M. Dupre „Seize Chorals“

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Andraska

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26. Jan. 2018
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Hallo,

bei der Interpretation von Orgelmusik des 17. und 18. Jahrhunderts gibt es ja eine gewisse Bandbreite, bedingt z.B durch die Überlieferung oder die für uns unklare Notation.

Ganz anders bei M. Dupre. Er hatte eine Menge Schüler, denen er seine Vorstellung von Interpretations vermittelt hat. Und seine Kompositionen sowie Ausgaben lassen keinen Zweifel daran, wie er die Stücke gespielt wünscht (Finger- und Fußsätze). Und es ist wohl so, daß er nur seine Art der Interpretation gelten ließ.

Ich möchte mich ein wenig mit Dupres Orgelmusik beschäftigen und hab daher mal ganz klein angefangen, um seine Eigenarten kennenzulernen (Seize Chorals, Nr. Vi Coelestis urbs Jerusalem).

Peinlichst genaue Fuß- und Fingersätze, akribisch genaue Ausführungshinweise der Artikulationszeichen usw. Und ich in gewillt, das alles genau zu berücksichtigen, da ich ja seine Musik kennenlernen will, also möchte ich es so spielen, wie er es sich vorgestellt hat. Nur macht mich die Grundartikulation sehr nachdenklich (man hört immer wieder, wenn bei Dupre nichts dasteht, dann legatissimo). Es steht wirklich nichts da, ist das also wirklich so? Ich hab an verschiedenen Stellen „große“ Organisten gefragt, Schultern zucken. Deshalb meine Frage mal hier im Forum gestellt. Hat jemand dieses Stück gespielt bzw. kennt sich gut mit der Orgelmusik Dupres aus? Um es nochmal ganz deutlich zu sagen, ich suche keine Antwort „ich mache das so, weil mir das so gefällt“, sondern einen Hinweis, Dupre hat sich das so und so vorgestellt,weil…

Ich bin auch gern bereit, die einzelnen Stellen mal konkret hier einzustellen, wo ich so meine Bauchschmerzen habe. Die Mühe lohnt sich aber eben nur, wenn es hier im Forum Organisten gibt, die sich mit Dupre beschäftigt und auseinandergesetzt haben.



MfG

Andraska
 
Hallo agraffentoni,
es geht mir nicht um die Art des Legatos. Spielst Du wirklich durchgehend Legato, bis in der betreffenden Stimme die erste Pause kommt (bei Oktavsprüngen, bei evt. neuen Themaeinsätzen usw.). Der "gesunde Musikerverstand" sagt mir, hier muß ich absetzen, um einfach bestimmte Verläufe deutlich zu machen. Aber Dupre schreibt nichts dergleichen vor. Bei jedem anderen Komponisten würde ich es tun. Aber Dupre schreibt sonst alles vor, auch jeden Mist (Entschuldigung), z.B. wie lang ich eine von ihm punktierte Note zu halten habe!!! Deshalb bin ich mir unsicher, meint er das wirklich so?
Hast Du die Noten vorliegen, dann zitiere ich mal.

MfG
Andraska
 
Dupré meint wirklich, was er schreibt.
Tonwiederholungen sind in der Regel deutlich abzusetzen, außer wenn zwei Stimmen aufeinandertreffen (notes communes).
Dupré hat übrigens eine Orgelschule verfaßt (Méthode d’orgue).
 
Hallo Pedall,
da es in der Mittel- und Pedalstimme keine einzige Artikulationseintragung gibt, würde das bedeuten, daß ich die Mittelstimme bis auf eine einzige Stelle (Takt 3 , 4. Viertel, da entsteht durch ein angebundenes Sechzehntel, welches nach Dupres Angabe als Sechzehntelpause zu spielen ist, eben eine Pause und damit eine Unterbrechung), im Dauerlegato durchzuspielen habe trotz Sext- und Oktavsprüngen, deutlichen neuen Themeneinsätzen, Motivwiederholungen?? Im Pedal ist es ähnlich.
Gut, die Oktavsprünge könnte ich als Umbrüche interpretieren, weil der Pedalumfang einfach für die melodische Linie nicht ausreicht.
Das mit der Orgelschule weiß ich. Ich hab auch so schon im Internet und in Publikationen versucht, da etwas zu erfahren. Das einzige war mal ein Bericht einer Schülerin über seine Unterichtspraxis.
Leider bin ich des Französischen nicht mächtig, deshalb hat das mit der Schule nicht viel Sinn.

Ein weiters Thema ist seine Pedalapplikatur. Ich hab mich streng daran gehalten um herauszufinden, was bringts. In den Randbereichen des Pedals hab ich natürlich durch die ausschließliche Verwendung des jeweiligen äußeren Fußes eine bequemere Spielhaltung, wodurch auch der Manualpart sicherer zu spielen ist. Aber im mittleren Bereich, wenn er z.B beim Spiel von benachbarten Tönen ohne Obertasten (e-d Absatz-Spitze linker Fuß; d-e-d-c-H S-A-S rechts A-S links) dieses System verwendet, bekomme ich Schwierigkeiten, mit einer nach innen gerichteten Fußspitze den Absatz nach außen zu spielen. Da ist zumindest mein Fuß unnatürlich verdreht und die ganze Spielhaltung äußerst unsicher. Außerdem hab ich Mühe, dann die Pedaltaste mit dem Absatz tief genug zu drücken. Mit einem ganz normalen Fußwechsel Spitze-Spitze sind diese Stellen vollkommen problemlos zu spielen.
Ich habe vermutet, daß Dupre an seiner Orgel ein doppelt geschweiftes Pedal hatte. Das scheint aber nicht zu stimmen, wie ich kürzlich Bildern entnommen habe. Zumindest ist wohl die Mensur des Pedals etwas enger, denn es geht bis g'. Damit wird aber die oben geschilderte Stelle in der Mittellage des Pedals auch nicht einfacher. Vielleicht muß ich einfach Schuhe mit höheren Absätzen tragen.

MfG
Andraska
 
Hallo Agraffentoni,
Deinen Beitrag sehe ich leider jetzt erst.
Nein, eben auch keine Phrasierungsbögen. Sonst wäre ja alles klar.

MfG
Andraska
 
Hallo Pedall,
danke für den Hinweis, das wußte ich nicht.

MfG

Adnraska
 
Ja, ich befürchte, das soll komplett legato sein. Von Dupré gibt es ja genug Aufnahmen, wo er nicht nur seine Sachen so spielt. Ich finde es nah am Erstickungstod. Vielleicht ist es auch ein zeittypisches Phänomen, dass wir eben heute eher bereit sind, deutlich artikuliertes Spiel zu akzeptieren. Ich habe nicht übermäßig viel Dupré gespielt, aber ich erlaube mir (gegen besseres Wissen) deutlich mehr zu artikulieren, als D. es gutgeheißen hätte.
 
Hallo Axel,
danke für den Hinweis. Ich werde es jetzt mal so einstudieren. Ich nöchte ja wissen, wie Dupre im "Original" klingt.
Hast du noch einen Hinweis zu seinen originalen Fußsätzen? Bist Du damit klar gekommen?
Ich sage mir, wenn ich "anatomisch" damit nicht klar komme, nehme ich welche, die meinen Füßen mehr liegen. Wenn das klangliche Ergebnis das Gleiche ist, sollte es ja Wurscht sein. Natürlich wollte ich erst einmal wissen, wie er (Dupre) spielt, aber wenn das für mich nicht realisierbar ist, werde ich die Fußsätze für mich erstellen. Ich denke, es kann auch nicht gut sein, unter ständiger Spannung zu spielen, das macht auch unsicher.

MfG
Andraska
 

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