Aber wenn ein Instrument in sehr gutem Zustand statt vielleicht 15000 dann 50000 wert sein sollte, lohnt eine wesentlich aufwändigere Restauration. Ich halte schon für möglich, dass ein 1880er Bechstein mal sehr viel wert sein kann, wenn auch vielleicht nicht ganz so viel wie ein 1840er Pleyel.
Ein Hochklavier niemals. Dann würde es konkurrieren in der Liga der Flügel, und da zieht beinahe jeder den Flügel doch vor.
ich beobachte einen Spezialmarkt - EINEN bestimmten Instrumententyp, einen mal hoch geachtet gewesenen Konzertflügel einer nicht ganz unbekannten New Yorker Firma, den sie von 1875 bis 1884 gebaut hatten. Diese Flügel tauchen immer mal wieder im Handel auf, meist kann man ein-zwei-drei Stück bei New Yorker Händlern stante pede erwerben. Die Preise beginnen bei 40.000 USD, und gehen versuchsweise mal hoch auf 1.2 Mio USD, und dann, wenn es teurer ist als 150.000, noch teurer wird, bleiben diese super feinen Flügel einfach und brutal stehen.
Der Typ, ein Galerist auf der Tenth Ave., der man versuchte, 1.2 Mio USD zu bekommen, mit dem Argument, das sei der einzige Flügel aus dem Gewinnerjahr 1876 der Weltausstellung in Philadelphia, super restauriert, ich würde sagen, "über-restauriert", weil da ein begnadeter Typ auis Seattle all die Features dranbastelte, wie sie heute auch die feinen Hamburger Flügel tragen, Vogelaugenahorn innen und so..., ich sage dann "unauthentisch" zu solchem Getue..., der ist auf dem Ding Jahre sitzengeblieben.
Es ist schon so, wie Rheinkultur es sagte. Ein Klavier, auch ein Flügel, ist zuallererst ein Instrument, ein Objekt, das etwas zu tun hat. Das kaufen sich nur Leute, die damit etwas anfangen können. Und die Leute, die - wie die ca. 500 Besitzer nicht gespielter Flügel rund um Berlin - die sie einfach nur herumstehen haben als Simulatoren von bürgerlicher Kultur, die WISSEN weder, was an alten Flügeln so Besonderes sei, noch haben sie Interesse speziell daran. Der Anschein von Kultur ist auch gewahrt, wenn es ir-gend-ein Flügel ist, hauptsache, es steht ein teurer Name dran.
Wochen um Wochen stand vor Jahren ein 1860er Steinway in Los Angeles herum. Ein Semikonzerter ca. 220 lang, einer der letzten Geradsaiter aus diesem Hause, #3023, niemand wollte ihn haben.
Wochen um Wochen stand vor Jahren ein Mangeot-Steinway, auch Semikonzerter, in Clermond-Ferrand herum, mehrere Runden auf ebay-FR, keiner tat die verlangten 1.000 EUR in den Pott für diese Queen-Anne-Schönheit in schleiflack-weißbeige mit Goldbordüren, das schönste, was man je im Serienbau machte - und es war im Design der Klanganlage ein "Henry-Flügel"..., wie ich sie nenne, ein Flügel, dessen Klanganlage noch von Henry Jr. gemacht wurde und nicht wie alle späteren ab ca. 1865 von Theo Steinweg, alle diese Henry-Dinger klingen famos und sehr besonders. Keiner wollte ihn haben. Keiner hat da eine Antenne für den geschichtlichen Hintergrund.
Dann ist bei alten und uralten Flügeln noch die Gefahr, FÄlschern aufzusitzen. Mich mailte mal die Kuratorin der Tasteninstrumente aus Brüssel an, ihr sei ein Grotrian-Flügel von 1853 angeboten worden, Fotos anbei, was ich davon halte... Das Ding war bezüglich Alter eine Fälschung. Bei der vielleicht nur oberflächlichen Sanierung hatte der polnische Holzvirtuose sich an der Seriennummer eines deutlich jüngeren Instrumentes zu schaffen gemacht... Es war zwar wohl ein echter Grotrian..., aber keineswegs so alt wie behauptet. Ich habe vor dem Ankauf gewarnt, oder es solle nur wenig Geld bezahlt werden, um eines Tages mal eine Sonderausstellung "Echt versus Fälschung" zu gestalten...
Denn das Wissen um diese Dinge der Entwicklung kommt hinzu zu den Anforderungen, einen Nutzen ziehen zu können. Alles, was von dieser Firma zwischen 1856 und 1886 gemacht wurde, ist mir von hohem Interesse - aber um das wirklich wertschätzen zu können, sollte man wohl - wie ich, so gestört.. - jahrelang an diesem Thema dranbleiben. Reiche Menschen, die Klaviere und Flügel sammeln könnten, tun das in der Regel nicht. Die sind meist hochgradig beschäftigt mit anderen Dingen, z.B. Geldverdienen. Oder sie sind, wie der Mann in Bergheim-Ohe oder die Beurmanns ehedem in Holstein, extrem selten.
Denn die allerwenigsten Menschen betreiben ein privates Klaviermuseum. Die, die das tun, sind eh schon prächtig investiert... Sie bekommen in der Regel im Alter dicke Probleme mit ihrer Sammlung, zumal wenn sie eigens auch noch einen Techniker beschäftigen, der ihnen ihre Pretiosen in Schuss hält...
Es ist also leider bei Klavieren nicht so wie bei den Cremonenser Violinen. ... ... ...
Da gibt es übrigens ein wirklich schickes Buch, "Violin Fraud", in dem ein überaus kundiger Mensch berichtet, was bei Violinen so alles betrügerisch getrieben wird...
Der stellt zum Beispiel eine Stradivari vor, die niemals von einem Stradivari gebaut worden war - jedoch sind alle Einzelteile 100pro verbürgt von Stradivari.
... nur ist leider die Beobachtungsgabe, das Vermögen, kleine Unzulänglichkeiten im Holz und in den Auswirkungen auf den Klang auszukontern, niemals von einem Stradivari angewendet worden - mangels Meister, der die Teile aufeinander einpasste. Alle Teile sind Stradivari, aber damit ist das Instrument noch lange keine Stradivari. ... Und das Ding klingt miese. Weil? Stradivari hatte nur die Teile gefertigt, nicht aber das Instrument als Ganzes.
Klaviere und Flügel sind leider von sowas weit weit entfernt.