Und: Gerade wenn wir LEGATO spielen, betätigen wir die Tasten genau und deutlich, während beim staccato die Gefahr besteht, sie evtl. NICHT GANZ oder gar UNKONTROLLIERT zu betätigen.
das ist übler schlimmer Schwachsinn und man kann nur nachhaltig jedem empfehlen, diesen Blödsinn nicht zu glauben.
warum?
1. weder der seinerzeit recht bekannte Pianist Egon Petri noch sein deutlich weniger bekannter Schüler Libermann haben jemals ex cathedra erklärt, dass staccato eine unkontrollierte oder in Richtung Kontrollverlust gefährdete Spielweise sei; das haben beide aus dem schlichten Grund nie in diesem Sinn geäussert oder gelehrt, weil sie keine Esel waren, denn:
2. gibt es zahlreiche staccato-staccatissimo-Stücke, und die wurden und werden nicht unkontrolliert gedroschen - jedenfalls nicht von denen, die wissen was stacc. und leg. bedeutet und die das auch ausführen können. Egon Petri konnte das. Freilich war er damit nie allein, denn das konnten und können einige.
3. haben die Komponisten solcher stacc.-Etüden auch keinerlei unkontrolliertes Gedresche intendiert.
Höchst interessant ist nachzulesen, was F. Busoni - der Klavierspielen und für Klavier komponieren konnte! - über legato bei vollem Pedaleinsatz geäussert hatte (!) Freilich kann man auch ohne nach Busonis Äusserungen zu recherchieren auch darauf kommen, wenn man sich diverse Noten aus der Klavierliteratur anschaut: man wird als
legato (cantabile) zu klingen vorgeschriebene Melodien finden, die absolut niemand pedallos legato greifen kann
doch oh Wunder. hört man das Zeugs korrekt gespielt, klingt es legato (was es auch soll)
-- für Herrmann Löns verehrende Eselinskis zwei total saublöde, aber einleuchtende Beispiele gefällig? Na: Chopin op.25 Nr.1 ohne Pedal - und wenn Konzertetüden zu gemein weil zu schwierig sind, dann tut´s auch Liszts beliebter Liebestraum in As-Dur
(muss ich das ablichten?)
op.10 Nr.1 von Chopin:
sehr schnelle Akkordbrechungen in der rechten Hand, lästigerweise als gebrochene
Dezim- und
Undezimakkorde.
forte
"legato" mit vollem Pedalgebrauch (den Chopin minutiös mit den in seiner Zeit üblichen Zeichen notiert hat) (((kleiner Tipp: Busoni)))
wer übt diese Etüde mit der berechtigten Chance, sie anständig im Tempo hinkriegen zu können?
- da sollte man prüfungsreif Beethoven op.27,2 Finale, WoO 80 und op.57 Kopfsatz und Finale drauf haben - mit anderen Worten: sehr weit fortgeschritten (nach erfolgreicher Aufnahmeprüfung für Vorklasse etc.)
wie übt man dieses Biest, das oftmals zu den 3-4 schwierigsten der Chopinetüden gezählt wird?
a) man macht sich die Harmonien klar
b) man lernt dank staccato spielen die weitgefächerten Arpeggien ohne Verdrehungen des Handgelenks (kann man bei Ashkenazy, der diese Etüde fantastisch spielt, sehr schön sehen: kein verdrehen/verbiegen)
c)
nachdem mittels b) die optimale Handführung angewöhnt ist und schon einigermaßen Tempo gemacht wird (z.B. Viertel 120-144)*) kann man anfangen, die Töne "prasseln" zu lassen (eine Art forte-stacc. in den Tastenboden - naturgemäß ist das kein staccato mehr) und das mit reduziertem Tempo und Augenmerk darauf, dass nichts verbogen/verdreht wird
d) jetzt ist der Spielapparat so weit trainiert, dass man an die fiesen Dehnübungen (zu dieser Etüde) von Cortot herangehen kann
=> diese Arbeitsschritte verhelfen, wenn sie richtig ausgeführt werden, zu einer flexiblen Spielweise auch in hohem Tempo, wobei dann der große "erhabene" forte-Klang ohne Anstrengung möglich wird.
Freilich gibt es, je nach Hand, auch ein paar problematische Takte:
- für diese gibt es alternative Fingersätze
- niemand muss Septimen mit 1-2 aufwärts oder 2-1 abwärts
pedallos legato in die Tasten drücken (!!)
- überhaupt ist Druck in den Tastenboden in dieser Etüde hinderlich
legato bezeichnet primär den Klang - nur der Klang entscheidet, nicht irgendeine dogmatische Bewegungsvorschrift. Die C-Dur Etüde ist keine Anfängerübung, sondern ein immergrünes Vortragstück - eine "Konzertetüde".
übrigens wäre die Etüde doppelt so schwierig wenn nicht gar partiell unspielbar, wenn Chopin dort aus Bosheit
sempre senza Pedale e molto legato vorgeschrieben hätte
_______________
*) was noch nicht das Zieltempo ist