Wann klingt Schubert nach Schubert?

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Klimperline

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Im Chat kam die Diskussion auf, Schubert sei schwer zu spielen, wenn er wirklich nach Schubert klingen soll.

Da ich Schubert noch nicht so gut kenne aber gerade an seinem Impromptu 90/1 arbeite, interessiert mich natürlich brennend, worauf ich bei der Gestaltung achten soll.

Seine Biographie ist mir bekannt, weitere erste Hinweise konnte ich diesem Faden entnehmen: https://www.clavio.de/forum/einspielungen-unserer-forum-mitglieder/6097-schubert-impromptu-1-a.html

-Mir ist z.B. aufgefallen, dass die Melodie bei ihm häufig von stark variierenden gebrochenen Akkorden begleitet wird, die bei den meisten Einspielungen fast nur noch als zu erahnender Klanghauch zu vernehmen sind. Soll das so extrem sein?

- Soll eine Unruhe spürbar sein? Wie errreiche ich diesen Eindruck?

- Speziell für 90/1: Wie scharf oder auch breit sollen die Staccati zu Beginn sein

Also: Was ist typisch für Schubert und wie bringe ich dies 'rüber?

Solltet ihr in diesem Faden irgenwann vom Thema abweichen und darüber diskutieren, wann ein Stück typischerweise nach Mozart, Beethoven, Chopin oder sonst wem klingt, ist mir dies sehr recht.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Liebe Klimperline,

deine Fragen sind nicht einfach zu beantworten. Ich finde es grundsätzlich schwierig, alles über einen Kamm zu scheren. Schubert hat so unendlich vielfältige Musik geschrieben - da ist alles drin.

Typisch sind oft die langen Bögen und Phrasen, die immer wieder verschieden erzählt werden, so dass allerfeinste Klangnuancen und -facetten, oft auch im Piano-Spiel nötig sind. Das bedeutet, dass man die Form des jeweiligen Stücks sehr gut kennen muss, um Überblick zu bekommen.

Natürlich darf Schubert nicht wie Rachmaninoff klingen, also ist oft der Klang eher transparenter, aber schon schaut man nur mal auf die Wandererfantasie oder irgendwelche vierhändigen Märsche etc., bumms, sieht es schon wieder anders aus.

Mal sehen, was ihr anderen so sagt.

Was jetzt das Stück selbst angeht, finde ich persönlich den Anfang gar nicht unruhig. Eigentlich ist das Stück ja quasi eine Fantasie über ein immer gleiches/ähnliches Thema und es gilt herauszufinden, wie dieses immer wieder auf fantastische Weise variiert wird. Mal soll es lyrisch, mal zärtlich, mal unheimlich, mal energisch ............................... klingen. Es tun sich unglaubliche Unterschiede in Klang und Wirkung auf und diese vielen Facetten herauszuhören und zu spielen, ist die faszinierende und erfüllende Aufgabe. Eine wahre Entdeckungsreise.

Wie kurz du die staccati spielst, hängt davon ab, welchen Charakter du dem Thema an dieser Stelle geben willst. Soll es eher marschmäßig und energisch klingen, werden sie sicher kürzer sein, als wenn du ihnen einen Hauch von Wehmut einflößt. Nur mal als Beispiel.

Ich würde diesen Teil des Themas auf jeden Fall auch mal legato üben, damit die Linie nicht verloren geht, auch mal nur Oberstimme und Unterstimme. Dann würde ich experimentieren. Du kannst mal versuchen, auch zu hören, wie die staccati enden. Wenn du sie sehr kurz spielst, hören sie ziemlich abrupt auf, wenn sie eher langsamer aufhören, klingen sie etwas länger und es entsteht ein ganz anderer Ein- und Ausdruck.

Man könnte wahre Romane schreiben ......................... :p .

Liebe Grüße

chiarina
 
Vielen Dank, Chiarina, Dein Beitrag hilft mir auf jeden Fall sehr viel weiter.

Die Überlegung, dem Thema immer wieder einen ganz anderen Charakter zu geben, gefällt mir. Damit lässt es sich gut experimentieren.

Ich denke, ich werde den Anfang nächste Woche mal hier hochladen.
 
Mh, es ist immer schwer zu sagen, wie eine bestimmte Musik klingen soll. Wenn man die Intention hat, Schubert so zu spielen, wie er es gewollt hätte, oder getan hat, dann hat man ein Leitbild, ansonsten gab es ja schon immer sehr polarisierende Interpreten. Außerdem ist es auch eine Frage im Wandel der Zeit, der allgemeine Konsens (falls es ihn gibt), wie ein bestimmter Komposnist bzw. Musik allgemein am besten zu interpretieren sei, ändert sich im Verlauf der Jahre ja stetig.

Trotzdem schließ ich mich Chiarina an, es gibt sicher ein grobes Klangideal bei Schubert und die meisten Menschen würden Schubert sicher nicht so spielen wie sie Rachmaninoff spielen würden. :p

Schubert ist nicht der architektonische Meister, der Beethoven war, was vor allen Dingen in den Sonaten deutlich wird. Das ist aber keine Minderleistung, sein Fokus liegt einfach mehr auf dem melodischen Gebiet. Deswegen lag ihm das Lied auch so gut und selbst in vielen Instrumentalkompositionen ist etwas Erzählendes, Liedhaftes vorhanden.

Bei Schubert finde ich es meistens schön, wenn man versucht, unmittelbar bei den Klängen zu sein. Dass man nicht den Fokus auf das Ganze legt, sehr formal und großförmig denkt, sondern den Fokus auf das unmittelbar Passierende lenkt und der Melodie zuhört.

Alles Liebe
 

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