@ Rolf:
(1)
Wie ich schon schrieb, es ist Geschmacksache, ob man ein Decrescendo oder ein Crescendo oder gar keine Änderung der Klangfarbe an dieser Orgelpunktstelle machen möchte.
(2)
Mir gefällt ein Crescendo besser, aber ich würde mich gerade in Anbetracht des kleinen Umfangs des Stückes vor Übertreibungen hüten, sowohl was die Dynamik als auch Agogik angeht.
(3)
Für mich persönlich ist es im übrigen ein himmelweiter Unterschied, ob es sich um einen Orgelpunkt eines lupenreinen barocken Stückes oder um den Orgelpunkt z.B. einer romantischen Klangmalerei handelt. Der Vorschlag der Tonrepetition betraf natürlich barocke Stücke. Ich hoffe, dass war ausreichend klar.
(4)
Natürlich ist es auf einer Orgel einfacher, durch einen Orgelpunkt, der bei so vielen Orgelfugen Bachs vorkommt, eine Klangsteigerung hinzubekommen (so ein tiefer Orgelton baut sich langsam, aber unaufhaltsam, immer weiter auf).
Die beschriebene Tonrepetition ist dafür gedacht, dies quasi auf dem Klavier zu simulieren. Wer dies auf einem Klavier auch versuchen möchte, könnte der Empfehlung der Tonwiederholung folgen. Wer nicht, lässt es eben sein.
hallo Mindenblues,
da Du Deinen Beitrag eigens an mich adressierst, will ich Dir detailliert antworten:
zu (1)
ganz so wahllos und willkürlich ist "Geschmack" zumindest in musikalischen Angelegenheiten nicht, denn wenn das so wäre, wäre jeder Narretei Tür und Tor geöffnet -- bedenke: crescendo oder gleich bleiben oder diminuendo, wie Du selber schreibst, ja in Gottes Namen: was bleibt denn dann noch übrig? das ist indifferente Wahllosigkeit. So total frei und willkürlich wird es hier wohl nicht zugehen ;)
zu (2)
Du hältst es also - wohlgemerkt am Klavier - für schöner, eine abwärts laufende Akkordprogression crescendo zu spielen --- nun gut, tu das. Ich frage mich aber, was machst Du bei solchem Ansinnen mit dem kleinen Praeludium,
bevor es zur Orgelpunktstelle kommt??? alles pp spielen?? das kann ich mir nicht ernstlich vorstellen. Und Du selber offenbar auch nicht, da Du Deine eigene Vorliebe (crescendo) wieder einschränkst, indem Du vor Übertreibungen warnst. --- na, ich warne davor, die komplette Orgelpunktstelle crescendo zu einer Entladung hin zu spielen! In diesem kleinen Praeludium - falls Dir das nicht aufgefallen sein sollte - ist der Moment, in welchem der Orgelpunkt einsetzt, der Höhepunkt.
in diesem Sinne bleibe ich bei meiner Empfehlung zur klanglichen Gestaltung.
zu (3)
was treibt Dich eigentlich zu solchen Formulierungen und Vergleichen? Erklär mir doch bitte, inwiefern die Orgelpunkte z.B. in Brahms Rhapsodie g-Moll (aus op.79) lediglich "Klangmalerei", gar "romantische" sein sollen. Das würde mich doch sehr interessieren... (andere Beispiele aus der Klaviermusik des 19. & 20. Jhs. erspare ich Dir - mir genügt dieses einfache, will sagen noch problemlos spielbare Exempel aus der Brahmsrhapsodie)
was das neu Anschlagen in dem kleinen Praeludium betrifft: es ist auf einem Flügel oder guten Klavier nicht nötig, und wenn man das - wie Du vorgeschlagen hast - in halben Noten tut, so entsteht ein plumper stampfender Rhythmus: und den hat Bach da sicher nicht intendiert!!!
ich hoffe,
das war ausreichend klar ausgedrückt :)
zu (4)
das ist nun ein gänzlich anderer und sehr interessanter Aspekt, gerade weil in barocker Musik seltenst dynamische Vorgaben mitgeteilt sind!!! Dieser Eindruck bzw. diese Wirkung des Orgelpunktes
speziell an der Orgel ist sehr bedenkenswert: da die Klangwirkung tatsächlich so ist (also als Steigerung, jedenfalls anfangs, wahrgenommen wird), liegt der Schluß nahe, dass
in der Orgelmusik ein solcher Effekt beabsichtigt ist, wenn ein Orgelpunkt auftaucht. - -
aber es gibt Beispiele von Orgelpunkten, wenn die Orgel
begleitet, und dort ist diese Wirkung nicht vordergründig nachvollziehbar (die Rezitative aus Bachs Weihnachtsoratorium, Matthäus Passion etc.) - - eine ambivalente Angelegenheit; in der Orgelmusik dürfte es tatsächlich oft so sein -
aber gibt es einen zwingenden Grund, orgelspezifische Wirkungen auf Clavichord, Cembalo und Klavier zu übertragen??
so kommt es denn sogar bei einem so einfachen Praeludium (ich bin krass genug, es als ein Anfängerstück zu bezeichnen) zu sehr interessanten Fragestellungen.
Gruß, Rolf