Musiker und Ethik

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walsroderpianist

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7. Aug. 2012
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Hallo zusammen,

ich stelle hier einen Artikel rein, den ich für eine andere Gelegenheit geschrieben habe. Bewusst steht er nicht unter der Rubrik Jazzpianisten, weil mich ganz allgemein die Frage interessiert, inwieweit fragwürdige bis menschenverachtende Weltanschauungen das Oevre eines Musikers kontaminieren, oder ob dieses losgelöst davon als autonomes ästhetisches Gebilde zu bewerten ist. Es ist klar, dass problematische Charaktere großartige Werke schaffen können; die Frage ist nur, gibt es Grenzen, die ein Künstler nicht überschreiten darf, und die die Rezeption zwangsweise beeinflussen .In der Literatur fallen mir dazu auf Anhieb ein Celine und E. E. Cummings.
Über den Fall Wagner gibt in der Reihe Text und Kritik einen lesenswerten Band, der über Wagner zu einem eindeutigen ( vernichtenden) Urteil kommt.

Viele Grüße




Chick Corea- der universelle Pianist, gefangen im Hubbard- Universum



Wer sich für den Jazz und die improvisierte Musik der Gegenwart interessiert, kommt an Chick Corea nicht vorbei. Es wäre müßig zu entscheiden, ob er der „beste“ aller Jazzpianisten ist ( wer sollte hier Richter sein), doch er ist vielleicht der vielseitigste, insofern er in allen von ihm aufgegriffenen Genres- Free Jazz, Electric Jazz, Post- Bop, klassischen Kompositionen- Gültiges zu sagen hat.

Hier angesprochen, weil im Hintergrund stets präsent, soll seine Mitgliedschaft in der Scientology- „Kirche“ sein, die schon wegen seiner Bekanntheit nicht übergangen werden kann. Er vertritt zwar diese krude faschistoide Weltanschauung nicht so offensiv wie z. B. ein Tom Cruise, bekennt sich jedoch durch die Widmungen auf Notenausgaben sowie CD- und Plattencovern zu seinem Mentor Ron Hubbard, mit dem er zeitweise in Briefwechsel stand. Auf Hubbards Aufnahme dessen „Komposition“ Battlefield Earth spielt Corea Keyboard, ein Mitmusiker am Bass ist Stanley Clark. Corea nennt Hubbard einen Renaissance- Menschen wegen dessen angeblicher vielfältiger Begabungen und einen tollen Pianisten. Nun braucht an dieser Stelle über Sinn oder Unsinn der betreffenden Sekte nicht weiter diskutiert zu werden; sie ist einfach, sofern es die Chefetage und den Mittelbau betrifft, ein Haufen geldgieriger Ganoven, flankiert von einer zum Glück mittlerweile schrumpfenden Anhängerschaft psychisch abhängig gemachter Menschen.

Die Frage die sich nicht abweisen lässt, ist letztlich die, warum Künstler wie Chick Corea, dessen Musik von musikalischer Intelligenz nur so strotzt ( jedenfalls meistens), sich einer solchen Ideologie verschreiben und sie propagieren. Ist es so, dass es eine spezifisch musikalische Intelligenz gibt, die auf anderen Gebieten einfach nicht vorhanden ist oder gänzlich versagt? Günther Anders schreibt in seinem Buch Mensch ohne Welt von einer " Schizo- Kondition, die bei Musikern, die trivial reden, aber tiefsinnig komponieren, die Regel sein mag." Eine Entsprechung, natürlich cum grano salis, lässt sich vielleicht im Fall Richard Wagner finden. Dessen offen antisemitische Hetze, z. B. in seinem Buch Das Judentum in der Musik, ist zu einem gewissen Grad aus seiner Prägung durch das versteckt oder offen judenfeindliche Milieu des europäischen Bürgertums zu erklären; sie bleibt dennoch unerträglich. Soll man nun Wagner mit dem jüdischen Fluch belegen: „ Nicht gedacht soll seiner werden“? Natürlich ist das legitim; allerdings lässt sich dann die Entwicklung der Musikgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert nicht verstehen.

Auch ist die Frage, ob man Chick Corea aus der noch relativ kurzen Jazzgeschichte quasi verbannen soll, keineswegs trivial. Man würde eine zentrale Figur, die durchaus stilbildend wirkte und wirkt, ausblenden. Eine Frage, die jeder Musiker und Hörer für sich entscheiden muss.

Ich selbst spiele gelegentlich Stücke wie Amando's Rhumba, Spain oder La Fiesta; das Rätsel „ Corea und Scientology“ schwebt dabei stets im Raum. Warum tut er das? Vermutlich einfach, weil Hubbards Ideologie für Leute, die sich auf seine Lehre und die entsprechenden Prozeduren eingelassen haben, die Illusion eines unerschöpflichen Energiepools vermittelt. Dabei ist sie nur ein comichafter verballhornter pseudotiefsinniger Science Fiction- Brei.

Vielleicht sollte es Corea stattdessen mit Alexandertechnik versuchen.
 
Zuletzt bearbeitet:
weil mich ganz allgemein die Frage interessiert, inwieweit fragwürdige bis menschenverachtende Weltanschauungen das Oevre eines Musikers kontaminieren, oder ob dieses losgelöst davon als autonomes ästhetisches Gebilde zu bewerten ist.

Das ist eine sehr interessante und heikle Frage. Ich bin der Meinung, dass das getrennt von einander zu betrachten ist, solange der Komponist mit seinen Werken nicht jene zweifelhaften Botschaften vermitteln möchte.

Das Hineininterpretieren von antisemitischen Inhalten in die Werke Wagners, ist nichts Neues. Dabei tauchen gerne zum Beispiel die Charaktere Mime (geht auf Mahlers Äußerung zurück) und Beckmesser auf. Klar haben beide Figuren Eigenschaften, die Wagner auch Juden zugedacht hätte.

Fakt ist aber, dass Beckmesser kein Jude, sondern ein deutscher Beamter war und gegen eben jene richtet sich die Oper. "Mime" verwendetet er als Decknamen für Franz von Pfistermeister, Kabinettsekretär Ludwigs II., der kein Jude, sondern ein deutscher Beamter war.

Wagners antisemitische Ansichten halte ich für verabscheuungswürdig, verwerflich und schlicht und ergreifend unsinnig, ich höre aber dennoch ohne schlechtes Gewissen gerne seine Opern (sein Wert für die Musikentwicklung ist sowieso unbestreitbar), da seine antisemitischen Ansichten dort meiner Meinung nach nicht transportiert werden.

Viele Grüße!
 
Wagners antisemitische Ansichten halte ich für verabscheuungswürdig, verwerflich und schlicht und ergreifend unsinnig

LEIDER und zur Schande der Menschheit war Judenhass (ich mag die Sache lieber beim Namen nennen als hübsch in den Euphemismus "Antisemitismus" eingekleidet) kein individuelles Einzelphänomen im 19. Jh.
Genauso sieht es mit Rassismus aus. Wer keinen einzigen europäisch-gebildeten Schwarzafrikaner je wahrgenommen hat (weil kein einziger Schwarzafrikaner je die Möglichkeit zu einer Bildung dieses Zuschnitts hatte) und überdies mangels Erfahrung keinerlei interkulturelle Kompetenz entwickeln konnte, neigt eher dazu, bestimmten Ethnien (hier pars pro toto der Afrikaner) eo ipso die Bildungsfähigkeit abzusprechen.
 
Zitat von Troubadix:
Ich bin der Meinung, dass das getrennt von einander zu betrachten ist, solange der Komponist mit seinen Werken nicht jene zweifelhaften Botschaften vermitteln möchte....
...da seine antisemitischen Ansichten dort meiner Meinung nach nicht transportiert werden
:super:

Jeder gute Mensch hat seine schlechten Seiten und jeder schlechte Mensch hat seine guten Seiten. Es wäre Unsinn, das Gute zu boykottieren weil es das Schlechte gibt und es wäre Unsinn, das Schlechte zu ignorieren weil es das Gute gibt.
 
Solange Chick Corea Musik macht, und seine "Glaubensrichtung" außen vor läßt, nicht missioniert, keine neuen Mitglieder rekrutiert, kann man ohne Bedenken seine Musik genießen. Er schadet niemandem.
Wagner war offen antisemitisch, er hat dazu auch Pamphlete verfasst ("Das Judenthum in der Musik"). Deswegen kann ich Wagners Werke nicht anhören.
Edit: ******, der Wagner vergötterte und als "Propheten" bezeichnete, hat dessen Werk sicherlich beeinflusst.
 
Ein interessantes aber auch schwieriges Thema.

Nachvollziehen kann man als Außenstehender nicht, warum ein sicherlich nicht nur musikalisch intelligenter Mensch wie Corea in dieser obskuren Glaubensrichtung seine Heimat gefunden hat. Ist es eventuell der Wunsch nach Spiritualität und klaren Regeln im außermusikalischen Leben? Nicht wenige Musiker, insbesondere im Jazz, konvertierten ja auch zum Islam, wobei dies natürlich kein Vergleich zwischen Scientology und Islam sein soll.

Wenn ich Musik von Corea höre weiß ich, dass er Scientologe ist. Da man dies aber der Musik nicht anhört (wie sollte das auch aussehen, der Vergleich mit Literatur wie im genannten Beispiel Celine hinkt da), höre ich ihn nach wie vor gerne und sehe auch keinen Grund, dies zu ändern. Letztendlich muss aber jeder für sich selber entscheiden, ob er Geld für Konzerte oder Aufnahmen solcher Künstler ausgibt und somit indirekt Scientology unterstützt.
 
Edit: ******, der Wagner vergötterte und als "Propheten" bezeichnete, hat dessen Werk sicherlich beeinflusst.
ach... der Unmensch ****** hat Wagners Werke beeinflußt? ...offenbar muss es die time-machine gegeben haben...

Subjekt, Praedikat, Objekt, kurzum der Satzbau - das ist nicht einfach... aber wie so vieles lässt sich auch das üben :-D:-D:-D:-D
 
Hoppala, sozusagen posthum?! :lol:

Das kommt davon, wenn man mehrerere Sachen gleichzeitig macht... Ihr wisst schon, was ich meine, brauche das sicher nicht umzuformulieren!
 
Wagner war offen antisemitisch, er hat dazu auch Pamphlete verfasst ("Das Judenthum in der Musik"). Deswegen kann ich Wagners Werke nicht anhören.

Als erstes ist wichtig zu wissen, dass der Ursprung von Wagners Antisemitismus sprach-philosophisch und nicht primär rassistisch war. Wagner ist in einer Zeit aufgewachsen, in der es kein Deutschland, wie wir es heute kennen gab. Deutschland war bekanntlich zu dieser Zeit zersplittert. Man konnte sich national also nicht mit den Landesgrenzen identifizieren, sondern musste andere Kriterien finden. Das wurde häufig über die Sprache gemacht. Deutsch war also der, der Deutsch als Muttersprache hatte. Wagner setzte die Sprache über die Musik. In jenem berüchtigten Aufsatz "Das Judenthum in der Musik", stellt Wagner nun dar, dass die Juden als Wandervolk keine Muttersprache praktizieren. Da die Juden über keine eigene Sprache verfügen, können sie auch nicht in der Lage sein, gute Musik zu komponieren. Er bezeichnete ihr Deutsch als "Gejaule" und "Gejodel".

Dass das kompletter Unsinn ist, ist klar und es ist überflüssig, Beispiele wie Mendelssohn oder Mahler zu nennen.

Hinzu kam bei Wagner die Angst, selber jüdische Wurzeln zu haben, da sein vermeintlicher Vater einen jüdischen Namen (Gayer) hatte.

Das Hauptmotiv für seinen Aufsatz "Das Judenthum in der Musik" war ein ganz anderer. Wagner wurde wegen Hochverrats gesucht und flüchtete nach Paris, dann weiter nach Zürich. In Paris war Mayerbeer der bekannteste und erfolgreichste Opernkomponist. Beide kannten und schätzten sich, Rienzi ist mehr oder weniger eine Hommage an Mayerbeer und Mayerbeer war einer der ersten Förderer Wagners. Allerdings war Mayerbeer auch ein deutscher Jude. Da Wagner gerne den Platz des bedeutendsten Opernkomponisten einnehmen wollte, war Mayerbeer ihm im Weg, daher unter anderem der anonyme Aufsatz zur Diskreditierung der jüdischen Komponisten. Er beschimpfte die Juden als Außenseiter, Parasiten ohne Wurzeln die Kreativität nur imitieren können und deswegen ein unsichtbares Gift sind.

Dabei beließ es Wagner aber nicht. Nachdem er mit Cosima zusammenkam, steigerten sich beide in ihre antisemitischen Ansichten weiter hinein. Für alle Misserfolge Wagners machten sie die Juden verantwortlich. 1869 veröffentlichte Wagner den Aufsatz unter seinem richtigen Namen erneut und führte ein paar Änderungen durch. Seine Ansichten wurden zunehmend radikaler bis hin zu Andeutungen der Frage nach der "Endlösung". So schrieb er nun: "Ob der Verfall unserer Kultur durch eine gewaltsame Auswerfung des zersetzenden, fremden Elementes aufgehalten werden könne, vermag ich nicht zu beurteilen, weil hierzu Kräfte gehören müssten, deren Vorhandensein mir unbekannt ist." Klar, dass so was im Nationalsozialismus als Prophezeiung aufgefasst wurde. Ein System, wie den Nationalsozialismus, hätte der stark kommunistische Revoluzzer Wagner dennoch mit Sicherheit abgelehnt.

Nun könnte man meinen, Wagners Antisemitismus kann nicht so schlimm gewesen sein, schließlich hatte er viele jüdische Freunde und Bekannte. Beleuchtet man diese Freundschaften zu Tausig, Rubinstein, Levi usw. genauer fällt auf, dass er sich nur mit ihnen Umgab, weil er einen Vorteil von ihnen hatte, obwohl eine echte Sympathie für zum Beispiel Tausig nicht von der Hand zu weisen ist. Interessant ist neben dem Fall Mayerbeer, wie er Hermann Levi fallen lassen wollte, weil dieser Parsifal dirigieren sollte. Wagner wollte ihn zumindest zur Konvertierung überreden, musste aber letztlich nachgeben. Es ist eine Ironie des Schicksals, dass Wagners christlichstes Werk von einem Juden uraufgeführt wurde.

All das ist bekannt und trotzdem sehe ich keinen Grund, seine Musik deswegen abzulehnen, da diese Inhalte dort wie gesagt nicht vermittelt werden.

Viele Grüße!
 
:super:

Jeder gute Mensch hat seine schlechten Seiten und jeder schlechte Mensch hat seine guten Seiten. Es wäre Unsinn, das Gute zu boykottieren weil es das Schlechte gibt und es wäre Unsinn, das Schlechte zu ignorieren weil es das Gute gibt.


Nun ja, ich sag mal so - würden sich Leute in Gesellschaft benehmen wie W.A.Mozart, hätten sie wohl schon des öfteren Hausverbot, und gerade von jenen Menschen welche Mozart am liebsten hören :rauchen:

Viele Grüße

Styx
 
Nun ja, ich sag mal so - würden sich Leute in Gesellschaft benehmen wie W.A.Mozart, hätten sie wohl schon des öfteren Hausverbot
@Styx da kannst statt Wolfgangerl auch Ludwig, Johannes, Max einsetzen - allerdings hat das mit der Eingangsfrage oder besser gesagt Eingangsproblematik des Fadens nichts zu tun.

(was #1 betrifft, kann ich übrigens keinen sinnvollen Grund erkennen, die Herren Corea, Chick, und Wagner, Richard, in ein und denselben Topf zu stecken...)

@Barratt hältst gerade du den Begriff "Antisemitismus" für irgendwie verbrämend oder beschönigend? Wenn ich mich recht entsinne, reichen die Wurzeln des Antijudaismus recht weit zurück, hingegen der eindeutig rassistische Antisemitismus erst im späten 19. Jh. auftaucht (Gobineau & Konsorten) und dass in diesem Zusammenhang fraglich ist, ob man überhaupt historisch korrekt urteilt, wenn man Chopin*), Wagner**) und W. Busch***) als antisemitisch bezeichnet.

Herr Corea also findet sich bei einer Sekte namens "Scientology" gut aufgehoben. Bon: seine Sache. Ein paar seiner Musiksachen beziehen sich bzgl. Titel und mus. Material auf den Gründer dieser Sekte, den literarisch wenig bedeutsamen science-fiction Autor Hubbard. ...kontaminiert das den Groove? ist das beliebte Köln-Konzert deswegen ein sektiererisches Pamphlet?

Man kann kopfschüttelnd darüber staunen, dass Herr Corea dergleichen privat offenbar für prima hält - ich jedenfalls staune darüber, wusste das übrigens vor diesem Faden nicht: und muss ehrlich zugeben, dass es mich nicht weiter beeindruckt. Ich bin kein Katholik, ja nichtmal ein Christ. Corea ist kein Bruckner. (ich übrigens auch nicht) :-) Bruckner widmet seine letzte Sinfonie dem lieben Gott. (ob Jehovah sich über die massiven Rhythmen des Scherzosatzes jetzt besonders freut, weiß ich nicht :-D:-D) Aber eines weiß ich: der Bruckner will mich mit seiner Sinfonie nicht dazu animieren, irgendeinen Bischof zu bauchpinseln. Und Coreas Wirken, auch wenn es nicht mit Bruckner vergleichbar ist, will weder mir noch sonstwem "Thetans" aufschwatzen.

Corea ist also Scientologie? Bon. Soll er halt. Ist seine Sache. Hab ich vorher nicht gewußt, und jetzt, da ich´s weiß, juckt es mich nicht sonderlich. (ich kann nur darüber staunen, dass man - egal wer - den Thetan-Scheiß ernst nimmt)

Hängt er das an die große öffentliche Glocke, kann er sich über unterschiedliche Reaktionen freuen und ärgern - ja, das hat man halt davon. Schlimmstenfalls gibt´s paar spöttische Zeilen: da ging´s rezeptionshistorisch dem "frommen Bruckner" sogar schlimmer was die Spöttelei betrifft.

__________________
*) ...ja, der Frederic... in einem seiner Briefe wettert er über die bösen Musikverleger, die mehr verdienen als die Musikproduzenten:
Zitat von Chopin:
(...) die Verleger sind die schlimmsten Juden, am besten schösse man sie tot (...)
....hui.............
**) dessen großspurige Hampeleien werden ja gerne überstrapaziert und dann, vor dem Hintergrund des 20. Jhs. (an welchem er nicht beteiligt war...) gegen ihn verwendet
***)
Zitat von Wilhelm Busch:
Und der Jud mit krummer Ferse,
Krummer Nas und krummer Hos
Schlängelt sich zur hohen Börse,
Tiefverderbt und seelenlos.
 

Und der Jud mit krummer Ferse,
Krummer Nas und krummer Hos
Schlängelt sich zur hohen Börse,
Tiefverderbt und seelenlos.

"So war Schmulchen Schievelbeiner,
schöner ist doch unsereiner"

Ganz klar - Wilhelm Busch war n Nazi :blöd:

Zu Herrn Corea - seine Musik interessiert mich jetzt persönlich nicht, aber er hat in seinem Bereich wohl schon ziemlich was drauf. Und mei, wenn es ihm Freude mach den L.R. Hubbard Jüngern anzugehören, was solls, des schmählert doch nichts an seiner Musik? Möglicherweise tut ihm ja der Glauben daran sogar gut, und inspiriert ihn?

Viele Grüße

Styx
 
ist das beliebte Köln-Konzert deswegen ein sektiererisches Pamphlet?

OT: Ich erlaube mir den dezenten Hinweis, dass man so eine Aufnahme genau so wenig finden wird wie eine berühmte 1955 veröffentlichte Einspielung der Goldberg-Variationen von Gulda;-). @walsroderpianist : Sorry für den kleinen Jokus in Deinem Thema, das ja eigentlich nicht zum Blödeln geeignet ist.
 
@Barratt hältst gerade du den Begriff "Antisemitismus" für irgendwie verbrämend oder beschönigend? Wenn ich mich recht entsinne, reichen die Wurzeln des Antijudaismus recht weit zurück, hingegen der eindeutig rassistische Antisemitismus erst im späten 19. Jh. auftaucht (Gobineau & Konsorten) und dass in diesem Zusammenhang fraglich ist, ob man überhaupt historisch korrekt urteilt, wenn man Chopin*), Wagner**) und W. Busch***) als antisemitisch bezeichnet.

"Judenhass" nennt die Sache unmissverständlich beim nackten und hässlichen Namen. So krass und krude wie diese Haltung nun einmal ist.

Außerdem geht man damit sämtlichen dümmlichen Einwürfen aus dem Weg, die heutzutage von judenhassenden Arabern vorgetragen werden: "Antisemit? Ich bin kein Antisemit. Kann ich auch gar nicht sein, da ich selbst ein Semit bin und eine semitische Sprache spreche. Aber die Sch*** Zionisten, die sollen alle ins Gras beißen, und Israel machen wir platt." Wie oft habe ich das schon gelesen...
 
@Styx da kannst statt Wolfgangerl auch Ludwig, Johannes, Max einsetzen - allerdings hat das mit der Eingangsfrage oder besser gesagt Eingangsproblematik des Fadens nichts zu tun.

(was #1 betrifft, kann ich übrigens keinen sinnvollen Grund erkennen, die Herren Corea, Chick, und Wagner, Richard, in ein und denselben Topf zu stecken...)

@Barratt hältst gerade du den Begriff "Antisemitismus" für irgendwie verbrämend oder beschönigend? Wenn ich mich recht entsinne, reichen die Wurzeln des Antijudaismus recht weit zurück, hingegen der eindeutig rassistische Antisemitismus erst im späten 19. Jh. auftaucht (Gobineau & Konsorten) und dass in diesem Zusammenhang fraglich ist, ob man überhaupt historisch korrekt urteilt, wenn man Chopin*), Wagner**) und W. Busch***) als antisemitisch bezeichnet.

Herr Corea also findet sich bei einer Sekte namens "Scientology" gut aufgehoben. Bon: seine Sache. Ein paar seiner Musiksachen beziehen sich bzgl. Titel und mus. Material auf den Gründer dieser Sekte, den literarisch wenig bedeutsamen science-fiction Autor Hubbard. ...kontaminiert das den Groove? ist das beliebte Köln-Konzert deswegen ein sektiererisches Pamphlet?

Man kann kopfschüttelnd darüber staunen, dass Herr Corea dergleichen privat offenbar für prima hält - ich jedenfalls staune darüber, wusste das übrigens vor diesem Faden nicht: und muss ehrlich zugeben, dass es mich nicht weiter beeindruckt. Ich bin kein Katholik, ja nichtmal ein Christ. Corea ist kein Bruckner. (ich übrigens auch nicht) :-) Bruckner widmet seine letzte Sinfonie dem lieben Gott. (ob Jehovah sich über die massiven Rhythmen des Scherzosatzes jetzt besonders freut, weiß ich nicht :-D:-D) Aber eines weiß ich: der Bruckner will mich mit seiner Sinfonie nicht dazu animieren, irgendeinen Bischof zu bauchpinseln. Und Coreas Wirken, auch wenn es nicht mit Bruckner vergleichbar ist, will weder mir noch sonstwem "Thetans" aufschwatzen.




Corea ist also Scientologie? Bon. Soll er halt. Ist seine Sache. Hab ich vorher nicht gewußt, und jetzt, da ich´s weiß, juckt es mich nicht sonderlich. (ich kann nur darüber staunen, dass man - egal wer - den Thetan-Scheiß ernst nimmt)

Hängt er das an die große öffentliche Glocke, kann er sich über unterschiedliche Reaktionen freuen und ärgern - ja, das hat man halt davon. Schlimmstenfalls gibt´s paar spöttische Zeilen: da ging´s rezeptionshistorisch dem "frommen Bruckner" sogar schlimmer was die Spöttelei betrifft.

__________________
*) ...ja, der Frederic... in einem seiner Briefe wettert er über die bösen Musikverleger, die mehr verdienen als die Musikproduzenten: ....hui.............
**) dessen großspurige Hampeleien werden ja gerne überstrapaziert und dann, vor dem Hintergrund des 20. Jhs. (an welchem er nicht beteiligt war...) gegen ihn verwendet
***)


Ich verstehe das alles und stimme ihm teilweise zu.
Eben teilweise.

Es ist schon klar, dass es bei Wagner keine antisemitischen Leitmotive gibt, der Bruckner Anton keine kleinen Katholons sondern Noten gemalt hat und ansonsten im damaligen Bürgertum Ausfälle gegen Juden fast schon zum guten Ton gehörten.
( Um die Namensliste fortzusetzen, es gibt auch im Briefwechsel der Schumanns entsprechende Stellen).

Man kann sich natürlich freuen, dass es der Fall sein kann ( Pathosmodus an), dass chaotische Geister und Herzen Werke voller Schönheit schaffen können ( Pathosmodus aus). Und selbstverständlich ist es Unsinn, eine Einheit von Werk und Leben bzw. Gesinnung behaupten zu wollen; falsche Idealisierung.
Es ist nur die Frage, ob es nicht doch G R E N Z E N gibt, auf denen zu bestehen ist. Die ewige Frage, wieviel Toleranz muss man den Intoleranten entgegenbringen.
Natürlich gibt es Unterschiede zwischen Mr. Corea und dem Herrn mit dem Samtkäppchen ( zu dem gibt es auch posthum keine Alternative), die Gemeinsamkeit liegt aber im manipulativen Charakter ( im Fall des ersteren durchaus subtil eingesetzt, im zweiten mit dem Holzhammer) ihrer publizistischen und verbalen Aktionen, die durchaus Wirkung zeigten und zeigen.
Wagner ist nicht " schuld" an der Hitlerei, so eine schiefe Kausalität lässt sich nicht konstruieren, aber hat mit Sicherheit mitgeholfen, in gewissen Kreisen den Schoß vorzubereiten, aus dem das kroch.
Wenn er kundtut, er täte sich freuen, wenn sämtliche Juden bei einer Aufführung von Nathan der Weise verbrennen würden, ist das keine großspurige Hampelei, sondern etwas ganz anderes.
Die Juden in seiner Umgebung haben es ihm leicht gemacht; Nichts Widerständiges, sondern Beweihräucherung bis zur Selbstaufgabe; Parsifal wurde z.B. vom jüdischen Dirigenten Hermann Levi uraufgeführt, der von den Wagnerianern ständig beleidigt wurde. Diese Oper steht übrigens im Zusammenhang mit Wagners sog. Regenerationsschriften von 1879/80, in denen Wagner seine grausige antisemitische Blutideologie entwickelt, deren Spuren sich aber viel länger zurückverfolgen lassen. Er präsentiert hier seine Vorstellung vom arischen Jesus.
In der Schrift Das Künstlertum der Zukunft mythisiert er seinen Schaffensprozess und verlegt ihn in das "Volk", das unbewusst aus Naturtrieb handelt und daher das Neue zustande bringt. Ein Schelm, der Böses dabei ahnt.
Außer seinem Nerokomplex (s.o.) war wohl bei Wagner eine gehörige Portion Minderwertigkeitsgefühl im Spiel. Einmal ging er zu Cosima und sagte:" Hier muss ich modulieren und ich schaff' das nicht." Und: " Mendelssohn hätte das sofort geschafft, was bin ich für ein Musiker."

Im Grunde war er zeitlebens Machtmensch und Stratege; Demokrat, Revolutionär, Antisemit (!), Opportunist.

Das ist der Schluss von Carl von Ossietzkys letztem Zeitungsartikel, eine Woche , bevor er ins KZ kam ( Weltbühne, 21. Februar 1933): wir sehen in Wagners Werk vornehmlich eine künstliche Fontäne in buntem Scheinwerferlicht und keinen reinen natürlichen Quell- aber das ist Sache des Kunstgeschmacks, also Privatsache. Die andere Seite dieses Programms ist es dagegen nicht. Wir werden also etwas unternehmen müssen, da nicht zu erwarten ist, daß eine reine Jungfrau, um uns zu erlösen, ins Wasser springt.
 
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