Kann schlechter Hammerfilz die Intonation zunichte machen?

S

Scaramouche

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Ich habe mal wieder Fragen zum Estonia-Flügel.

Inzwischen ist der Flügel durch einen Klavierbauer sehr gut eingestellt und klingt auch sehr gut. Ich, wie auch meine Pianistin lieben es, darauf zu spielen.

Nur, die Intonation des Klaviebauers hielt nicht so lange, nach ein paar Wochen kamen wieder Störungen bei einzelnen Tönen. Nun habe ich mich selbst daran gemacht, zu intonieren. Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden, allerdings wieder nicht auf Dauer.

Jetzt habe ich bemerkt, dass die Saiten vom kleinen c bis e, besonders das es, wieder nicht auf gleicher Höhe sind. Ich habe das Gefühl, auch das ändert sich. Dies dann zu intonieren ist fast unmöglich, ohne die Saiten zuvor auf Chor zu richten.

Carl-Johan-Forss schreibt, ziehe die Saiten in unmittelbarer Nähe der Agraffen hoch. Darf man die Saite mit Kraft anheben, damit sich etwas tut und was ändere ich daran? Und warum soll die Saite auf der gerichteten Höhe bleiben?

Ich habe hier gelesen, dass es minderwertige Agraffen gibt, wo sich Saiten eingraben, deshalb überlege ich mir, 7 Agraffen auszutauschen und die Saiten neu beziehen. Oder kann ich die alten Saiten behalten, nachdem ich die Agraffen ausgetauscht habe?

Zudem denke ich, dass ich den Filz gegen Naturfilz von Renner oder Abel austausche, also neu überziehen lasse. Er hat zwar genug Material (Fleisch), sieht auch gut aus, verform sich aber teilweise (Kuhle) oder wenn ich abziehe, enstehen manchmal Rillen. Das ist noch ein Filz aus der UDSSR-Zeit.

Deshalb noch einmal die Frage. Kann es sein, dass ein minderwertiger Hammerfilz die Intonation nach kurzer Zeit zunichte macht? Und kann es sein, dass schlechte Agraffen die Saiten nicht auf Waage halten können?

Macht es deshalb für mich Sinn, die Agraffen und den Filz auszutauschen?
 
Bei der Intonation ist es sehr wichtig zu prüfen, ob alle drei Saiten gleichzeitig angeschlagen werden. Wenn Hammerköpfe abgezogen werden, so ist es leicht möglich, dass der Hammerscheitel danach nicht alle drei Saiten gleichzeitig anschlägt. Das gibt dann störende Nebengeräusche und der Ton erscheint unrein oder fällt aus der Reihe. Das würde ich zuerst prüfen.

Zu den minderwertigen Agraffen kann ich nix sagen.

Falls das ein Flügel ist, der noch zu UdSSR Zeiten gebaut worden ist, dann würde ich da nicht Geld und Zeit rein stecken. Bei diesen Instrumenten ist einfach viel gespart worden, sowohl bei den Materialien als auch beim Zusammenbau.
 
Bei der Intonation ist es sehr wichtig zu prüfen, ob alle drei Saiten gleichzeitig angeschlagen werden. Wenn Hammerköpfe abgezogen werden, so ist es leicht möglich, dass der Hammerscheitel danach nicht alle drei Saiten gleichzeitig anschlägt. Das gibt dann störende Nebengeräusche und der Ton erscheint unrein oder fällt aus der Reihe. Das würde ich zuerst prüfen.

Zu den minderwertigen Agraffen kann ich nix sagen.

Falls das ein Flügel ist, der noch zu UdSSR Zeiten gebaut worden ist, dann würde ich da nicht Geld und Zeit rein stecken. Bei diesen Instrumenten ist einfach viel gespart worden, sowohl bei den Materialien als auch beim Zusammenbau.

Ja, richtig. Das Problem ist, die Saite beim kleinen "es" ist manchmal nicht im Chor. Wenn ich es richte, hält es ein paar Wochen, manchmal nur Tage und dann ist es wieder ungleich. Deshalb denke ich, es sind die Agraffen.

Der Filz sieht gut aus und klingt auch sehr schön, wenn er gut intoniert wurde. Aber auch da, es verändert sich bei manchen Tönen zu schnell. Deshalb denke ich, er ist nicht sehr hochwertig. Oder es wurde halbherzig gestochen?

Ich will in diesen Flügel investieren, denn ich glaube, es lohnt sich.

Ich denke, es ist ein wenig wie bei den Fotoapparaten. Ich hatte früher eine wirklich alte Spiegelreflex-Praktika, diese machte gute Bilder, (später wurden sie minderwertiger).

Da sich die Technik bei den Flügeln seit hundert Jahre nicht geändert hat, denke ich, sie konnten auch in der UdSSR gute Flügel bauen. Auch wenn bei der Ausführung geschludert wurde und sie nicht immer beste Materialien verwendeten, wie Filz oder Agraffen.
Der Flügel wurde allerdings nach der Wende ausgeliefert,

Dieser Flügel ist sehr schwer, 380kg bei 190cm Länge.
Der Ton ist tragend und elastisch. Und das Spielgefühl gut.
Es wurde allerdings einiges modifiziert.

Ich hatte u.a. auch einen Yamaha G5, dieser machte mir keinen Spaß, war grob, obwohl er sehr gut eingestellt und intoniert wurde. Ich verscherbelte ihn dann für 5000.- Euro (von 1980).

Mal sehen, vielleicht stelle ich hier einmal eine Audioaufnahme ein, damit man es hören kann.

P.S. Ich kann auch nichts zu anderen Estonia-Flügel sagen, die ansonsten aus der UdSSR kamen, Man hört unterschiedliches.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei der Herstellung eines Hammerkopfes wird der Filz auf Spannung über den Kern gezogen. Das Intonieren mit einer Nadel dient also dazu, gezielt an einigen Stellen die winzigen Fasern aufzutrennen, um über die gesamte Breite eine gleichmäßige Spannung herzustellen.

Wenn der Filz gealtert ist, dann läßt die Spannung nach, und je öfter man den Hammerkopf intoniert, desto weniger 'intakte' Fasern sind noch da, mit denen man Spannung regulieren kann.

Nach der Beschreibung hört es sich so an, als ob der Filz keine Spannung mehr hat und nur bei den ersten Anschlägen noch ein oberflächliches Intonieren hörbar ist, aber schon nach wenigen Anschlägen der alte Zustand - nämlich komplett spannungslos - wieder hergestellt wurde.

Da hilft wohl nix anderes als neue Hammerköpfe.
 
Bei der Herstellung eines Hammerkopfes wird der Filz auf Spannung über den Kern gezogen. Das Intonieren mit einer Nadel dient also dazu, gezielt an einigen Stellen die winzigen Fasern aufzutrennen, um über die gesamte Breite eine gleichmäßige Spannung herzustellen.

Wenn der Filz gealtert ist, dann läßt die Spannung nach, und je öfter man den Hammerkopf intoniert, desto weniger 'intakte' Fasern sind noch da, mit denen man Spannung regulieren kann.

Nach der Beschreibung hört es sich so an, als ob der Filz keine Spannung mehr hat und nur bei den ersten Anschlägen noch ein oberflächliches Intonieren hörbar ist, aber schon nach wenigen Anschlägen der alte Zustand - nämlich komplett spannungslos - wieder hergestellt wurde.

Da hilft wohl nix anderes als neue Hammerköpfe.


Ja, da kannst Du recht haben, denn er war usrsprünglich recht weich gestochen. Hab dann mit Brenneisen und auch Tränken nachgeholfen. Klingt schon gut, aber denke, es geht noch mehr.

Was mich wundert, wenn ich bei Steinway sehe, wie die eine Vorintonation handhaben, dann hat man fast das Gefühl, die durchstechen mehrmals den gesamten Hammerkopf und zwar mehrmals. Wie steht es damit? Oder kann man das nur mit bestimmten Filzen so handhaben?

Z.B. hier:

View: https://www.youtube.com/watch?v=UtkUZIh9uBg
 
Was mich wundert, wenn ich bei Steinway sehe, wie die eine Vorintonation handhaben, dann hat man fast das Gefühl, die durchstechen mehrmals den gesamten Hammerkopf und zwar mehrmals. Wie steht es damit? Oder kann man das nur mit bestimmten Filzen so handhaben?

Grundsätzlich kann ein Hammer durchaus 30 - 60 Stiche pro Wange vertragen. Und dann nochmal anhören bzw. fühlen, wie sich der Filz dann anfülht.
 
Bei einem Flügel werde ich jetzt sicher neu befilzen lassen.
Eine Frage an die Erfahrenen. Was sind eigentlich Eure Filz-Favoriten für einen Flügel?
 

Danke!
Ist das der "Naturfilz" von Abel, (an den ich auch gedacht habe)? Und nennt der sich "Bio-Filz"?
Nehmen diesen Filz auch Bechstein und Steinway? Oder gehen jene andere Wege?

Freilich ist des Naturfilz - wird aber von Kollegen auch gerne als "Biofilz" vermarktet :party:

Steinway läßt seine Hammerköpfe bei Renner fertigen, die sind auch entsprechend imprägniert - originale Steinwayhämmer sollten auch nur ausschließlich in S&S Instrumenten verbaut werden.

Bechstein verwendet alles möglich an Hammerköpfen (je nach Preislage) aber ich meine daß bei den Spitzeninstrumenten auch nur Abel zum Einsatz kommt.

LG
Henry
 
Bechstein verwendet alles möglich an Hammerköpfen (je nach Preislage) aber ich meine daß bei den Spitzeninstrumenten auch nur Abel zum Einsatz kommt.

Bechstein fertigt inzwischen Hammerköpfe selbst und ist nicht mehr abhängig von externen Lieferanten. Der Filz kommt aus Wurzen und wird von Bechstein in der deutschen Fabrik in allen Arbeitsschritten zum Hammerkopffilz geformt.
 

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