Vorspiel bei Professor vor Aufnahmeprüfung

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chara

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28. März 2023
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Hallo zusammen,

es gab schon einige Threads zum Thema "Vorspiel bei einem Professor vor der Aufnahmeprüfung", aber bisher konnte ich keine Antworten auf folgende Fragen finden. Könnt ihr mir helfen (oder ggf. auf bereits bestehende Threads verlinken)?
  1. Wie läuft denn so ein Vorspiel ab? Spielt man all seine Stücke vor? Oder nur ein bestimmtes, das man selbst auswählt? Oder gibt der Professor vor, was er gerne hören möchte?
  2. Handelt es sich wirklich um ein Vorspiel (im Sinne einer Bewertung) oder ist es eher eine Unterrichtsstunde? (Mein Eindruck aus den bisherigen Threads: Kommt ganz auf den Professor an...)
  3. Bezahlt man den Professor für das Vorspiel? Falls ja, von welchem Stundensatz sollte ich ausgehen? (Bringt man das Geld in bar mit? Oder überweist man es im Nachhinein? ):konfus:
Ich kann mir gerade noch überhaupt nicht vorstellen, was hier auf mich zukommt, daher danke euch für eure Erfahrungen! :-)

chara
 
Liebe Chara,

1) Am besten bietest du eine Auswahl verschiedener Epochen bzw. Stilistiken an, ähnlich wie in der Aufnahmeprüfung. Zwei sollten es mindestens sein, besser mehr. Gut geeignet sind immer klassische Sonaten (Mozart, Beethoven, Haydn, ggf. auch Schubert), weil man daran sehr viel hören kann.

2) Dein Eindruck stimmt. Ein Vorspiel dauert ja nicht besonders lange; es ist sehr sinnvoll, dieses Kennenlernen auch mit ein wenig Unterricht zu verbinden. So weiß der potentielle Student, wie der Lehrer arbeitet (auch wenn man das aus einem kurzen Unterricht nur zum Teil ablesen kann - vieles wird sofort klar, z.B. Kommunikation, Zwischenmenschliches, manche musikalischen Ideen, Aufgabenstellungen, wie der Lehrer spielt etc.). Und der potentielle Lehrer weiß, wie der Schüler reagiert (Auffassungsgabe, Kreativität, musikalisches Verständnis, technische Fähigkeiten etc.)

3) Anständig ist, von Studienbewerbern, die sich fürs Studium bzw. die Aufnahmeprüfung vorstellen möchten, kein Geld zu nehmen. Das fällt m.E. auch im weiteren Sinne unter die Aufgabengebiete eines Hochschuldozenten (Studienberatung). Anders verhält es sich natürlich, wenn man mehrmals Unterricht nimmt, um sich dadurch auf die Aufnahmeprüfung vorzubereiten. Das kann durchaus teuer sein, ich würde mit 50-150€ pro Unterricht rechnen. Dafür sollte man dann 60-90 Minuten Unterricht erhalten. Ich habe seinerzeit auch solchen vorbereitenden Unterricht genommen, 2008 waren das "schon" 75€ pro Unterricht. Es war das bestangelegteste Geld, was ich je ausgegeben habe :005:

Generell gilt: Auch der potentielle Professor ist ein ganz normaler Mensch, dem man freundlich, respektvoll, aber normal begegnen kann. Ich kenne das beinahe unterwürfige Gefühl, das sich schon beim Betreten der Hochschule einstellt, wenn man sich mit dem Musikstudium beschäftigt. Aber mach dir klar: Die Professoren sind auf interessierte Studienbewerber absolut angewiesen und freuen sich, wenn jemand Interesse an ihnen als Lehrer zeigt. Das bedeutet auch, dass man Abstand von allen nehmen sollte, die einen unfreundlich oder gar herabwürdigend behandeln (ich sag das nur vorsichtshalber - kommt manchmal leider vor).
Grundsätzlich solltest du eine ehrliche und direkte Einschätzung erhalten. Das muss nicht zwingend sein "klappt sicher", aber z.B. "Sie haben ein gutes Gefühl für Puls und Rhythmus, verstehen schnell, haben ein gutes musikalisches Gefühl und sinnvolle Ideen. Ich denke, Sie haben wirklich gute Chancen, die Prüfung zu bestehen." Auch ein begründetes Abraten sollte man ernst nehmen, allerdings heißt das nicht zwingend, dass es nicht trotzdem (woanders) klappen kann.


Viele Grüße
Stilblüte
 
Liebe Stilblüte,

klasse, herzlichen Dank für deine hilfreiche Antwort! Du erinnerst mich wieder daran, dass ich den Professor ja ebenfalls kennenlernen will und nicht nur er mich.

Eine Nachfrage noch zur Bezahlung: Kann ich davon ausgehen, dass der Professor kein Geld verlangt, wenn er davor nichts angekündigt hat? Oder sollte ich am Ende des Vorspiels fragen, wenn er nichts sagt? Alternativ wäre auch denkbar, eine Packung Merci oder Änliches zu überreichen, einfach als Dankeschön, dass sich der Prof Zeit genommen (und im Idealfall noch ein paar Tipps gegeben) hat. Oder ist das völlig unüblich (bzw. schon wieder zu "unterwürfig")?

Viele Grüße
chara
 
Geschenke könnten so aufgefasst werden, dass du den Professor für die Aufnahmeprüfung gewogen stimmen möchtest. Ich würde am Ende der Stunde fragen, wie es mit der Bezahlung aussieht. Auch ich vermute, dass die Stunde im Kontingent des Professors enthalten sein wird. Zumindest von der Hamburger Musikhochschule habe ich noch nie von einer derartigen Bezahlung gehört.
 
Kann ich davon ausgehen, dass der Professor kein Geld verlangt, wenn er davor nichts angekündigt hat?
Das würde ich, ja. Wenn du dich wohler fühlst, kannst du natürlich Geld mitnehmen. Es wäre aber schon merkwürdig, nach dem Unterricht plötzlich unangekündigt Geld zu verlangen.
Oder sollte ich am Ende des Vorspiels fragen, wenn er nichts sagt?
Nein, würde ich nicht. Du kannst dich ganz normal bedanken, das genügt völlig.
Alternativ wäre auch denkbar, eine Packung Merci oder Änliches zu überreichen, einfach als Dankeschön, dass sich der Prof Zeit genommen (und im Idealfall noch ein paar Tipps gegeben) hat. Oder ist das völlig unüblich (bzw. schon wieder zu "unterwürfig")?
Das ist in keinem Fall ein Muss, kannst du aber gerne machen. Es ist aber völlig in Ordnung, wenn du dich einfach nur bedankst.
Geschenke könnten so aufgefasst werden, dass du den Professor für die Aufnahmeprüfung gewogen stimmen möchtest.
Bei einer Tafel Schokolade besteht mMn keine Gefahr ;-) Aber in der Tat darf man offiziell keine Geschenke annehmen. Solange sich das im kleinen Rahmen bewegt, ist es aber kein Problem.
Auch ich vermute, dass die Stunde im Kontingent des Professors enthalten sein wird.
Im Deputat enthalten ist so ein Unterricht sicher nicht. Aber da tauchen auch andere Pflichten nicht auf, z.B. Prüfungstätigkeit, Sitzungen etc, die trotzdem zum Dienstauftrag gehören. Ich denke, dieses Vorspielen ist eine Grauzone - man kann Geld verlangen, muss aber nicht, und ich finde, es gehört sich nicht. (Anders sieht's übrigens bei Privatlehrern aus, die sehe ich in keinster Weise zu einer kostenlosen Probestunde verpflichtet, aber das ist auch ein gänzlich anderer Kontext).
 
Klasse, herzlichen Dank euch! Ihr habt mir sehr geholfen! :-)
 

Kann ich davon ausgehen, dass der Professor kein Geld verlangt, wenn er davor nichts angekündigt hat?
Vorher fragen hilft.
Wer brim Erstkontakt: Vorspielen, Beraten und eventuell eine kurze Unterrichtssequenz um zu sehen, ob der/die Kandidat/in auf Anregungen reagieren kann, als Professor unangekündigt Geld verlangt, ist geldgierig und hat möglicherweise noch weitere unangenehme Eigenschaften! Hände weg!
Wer sich als Professor zu viele Möchtegernbewerber vom Leibe halten will fragt zuerst nach Referenzen oder hat schlicht "keine Zeit"!
 
ich sehe vor dem geistigen Auge fette Oberamtsräte,
...und ich fette Karpfen, wobei ich mir gerade die Frage stelle, ob nicht das Anfütterungsverbot für geplagte Krankenschwestern und Arzthelferinnen erdacht wurde, damit die nicht die gute Merci- Schokolade, die gerne von Patienten verschenkt wird und anscheinend tonnenweise in jedem Schwesternzimmern liegt, kurz nach Ablauf des MHDs in Teichen und Flüssen entsorgen.

Falls es die noch geben sollte, essen die wahrscheinlich keine Merci- Schokolade. :003:
 
Herzlichen Dank euch noch einmal für eure Tipps! Ich kann mich nur anschließen: So ein Vorspiel ist absolut empfehlenswert. "Mein" Professor war super nett und gesprächig. Er hat sich ein Stück länger angehört (vermutlich, um einen Eindruck zu bekommen) und dann noch mehrere Stücke unterrichtet. Geld hat er (trotz Nachfrage) keins verlangt. :-)

Im Gespräch habe ich noch erfahren, wer seiner Kollegen noch bei der Aufnahmeprüfung in der Jury sitzen wird. Was meint ihr: Ist es empfehlenswert, diese Kollegen ebenfalls noch kennen zu lernen (ihnen vorzuspielen) oder ist das unüblich bzw. ist vielleicht sogar davon abzuraten, weil sich der Prof "beleidigt" fühlen könnte? (Andererseits.. wenn er mir schon von den Kollegen erzählt...?)
 
Herzlichen Dank euch noch einmal für eure Tipps! Ich kann mich nur anschließen: So ein Vorspiel ist absolut empfehlenswert. "Mein" Professor war super nett und gesprächig. Er hat sich ein Stück länger angehört (vermutlich, um einen Eindruck zu bekommen) und dann noch mehrere Stücke unterrichtet. Geld hat er (trotz Nachfrage) keins verlangt. :-)

Im Gespräch habe ich noch erfahren, wer seiner Kollegen noch bei der Aufnahmeprüfung in der Jury sitzen wird. Was meint ihr: Ist es empfehlenswert, diese Kollegen ebenfalls noch kennen zu lernen (ihnen vorzuspielen) oder ist das unüblich bzw. ist vielleicht sogar davon abzuraten, weil sich der Prof "beleidigt" fühlen könnte? (Andererseits.. wenn er mir schon von den Kollegen erzählt...?)

Das Vorspielen ist, zumindest aus meiner Sicht, eigentlich weniger ein Kennenlernen der Jury, als ein (gegenseitiges) Kennenlernen eines möglichen zukünftigen Lehrers (bzw. Schülers). Aus dieser Perspektive ist es somit meines Erachtens nicht angebracht, noch anderen Mitgliedern der Jury vorzuspielen, außer du würdest in Erwägung ziehen, diese "deiner Erstwahl" als Lehrer vorzuziehen oder "deine Erstwahl" empfiehlt es dir konkret.

Mein Professor hat damals mehr oder minder klar mitgeteilt, dass er einen Platz hätte, und dass ich mich bitte vor Anmeldung zur EP auf einen Wunschlehrer festlegen soll. Er entgegnete dann auf die Frage, ob ich noch jemandem vorspielen solle, mit der Antwort, dass er sich schon gerne darauf einstellen würde, ob er nun meine Erstwahl ist oder nicht und ich ihm dies schnellstmöglich mitteilen solle.
 
Ok, das "Kennenlernen als zukünftiger Lehrer/Schüler" ist natürlich ein Argument. Bei mir ist es noch so, dass der Prof für einen bestimmten Bereich zuständig ist und anderes Jurymitglied für einen anderen Bereich. Bei einem Stück sagte der Prof sogar ganz direkt: "Da bin ich kein Experte, das ist Herr xy" und legte es weg, um ein anderes Stück mit mir zu bearbeiten.

Jetzt frage ich mich, ob das ein Wink mit dem Zaunpfahl war ("erarbeite das Stück noch mit dem Experten des Fachbereichs") oder einfach nur der Hinweis, dass er mir bei anderen Stücken mehr helfen kann und diese deshalb vorzieht.
 
Sollte nicht jeder Musikhochschul-Professor für sein Instrument in allen Stilen und Epochen Experte sein, zumindest so, dass er seine Studenten damit für die Dauer des Studiums kompetent begleiten kann?
 
Sollte nicht jeder Musikhochschul-Professor für sein Instrument in allen Stilen und Epochen Experte sein, zumindest so, dass er seine Studenten damit für die Dauer des Studiums kompetent begleiten kann?
Nicht wirklich. Ich finde es eher ein gutes Zeichen, wenn er zugibt, dass er für manche Sachen kein Experte ist. Das ist normal, und somit ist er wenigstens kein Narzisst. Letzteres wäre mit das schlimmste, was einem passieren könnte... .
 
Sollte nicht jeder Musikhochschul-Professor für sein Instrument in allen Stilen und Epochen Experte sein, zumindest so, dass er seine Studenten damit für die Dauer des Studiums kompetent begleiten kann?
Eher nicht. Es gibt ja auf der Hochschule eigene Abteilungen. Alte Musik. Klassik. Jazz.
Es gibt auch unterschiedliche Studiengänge für Klavier.
Unterschiedliche Professoren für Komposition, Tonsatz, Musikgeschichte,... und dann natürlich das Spielen selbst.

Niemand weiß alles.
 
Wer sich als Professor zu viele Möchtegernbewerber vom Leibe halten will fragt zuerst nach Referenzen oder hat schlicht "keine Zeit"!
Während meiner Assistenzzeit an der Hochschule pflegte mein Professor fallweise auf mich zu verweisen. Die Bewerberin oder den Bewerber sollte ich mir im Rahmen einer Erstberatung mit Arbeitsproben ansehen und einen Eindruck gewinnen, ob mit dem vorhandenen Potenzial eine Aufnahmeprüfung gelingen könne. Selbstverständlich wurde dafür keine Honorarzahlung fällig. Anders sah es aus mit der Vorgabe, gezielt auf die Prüfung in Einzelstunden vorzubereiten - für einen solchen Unterricht musste man dann natürlich bezahlen, das ist dann auch vollkommen in Ordnung und keine Abzocke.

Sollte nicht jeder Musikhochschul-Professor für sein Instrument in allen Stilen und Epochen Experte sein, zumindest so, dass er seine Studenten damit für die Dauer des Studiums kompetent begleiten kann?
Sich stil- und epochenübergreifend mit der Materie auskennen, das sollte schon so sein. Aber ein Spezialist für jedes erdenkliche Fachgebiet ist wohl niemand. Wer sich etwa auf Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts spezialisiert hat, wird auch schon Bach gespielt und sich gründlich mit Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts beschäftigt haben. Aber es gibt nun mal auch ein Spezialistentum, das nicht nur auf das erfolgreiche Absolvieren von Abschlussprüfungen ausgerichtet ist. Vergleichbare Unterscheidungen zwischen Generalist und Spezialist gibt es ja auch bei Medizinern, Rechtswissenschaftlern, Historikern und so weiter...!

LG von Rheinkultur
 

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