Was kommt ins Pedal und was nicht (Spätrenaissance und Barock)?

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St. Francois de Paola

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Beim Spiel von Bach, Buxtehude und co. hat mich diese Frage bislang nicht all zu sehr bewegt, weil es einfach Sinn ergeben hat, wie Pedal und Manual aufgeteilt sind. Nun habe ich mich in letzter Zeit aber auch an Komponisten wie Sweelinck gewagt und mir Gedanken dazu gemacht. Im Prinzip ist das, was ich bislang so gesehen habe, alles manualiter spielbar. Ich habe für den Anfang etwas nicht so Schweres gewählt und kürzlich abgeschlossen (Allein Gott in der Höh' sei Ehr). Ich habe das komplett manualiter gespielt.
Sinn ergeben würde auch, die erste und letzte Variation halt normal wie einen Choral mit Bass im Pedal zu spielen und das Bicinium manualiter.
In der vorletzten Variation spiele ich da den cantus legato und Bass und Sopran non legato - alles auf einem Manual. Im Prinzip könnte man das auch als Trio spielen mit Bass im Pedal, Tenor im Hauptwerk und Sopran auf dem Oberwerk/Rückpositiv/Brustpositiv - was auch immer man da noch so hat. Ich durfte davon eine Aufnahme in Osteel auf der Evers-Orgel machen. Da ist das Pedal angehängt und mit dem Trio hätte nur bedingt Sinn ergeben. Allerdings hatte Sweelinck ja sehr wohl Orgeln mit eigenen Pedalregistern (und seltsamer Disposition) zur Verfügung.

Deshalb frage ich mich, kann man begründet sagen, dies oder das muss/darf ins (nicht angehängte) Pedal? Das finde ich besonders schwierig, weil er die klassischen Register (Untersatz, Posaune...) nicht hatte an seinen Instrumenten. Wenn man nur ein angehängtes Pedal hat, kann man ja ins Pedal nehmen, was einem in den Kram passt. Man kann das ansonsten nach natürlich auch der musikalischen Struktur passend zuordnen. Das macht aber der Verleger meist anscheinend nicht wie beispielsweise bei Bach. Gibt es da gute empfehlenswerte Ausgaben, die einen da schlauer werden lassen im Gegensatz zu dem Zeugs auf IMSLP? Oder hat er bei den seltsamen Dispositionen seiner Orgeln die eigenständigen Pedalregister vielleicht überhaupt nur für cantus firmus o.ä. benutzt? Gibt es da Quellen?

Die ganzen Gedanken über Sweelinck haben mich auch gedanklich zu Bach zurück gebracht. Der hat ja auch alles in zwei Systeme notiert. Ganz besonders kam mir die Echostelle im Präludium von BWV 552 (habe ich noch nicht gespielt) in den Sinn. Da ist das tiefe Es jeweils im Pedal notiert. Wenn man jetzt den Kontrast zwischen dem ersten und zweiten Manual (oder wie auch immer) von der Lautstärke her eher klein hält, geht das auch. Ich habe aber schon Aufnahmen gehört, bei denen auf sehr zarte Töne ein brutal lautes tiefes Es im Plenum mit hart intonierter Posaune und kräftiger Mixtur folgte, was ich ziemlich daneben fand.
Da hat sich mir die Frage gestellt, warum das Es da überhaupt immer im Pedal steht, gerade mit dem Echo gibt das aus meiner Sicht keinen Sinn.
Die Stelle ist jetzt besonders markant, aber da gäbe es sicher etliche weitere diskutable Stellen. Da stellt sich mir aber auch die Frage, warum steht das Es überhaupt immer im Pedal?
 
Bei BWV 552 auf jeden Fall in 2 Systemen. Sweelinck keine Ahnung, Tabulatur?
 
Ich befürchte, man kommt um eine eigene Entscheidung nicht herum. Viele Sachen sind auf 2 Systemen notiert und haben eben nur sporadische Angaben zum Pedal. Gerade der von dir angeführte Buxtehude (im Original wohl in Tabulatur, das macht es noch schlimmer) ist viel öfter ein Problem als die modernen Ausgaben einen glauben machen wollen. Etliche Fugato-Passagen lassen sich auch ohne Not manualiter spielen. Da muss man auch mehrmals hinschauen. Bei 552 lässt sich das in den 2 Systemen eben auch nicht sicher sagen, ob das Es ins Pedal gehört oder nicht. Es klingt halt etwas eleganter, wenn nicht das volle Pedal in die Echo-Stelle hineinrülpst. Die Entscheidung einem Herausgeber zu überlassen, der eben auch nur seine Auffassung mitteilt, halte ich für suboptimal.

Ich habe den Sweelinck gerade nicht vorliegen, aber es bietet sich bei seiner Disposition eher an, einen Tenor- oder Alt-Cantus ins Pedal zu nehmen.

By the way: Ich glaube nicht, dass ich bei Sweelinck irgendetwas legato spielen würde.
 
Ich bin da in erster Linie ein Freund vom non legato, das aber - zumindest im Falle der genannten chromatischen d-Moll-Fantasie oder auch bei Choralstücken - ein fast-Legato ist. Dass finde ich bei mittlerer Nachhallzeit einfach, bei Wohnzimmerkakkustik extrem schwer umzusetzen.
Und wenn man bei Wohnzimmerakkustik übt, muss man gut geübt haben und sein Hirn einschalten, sonst hat man dann bei größerer Akkustik zu viel legato - so geht es zumindest mir.

Ich finde das hier ist beispielsweise zu viel legato:

View: https://www.youtube.com/watch?v=MKn3XGK4eHo


Das finde ich ganz gut:

View: https://www.youtube.com/watch?v=mmNZMu99URE


Das finde ich auch nicht schlecht, wobei das etwas schwierig immer ist bei solchen Aufnahmen, dazu ist die Registrierung wohl eher unhistorisch:

View: https://www.youtube.com/watch?v=YtNaKNZqc5s


Gerade bei dem Stück könnte man auch über adäquate Temperaturen diskutieren.

Gerade der von dir angeführte Buxtehude (im Original wohl in Tabulatur, das macht es noch schlimmer)

Ist denn Sweelinck im Original nicht Tabulatur? Ist nicht sogar z.B. BWV 582 ursprünglich Tabulatur?
Gibt es eigentlich irgendwo eine gute Anleitung, diese Tabulaturen zu lesen? Das nervt mich etwas, dass ich das überhaupt nicht kann. Man muss ja nicht ein ganzes Stück danach spielen, aber die ein oder andere Stelle dort nachschlagen kann ja nicht schaden.
 
Ist denn Sweelinck im Original nicht Tabulatur? Ist nicht sogar z.B. BWV 582 ursprünglich Tabulatur?
Gibt es eigentlich irgendwo eine gute Anleitung, diese Tabulaturen zu lesen? Das nervt mich etwas, dass ich das überhaupt nicht kann. Man muss ja nicht ein ganzes Stück danach spielen, aber die ein oder andere Stelle dort nachschlagen kann ja nicht schaden.

Sweelincks Tastenmusik ist (wie z.B. auch Buxtehude) nur in Abschriften überliefert, einige in (deutscher und italienischer) Tabulatur, einige in Notenschrift.

Die ("neue deutsche") Orgeltabulatur hilft aber auch nicht weiter bei der Entscheidung, was ins Pedal kommt. Es ist ja einfach eine Schrift, in welcher mehrere Stimmen klar voneinander getrennt notiert werden können. Die einzelnen polyphonen Linien werden untereinander geschrieben, so dass diese noch besser als in einer Zusammenschrift auf zwei Systemen erkennbar bleiben. Daher wurde sie auch viel für Vokalmusik verwendet. Aber wenn z.B. vier Stimmen untereinander stehen, heißt das ja trotzdem nicht, dass die unterste zwangsläufig ins Pedal kommt. Einiges waren wahrscheinlich Übungsstücke, welche die Schüler hauptsächlich am Clavichord spielten, auch als Muster für Improvisation und Komposition. Wahrscheinlich auch "Allein Gott in der Höh' sei Ehr".

Anleitung für neue deutsche Orgeltabulatur findet man in Willi Apel, "Die Notation der polyphonen Musik 900-1600", S. 34-42. Das Prinzip ist sehr einfach (ich habe aber noch nie versucht, tatsächlich mal etwas zu transkribieren oder daraus zu spielen): Eine eigene Linie für jede Stimme, darin die Töne durch Buchstaben und die Oktavlage durch Striche bzw. Klein-/Großbuchstaben und die metrische Information direkt über dem jeweiligen Buchstaben.

Laukvik (Orgelschule zur hist. Aufführungspraxis) schreibt noch als Warnung: "Da die Kopisten der damaligen Zeit, auf deren Arbeit wir also angewiesen sind, nicht immer sehr genau vorgenangen sind [...], sind die uns überlieferten Quellen voller Ungenauigkeiten und Missverständnisse."

Noch ein Hinweis von Laukvik zum Pedal der Oude Kerk, wo Sweelinck jahrzehntelang amtierte, dass es entweder (1) als echter Bass eingesetzt werden konnte – dann aber nur mit Koppel Hautpwerk-Pedal – oder aber (2) als cantus firmus-Klaviatur, wo ein Tenor- oder sogar Diskant-cf. ungekoppelt im Pedal gespielt werden konnte. Das hatte @Axel oben ja schon angeregt und ist also durch Sweelincks Orgel ganz sicher historisch "verbürgt".
 
Noch ein Hinweis von Laukvik zum Pedal der Oude Kerk, wo Sweelinck jahrzehntelang amtierte, dass es entweder (1) als echter Bass eingesetzt werden konnte – dann aber nur mit Koppel Hautpwerk-Pedal – oder aber (2) als cantus firmus-Klaviatur, wo ein Tenor- oder sogar Diskant-cf. ungekoppelt im Pedal gespielt werden konnte.

Ich kenne die Dispositionen von ebenda. Das Pedal ist ja dahingehend sehr seltsam mit der 8' Trompete und dem 2'Nachthorn.
Stellt sich aber auch die Frage, war die Trompete als reines c.f.-Register gedacht oder eventuell als Pedalzunge fürs Plenum wie die meisten Posaunen oder beispielsweise bei vielen kleinen Orgeln von Gottfried Silbermann die 8' Trompete im Pedal.
 
Ich bin da in erster Linie ein Freund vom non legato, das aber - zumindest im Falle der genannten chromatischen d-Moll-Fantasie oder auch bei Choralstücken - ein fast-Legato ist. Dass finde ich bei mittlerer Nachhallzeit einfach, bei Wohnzimmerkakkustik extrem schwer umzusetzen.
Und wenn man bei Wohnzimmerakkustik übt, muss man gut geübt haben und sein Hirn einschalten, sonst hat man dann bei größerer Akkustik zu viel legato - so geht es zumindest mir.

Ich finde das hier ist beispielsweise zu viel legato:

View: https://www.youtube.com/watch?v=MKn3XGK4eHo


Das finde ich ganz gut:

View: https://www.youtube.com/watch?v=mmNZMu99URE


Das finde ich auch nicht schlecht, wobei das etwas schwierig immer ist bei solchen Aufnahmen, dazu ist die Registrierung wohl eher unhistorisch:

View: https://www.youtube.com/watch?v=YtNaKNZqc5s


Gerade bei dem Stück könnte man auch über adäquate Temperaturen diskutieren.



Ist denn Sweelinck im Original nicht Tabulatur? Ist nicht sogar z.B. BWV 582 ursprünglich Tabulatur?
Gibt es eigentlich irgendwo eine gute Anleitung, diese Tabulaturen zu lesen? Das nervt mich etwas, dass ich das überhaupt nicht kann. Man muss ja nicht ein ganzes Stück danach spielen, aber die ein oder andere Stelle dort nachschlagen kann ja nicht schaden.


Die erste Aufnahme ist schon klanglich so schlecht, dass ich mir kein Urteil über die Wirkung im Raum zutraue. Grundsätzlich würde ich eine chromatische Linie auch etwas dichter spielen. Das hier wirkt allerdings nur unstrukturiert.
Maierhofer macht das besser, wobei sich mir der völlig abgetrennte Anfangston nicht so richtig erschließt. Auch bei Kursawa ist wenig zu mäkeln.
Es gibt keine überlieferten Registrierungen für diese Stücke. Ich finde die Lösung mit Principal 8' anzufangen gar nicht übel. Die originale Stimmung war wohl mitteltönig und ich bin relativ sicher, dass S. auch mitteltönig notiert. Je schärfer und obertöniger die Registrierung, desto mehr hört man eine historische Stimmung. Mit einer grundtönigen Registrierung wird es dann milder, was ja hier durchaus sinnvoll sein kann.

Tabulatur bei Bach: Nur in 2 Fällen, Fantasia BWV 1121 und im Orgelbüchlein, wenn der Platz auf der Seite nicht reichte.
 

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