehen, wenn man beim Lernen des Stückes nicht gleichzeitig versucht, es zu verstehen.

Das ist ganz bestimmt ein Grund dafür, daß Fehler entstehen.
Aber selbst, wenn man versucht, das Stück (bzw. eine bestimmte Stelle in dem Stück) zu verstehen, gelingt einem das ja nicht immer.

Also wenn man den Rhythmus ein bißchen verkehrt spielt, oder wenn man die Betonung an die falsche Stelle setzt, dann hört es sich einfach nicht gut an - und dann kann man auch das Gefühl für die richtige Ausführung nicht bekommen. Man muß oft lange experimentieren, bis eine Stelle überzeugend und logisch klingt - jenseits der richtigen Töne. Man darf sich also nicht damit zufriedengeben, daß man die richtigen Tasten gedrückt hat - es muß sich auch richtig anhören.
 
ist auch das schon fehlerhaft und man sollte es sich nicht angewöhnen. :)

Rolf, so lässig, wie du das dahinschreibst, scheinst du davon auszugehen, daß man von vorneherein weiß, wie der richtige Rhythmus zu spielen ist und welche Noten wie betont werden.

Aber genau das stelle ich unbedingt in Frage.
Man weiß es am Anfang, also zu Beginn des Lernens eines neuen Stücks, noch nicht!

Und jetzt erzähl mir nicht, daß man halt die Melodie immer laut spielt und den Rhythmus möglichst genau nach Metronom.
 
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Rolf, so lässig, wie du das dahinschreibst, scheinst du davon auszugehen, daß man von vorneherein weiß, wie der richtige Rhythmus zu spielen ist und welche Noten wie betont werden.

Aber genau das stelle ich unbedingt in Frage.
Man weiß es am Anfang, also zu Beginn des Lernens eines neuen Stücks, noch nicht!

Und jetzt erzähl mir nicht, daß man halt die Melodie immer laut spielt und den Rhythmus möglichst genau nach Metronom.

den agressiven Tonfall Deines letzten Satzes kann ich nicht so recht einordnen - was Deine Bemerkungen zuvor betrifft:

a) erinnere ich mich, geschrieben zu haben, dass hier einiges vom Kenntnisstand des Übenden abhängt;
b) zumindest mal die eindeutig notierten Richtlinien wie Tondauer, Tonstärke, Tonhöhe kann man dem Notentext entnehmen;
c) und wo das nicht hilft, wird man wohl gut beraten sein, wenn man seine/n Lehrer/in frägt;

(d) abseits davon kann man natürlich auch seine Wonne darin finden, sich möglichst viele Probleme selber zu konstruieren - sicherlich auch eine, wenngleich wunderliche, Geschmacksfrage)
den eingeklammerten und freilich nicht ernsthaft auszuübenden Tipp d) habe ich mir wegen Deines letzten Satzes gegönnt :)

Gruß, Rolf
 
Haydnspaß, meinst du mit Rhythmus das, was notiert ist oder (erlaubte) Abweichungen davon, die im Laufe der Interpretation zustande kommen?
Die Frage stellt sich ebenfalls für die Betonungen.
 
Haydnspaß, meinst du mit Rhythmus das, was notiert ist oder (erlaubte) Abweichungen davon, die im Laufe der Interpretation zustande kommen?
Die Frage stellt sich ebenfalls für die Betonungen.

Das, was notiert ist, ist in den seltensten Fällen das, was wirklich gespielt wird/werden soll.
Entweder es gibt garkeine Angaben zur Betonung, oder falsche. Die Regeln zu den Taktschwerpunkten sind auch nur pure Theorie, in Wirklichkeit werden ganz andere Töne betont. Dasselbe gilt für den Rhythmus.

Guendola, das was du als "erlaubte Abweichung " bezeichnet würde ich "Interpretation der vereinfachten Notation" nennen. Mit einer vereinfachten Notation hat man es grundsätzlich immer zu tun.
 

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