"Kleine Klavierakademie" - sinnvoll oder überambitioniert?

P

Perdita

Guest
Hallo zusammen :023:,

zu meinem Einstand hier gleich mal eine Frage an die klavierpädagogischen Experten unter Euch:
Meine Tochter (8) spielt seit ca. zwei Jahren und nimmt natürlich auch Unterricht. Mit ihrem Lehrer versteht sie sich meinem Eindruck nach recht gut; er scheint sie zu mögen und für begabt zu halten. Zumal auch ich - nach jahrzehntelanger Pause - wieder angefangen habe, das Ganze ernsthafter als früher zu betreiben (nehme inzwischen auch wieder Unterricht, bei einem anderen Lehrer) und täglich übe und spiele (nicht gut, aber dafür oft :003:), halte ich auch sie dazu an, jeden Tag wenigstens zehn Minuten oder eine Viertelstunde dranzubleiben. Inzwischen macht sie das auch, ohne dass ichs anmahnen muss (na ja, manchmal zumindest ;-) ).

Nun kam er neulich mit einer besonderen Idee an: Alljährlich findet in unserem Ort eine "Klavierakademie" statt, bei der angehende Pianist/innen aus aller Welt von auswärtigen Professoren zwei Wochen lang unterrichtet werden, mit großem Abschlusskonzert (teuer, aber sicher prestigeträchtig). Nach diesem Vorbild bietet er manchen seiner Schüler eine "kleine Klavierakademie" an, bei der ein anderer Pianist für einen Tag kommt und dem Betreffenden eine halbe Stunde lang zusätzlich Unterricht gibt, kostenfrei so weit ich sehe. Für wie sinnvoll schätzt Ihr so etwas ein, zumal bei einem Kind, das jetzt noch nicht so weit fortgeschritten ist und wahrscheinlich auch keine Pianistenlaufbahn anstrebt, und zumal in der kurzen und begrenzten Zeit wahrscheinlich auch kein wirkliches Lehrer-Schüler-Verhältnis entstehen kann? Für mich fände ich so eine Möglichkeit ganz interessant, einfach um mal den Stil eines anderen KL kennenzulernen und mir vielleicht ein paar zusätzliche Anregungen geben zu lassen; meine Tochter aber sagt, ihr genügt ihr Unterricht bei ihrem tollen Lehrer; das wird ihr sonst zu viel. Sollte ich versuchen, sie da doch noch zu überreden?

Viele Grüße,
Perdita
 
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Wenn sich Deine Tochter gut vorbereitet und darauf einlassen kann, dass ihr jemand Unbekanntes erzählt, wie sie das Stück "besser" spielen kann, dann kann sie auch in dem Alter schon eine Menge daraus lernen. Probier's aus. Verlieren kannst Du eigentlich nichts, aber Deine Tochter kann im besten Fall eine Menge Motivation draus ziehen.
 
Wenn sie sich darauf einlassen kann - eben das ist der Punkt. Sie weigert sich, es wird ihr wahrscheinlich zu viel. Und zwingen will ich sie dazu natürlich nicht; das dürfte auch nur Widerwillen wecken. Mit dem Üben ist es ja auch ähnlich: was der KL ihr aufgibt wird gemacht; aber darüber hinaus ein Stück etwas weiter versuchen oder etwas Neues - nein. (Zudem hat sie - auf eigenen Wunsch hin - seit neuestem noch Saxophonunterricht angefangen, was sie aber schon wieder heftig bereut.) Wahrscheinlich hat sie in diesem Alter einfach (noch?) nicht so viel intrinsische Motivation?
 
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Wahrscheinlich hat sie in diesem Alter einfach (noch?) nicht so viel intrinsische Motivation?
Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, was ich in diesem Alter für intrinsische Motivationen hatte. Vielleicht wenn Schnee lag zum Rodeln oder im Sommer zum Baden oder mal etwas malen oder basteln, vielmehr war da wohl nicht vorhanden. Also sei doch einfach glücklich und zufrieden, wenn sie sich überhaupt für etwas interessiert, auch wenn es dann, so wie beim Saxophon, nicht vielmehr als ein Hineinriechen ist. Doch das ist nur meine Meinung und ich bin kein Pädagoge. Für was warst Du in diesem Alter bereits durchgehend über einen längeren Zeitraum motiviert?
 
Habe ich das richtig verstanden, dass der Lehrer nicht alle seiner Schüler:innen zu dieser "Akademie" einlädt, sondern nur einige, und dass Deine Tochter eingeladen wurde?
Ich kann mir vorstellen, dass Dich das stolz macht. Nun scheint aber, nachdem was ich lese, Deine Tochter dazu eine andere Meinung zu haben und sie sagt, dass sie das nicht möchte.
Ob Du sie davon überzeugen kannst, es auszuprobieren, und ob Du versuchen solltest, sie zu überzeugen, dazu lässt sich von außen kaum etwas sagen. Wenn ich als Kind etwas nicht mochte, bekam ich manchmal meinen Willen, und manchmal hieß es, probier es doch aus. Und oft war die Erfahrung dann sehr gut. Manchmal aber auch grässlich (und führte dann zu einem "Ich habe doch gewusst, dass das total doof ist.").
Wie hat Deine Tochter denn von der Möglichkeit erfahren, an der Akademie teilzunehmen, durch Dich oder durch ihren Lehrer?
Und was würde passieren, wenn sie nicht teilnimmt?
 
Das ist ab dem Punkt gewinnbringend, wo ein Kind in der Lage ist ein „entweder/ oder“ zu verstehen. Meine waren mit 8 nicht wirklich in der Lage dazu (aber: Jungs sind in dem Alter etwas langsamer).
Das, was der augenblickliche Lehrer macht, ist gut und richtig, das, was der neue Lehrer macht anders, aber auch gut und richtig. Wenn das vermittelt werden kann, ist es ok.

Kinder tendieren lange Zeit zu schwarz-weiß, auch im Hinblick auf Lehrpersonen.

Bei einem schnell zu begeisternden Kind besteht dann die Gefahr, daß es den alten Lehrer als nicht so gut (da bekannt, verbunden mit bekannten Anforderungen) einstuft und eher demotiviert wird, da der Neue/ das Besondere, noch ohne Anforderungen, nur einmal kommt.
Die Situation fordert pädagogisches Fingerspitzengefühl auf allen Seiten.
 
Wie hat Deine Tochter denn von der Möglichkeit erfahren, an der Akademie teilzunehmen, durch Dich oder durch ihren Lehrer?
Und was würde passieren, wenn sie nicht teilnimmt?
Der Lehrer hat sie - in meinem Beisein - nach der Stunde dazu eingeladen. Ich habe ihr auch gesagt, probieren können wirs, vielleicht ist es doch ganz spannend. Aber das hat sie leider nicht überzeugt. Das Schlimmste, was wohl passieren könnte, wäre, dass er sich durch eine Absage nicht genügend für dieses Angebot gewürdigt fühlt und sich auch das Lehrer-Schüler-Verhältnis dementsprechend etwas abkühlt ;-) . "Pädagogisches Fingerspitzengefühl" werden wir wohl auch für diese Absage etwas brauchen.

Kinder tendieren lange Zeit zu schwarz-weiß, auch im Hinblick auf Lehrpersonen.
Das ist sicher auch so ein Aspekt. Sie fürchtet, von dem anderen Lehrer dann etwas ganz anderes oder sogar Widersprüchliches zu hören. (Vielleicht auch, dass sie womöglich doch nicht so begabt ist...?)

(Motiviert in diesem Alter war ich selbst, so weit ich mich erinnere, vor allem fürs Bücherlesen. Aber sonst für nicht viel :003:. )
 
Motivation, zumindest dauerhafte, braucht Erfolgserlebnisse. Du musst ihr also schon die Gelegenheiten geben, diese zu haben. Und Du solltest auf keinen Fall die Anstrengung als solches loben ("toll, dass Du heute ganz alleine 15min geübt hast"), sondern das Ergebnis ("toll, das klingt doch schon so viel besser als gestern"). So merkt das Kind, dass die Anstrengung kein Selbstzweck ist, sondern sich gelohnt hat. Für die Kinder spielt die Zeit eigentlich nur dann eine Rolle, wenn sie etwas nicht machen wollen. (Wir haben unserer Tochter übrigens nie für irgendetwas Zeiten vorgegeben)

Das hier macht mich doch ein wenig stutzig:

Sie weigert sich, es wird ihr wahrscheinlich zu viel.

Sich eine Viertelstunde mit etwas zu beschäftigen ist auch in dem Alter nicht besonders viel. Warum wird es ihr dann zu viel? Weil sie zu viele andere freiwillige oder unfreiwillige "Hobbies" hat? Weil sie zu viel Zeit für Hausaufgaben aufwenden muss? Weil...?
 
Sich eine Viertelstunde mit etwas zu beschäftigen ist auch in dem Alter nicht besonders viel. Warum wird es ihr dann zu viel?
Das war wohl ein Missverständnis: Nicht das Üben war damit gemeint (ist wirklich nicht viel und so starr und wird auch meist mit etwas Angenehmem wie Film oder Vorlesen hinterher verbunden), sondern dieses Zusatzangebot.
 
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Soviel aus Deinem Eingangspost zu entnehmen ist, handelt es sich um eine (einzige!?) halbe Stunde, in der ein anderer Pianist, nicht Lehrer, ein paar Tipps gibt. Das würde ich als Pflichtveranstaltung und besondere Ehre ansehen und so dem Kind vermitteln.
Sie könnte doch ein Stück dafür besonders schön üben, welches evtl. im normalen Unterricht gar nicht behandelt wird.

Wenn der Elternteil schon dermaßen skeptisch und zweifelnd ist, merkt das Kind natürlich, dass es die Wahl hat. Und die ist in dem Alter fast immer: Nein!

Nachtrag: mein Sohn hatte in dem Alter (7/8) in den Ferien (!) Workshops in der Musikschule. Da wäre ich gar nicht auf die Idee gekommen zu fragen, ob er will oder nicht. Das ging eine ganze Woche tgl. den ganzen Vormittag., am Ende ein klitzekleines Vorspiel mit den Resultaten. Und es war für alle toll.
 
Sie weigert sich, es wird ihr wahrscheinlich zu viel.
Hm, es geht doch um einen einmaligen Termin von 30 Minuten? Das ist ja nun nicht viel.

Wir kennen Deine Tochter (und Dich) nicht, deshalb halte ich es für schwierig, einen wirklichen Rat zu geben. Höchstens Denkanstöße.

Meine Kinder haben immer großen Respekt vor allem Unbekannten. Es ist schwer, sie für etwas zu motivieren, das sie sich nicht vorstellen können. Da wird dann schnell abgelehnt. So etwas könnte ich mir hier auch als Erklärung vorstellen. Wenn man eine solche Ablehnung nicht sehr subtil umschifft, verhärten sich ratz-fatz die Fronten und aus dem eigentlichen "ich weiß nicht so recht" wird Trotz. Ein Patentrezept für den Umgang damit suche ich noch und bin für Tipps dankbar...

Also vielleicht versuchst Du es vorsichtig, Deiner Tochter die Einladung als tollen Erfolg nahezubringen und sie neugierig zu machen. Wenn das nicht klappt, mach'n Haken dran, von 30 Minuten wird nun auch nicht ihre Karriere abhängen.
 

Nun, als "Pflichtveranstaltung" werde ichs ihr kaum glaubhaft vermitteln können, wenn es vom Lehrer nicht als solche vorgestellt wurde. So etwas merkt sie sich natürlich auch. Und Skepsis und Zweifel sehe ich grundsätzlich nicht unbedingt als etwas Negatives. Übertriebener Ehrgeiz kann sicher auch genug Schaden anrichten.

Also vielleicht versuchst Du es vorsichtig, Deiner Tochter die Einladung als tollen Erfolg nahezubringen und sie neugierig zu machen. Wenn das nicht klappt, mach'n Haken dran, von 30 Minuten wird nun auch nicht ihre Karriere abhängen.
Ja, so sehe ich das im Grunde auch ;-) .
 
Warum?
Ich war auf alles Neue neugierig wie Sau.
Und ja, alles was in meiner Freizeit stattfand war freiwillig. Weigerungen (z.B. bestimmter Geigenlehrer) wurde auch anstandslos akzeptiert (außer die ganzen Familienfeiern mit großer Verwandschaft, wo ich immer mitmusste....arrrgggssss :angst:). Was soll auch rauskommen, wenn´s Kind nicht will. "Zum Glück zwingen", so was gibt´s nicht.
 
Ich schon. Es fällt halt schwer zuzusehen, wie ein Kind eine (vermeintliche) Chance nicht nutzt. Da kannst Du jetzt auf die Tigereltern schimpfen wie Du willst, und Du hast sogar Recht. Trotzdem bleibt es schwer.

Projektion nennt sich das, wenn Eltern etwas "für ihr Kind" wollen, weil es ihnen selbst verwehrt wurde oder nicht gelungen ist, und dabei gar nicht auf das Kind achten. Andererseits wollen manche Kinder nicht mal was ausprobieren, was natürlich auch ärgerlich ist.

@Perdita: Sagen wir so – freu Dich doch, dass Du Deine Tochter überhaupt fürs Klavier motivieren konntest, und häng Dich nicht an den 30 Minuten Extra-Unterricht auf.
 
wollen, weil es ihnen selbst verwehrt wurde oder nicht gelungen ist, und dabei gar nicht auf das Kind achten.
Ich würde das jetzt mal nicht gleich verkomplizieren und überbewerten. Schon gar nicht wegen einer halben Stunde. Außerdem ist es sowieso zu spät, da das Kind ja seine Wahl schon kundgetan hat und alles Weitere nur Trotz hervorrufen würde.
Beim nächsten Mal etwas positiver und offener herangehen. Dem Kind wird nicht gleich ein Stein aus der Krone fallen, wenn es dann doch nicht so toll war.
 
Für mich fände ich so eine Möglichkeit ganz interessant, einfach um mal den Stil eines anderen KL kennenzulernen und mir vielleicht ein paar zusätzliche Anregungen geben zu lassen; meine Tochter aber sagt, ihr genügt ihr Unterricht bei ihrem tollen Lehrer; das wird ihr sonst zu viel. Sollte ich versuchen, sie da doch noch zu überreden?

Liebe Perdita,

ich würde das nicht machen! Manche Kinder sind einfach schüchterner und trauen sich nicht. Es wird eine Erwartungshaltung aufgebaut, es entsteht Druck und das sollte man respektieren.

Für so ein Kind kann es viele Fragen geben, an die wir nicht im Traum denken würden: ist der Lehrer nett, wie werde ich dann spielen, hören welche zu..... .

Die Akademie ist aber doch sicherlich öffentlich oder lädt ein bestimmtes Publikum zum Zuhören ein. Dann würde ich mit deiner Tochter hingehen und zuhören. So kann sie sich ein Bild machen und weiß im nächsten Jahr, was auf sie zukommt und ob das etwas für sie ist.

Ich höre aus deinem Beitrag heraus, dass du einen gewissen Druck verspürst dem Lehrer gegenüber, der sich soviel Mühe gibt. Sprich mit ihm - er kann auch mit deiner Tochter sprechen - , und schildere ihm genau so, wie es ist. Jemand, der sich so einsetzt und jemand anderen engagiert für die Kleine Akademie, wird eine Absage deiner Tochter sicher nicht persönlich nehmen.

Liebe Grüße

chiarina
 
Schüchtern ist meine Tochter zwar im allgemeinen definitiv nicht (eher der Typ "Quatschkasper"), ganz im Unterschied zu mir, aber mit Druck und Erwartungshaltungen kann sie auch schlecht umgehen, stimmt schon.

Ich höre aus deinem Beitrag heraus, dass du einen gewissen Druck verspürst dem Lehrer gegenüber, der sich soviel Mühe gibt.
Einen Wunsch, ja, sicher. So ein Engagement über den regulären Unterricht hinaus ist ja auch nicht selbstverständlich, und das würde ich auch gerne angemessen wertschätzen.

Inzwischen haben wir die Sache aber glücklicherweise zur allseitigen Zufriedenheit klären können; er hatte sowieso schon genug anderen Schülern zugesagt und noch einmal zum Zuhören eingeladen. Insofern alles gut :-) . Vielen Dank auch für die konstruktiven Antworten!
 
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