...das Unangenehme an den beiden Beiträgen #45 und #46 ist weder die eklatante sprachliche Unbeholfenheit noch die darin enthaltene katastrophale historische, kulturelle und verblüffenderweise auch noch fachliche (Geschichte des Klavierbaus 1. Hälfte 19. Jh.) Unkenntnis: das ist notfalls verzeihlich. Unverzeihlich aber ist, dass dieser Blödsinn auf pampig-wütende Weise in der Pose des informierenden und belehrenden Kenners daherkommen will...
schau´n wir´s uns im Detail an:
und ka wie die alle geheißen haben????
"ka" dürfte die Abkürzung für
keine Ahnung sein - ja, das trifft hier zu, ist aber kein Ruhmesblatt und rechtfertigt ergo kein pampiges Gepoltere...
Es geht darum, daß sich dort (egal wie man es nennt!!!! von mir aus Transpapageinien wenn du willst. Es geht ums Gebiet des heutigen Polens) ein gewisser Kanon bzw. Klavierbauart entwickelt hat, die eben nur für das Gebiet typisch ist.
1. natürlich kann man nach Warszawa, Posnan und Krakow fahren und die dortige Bevölkerung darüber belehren, dass diese Gegenden samt ihrer Historie - speziell der des 19. Jhs. - gerne "Transpapageinien" genannt werden können, aber dann wird man die Erfahrung machen, dass man dafür nicht nur verbal windelweich geprügelt wird
Hier wird man dafür nur verbal gewatscht, insofern ist es gesünder, mit solchen Weisheiten hübsch daheim zu bleiben und keinesfalls z.B. die Odra (Oder) zu überqueren.
Denn 2. tatsächlich sieht das alles ganz anders aus. Zwar kann kann man hierzu polternd sowas herausröhren:
Was müsst ihr euch immer in irgendein Kleinscheiß verbeißen, der völlig unbedeutend ist, wenn man ein wenig vor die Nase sehen und denken kann!!!!!!!!!!!!!???????????!!!!!!!!!!
aber man demonstriert damit nur eine ebenso schäbige wie peinliche Unkenntnis. Man kann ohne viel Mühe wissen (bzw. wenn man´s nicht weiß, nachschauen) dass das
Gebiet des heutigen Polens
für die Landkarte des 19. Jhs. keine Rolle spielt. Einer der drei Musketiere sagte mal, er glaube nur, was er sehe - hübsche Idee, also was zum sehen:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/22/Karte_kongresspolen.png
Herr
@klavierrestaurator kann nun gerne in diese Karte die Grenzen des heutigen Polens eintragen... Und wenn er diese Hausaufgabe schon macht, dann kann er sich über Polen-Litauen (!) im späten 18.Jh. und die Teilungen in dieser Zeit, anschließend über den Wiener Kongress und "Kongresspolen" kundig machen. Hierbei wird er viel interessantes über administrative Bevölkerungsverschiebungen lernen, wird vieles über die
Germanisierung in den preussischen und kuk-österreichischen Gebieten erfahren, ebenso über die
Russifizierung in Kongresspolen. Sicher wird er bei diesen Hausaufgaben auf zur Kenntnis nehmen, wo das polniche Nationalepos
Pan Tadeusz, czyli ostatni zajazd na Litwie. Historia szlachecka z roku 1811 i 1812 we dwunastu księgach wierszem verfasst und publiziert wurde; dito wird er erkennen, dass innerhalb der Grenzen des
heutigen Staates Polen die Landkarte des 19. Jhs. Gebiete verzeichnet, in welchen jahrhundertelang nicht polnisch gesprochen wurde...
Und wenn du schon von Preußen sprichst, dann müsstest du auch die genaue Zeit angeben, da Preußen nicht immer das gleiche Gebiet umfasste... mann!!!!
Das Königreich Preussen änderte von 1815 bis 1918 seine Ostgrenzen - nur die sind für das Thema "heutiges Polen" von Interesse - gar nicht. Insofern ist die territoriale Entwicklung Preussens in der Zeit nach den napoleonischen Kriegen hier - erraten: irrelevant.
Aber trotzdem eine Info zu "heute Polen" und preussische Territorialveränderungen: Preussen hatte nach der 2. Teilung große Teile von Masowien bzw. heutigem Zentralpolen inne, darunter z.B. die Städte Warszawa,Putusk, Plock - in letzteren war der peussische Jurist E.T.A. Hoffmann tätig. Diese Gebiete verlor Preussen im Wiener Kongress an Russland.
Was ist die Folge von diesen historischen Ereignissen? Man kann nicht sinnvoll von speziell "polnischem Klavierbau" in der 1. Hälfte des 19. Jhs. sprechen und für diesen das Gebiet innerhalb der heutigen polnischen Grenzen reservieren: das ist Blödsinn, denn diese Grenzen haben nichts mit den historischen Verhältnissen im 19. Jh. zu tun. Man kann auch im 19. Jh. nicht von "polnischen Festungen" sprechen: zwar gibt es sehr viele Festungen aus dem 19. Jh. in Polen, aber es sind preussische, österreichische und russische. Es gab innerhalb der preussischen, österreichischen und russischen Gebiete des ehemaligen Polen-Litauen zumindest in den großen Städten Klavierbaufirmen, wie in anderen großen Städten auch. Diese rangelten um Marktanteile und versuchten, wie alle anderen, mit ihren Möglichkeiten die Innovationen von Broadwood, Pleyel und Erard irgendwie zu integrieren - da unterschieden die sich nicht voneinander. Hierbei stammten die Klavierbauer oft, wenn auch nicht immer, aus der Region, sodass sich deren Herkunft leicht an den Namen ablesen lässt. Da die polnischen Bevölkerungsteile überall von den "Besatzern" drangsaliert und dominert (germanisiert & russifiziert) wurden, wundert nicht, dass genuin polnische, litauische und weissrussische Namen nicht die Mehrheit ausmachen. Speziell auf Grund der raschen klavierbauerischen Veränderungen (Innovationen infolge der rasend schnellen Innovatiosschübe der industriellen Revolution) in der 1. Hälfte des 19. Jh. gestaltete sich das alles recht unübersichtlich, d.h. überall wurde herumgewerkelt und erneuert. Einen eigenen "Stil" oder "Kanon" ausgerechnet für "polnische Klaviere" in diesem Zeitraum kann man nicht konstatieren.
Allerdings kann man sich ein Bild verschaffen darüber, was für Klaviere im 19. Jh. in heute lit., poln., weissruss. Gebieten hergestellt wurden und welche Firmen diese herstellten: es gibt im Industrie-Museum in Opatowek eine Dauerausstellung über solche preuss.-lit., russ.lit., preuss.-poln., preuss.-russ-poln. Instrumente. Einen Besuch dort kann ich empfehlen.