was ist moderne Musik

H

hanapha

Guest
Hallo,

in meinem letzten Beitrag zur Musikalität war noch eine Frage versteckt, die ich hier noch einmal vertiefen möchte. Das vielleicht sogar auch im Zusammenhang mit dem Thread: https://www.clavio.de/forum/klavierlehrer-forum/13721-stuecke-die-wir-nicht-mehr-hoeren-wollen-oder-noch-nie-hoeren-wollten.html


ich zitieren mich mal´selbst:

... ich habe mir gestern einmal die Haus und Lebensregeln von Schumann durchgelesen.

"Spiele, wenn du älter wirst, nichts Modisches. Die Zeit ist kostbar. Man müßte hundert Menschenleben haben, wenn man nur alles Gute, das da ist, kennen lernen wollte."
...
"nichts Modisches" - gab es denn damals auch schon Tiersen?

Was verstand Herr Schuhmann zu seiner Zeit unter moderner Musik. Modern wäre für uns vielleicht auch JAZZ. Zu behaupten Jazz wäre in Schumann´s Sinn modern würde zu meiner Lynchung hier im Forum führe.
Also kann doch nur "überflüssig" im Sinn von "bringt mich nicht weiter" gemeint sein.

Aber was für Musik war das zu seiner Zeit? Haben schon 1850 Komponisten "einfache" Musik zur Unterhaltung einer breiten Masse geschrieben, wer waren die und sind sie untergegangen. Oder sind das Zeitgenossen, die aus unserer heutigen Sicht durchaus nennenswert sind?

Eure Meinungen dazu würden mich sehr interessieren.

Jörg
 
Herr Schumann redet aber über modische, nicht moderne Musik. :P
 
Genau!

Anscheinend ist Dir nicht bewußt, daß "modisch" was ganz anderes als "modern" ist.

Vieles in der Popmusik ist modisch; d.h., nach kurzer Zeit wird es kaum noch jemanden interessieren und höchstens irgendwann als "Oldie" weiter sein Dasein fristen.

In der Jazzmusik hingegen gibt es moderne Musiker, z.B. Brad Mehldau oder Kurt Rosenwinkel, die zwar in der "Fangemeinde" sehr angesagt, aber kein bißchen modisch sind. Ihre Musik wird auch in späteren Zeiten Relevanz besitzen, so wie die älterer Meister (z.B. Art Tatum oder Wes Montgomery).

In der sog. "Neuen Musik" hat es leider auch immer wieder modische Erscheinungen gegeben, dort nur mit der zusätzlichen Überzeugung der Modeschöpfer oder -mitläufer, künstlerisch besonders relevant zu sein: z.B. der Dissonanz- und Komplexitätszwang (es darf nichts Tonales oder im herkömmlichen Sinne "Schönklingendes" vorkommen; oder: in jedem Stück müssen sehr komplizierte Rhythmen mit Quintolen etc. vorkommen). Glücklicherweise kam man im Laufe der Jahre wieder zu einer offeneren Einstellung.

LG,
Hasenbein
 
Die Anmerkung zum Jazz war reine Einleitung. Ich habe geahnt, dass sie "auf den Plan ruft".

Bitte genauer, welche Musik hat S. benennen wollen (Komp., Titel, Art). Er hat wohl kaum Art Tatum gekannt.

Und "modisch" / "modern" - Bitte ! Wir wollen doch keine Erbsen zählen. :D (Der begriffliche Unterschied ist mir bewußt, war mir aber nicht wichtig)

Dennoch Danke schon einmal für das Interesse.

Gruß
Jörg

(Falls jemand eine Idee hat wie der Titel geändert werden kann, darf der Begriff modern gern gegen modisch ausgetauscht werden. Dann passt es natürlich Besser zu S. Zitat)

weitere konkrete Fragen dazu:

Hat sich S. irgendwo in negativer Weise zu Kollegen oder Stücken seiner Zeit geäußert?
Kennt einer von Euch eine Übersicht der Komponisten in zeitlicher Skala?
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Jörg,

Ich nehme an, Schumann bezog sich auf die Salonmusik. Das war leichte, eher oberflächliche Musik, die gerne in den Salons des Bürgertums zur Unterhaltung gespielt wurde. Zur Klaviermusik fällt mir dazu nicht viel ein außer "Gebet einer Jungfrau", Lieder aus Operetten, Tänze, die erfreuten sich großer Beliebtheit. Ein heute noch sehr bekannter Komponist von Salonliedern war Paolo Tosti mit seinen neapolitanischen Liedern. Und dann halt noch die ganzen Dauerbrenner wie "O sole mio", "Funiculi Funicula" etc.

LG, PP

PS: Das Ave Maria von Gounod dürfte auch in diese Kategorie fallen. :D
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Was verstand Herr Schuhmann zu seiner Zeit unter moderner Musik.
darunter verstand Herr Schumann die "neuen Bahnen", welche er enthusiastisch in den frühen Sonaten von Brahms zu entdecken glaubte - die seinerzeit andere moderne Musik (Chopin, Liszt, Wagner, Berlioz) fand er teilweise prima, teilweise entsetzlich.

unter "modisch" in der Musik verstand er seichte Salonunterhaltung, etwa zahllose Notturnos, Potpourries, Fantasies etc. von damals modischen, heute vergessenen Komponisten
 
Guten Morgen!

Die Begriffe 'modisch' und 'modern' bezeichnen grundverschiedene Dinge,
auch wenn es eine Schnittmenge gibt, in der das jeweils Moderne modisch wird
(und damit aufhört, modern zu sein).

Das gilt auch für Schumanns Zeit, in der die beiden Begriffe schon im Schwange waren
- als aus dem Französischen entlehnte Kampfbegriffe: "Moderne" im emphatischen Sinn
taucht meines Wissens zuerst bei Baudelaire auf, der damit einen bewußten Neuanfang
und den dazugehörigen Bruch mit dem historischen Erbe kennzeichnet.

"Modisch" leitet sich von dem zumeist abwertend gebrauchten "à la mode" her,
wobei die naserümpfende Abgrenzung vom Modischen als Distinktionsgewinn verbucht wird.

Ich muß bei Schumanns "Haus- und Lebensregeln" an die schwierige Situation denken,
in der sich Schumann künstlerisch befunden hat. Kaum jemand hat unter dem zu seiner Zeit
einsetzenden Historismus so gelitten wie er: Er hat auf das historische Erbe geblickt
wie ein Kaninchen auf die Schlange. Das von ihm propagierte Studium der alten Meister
hat ihn schöpferisch gelähmt, nicht gefördert (Ausnahme: die zweite Symphonie).
Komplementär zu dem Rat, das "à la mode" Befindliche zu meiden, steht seine dringende Empfehlung,
sich dem Studium des klassischen Erbes zu widmen, was grundrichtig ist,
wenn es wie in Chopins Préludes, die das Wohltemperierte Klavier weiterdenken,
zu einer schöpferischen Auseinandersetzung führt, und grundfalsch ist, wenn es einfach
Satztechniken oder Formschemata übernimmt - bei Schumann ersichtlich in seinen Fugen
bzw. etwas formelhaften Sonatensätzen.

Der Begriff "Moderne Musik" gleicht heute dem Wald, aus dem es herausschallt,
wie man hineinruft. Der eine meint damit die klassische Experten-Avantgarde,
der andere den Mainstream-Pop, und dazwischen tummeln sich alle anderen Stilrichtungen
und Geschmacksverirrungen.

Gruß, Gomez
 
Und "modisch" / "modern" - Bitte ! Wir wollen doch keine Erbsen zählen. (Der begriffliche Unterschied ist mir bewußt, war mir aber nicht wichtig)

:D :D

Der war gut!

Hanapha geht für seine Frau einkaufen. Statt mit Äpfeln kommt er mit Birnen nach Hause. "Hanaphilein, ich hab Dir doch gesagt, ich wollte Äpfel! Kannst Du nicht EINmal zuhören?" - "Mausi, der begriffliche Unterschied war mir bewußt, aber nicht wichtig!" - Wir blenden hier aus, weil's jetzt unerfreulich wird... :D :D

LG,
Hasenbein
 
Das von ihm propagierte Studium der alten Meister
hat ihn schöpferisch gelähmt, nicht gefördert (Ausnahme: die zweite Symphonie).
Komplementär zu dem Rat, das "à la mode" Befindliche zu meiden, steht seine dringende Empfehlung,
sich dem Studium des klassischen Erbes zu widmen, was grundrichtig ist,
wenn es wie in Chopins Préludes, die das Wohltemperierte Klavier weiterdenken,
zu einer schöpferischen Auseinandersetzung führt, und grundfalsch ist, wenn es einfach
Satztechniken oder Formschemata übernimmt - bei Schumann ersichtlich in seinen Fugen
bzw. etwas formelhaften Sonatensätzen.

Vielen Dank Gomez,

das war sehr aufschlussreich.
Und Hochachtung - um diesen Schluss zu ziehen muss man sich wohl höchst intensiv mit den Werken befasst haben.

Gruß
Jörg
 

Unter moderner Musik würde ich das bezeichnen was zu anderen Zeiten als "entartet" tituliert wurde, also Hindemith, Schönberg, Webern, Stockhausen usw.
Jazz hingegen ist ja ein Teilbereich der Tanz und Unterhaltungsmusik. Bei gewissen Richtungen des Jazzes welche sich durch seltsame Rhythmen und Dissonanzen hervor tun, frage ich mich allerdings was daran unterhaltend oder tanzbar sein soll - Mißtöne bekomme ich schneller hin wenn ich mit einer Gabel über eine Glasscheibe kratze oder mittels stumpfen Messer Styropor zerschneide :D

Viele Grüße

Styx
 
Jazz hingegen ist ja ein Teilbereich der Tanz und Unterhaltungsmusik. Bei gewissen Richtungen des Jazzes welche sich durch seltsame Rhythmen und Dissonanzen hervor tun, frage ich mich allerdings was daran unterhaltend oder tanzbar sein

Sag mal, Du WILLST aber auch unbedingt, daß man belustigte Sprüche über Deine DDR-Herkunft macht, oder?

Derartige Ansichten über Jazz gehören ins Dresden vor 1989 (da konnte man nicht Jazz, sondern "Tanz- und Unterhaltungsmusik" studieren, weil Jazz ja zu westlich war), aber nicht ins aufgeklärte 21. Jahrhundert, das es überdies per Internet jedermann möglich macht, nachzuprüfen, daß Obiges NICHT stimmt. Im Gegensatz zu früher, wo die Gegend um Dresden mangels West-Empfang "Tal der Ahnungslosen" genannt wurde... oder habe ich was nicht mitgekriegt? Gibt's in München ein neues Tal der Ahnungslosen?

LG,
Hasenbein
 
Es gibt eben nur ganz wenige, die den vollen Durchblick haben.

Da geht es doch gar nicht drum, wer den "vollen Durchblick" hat.

Aber Styx ist u.a. auch Instrumentallehrer (Jazz/Rock/Pop etc.), und da ist es, verdammt noch mal, seine Pflicht, nicht so inkompetenten Kram daherzureden. Neulich stellte sich ja schon heraus, daß er nicht genau wußte, was der Slash in Akkordsymbolen (also der Schrägstrich bei z.B. A/C#) bedeutet, was, da es sich ja nun um alles andere als Rocket Science handelt, für einen erwachsenen Mann und Musiker eine unverzeihliche Lücke ist.

Über seine Fähigkeiten als Klavierbauer ist damit wohlgemerkt nichts gesagt, denn davon habe ich keine Ahnung.

LG,
Hasenbein
 
Sag mal, Du WILLST aber auch unbedingt, daß man belustigte Sprüche über Deine DDR-Herkunft macht, oder?

Derartige Ansichten über Jazz gehören ins Dresden vor 1989 (da konnte man nicht Jazz, sondern "Tanz- und Unterhaltungsmusik" studieren, weil Jazz ja zu westlich war), aber nicht ins aufgeklärte 21. Jahrhundert, das es überdies per Internet jedermann möglich macht, nachzuprüfen, daß Obiges NICHT stimmt. Im Gegensatz zu früher, wo die Gegend um Dresden mangels West-Empfang "Tal der Ahnungslosen" genannt wurde... oder habe ich was nicht mitgekriegt? Gibt's in München ein neues Tal der Ahnungslosen?

LG,
Hasenbein

Siehe dort im ersten Abschnitt. Das war bestimmt ein Ossi...:p:D?
 
daß er nicht genau wußte, was der Slash in Akkordsymbolen (also der Schrägstrich bei z.B. A/C#) bedeutet,

das war ausschließlich Deine Interpretation....kann ich auch nichts dafür wenn Dich Deine Minderwertigkeitskomplexe da zu zwingen andere Nutzer als deppert hinzustellen. Weißt Du Alexander, ich kann Dich ja irgendwo auch verstehen, da hat man sich abgerackert und gelernt und gebüffelt um dann fest zustellen daß man mit seiner Musik gegebenenfalls ein paar zugedröhnte Kiffer hinter dem Ofen hervor lockt - das ist ganz schön bitter und frustrierend.
Ich denke was Du brauchst ist etwas mehr Erfolg, nur ob dieser sich durch entsprechende Forenbeiträge erzielen läßt weiß ich nicht.
Warum versuchst Du nicht einfach mal auf "Gebrauchsmusik" umzuschwenken? "Dem Bäcker müssen nicht die eigenen Brötchen schmecken, wohl aber den Kunden". ;)

Viele Grüße

Styx
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

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