Aber warum werden Hammerköpfe nicht einfach aus einem Material hergestellt was man nicht nachbearbeiten muss?
Der Sinn dieser Frage erschließt sich mir nicht. Ein Hammerkopf ist kein statisches Gebilde, sondern verändert sich durch Nutzung durch einen Pianisten und Intonieren durch einen Techniker.
Traditionell gefertigte Hammerköpfe bestehen (simplifiziert gesprochen) aus zwei Komponenten, nämlich Keratin und Lanolin - und nicht die Existenz der beiden Komponenten bestimmt den Ton, den ein Hammerkopf erzeugt, sondern in welchen Spannungsverhältnissen der Kopf nach Nutzung und dann eben nach dem Intonieren im Instrument verbleibt.
Spannungsverhältnisse kann man mit gezieltem und dosiertem Nadeln innerhalb des gesamten Tonraums des Klaviers anpassen - und das ist dann auch nachvollziehbar. Den Scheitel eines Hammerkopfes kann man durch Auftrennen der Fasern an den Schultern, also unten, direkt am Stiel, verdichten, also härter machen, und umgekehrt die Härte durch Nadeln in der Nähe des Scheitels herausnehmen.
Dabei wird dann aber auch nichts vom Wollfett entfernt, das die Geschmeidigkeit eines Hammers maßgeblich mitbestimmt. Die Nutzung von Chemie zum Weichmachen und Härten der Hammerköpfe bringt mehrere, komplett undefinierte, Variablen in die Bearbeitung eines Kopfes hinein (Zusammensetzung der Chemie, Ort und Volumen der Applikation und Interaktion mit dem vorhandenem Keratin und Lanolin), die am Ende etwas hinterlassen, das undefiniert und nicht nachvollziehbar ist - und wenn es nicht schön klingt, komplett dem Voodoo eines Chemie-Technikers unterliegt, der dann mit weiterem Voodoo etwas verbessert.
Oder eben auch nicht. "Grand Obsession" habe ich als Paradebeispiel bereits angeführt.
Ich verstehe, dass man gerade bei der Vorbereitung zu einem Konzertflügel im Einsatz manchmal etwas Lack auf den Scheitel gibt, um diesen Bereich zu härten und dem Ton mehr Brillianz zu geben. Das ist dann aber auch nach dem Konzert mit Abziehen des Kopfes wieder rückstandslos entfernt. Das hat jeder Konzerttechniker im Reperoire und in seinem Werkzeugkasten.
Weichmacher und Acrylhärter hingegen sind dann doch nichts, was einen Flügel langfristig schön und auch in seiner Betreuung konsistent machen.
Ja, ich bin da vorbelastet und geschädigt, aber da ich um die Alternative der rein mechanischen Bearbeitung eines Hammerkopfes weiß, lasse ich keinen Techniker mit Tinkturen an meine Flügel.
Mea culpa. Oder auch nicht.