ich empfehle Dir Geduld.
nach vorerst noch relativ kurzer Wiedereinstiegszeit musst Du Dir selber Zeit lassen, dass z.B. auch die Läufe freier und selbstverständlicher werden. Vergleiche es doch mit Wein: schön und erfreulich, dass es grün sprießt, dass es blüht, sich Dolden bilden (alles die Folgen sorgsamer Pflege, Wässerung usw.) - aber es wird noch über den Sommer hin dauern, dass die Weintrauben reif sind. Laß sie in Ruhe reifen, vergiß nur die Pflege nicht (wässern, Ungeziefer verscheuchen usw.).
und ob die Trauben dann perfekt sind... genügen schöne wohlschmeckende eigene, selbstgezogene Trauben nicht? Perfektion ist ein abstraktes Ziel, zur realen Möglichkeit in der Darstellung großartiger und vielschichtiger Musikstücke ist sie bestenfalls "technisch" denkbar, ansonsten aber eine Chimäre, die mit ihrem Gorgonenhaupt eigentlich mehr Ärger als Freude macht. Und was Du beschreibst, mal spielt man besser, mal schlechter - das geht jedem so.
Hallo Rolf!
Dein "humanistisches" Gleichnis vom Weinstock gefällt mir ausgezeichnet: Ja, genau, die Früchte des eigenen Übens & Musizierens sollten der eigenen Freude dienen, nicht einem abstrakten Ideal der Perfektion.
Mir gelingt's auch meistens, mich über das eigene Spiel zu freuen, doch der kleine Teufel Perfektionismus flüstert gelegentlich in's Ohr: "Das taugt alles nichts, denn es ist unvollkommen."
Es kommt halt dazu, dass ich gar nicht mehr in Erinnerung habe, wie ich vor einem Monat gespielt habe und mir daher der Fortschritt nicht bewusst ist. Meine Klavierlehrerin meint jedenfalls, es lägen "Welten" dazwischen.
Also: Herzlichen Dank für Dein Gleichnis und den Zuspruch. Ich werde in Zukunft beim Klavierspielen an Wein denken - und mich in Geduld üben, bis die Trauben reif sind. :)
Besten Gruß
Clavifilius
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@ kristian
Tja, stimmt schon, dieses Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen gilt leider auch für's Klavierüben.
Ich frage mich nur, was sich daraus praktisch ergibt: Sollte man tatsächlich ein Stück weglegen, weil der Übe-Fortschritt sich verlangsamt?
Oder ist es nicht vielleicht sinnvoller, Rolfs Wein-Metapher zu berücksichtigen und die Trauben in aller Ruhe reifen lassen, d.h. einfach weiterüben, aber ohne Besessenheit und Zwang und durchaus neue Stücke dazunehmen, aber an dem/den alten regelmäßig weiterarbeiten?!
Edit: Vielen Dank übrigens für Deinen Tipp, speziell Läufe zu üben. Bisher dachte ich, es reicht, wenn ich die Läufe der Mozart-Fantasie nur oft genug wiederhole - und in der Tat sind sie schon deutlich fixer und an guten Tagen auch regelmäßig.
Ist es eigentlich ratsam, Tonleitern zu spielen?
Als Kind wurde ich damit traktiert und habe das gehasst. Deshalb hab ich bislang nicht wieder damit angefangen.